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sehr gut. Wenn ich einen sehe, zeige ich ihn dir, Heidi. Du kannst auch selbst welche suchen. Sie sind gelb und sehen ein bisschen aus wie ein Trichter. Man kann sie gar nicht mit einem anderen Pilz verwechseln.«

      »Vergesst nicht die Heidelbeeren«, warnte Schwester Regine. »Eigentlich sind wir zum Beerenpflücken hergekommen.«

      Die Kinder zerstreuten sich nun im Wald, wobei Schwester Regine ihnen einschärfte: »Geht nicht zu weit weg! Ihr müsst immer in Rufweite bleiben.« Sie selbst blieb bei den beiden Jüngsten, Heidi und Anselm. Auf Anselm musste sie nicht sonderlich achten, denn der Junge pflückte mit großem Eifer Beeren, aber Heidi streifte in der Hoffnung herum, Pilze zu finden. Es war öfters nötig, sie zurückzurufen, wenn sie sich zu weit entfernte.

      Von Zeit zu Zeit blickte Schwester Regine besorgt zum Himmel empor. Hier zwischen den Bäumen konnte man nicht viel vom Himmel sehen, doch das Stückchen, das man sah, war eindeutig grau. Es schien nicht so, als ob die Sonne heute noch einmal unter der Wolkendecke hervorkommen würde. Im Gegenteil, es wurde immer finsterer, und dabei war es noch nicht einmal fünf Uhr.

      Da Schwester Regine sich nicht weit vom Waldrand entfernt hatte, trat sie auf das angrenzende Feld hinaus. Von hier aus hatte sie einen guten Fernblick. Doch das, was sie sah, beruhigte sie keineswegs. Vom westlichen Horizont her schob sich eine Wolkenbank heran, die eine grauviolette Färbung aufwies. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

      Schwester Regine beschloss, die Kinder zu rufen und sofort den Heimweg anzutreten. Sie rief die Namen der Kinder, so laut wie sie konnte, in den Wald hinein, wurde jedoch von Heidi, die noch lauter schrie, glatt überboten. Natürlich dauerte es eine Weile, bis alle Kinder um sie versammelt waren. Inzwischen war ein scharfer Wind aufgekommen.

      »Kommt schnell, wir müssen uns beeilen.«

      »Ich kann nicht so schnell laufen«, jammerte Heidi. »Ich verliere meine Pilze. Ich habe sie so mühsam gesucht, und jetzt fallen sie aus dem Körbchen.«

      »Gib welche davon in mein Körbchen, das ist leer«, bot Henrik ihr an.

      »Aha, du bist faul gewesen«, rügte Nick.

      »Lass mich einmal in deinen Korb sehen, der ist bestimmt auch nicht voll«, entgegnete Henrik.

      »Kinder, bitte, streitet jetzt nicht«, wies Schwester Regine sie zurecht. »Heidi soll schnell einige Pilze in Henriks Korb geben, und dann gehen wir weiter.«

      »Schau, hast du den Blitz gesehen?«, rief Pünktchen. »Er ging über den halben Himmel.«

      Sie eilten nun weiter. Zumindest Schwester Regine bemühte sich, schnell vorwärtszukommen. Die Kinder blieben immer wieder stehen, um einen der immer häufiger werdenden Blitze zu bewundern. Für sie war das herannahende Gewitter eine schaurige Sensation, vor der sie sich aber nicht besonders fürchteten.

      »Was soll uns denn geschehen?«, sagte Nick. »Wir werden höchstens nass. Das macht doch nichts. Es ist ohnehin sehr warm.«

      »Ein Blitz könnte einen von uns treffen und töten«, erwiderte Schwester Regine..

      »Das glaube ich nicht. Die Bäume im Wald sind doch viel höher als wir.«

      »Außerdem ist das Gewitter noch weit weg. Man hört nicht einmal den Donner.«

      »Ihr werdet ihn noch früh genug hören. Übrigens sind die Wolken sehr dunkel. Was macht ihr, wenn es hagelt? Die Hagelkörner tun weh.«

      Diese Worte trieben die Kinder nun doch zur Eile an. Der Wind zauste an ihren Haaren.

      Plötzlich blieb Schwester Regine wie angewurzelt stehen. »Anselm! Wo ist Anselm? Hat jemand von euch den Jungen gesehen?« Sie sah die Kinder der Reihe nach an. Alle waren da, außer Anselm. »Wo kann Anselm stecken? Wer hat ihn zuletzt gesehen?«

      »Als du uns gerufen hast, ist er auch gekommen. Das weiß ich ganz genau.«

      »Ja, das stimmt. Ich kann mich auch erinnern«, bestätigte Pünktchen Heidis Auskunft. »Seine Knie waren voll Heidelbeerflecken.«

      »Und dann? Ist er mit uns gekommen?«

      Niemand wusste darauf eine Antwort. Schwester Regine war mit der Aufgabe, die Kinder zur Eile anzutreiben, voll beschäftigt gewesen. Ihr war Anselms Abwesenheit nicht aufgefallen. Und die Kinder hatten auf die Wolken und die Blitze, nicht aber auf den kleinen Jungen geachtet.

      »Was machen wir jetzt bloß?«, fragte Pünktchen.

      »Wir müssen Anselm suchen«, erwiderte Schwester Regine. »Vielleicht hat er sich im Wald verirrt. Du und Nick, ihr bleibt bei mir und helft bei der Suche, während Irmela mit den übrigen nach Sophienlust geht.«

      »Ja.«

      »Ihr folgt alle brav Irmela und tut das, was sie sagt«, schärfte Schwester Regine den Kindern noch ein.

      Die Kinder nickten. Sie waren alle über den Zwischenfall so erschrocken, dass ihnen im Moment die Lust an übermütigen Späßen vergangen war.

      *

      Anselm war, als er Schwester Regine hatte rufen hören, aufgestanden und zu ihr gelaufen. Während sie noch überprüft hatte, ob alle Kinder da waren, hatte er bemerkt, dass sich neben ihm am Boden das welke Laub bewegte. Er hatte sich gebückt, und da war ein Ding, das unter den Blättern versteckt gewesen war, hervorgekommen und in weitem Bogen davongehopst. Anselm war neugierig zu der Stelle gerannt, auf der es gelandet war. Doch kaum war er dort gewesen, war es schon wieder weggesprungen.

      Anselm war wieder hinterhergeeilt. So war das eine Weile fortgegangen. Jetzt endlich hatte er das kleine Wesen erreicht, das er verfolgt hatte.

      Anselm kauerte sich ins Gras, stellte seinen Korb ab und beobachtete den komischen Hüpfer. Es war ein kleines, braunes Tier, das aussah wie ein Frosch. Aber Frösche sind doch grün, dachte Anselm. Großmutti hat mir oft aus dem Märchenbuch die Geschichte vom Froschkönig vorgelesen, und ich habe mir die Bilder angesehen. Sollte dieses Tier eine Kröte sein? Aber Kröten waren doch hässlich, und dieses Geschöpf war recht niedlich. Anselm konnte sehen, wie es atmete. Seine Flanken hoben und senkten sich in regelmäßiger Folge. Es war auch nicht nass und schlüpfrig.

      Anselm streckte seinen Zeigefinger aus, um es zu berühren. Doch da sprang es ihm schon wieder mit einem weiten Satz davon. Diesmal landete es in einem dichten Gebüsch, und Anselm konnte keine Spur mehr von ihm entdecken. Eine Zeitlang blieb er vor dem Strauch stehen und wartete, ob es wieder zum Vorschein kommen würde. Als es sich aber nicht mehr blicken ließ, drehte er sich um und ging zurück.

      Wo hatte er nur seinen Korb gelassen? Er schaute sich suchend um, sah ihn jedoch nirgends. Außerdem herrschte eine beängstigende Stille. Das einzige Geräusch, das es hier gab, wurde vom Wind verursacht, der durch die Wipfel der Bäume fegte.

      »Schwester Regine, Pünktchen, Heidi – wo seid ihr?«, rief Anselm angstvoll.«

      Ein lautes Krächzen antwortete ihm. Ein paar schwarze Vögel flatterten auf und flogen davon. Dann war es wieder still.

      »Schwester Regine! Heidi!«, schrie Anselm erneut. Doch es kam keine Antwort. Diesmal rührte sich überhaupt nichts.

      Allmählich wurde es Anselm bewusst, dass er völlig allein war. Wo waren nur die anderen? Er erinnerte sich, dass Schwester Regine die Kinder zu sich gerufen hatte, um den Heimweg anzutreten. Da hatte er plötzlich den braunen Frosch entdeckt und war ihm nachgelaufen. Während er ihn verfolgt hatte, musste Schwester Regine mit den übrigen Kindern weggegangen sein.

      Was sollte er jetzt anfangen? Er kannte sich hier nicht aus. Wenn er nur wenigstens aus dem Wald herausfinden würde!

      Anselm überlegte, welche Richtung er einschlagen sollte. Zuerst war er bergab gelaufen, folglich musste er jetzt bergauf gehen.

      Der Junge setzte sich in Bewegung. Es wurde immer dunkler. Wurde es schon Abend? Da zuckte ein greller Blitz auf, dem bald ein grollender Donner folgte. Anselm hatte Angst, nahm sich aber zusammen. Schließlich war er schon ein großer Junge, wie ihm seine Mami oft versichert hatte. Vor einem Gewitter durfte er sich nicht

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