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den Kleinen.

      »Und er bringt mir auch noch andere Spielsachen mit.«

      »Das ist fein!«, rief Angelika, die hinter ihnen saß. »Dann kannst du sie auf das Regal in deinem Zimmer stellen.«

      »Ja, das tue ich auch.« Pieter nickte verträumt. So schön es auch in Sophienlust war, er würde sich erst dann ganz wohl fühlen, wenn er seine Lieblingsspielsachen da haben würde.

      Schwester Regine brachte den Kleinen auch diesmal wieder zu Bett. Pieter faltete die Hände zum Nachtgebet, das er mit klarer Stimme sprach. Dann fügte er hinzu: »Und lieber Gott, mache es, dass Vati morgen meinen Teddy mitbringt und auch die anderen Sachen. Amen.«

      »Amen«, sagte auch die Kinderschwester und zog den kleinen Jungen zärtlich in ihre Arme. »Schlaf gut, mein Liebling.«

      »Mutti hat nie Liebling zu mir gesagt«, gestand Pieter beschämt. »Ich mag es, wenn jemand Liebling zu mir sagt.«

      Schwester Regine küsste ihn auf die Stirn und deckte ihn dann zu. Armer, kleiner Junge, dachte sie mitleidig. Obwohl er eine Mutter hatte, schien er doch niemals wahre Mutterliebe kennengelernt zu haben. Wie lieblos Frau Cornelius sein musste, sah man ja schon daran, dass sie dem Jungen das von ihm so geliebte Spielzeug nicht mitgegeben hatte.

      *

      Pieter erwachte am nächsten Morgen sehr früh. Vorsichtig stieg er aus dem Bett und lief auf leisen Sohlen in Heidis Zimmer. Aber seine kleine Freundin schlief noch. Am liebsten hätte er sie geweckt. Aber dann schlüpfte er ganz schnell in seine Sachen und verließ leise das Zimmer.

      Zögernd blieb er auf dem Korridor stehen und lauschte. Es war noch ganz still im Haus. Bestimmt ist noch kein Mensch aufgestanden, überlegte er, als er lautlos die Stufen der Treppe hinabstieg. Vielleicht war aber die Köchin Magda schon auf? Sie hatte ihm erst gestern erzählt, dass sie jeden Morgen als erste aufstehe.

      Pieter lugte in die Küche. Tatsächlich sah er die rundliche Köchin schon an dem großen Herd stehen. »Guten Morgen!«, rief er.

      »Pieter, du!« Magda sah ihn freundlich an. »Du kannst wohl auch nicht mehr schlafen?«

      »Nein, Magda, weil ich mich doch so sehr auf meinen Vati freue und auf den Teddy. Ich kann es kaum erwarten, dass er endlich da ist.«

      »Das kann ich verstehen. Hast du Lust, mit mir zusammen in den Gemüsegarten zu gehen, um mir beim Abschneiden von Schnittlauch und Petersilie zu helfen? Auch brauche ich ein paar Mohrrüben und Zwiebeln.«

      »O ja, ich komme gern mit«, erwiderte der Junge sofort.

      Magda fuhr ihm liebevoll über den blonden Haarschopf, als er mit glücklichen Augen neben ihr den schmalen Weg zwischen den Gemüsebeeten entlangging. Pieter scheint ein sehr sensibles Kind zu sein, das viel Liebe und Verständnis braucht, dachte sie bei sich.

      Als die beiden in die Küche zurückkehrten, saßen die alte Lena, das Hausmädchen Ulla und der alte Justus bereits am Tisch. Magda richtete in Eile das Frühstück her. Pieter strahlte übers ganze Gesicht, als er sich zu den Erwachsenen setzen und mit ihnen frühstücken durfte. Auch jetzt erzählte er aufgeregt von dem Besuch seines Vaters.

      Doch das Kind erlebte an diesem ­Tag eine bittere Enttäuschung. Gegen ­Mittag rief die Sekretärin von Enno Cor­nelius in Sophienlust an und sagte den Besuch von Pieters Vater ab. Er ­habe unverhofft nach London flie­gen müssen, aber er wolle versuchen, Pieter dafür anfangs der nächsten Woche zu besuchen, erklärte sie noch.

      Pieter war untröstlich. Selbst Denise gelang es nicht, das verzweifelte Kind zu beruhigen.

      »Ich finde das sehr gemein von Herrn Cornelius!«, empörte sich Henrik am Mittagstisch in Schoeneich. »Manchmal denken die großen Leute, dass Kinder nicht so wichtig seien. Ihr seid da ganz anders!«, fügte er aus tiefster Überzeugung hinzu. Dabei sah er seine Eltern glücklich an.

      »Vergiss nicht, mein Sohn, dass Herr Cornelius ein wichtiger Mann in der Industrie ist. Männer wie er können nicht immer über ihre Zeit frei verfügen. Die Leidtragenden sind dann meist die Familien.« Alexander von Schoenecker nickte seinem Sohn zu. »Sicherlich bedauert es Herr Cornelius auch, dass er Pieter so enttäuschen musste.«

      »Kann auch sein, Vati. Ich bin nur froh, dass du kein solcher Mann bist«, erwiderte Henrik. »Mutti, viel­leicht könnten wir Pieter zu uns holen? ­Er könnte bei mir im Zimmer schla­fen.«

      »Rufe ihn doch in Sophienlust an und frage ihn.« Lächelnd sah Denise ihren Jüngsten an.

      Das ließ sich Henrik nicht zweimal sagen. Aber schon nach wenigen Minuten kehrte er enttäuscht zurück. »Pieter will bei Heidi bleiben. Findest du es nicht gemein, dass er sie viel lieber hat als mich? Dabei habe ich ihn doch zuerst kennengelernt.«

      »Vergiss nicht, dass die beiden den ganzen Tag zusammenstecken, Henrik.«

      »Natürlich, Mutti, nicht wahr, du fährst mich gleich nach dem Essen nach Sophienlust?«

      »Meinetwegen«, erwiderte sie erheitert.

      So geschah es auch. Henrik bemühte sich ebenfalls redlich, Pieter von seinem Kummer abzulenken. Aber auch ihm gelang es nicht.

      Tieftraurig lag Pieter am Samstagabend in seinem Bett. »Der liebe Gott hat mich auch nicht lieb«, beschwerte er sich bei Schwester Regine. »Sonst hätte er Vati kommen lassen.«

      »Dein Vati kommt gewiss am Montag oder Dienstag.«

      »Das glaube ich aber nicht, Schwester Regine. Immer, wenn er verreist, bleibt er schrecklich lange fort, und dann war meine Mutti nie lieb zu mir. Und …« Pieter begann zu weinen.

      Heidi stand mit traurigen Augen unter der Verbindungstür und blickte zu Pieter hinüber. Später, als die Kinderschwester fort war, kroch sie zu dem Jungen ins Bett und streichelte ihn.

      Pieter hörte endlich zu weinen auf. »Ich bin froh, dass ich dich habe, Heidi. Wenn ich groß bin, werde ich dich heiraten«, erklärte er voller Ernst.

      »Ich heirate dich auch«, entgegnete sie und kroch unter der Bettdecke hervor. »Nun musst du aber schlafen«, bat sie. »Ich gehe jetzt in mein Bett.«

      »Ja, tu das, Heidi.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Nicht wahr, ich bin schon viel zu groß, um noch zu weinen?«, fragte er beschämt.

      »Zum Weinen ist man nie zu groß«, antwortete die Kleine altklug. »Das hat neulich mal Tante Isi gesagt.«

      »Aber große Männer weinen bestimmt nicht mehr.«

      »Manchmal tun sie es auch. Mein Vati hat auch geweint. Gute Nacht, Pieter.«

      Heidi lief schnell in ihr Zimmer hinüber und schlüpfte ins Bett.

      Ob Vati auch manchmal weint? überlegte Pieter. Ob er …

      Weiter kam er nicht mit seinen Überlegungen, weil er eingeschlafen war.

      *

      Betty Cornelius warf sich unruhig im Bett hin und her. Der Mond schien hell in ihr Zimmer und zeichnete groteske Muster auf den Boden und auf die Wände.

      Die Kranke versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Aber immer wieder verwirrten sie sich, kehrten in die Zeit zurück, als Pieter geboren wurde. Damals hatte sie alles auf eine Karte gesetzt und geglaubt, mit dem Kind ihre Ehe retten zu können. Ein hoffnungsloses Unterfangen! Sie hatte gedacht, mit ihrer großen Lüge fertig werden zu können. Und wenn Martin Aarhof, der Bruder ihres Jugendfreundes, nicht eines Tages bei ihr erschienen wäre, wäre ihr das wohl auch gelungen. Doch seitdem hatte sie keine ruhige Stunde mehr. Glücklicherweise war Enno in Gelddingen sehr großzügig und kümmerte sich nicht darum, wofür sie das Geld ausgab. Sobald sie ihr persönliches Konto überzogen hatte, füllte er es wieder auf.

      Wie sehr sie Enno liebte, war Betty noch niemals so bewusst geworden wie jetzt, da er sich innerlich mehr und mehr von ihr entfernte. Dass sie ihn nicht halten konnte, brachte sie an den Rand des Wahnsinns. Schon oft war sie nahe daran gewesen, ihm alles zu gestehen. Aber sie wusste,

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