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Isabelle von Bayern. Alexandre Dumas
Читать онлайн.Название Isabelle von Bayern
Год выпуска 0
isbn 9783966510653
Автор произведения Alexandre Dumas
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Bald darauf lenkte jedoch ein neues Schauspiel die Aufmerksamkeit von diesem Ereignisse ab. Man war bei dem Kloster der Dreieinigkeit angelangt, vor dessen Toren sich ein Gerüst, in Gestalt eines Theaters, erhob, auf dem die Waffentaten des Königs Sallah - Eddim dargestellt werden sollten. Die Christen fanden daher auf einer Seite, die Sarazenen auf der andern, und unter beiden konnte man die Hauptpersonen jenes berühmten Lanzenbrechens erkennen, denn die Schauspieler trugen die Rüstungen des dreizehnten Jahrhunderts und die Wappen und Devisen derer, die sie vorstellten. Im Hintergrunde saß der König Philipp August von Frankreich und um ihn her standen die zwölf Pairs seines Reichs. In dem Augenblicke, als die Sänfte der Königin vor dem Gerüste Halt machte, trat der König Richard Löwenherz aus den Reihen, näherte sich dem König von Frankreich, ließ sich vor ihm auf ein Knie nieder, und bat um die Erlaubnis, die Sarazenen bekämpfen zu dürfen. Philipp August gewährte sie ihm huldreich, und sogleich fand Richard auf, trat zu feinen Gefährten zurück, ordnete sie zum Kampf, und griff sogleich die Ungläubigen an. Es entstand nun ein heftiger Kampf bis zuletzt die Sarazenen besiegt und in die Flucht geschlagen wurden. Ein Teil der Flüchtlinge rettete sich durch die Fenster des Klosters, die mit dem Gerüste in gleicher Linie lagen und die man zu diesem Zweck offen gelassen hatte. Es wurden aber dennoch eine Menge Gefangene gemacht; der König Richard führte sie vor die Königin, welche um ihre Freilassung bat und als Lösegeld eines ihrer goldnen Armbänder dem Sieger überreichte.
»Ha«, sagte der Herzog von Touraine, indem er seine Hand auf die Sänfte stützte, »hätte ich gewusst, dass ein solcher Lohn des Siegers wartete, so hätte kein andrer als ich die Rolle des Königs Richard spielen dürfen.«
Isabelle sah auf das zweite Armband nieder, mit dem ihr andrer Arm noch geschmückt war, schnell aber unterdrückte sie ihre erste Bewegung, welche ihren Gedanken verraten hatte, und sagte:
»Ihr seid verrückt und unsinnig, Herr Herzog; solche Spiele sind gut für Gaukler und Possenreißer, ziemte sich aber nie für den Bruder des Königs.«
Der Herzog von Touraine schien antworten zu wollen, doch die Königin gab das Zeichen zum Aufbruche, wendete den Kopf zu dem Herzoge von Bourbon und sprach mit ihm, ohne ihren Schwager wieder anzusehen, bis sie vor dem zweiten Tore von Saint Denis anlangte, welches das Malertor hieß und unter Franz I. abgetragen wurde. Hier war ein kostbares Schloss erbaut, über dem, wie bei dem ersten Tor, ein gestirnter Himmel hing, an dem in ihrer ganzen Majestät Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist erschienen; um die Dreieinigkeit standen Chorkinder, welche mit zarter Stimme das Gloria und Veni creator sangen. In dem Augenblicke, als die Königin anlangte, öffnete sich die Pforte des Paradieses und zwei Engel mit goldnem Heilgenschein und gemalten Flügeln, der eine rosenroth, der andere blau gekleidet, traten daraus her vor; sie trugen gewaltige Schnabelschuhe, ganz mit Silber gestickt; ließen sich bis zu der Königin her ab, setzten ihr eine schöne goldne Krone mit Edelsteinen geschmückt, auf das Haupt, indem sie dazu sangen:
»Dame, umschlungen von Lilienband,
Ihr seid die Königin von Paris,
Von Frankreich und dem ganzen Land;
Wir gehn zurück ins Paradies.«
Bei diesem letzten Verse kehrten sie in den Himmel zurück, dessen Tür sich hinter ihnen schloss.
Auf der, der Himmelstür entgegengesetzten Tür warteten aber andere Personen auf die Königin, und man machte sie darauf aufmerksam, damit deren Anblick ihr keine Schrecken einflöße, was ohne diese Vorsicht gewiss der Fall gewesen sein würde. Es waren die Deputierten der sechs Handelsabteilungen; sie trugen einen Thronhimmel und kamen, ihr altes Privilegium in Anspruch zu nehmen, welches sie berechtigte, die Könige und Königinnen von Frankreich, sobald sie in Paris ihren Einzug hielten, von dem Tor von Saint Denis bis zu dem Palaste zu geleiten. Ihnen folgten die verschiedenen Repräsentanten der verschiedenen Gewerke, sie trugen Charaktermasken und stellten die sieben Todsünden vor: den Stolz, den Geiz, die Trägheit, die Üppigkeit, den Neid, den Zorn und die Leckerhaftigkeit; als Gegensatz waren dann die sieben christlichen Tugenden da: der Glaube, die Hoffnung, das Mitleid, die Mäßigung, die Gerechtigkeit, die Klugheit, die Kraft. In einiger Entfernung von Ihnen und eine besondere Gruppe bildend, fanden der Tod, das Fegefeuer, die Hölle und das Paradies. Die Königin zeigte bei dem Anblicke dieser sonderbaren Maskerade, obgleich darauf vorbereitet, einen gewissen Widerwillen, sich ihr anzuvertrauen. Der Herzog von Touraine seinerseits war sehr verdrießlich, seinen Platz an der Seite der Sänfte aufgeben zu sollen, aber die Abgeordneten des Volkes nahmen, gestützt auf ihr Vorrecht, die beiden Seiten der Sänfte ein. Der Herzog von Bourbon und die anderen Herren hatten die Sänfte bereits verlassen und ihre Plätze eingenommen. Isabelle wendete sich zu dem Herzoge von Touraine, der hartnäckig halten blieb, und sagte ihm:
»Monseigneur, ist es Euch gefällig, diesen guten, Leuten. Euern Platz abzutreten, oder erwartet Ihr dazu unsern besondern Befehl?«
»Ja, Madame und Königin« erwiderte der Herzog, »ich erwartete den Befehl von Euch und besonders einen Blick, der die Kraft verliehe, zu gehorchen.«
»Mein Herr Schwager«, sagte Isabelle, indem sie sich auf die Seite des Herzogs neigte, »ich weiß nicht, ob wir uns im Laufe dieses Abends noch wiedersehen können, aber vergesst nicht, dass ich morgen nicht nur Königin von Frankreich, sondern auch Dankspenderin des Turnieres bin, und dass dies Armband der Lohn des Siegers sein wird.«
Der Herzog neigte sich bis zum Rande der Sänfte. Die, welche entfernter waren, sahen in diesem Gruße nur ein Zeichen der Ehrfurcht, welche jeder Untertan, wäre er auch ein Prinz von Geblüt, seiner Königin schuldig ist; aber Einige, welche so standen, dass sie den engen Zwischenraum zwischen der Sänfte und dem Pferde erblicken konnten, glaubten zu bemerken, dass die Lippen des Herzogs sich auf die Hand seiner Schwägerin pressten, und das zwar mit einem Feuer und einer Ausdauer, welches die bloße Etikette des Handkusses nicht gestattete.
Wie dem aber auch sei, erhob sich der Herzog, die Stirn funkelnd vor Freude und Glück; Isabelle ließ die langen Barben ihres Kopfputzes wie einen Schleier über ihr Gesicht fallen, ein letzter Blick wurde durch diesen gefälligen Vorhang zwischen ihnen gewechselt, und der Herzog sprengte dann zu seiner Gemahlin zurück, um den Platz einzunehmen, den bis jetzt der Konnetabel von Clisson inne gehabt hatte. Während dessen erhoben die sechs Deputierten der Kaufleute den Thronhimmel über die Sänfte der Königin; die sieben christlichen Tugenden und die sieben Todsünden traten dahinter, und hinter ihnen wieder gingen mit der Ernsthaftigkeit, die ihrer Rolle zukam, der Tod, das Fegefeuer, die Hölle und das Paradies. Der Zug setzte sich wie der in Bewegung, aber ein komischer Umstand störte bald die Anordnung.
An der Ecke der Rue de Lombards und der Rue Saint Denis machten zwei Menschen auf einem Pferde gewaltiges Aufsehen. Die Menge war so dicht gedrängt, dass man nicht begreifen konnte, wie sie hierhergekommen waren. Freilich muss man bemerken, dass sie sich nicht sehr um die Drohungen der armen Teufel kümmerten, die sie auf ihrem Wege über den Haufen ritten. Ihre Kühnheit ging so weit, den öffentlichen Diener zu trotzen und mit stoischer Gleichgültigkeit die Prügel hinzunehmen, die sie ihnen erteilten, um fiel zurück zu treiben. Drohungen und Schläge waren verloren. Sie drangen immer weiter vor und gaben rechts und links die Püffe, die sie empfingen, mit Wucher zurück. Vor sich trieben sie die Menschen durch ihre Pferde auseinander, wie der Kiel eines Schiffes die Wogen des Meeres teilt, und schlossen sich hinter ihnen auch ebenso wieder. Auf diese Weise war sie noch zu rechter Zeit gekommen, den Zug zu sehen, und man hoffte, dass sie ihn ruhig vorüber ziehen lassen würden, aber in dem Augenblicke, als die Königin Isabelle ihnen gegenüber war, schien der, welcher die Zügel des Pferdes hielt, von seinen Kameraden einen Befehl zu empfangen. Schnell gehorchend gab dieser mit dem langen Stocke, den