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Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit. Marie Brennan
Читать онлайн.Название Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit
Год выпуска 0
isbn 9783966580762
Автор произведения Marie Brennan
Жанр Языкознание
Серия Der Onyxpalast
Издательство Bookwire
»An ihm ist nichts verkehrt«, sagte Miss Kittering und hielt die Arme hoch, damit Eliza das Spazierkleid über ihren Kopf streifen konnte. »Aber es heißt dauernd: ›Louisa, geh hierhin‹ und ›Louisa, geh dorthin‹ und ›Louisa, verschwende deine Zeit nicht damit, mit irgendjemandem zu tanzen, der keinen Titel hat‹, und es ist genug, um mich zum Schreien zu bringen. Alles weil sie immer noch glaubt, dass sie einen Viscount hätte heiraten können, wenn sie nur eine bessere Figur gehabt hätte, und deshalb ist sie fest entschlossen, dass …«
Miss Kittering verstummte. Offenbar war ihr gerade bewusst geworden, dass sie mit einer Bediensteten tratschte. Eliza widmete ihre Aufmerksamkeit der Reihe an kleinen Knöpfen, als hätte sie überhaupt nichts gehört. Also hatte Miss Kittering einen rebellischen Charakter, ja? Das überraschte Eliza nicht im Geringsten. Aber was, abgesehen vom generellen Impuls, gegen ihre Mutter aufzubegehren, hatte das mit Feen zu tun?
Als Experiment sagte sie: »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie sich viel lieber einfach mit einem Buch zurückziehen würden.«
Der Rücken unter ihren Händen versteifte sich. Eliza verfluchte ihre Zunge. Was, wenn Miss Kittering klar wurde, dass sie im Kleiderschrank herumgestöbert hatte? Die junge Frau sagte, wieder in Imitation ihrer Mutter: »Zu viel Lesen lässt das Gehirn eines Mädchens verrotten.« Dann war Eliza mit den Knöpfen fertig, und Miss Kittering trat weg. »Meine Halbstiefel und das gelbe Schultertuch. Es ist nicht besonders warm draußen.«
Eliza knickste und holte die verlangten Dinge. Und dann war Miss Kittering fort und ließ sie mit einem halb polierten Gitter und nur wenigen faszinierenden Spuren einer Antwort zurück.
DER GOBLINMARKT, ONYXPALAST
30. März 1884
Selbst auf dem Goblinmarkt schenkten wenige Leute einem Hund Beachtung.
Sie waren zu gewöhnlich dafür. Der Onyxpalast besaß einige echte Streuner – hauptsächlich Haustiere, die von Feenbesitzern ausgesetzt wurden, wenn sie ihrer leid wurden. Katzen schlüpften manchmal, obwohl niemand es erklären konnte, durch die verborgenen Eingänge, doch es war selten, dass ein Hund durch eines der Löcher im Material des Palasts stolperte. Es gab auch Feenhunde, Kreaturen mit einiger Intelligenz, aber nicht der Fähigkeit, ihre Gestalt zu wandeln. Und dann gab es Fae wie den Toten Rick, die ebenso gut als Menschen wie als Hunde herumliefen: Skriker, Padfoots, Galley-Trots und so weiter. Es war möglich, die verschiedenen Arten zu unterscheiden, aber nur, wenn der Beobachter aufmerksam war.
Also konnte der Tote Rick das Labyrinth, das den Goblinmarkt beherbergte, durchqueren, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen, und tat es auch. Viel weniger Aufmerksamkeit, als wenn er nach Cyma gefragt hätte, vor allem wenn er eine solch spezielle Frage an sie hatte. Schließlich erschnüffelte er eine Spur, die mehr oder weniger frisch roch, und folgte ihr in einen ruhigeren Teil des Labyrinths, bis sie vom überwältigenden Geruch nach Opium überdeckt wurde.
Der Tote Rick zog es kurz in Erwägung zu warten. Er hasste die Opiumhöhle. Sie war voll von Sterblichen im Delirium in verschiedenen Stufen geistigen Verfalls, leichte Beute für die Fae, die sie nach unten gelockt hatten. Und wenn Cyma es selbst geraucht hatte, war sie vielleicht nicht in der Verfassung, ihm zu helfen.
Aber er wollte keine Zeit verschwenden. Und wenn er sich dicht am Boden hielt, unterhalb des schlimmsten Rauchs, konnte er hinein und wieder herauskommen, ehe es zu sehr auf ihn wirkte. Der Tote Rick schürzte verärgert die Lippen und schlüpfte durch die bestickten Seidengardinen, die die kaputte Tür der Höhle ersetzten.
Das Licht drinnen war düster, teilweise durch den Rauch, teilweise durch die verschiedenen Abdeckungen, die man über den Feenlichtern platziert hatte: geölte Tücher, gefärbtes Glas, alles, um jenes kühle Strahlen weicher und wärmer zu machen. Er konnte über dem Opiumgestank jedoch gar nichts riechen und war froh, dass ihm die reichlichen Schatten eine nützliche Deckung gaben, bis sich seine Augen genug daran gewöhnt hatten, dass er sich seinen Weg durch den Raum bahnen konnte.
Die meisten Leute, die er sah, waren Sterbliche. Seit der Einführung von Feenopium aus China war dies das übliche Mittel geworden, um Träume zu ernten: Männer und gelegentlich eine Frau lagen mit schlaffen Gliedern betäubt auf schmalen Klappbetten, und von Zeit zu Zeit nahmen in der verrauchten Luft über ihren Köpfen Gestalten Form an. Sobald sie in Flaschen gefüllt waren, waren diese auf dem Markt einiges wert, wenn auch nicht so viel wie das saubere Produkt. Und außerdem waren die einzige Art von Leuten, die Fae gewöhnlich hier herunterlocken konnten, der Abschaum von London, Bettler und Krüppel und Wahnsinnige, arme Leute, die ihre Seelen verkauft hätten, um ihre Probleme für eine kurze Weile zu vergessen. Aus solchen Vorräten konnte man nicht viel Unterschiedliches bekommen.
Die Fae, die sich zwischen ihnen herumdrückten, waren nicht Nadretts Leute. Die Opiumhöhle stand unter der Kontrolle eines chinesischen Fae mit einem langen, komplizierten Namen, der bald zu Poh abgekürzt worden war, und er machte nur mit Lacca, einem weiblichen Boss auf dem Goblinmarkt, Geschäfte. Zusammen verteidigten sie den Opiumtraumhandel gegen Nadretts Versuche, ihn zu übernehmen. Aber sie erlaubten Einzelpersonen, die Höhlen gegen Bezahlung zu nutzen, und, wie der Tote Rick vermutete, Cyma war unter ihnen.
Sie befand sich in einer hinteren Ecke, lehnte sich gegen ein niedriges Sofa und half einer jungen blonden sterblichen Frau in einem Nachthemd, eine aus Elfenbein geschnitzte Opiumpfeife zu halten. Die Pupillen in Cymas Augen waren etwas zusammengezogen, aber er glaubte, dass das nur das Resultat davon war, zu lange in diesem Raum zu sitzen. Die junge Frau war im Gegenzug völlig in der Droge verloren. Nach einem langen Zug an der Pfeife schlug sie die Augen auf, sah den Toten Rick und verfiel in hilfloses Kichern. Er fühlte sich über ihre Reaktion verärgert: Er war immerhin ein Todesomen, nicht das idiotische Schoßhündchen irgendeiner Lady. Aber vielleicht war dies das Werk des Opiums.
Cyma drehte sich um, um zu sehen, worüber ihre Sterbliche lachte, und sah den Toten Rick finster an. »Was machst du hier?«, flüsterte sie.
Es war möglich, in Hundegestalt zu sprechen, aber nicht einfach. Der Tote Rick verwandelte sich zurück, dann sagte er: »Das wollte ich dich fragen.« Auch er hielt seine Stimme leise, aber nicht aus Rücksicht auf die Opiumraucher. Falls irgendeiner von ihnen wach genug war, um ihn zu beachten, wollte er nicht, dass sie mehr als nötig mithörten. »Solltest du nicht irgendwo hingehen? Weg von hier?«
»Bald.« Ein unfokussiertes Lächeln breitete sich über ihr Gesicht aus. Die Droge hatte doch eine Wirkung auf sie. »Bald bin ich sicher. Ich bin damit fertig, für Nadrett Sterbliche zu jagen … London wird mir gehören, und ich werde ihn nicht mehr brauchen.«
Der Tote Rick hatte keine Ahnung, was sie mit dem meisten davon meinte, aber eine Sache war klar genug, um seine Neugier zu wecken. »Auf wen hat er dich angesetzt?« Seine Aufmerksamkeit wanderte zu dem Mädchen auf dem Sofa. »Die da?«
»Nein!«, rief Cyma. Das war abrupt genug, dass er es glaubte, besonders durch die Art, wie sie ihr Gewicht verlagerte, als wolle sie das Mädchen beschützen. Für einen Augenblick dachte er, dass sie vielleicht mehr sagen würde. Aber Cyma war nicht so benebelt, dass sie ihre Geheimnisse so einfach ausplaudern würde. »Nadretts Angelegenheit«, murmelte sie und entspannte sich wieder. Bildete er sich die Schuldgefühle in ihrer Miene gerade ein? »Es war ein Mann, den er wollte, und hatte mit dir nichts zu tun.«
Konnte dies etwas mit dem Plan zu tun haben, von dem die Stimme gesprochen hatte? Der Tote Rick bezweifelte es. Nadrett setzte seine Lakaien ständig auf Leute an. Gresh erntete sie regelmäßig aus dem East End, für Brot und weniger angenehme Dinge. Rewdans Auftrag war etwas weniger Gewöhnliches gewesen. »Cyma … redest du immer noch mit jenem Kerl drüben in der Akademie?«
»Yvoir?« Cymas Blick wurde schärfer, und mit einer Stimme, die eher wie ihre übliche klang, sagte sie: »Was willst du, Toter Rick?«
Er hatte die Lüge geübt, bis er sie überzeugend erzählen konnte: »Ich möchte gerne wissen, wie ich einige