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Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit. Marie Brennan
Читать онлайн.Название Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit
Год выпуска 0
isbn 9783966580762
Автор произведения Marie Brennan
Жанр Языкознание
Серия Der Onyxpalast
Издательство Bookwire
Der Tote Rick war verblüfft, als sie lächelte und ihm die Wange tätschelte. »Du bist ein Süßer, hm? Mich auszahlen, wenn ich weiß, dass du so gut wie mittellos bist. Du musst dir keine Sorgen machen. Behalt es für dich. Es stört mich nicht.«
Er spannte sich misstrauisch an. »Im Tausch gegen was?«
Cyma hob die Augenbrauen. »Gar nichts. Ich brauche es nicht, Toter Rick.«
Die Benutzung seines Namens war so gut wie eine gesamte kodierte Botschaft. Niemand sonst benutzte ihn. Beinahe niemand auf dem Markt kannte ihn. Er war nur Nadretts Hund, ein namenloser Sklave. Jene Worte auf Cymas Lippen zu hören, verriet ihm, dass sie nicht irgendein Spielchen spielte und ihre Verzeihung gegen irgendeinen Gefallen von ihm einhandeln wollte. Sie meinte es so. Er schuldete ihr nichts mehr.
Warum?
Selbst wenn sie irgendwelche sterblichen Geliebten an der Leine gehabt hätte, wäre das Brot wertvoll gewesen. Damit konnte sie sich praktisch alles kaufen, was sie wollte. Jenes Kleid, und alles andere, was der gelangweilte Puck hinter ihr zu verkaufen hatte. Alles, außer Freiheit von Nadrett. »Was hast du getan, eine Bäckerei geplündert?«
Sie lachte. »Nein, nein. Besser als das. Ich gehe fort, Toter Rick. Ich habe genug von all dem hier.« Eine Hand machte einen eleganten Bogen und deutete auf die geschmacklosen Exzesse des Goblinmarkts um sie herum. »Ich gehe fort.«
Das rief ein seltsames Stechen in seinen Eingeweiden hervor. »Du glaubst, du kannst vor Nadrett weglaufen?«
»Nicht weglaufen, nein …« Cymas Miene wurde finster. »Ich weiß, wie Nadrett ist. Aber ich habe getan, was er mir befohlen hat, und meine Schulden beglichen, und jetzt … tja, ich muss in die Zukunft blicken, nicht wahr?«
Das spiegelte die Gedanken des Toten Rick wider und machte den Krampf in seinen Eingeweiden schlimmer. »Wohin?«
Sie legte verschmitzt einen Finger an ihre Nase. »Das wüsstest du wohl gerne. Aber ich bin zu schlau, um irgendetwas zu verraten. Ich will nicht, dass irgendjemand meinen Platz stiehlt. Behalt das Brot, Toter Rick, mit meinen guten Wünschen. Benutze es, um dir deine eigene Freiheit von diesem schrecklichen Kerl zu erkaufen.«
Der Schmerz war wie ein Stachel in seinem Inneren. Wenn ich nur könnte.
Er murmelte ein Danke für das Brot an Cyma und trat den Rückzug an, ehe seine Verbitterung ihn überwältigen konnte. Dann bahnte er sich seinen Weg tiefer ins Labyrinth des Goblinmarkts und suchte das eine, was sogar noch seltener war als Brot: Einsamkeit.
Der Korridor, zu dem er ging, hatte sich einst nach links verzweigt, aber der Einsturz jenes feinen Torbogens hatte das Gestein herunterkrachen lassen und allem, was größer als eine Maus war, den Weg versperrt. Aus der anderen Richtung kam ein Hauself daher, als sich der Tote Rick dem Schutthaufen näherte, ein mürrischer irischer Kerl, der gelegentlich Aufgaben für Lacca, einen weiblichen Boss vom Goblinmarkt, erledigte. Der Skriker lehnte sich vielleicht zehn Fuß vom gefallenen Gestein entfernt an die Wand und wühlte in seinen Hosentaschen, als würde er in deren leeren Tiefen nach etwas suchen, bis der Hauself um die Ecke gebogen und in den Raum dahinter gegangen war.
Dann sprang der Tote Rick auf den Felssturz.
Der wirkte solide und war es zum Großteil. Aber ein agiler Kerl konnte auf einen der größeren Blöcke klettern, und von dort war es offensichtlich, dass die Masse dahinter eine kleine Lücke gelassen hatte, gerade groß genug, dass sich jemand von der Größe des Toten Rick durchquetschen konnte. Dann rutschte er auf dem Bauch über ein poliertes Stück Marmor, das den Einsturz auf wundersame Weise unbeschadet überlebt hatte, und in den Raum dahinter hinaus.
Es war stockfinster, aber seine Hände kannten ihre Aufgabe. Er warf ein dunkles Tuch über das Loch, durch das er hereingekommen war, beschwerte dessen unteren Rand mit einem dicken Holzstück, dann fand und öffnete er die Kiste. Heraus schwebte ein Trio Feenlichter. Die hirnlosen Dinger hatten nichts dagegen, hin und wieder eingesperrt zu werden, und das war die einzige Möglichkeit, wie er sie davon abhalten konnte, in seiner Abwesenheit wegzuschweben – wegzuschweben und seinen geheimen Zufluchtsort zu verraten.
Nach den Maßstäben des Goblinmarkts war dieser komfortabel. Er besaß Decken und einige Kissen und diverse Kleinigkeiten, die ihn amüsierten, aber auf dem Markt nicht viel wert waren. Alles von echtem Wert war unter einem lockeren Stein am Boden, an der Hinterseite des Raums, wo der Rest des Felssturzes den Durchgang ganz blockiert hatte.
Er inspizierte es aus nagender Furcht. Ein kleiner Verlobungsring, von einer sterbenden alten Jungfer genommen, die sich an die unerschütterliche Hoffnung geklammert hatte, dass ihr Verlobter von seiner Reise nach Indien zurückkehren würde. Die Träne einer Meerjungfrau, eine üppige blaugrüne Perle. Eine Porträtfotografie einer Frau. Dazu legte er die fünf Stücke Brot: die Schulden, die er nach Cymas Worten behalten sollte.
Fünf Stücke. Das reichte, um London und Nadretts Einfluss weit hinter sich zu lassen. Dann könnte er sich seinen Weg durch das Land suchen, die Kirchen und Eisenbahnen meiden, bis er irgendeinen anderen Hof fände, der ihn aufnähme.
Aber es würde bedeuten, das eine zu verlassen, was er wirklich ersehnte – das eine, was kein verborgener Schatz ihm erkaufen konnte, und wenn er zehnmal so groß wäre.
Eine Stimme flüsterte durch die dünne Luft, trocken wie Staub: »Wie dringend willst du es zurück?«
Der Tote Rick schoss auf die Füße und drückte seine Schultern an die Wand. Seine Nackenhaare stellten sich auf, und ein Knurren dröhnte instinktiv in seiner Kehle. Aber da war niemand, an den er es richten konnte.
»Knurr so viel du willst«, sagte die Stimme amüsiert. »Und wenn du das Gefühl hast, dass du dein Territorium genug verteidigt hast, dann denk über meine Frage nach und beantworte sie.«
Genug? Wie konnte er sein Territorium überhaupt verteidigen? Die Ohren des Toten Rick lauschten nach dem geringsten Geräusch, seine Nase erfasste jeden Geruch in der Luft. Niemand war über und zwischen und unter den Steinen in sein Refugium geklettert, nicht einmal eines der kleinen geflügelten Irrlichter, die manchmal mit Botschaften für andere Fae herumflogen. Niemand versteckte sich irgendwo hier in dem kleinen Raum. Er war völlig allein – und doch war irgendwie diese Stimme bei ihm.
Fae hatten viele seltsame Talente. Eine Stimme vom Körper zu trennen, war kaum das Beeindruckendste. Aber wie hatte der Sprecher diesen Ort gefunden?
»Verschwinde aus meinem verdammten Heim«, fauchte er und ballte die Hände nutzlos zu Fäusten. »Ich beantworte keine Fragen von einem gesichtslosen Bastard. Wenn du mit mir reden willst, mach es woanders.«
Unerschüttert pflichtete ihm die Stimme bei: »Das könnte ich tun. Aber du würdest immer noch wissen, dass dein Zufluchtsort befleckt worden ist – und du würdest nicht bekommen, was du willst. Also stelle ich dir erneut die Frage: Wie dringend willst du es zurück?«
Unter dem Zorn, dem Instinkt, den Eindringling zu verjagen, regte sich Furcht. Der Tote Rick sagte: »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
Sein Blick schoss herum, während er sprach, als würde das irgendetwas nützen. Die Stimme schien von überall gleichzeitig zu kommen, und es gab keine Gerüche, die ihm halfen. Aber einen Akzent, ja – den polierten Tonfall eines Gentlemans. Und das herablassende Kichern von einem. »Du bist ein zu ehrlicher Hund dafür, Toter Rick. Aber wenn du keine Frage beantworten willst, dann wirst du vielleicht auf ein Angebot reagieren. Also gut: Ich kann dir dein Gedächtnis zurückgeben.«
»Lügner«, knurrte der Tote Rick und drückte sich von der Wand weg, als gäbe es etwas, gegen das er kämpfen konnte.
»Warum so etwas annehmen? Weil Nadrett es weggesperrt hält? Das hier ist der Goblinmarkt. Solche Dinge wechseln ständig die Hände, durch gerechtfertigte oder heimtückische Mittel. Oder vielleicht bist