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scheiden lassen.« Greves Blick wurde bohrend. »Sie kannten sie übrigens auch, nicht wahr? Sie erwähnte es einmal…«

      »Kathinka?« wiederholte er langsam, als müßte er erst allmählich die Zusammenhänge begreifen. »Ja, ich kannte sie – allerdings nur flüchtig…« Er brach ab.

      »Sie besucht uns jetzt manchmal«, fuhr Greve fort. »Seit sie nicht mehr die Frau meines Bruders ist, verstehen wir uns besser mit ihr.«

      »Was macht sie?« fragte Rainer.

      »Kathinka leitet einen Mode­salon«, erwiderte Greve. »Wenn Sie Wert darauf legen, kann ich ihr einen Gruß von Ihnen bestellen!« Es klang herausfordernd.

      »Nein, es ist nicht nötig«, wehrte Rainhart ab, denn er hatte im Hintergrund eine Tür klappen hören.

      Als er sich umwandte, sah er Ulrike im Türbogen zum Nebenzimmer stehen. Sie war ungewöhnlich blaß, und ihre Lippen bebten.

      »Störe ich?« fragte sie mit einer Stimme, die Rainhart erschrecken ließ.

      »Ich habe gerade eine geschäftliche Besprechung mit Herrn Greve, Ulrike«, sagte er hastig, um seiner Verwirrung Herr zu werden.

      Ulrike kam zögernd näher.

      Rainhart machte sie mit Greve bekannt.

      »Es handelt sich um einen Vertrag über den Kauf landwirtschaftlicher Maschinen«, erklärte Greve höflich, während Ulrike unschlüssig neben dem Tisch stehenblieb.

      »Ich störe also doch?« fragte sie. »Soll ich wieder gehen?«

      »Ich glaube, es wäre besser, du würdest dich noch eine Weile hinlegen«, erwiderte Rainer rasch.

      Ulrike sah ihn stumm an, dann nickte sie Greve kurz zu und entfernte sich zögernd.

      »Bitte, entschuldigen Sie mich«, sagte Rainhart, zu Greve gewandt. Er legte einen Arm um Ulrikes Schultern und geleitete sie zur Tür. Dabei fühlte er den leichten Widerstand ihres Körpers gegen seine Berührung. Am liebsten wäre er ihr gefolgt und hätte sich sofort mit ihr über alles Bedrückende ausgesprochen.

      Aber Greve saß immer noch wachsam in seinem Sessel und verfolgte den Gutsherrn mit einem aufmerksamen Blick.

      »Kommen wir wieder zum Geschäft, Herr Arundsen«, sagte er, als Rainer zurückkam. »Wann zahlen Sie?«

      »Ich werde die Maschinen wieder verkaufen, wenn Sie nicht von dem Vertrag zurücktreten!« entgegnete Rainhart. »Dann bekommen Sie Ihr Geld!«

      »Was Sie mit den Maschinen machen, wenn Sie sie bezahlt haben, ist Ihre Sache. Aber solange Sie die finanziellen Verpflichtungen des Vertrags noch nicht erfüllt haben, bleiben die Maschinen mein Eigentum. Sie dürfen sie also nicht veräußern!«

      »Ich weiß«, antwortete Arundsen hart. »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Greve! Sie werden Ihr Geld bekommen! Und wenn ich das Gut vorher verkaufen müßte! Von den Arundsens hat noch keiner unehrenhafte Schulden gemacht!«

      Greve erhob sich. »Ich verlasse mich auf Ihr Wort, Herr Arundsen!« sagte er. »Ich gebe Ihnen noch vier Wochen Frist. Das ist ein sehr großzügiges Entgegenkommen. Ich hoffe, Sie sind sich darüber im klaren!«

      *

      Ulrike hatte Trudi aus dem Kinderzimmer geschickt, damit das Mädchen ihre Erregung nicht bemerken sollte. Mit einem verzweifelten Aufschluchzen kniete Ulrike neben dem Ställchen ihres kleinen Sohnes nieder.

      »Mein Liebling!« stammelte sie unter Tränen. »Mein Herzblatt!« Sie zog den Buben zu sich heran. Mit wilder Zärtlichkeit umarmte sie den kleinen Kinderkörper. »Er denkt immer noch an sie!« schluchzte Ulrike. »Er hat mit diesem fremden Mann von Kathinka gesprochen! Er hat sie also nicht vergessen!« Sie preßte ihre tränenfeuchte Wange gegen Klein-Alexanders Gesicht. »Alles war ein Irrtum! Ich dachte, er liebt mich wirklich, aber jetzt weiß ich, daß es eine fromme Lüge war! Er ist niemals von Kathinka losgekommen!« Ihre Worte erstickten in hemmungslosem Schluchzen.

      Für sie war in diesen Minuten eine Welt zusammengebrochen, und sie hatte in ihrer Schwäche diesen inneren Anfechtungen keinerlei Widerstand entgegenzusetzen.

      Endlich hob sie das tränenüberströmte Gesicht. Mit letzter Kraft hob sie Alexander aus dem Ställchen. Er schlang zärtlich die Arme um den Hals seiner Mutter und plapperte in den unverständlichen Lauten seiner Kleinkindersprache munter drauflos.

      Ulrike setzte sich auf einen Stuhl und nahm den Kleinen auf den Schoß.

      Wie soll es nun weitergehen? dachte sie. Rainhart ist verändert, seit wir vor einigen Tagen aus der Stadt zurückgekommen sind. Ich habe es nur nicht wahrhaben wollen…

      Wieder liefen Tränen über ihre Wangen.

      Alexander patschte mit den Händen in Ulrikes Gesicht und jauchzte dabei fröhlich.

      Zum erstenmal ließ sie sich von der unbekümmerten Freude des Kindes nicht aufheitern. Die unerwartete Erkenntnis ihrer eigenen Ohnmacht hatte sie zu tief getroffen.

      Nach einer Weile erhob sie sich und ging zum Fenster.

      Warum kommt er nicht? fragte sie sich. Der Besucher ist doch längst gegangen…

      Sie hatte die Tür schlagen hören und gehofft, daß Rainhart heraufkommen und alles erklären würde. Vielleicht hatte sie sich diese düstere Vermutung auch nur eingebildet…

      Aber er war nicht gekommen. Minute um Minute verrann, und Ulrike saß in verzweifelter Mutlosigkeit im Kinderzimmer.

      Ihr Herz schlug schneller, als sie Rainhart plötzlich mit raschen Schritten über den Hof kommen sah.

      Rainharts Miene war düster, die Lippen fest aufeinandergepreßt, und es ging eine unheilvolle Bedrohung von ihm aus.

      Sie bekam plötzlich Angst vor dem Mann, den sie mehr liebte als ihr Leben. Dennoch überwand sie sich. Energisch wischte sie die Tränen ab und zog die Gardine zurück.

      »Schau, da unten ist der Papi!« sagte sie zu ihrem Söhnchen und wies auf den Hof hinunter.

      Alexander stieß einen hellen Freudenlaut aus, während er beide Ärmchen weit ausstreckte und sich vorbeugte.

      »Wollen wir mal rufen?« fragte sie, während ihre Stimme verräterisch zitterte. »Papi!« rief sie laut und beobachtete Rainharts Reaktion. »Papi!«

      Rainhart, der mit einem der Leute von den Stallungen sprach, machte eine ungeduldige Handbewegung. Dann wandte er sich um und sah zu ihnen hinauf.

      »Mach das Fenster zu!« rief er hinauf. »Der Kleine erkältet sich und du auch!« Kein Lächeln, kein froher Gruß, kein vertrauensvolles Zunicken, wie Ulrike es insgeheim zitternd erwartet hatte!

      Wie betäubt trat sie zurück und schloß das Fenster. Mit einem tiefen Seufzer lehnte sie sich an den Fensterrahmen.

      Er liebt mich nicht! dachte sie. Er hat mich nie geliebt! Warum ist er so ablehnend und finster? Weshalb ist er nicht, wie sonst, zu mir heraufgekommen?

      Kraftlos ließ sie den Kleinen wieder in das Ställchen gleiten und beobachtete mit schwimmendem Blick, wie Alexander sich auf seinen Stoffhund stürzte und ihn innig an sich preßte.

      Ich habe niemanden! dachte Ulrike. Auch mein Kind gehört mir nicht so, wie es einer Mutter gehören sollte. Ich muß mein Söhnchen mit einem Kindermädchen teilen!

      *

      Von diesem Tag an verschlechterte sich ihr Zustand beträchtlich. Sie versuchte, es vor ihrer Umgebung zu verheimlichen, doch es fiel allen auf, daß sie kaum mehr ihr Zimmer verließ und nur zu den gemeinsamen Mahlzeiten ins Wohnzimmer hinunterkam.

      »Ich fahre heute nachmittag in die Stadt«, sagte Rainhart eines Morgens beim Frühstück. »Ich habe wichtige Dinge zu erledigen.« Er sah nicht auf, und deshalb bemerkte er auch nicht Ulrikes Zusammenzucken.

      »Was willst du in der Stadt?« fragte sie mit heiserer Stimme.

      »Ich

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