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      »Schön, daß Sie da sind. Hatten S’ eine gute Fahrt?«

      »Vielen Dank, ja.«

      Das Zimmer lag im ersten Stock, mit Blick auf die Berge. Ein umlaufender Balkon bot die Möglichkeit, sich nach draußen zu setzen und das Panorama zu genießen.

      Alexandra packte die Reisetasche aus. Als sie das Handy auf den Tisch legte, überlegte sie einen Moment, es einzuschalten. Doch dann unterließ sie es. Außer Dr. Behringer wußte niemand, nicht einmal die engsten Freunde, wohin sie gefahren war. Sollte es tatsächlich etwas Dringendes geben, würde sich der Seniorpartner mit ihr über die Telefonnummer der Pension in Verbindung setzen.

      Die junge Anwältin stand auf dem Balkon und schaute zu den Bergen hinüber. Sie kannte sie alle. Himmelsspitz und Wintermaid, den Kogler. Auf allen dreien waren sie und Adrian gewesen, hatten die Kandereralm mit ihrem knorrigen Senner, dem Thurecker-Franz, besucht und die Streusachhütte unterm Wendelstein.

      Aber das war einmal, hatte sich in einem anderen Leben abgespielt, und nun war sie ihr, um sich und ihr jetziges Leben neu zu ordnen.

      Alexandra stieß einen tiefen Seufzer aus, dann wandte sie sich ab, ging ins Zimmer zurück und nahm ihre Handtasche vom Tisch. Sie schloß die Tür hinter sich und lief die Treppe hinunter. Als sie auf die Straße trat, hatte sie sich fest vorgenommen, keinen Gedanken mehr an Adrian zu verschwenden. Auch wenn es ihr noch so schwerfallen würde.

      Daß es nicht leicht war, merkte sie, als sie den Kaffeegarten des Hotels betrat.

      Wie oft hatten sie hier zusammen gesessen!

      Sie vermied es, den Tisch anzusteuern, den Adrian immer für sie beide hatte reservieren lassen. Statt dessen ging sie in den hinteren Teil des Gartens, wo hohe Bäume Schatten spendeten und vor der Sonne schützten. Allerdings merkte sie schnell, daß es seinen Vorteil hatte, wenn der Tisch reserviert war. Es war nämlich voll hier, und freie Plätze gab es kaum noch.

      Ob sie jemanden bitten sollte, sich an seinen Tisch setzen zu dürfen?

      Eigentlich war es nicht ihre Art, so etwas zu tun. Andererseits hätte sie wirklich gerne einen Kaffee getrunken, und sie wußte, daß die Leute in der Regel nichts dagegen einzuwenden hatten.

      Alexandra schaute sich um und sah einen Tisch, an dem ein Mann und ein Junge saßen. Dem Bub zu Füßen hatte es sich ein großer, brauner Hund gemütlich gemacht. Die Anwältin trat näher und deutete auf einen freien Stuhl.

      »Entschuldigen S’ die Frage«, sagte sie, mit einem verlegenen Schulterzucken, »aber dürfte ich mich dazu setzen? Die anderen Tische sind schon alle besetzt.«

      Erstaunt nahm sie wahr, daß der Mann aufstand und eine Verbeugung andeutete.

      »Aber selbstverständlich«, erwiderte er mit einem freundlichen Lächeln. »Bitte schön, nehmen S’ ruhig Platz.«

      »Vielen Dank«, nickte Alexan­dra und setzte sich.

      Donnerwetter, dachte sie dabei, der hat tatsächlich noch gute Manieren!

      Sie hatte nicht sehr oft beobachten können, daß ein Mann sich erhob, wenn eine Frau sich dazusetzte, und freute sich über diese Kavaliersgeste.

      »Reinicke, mein Name«, stellte der Mann sich vor. »Peter Reinicke, und das ist Martin, mein Sohn.«

      »Alexandra Sommer, angenehm«, erwiderte sie und sah den Bub an. »Das ist aber ein lieber Hund.«

      »Biene ist eine Hundedame«, belehrte er sie und schaute sie neugierig an. »Machst du auch Urlaub hier?«

      »Sei net so neugierig«, tadelte der Vater ihn.

      »Seien S’ net so streng«, lächelte Alexandra und wandte sich wieder dem Kleinen zu. »Ja, ich mache auch Urlaub in St. Johann. Ich bin gerad’ erst angekommen.«

      »Wir sind auch erst seit heute hier«, erzählte Martin fröhlich. »Und wir haben ein ganz tolles Zimmer in einer Pension.«

      Peter Reinicke räusperte sich.

      »Ich glaub’ net, daß es die Frau Sommer interessiert, wo wir wohnen«, sagte er.

      Es war ihm sichtlich peinlich, daß sein Sohn die Frau so mit Beschlag belegte.

      »Ach, lassen Sie ihn doch«, schmunzelte die Anwältin. »Ich wohne auch in einer Pension.«

      »Uns’re heißt Stubler«, rief Martin sofort.

      »Stell dir vor, meine auch«, lachte Alexandra, und ihr Lachen war so ansteckend, daß Peter mit einfiel.

      Martin strahlte sie an.

      »Du gefällst mir«, sagte er. »Möchtest du mal mit mir und Biene Gassi gehen?«

      Die junge Frau zuckte die Schultern.

      »Warum net – wenn deine Eltern nix dagegen haben…«

      »Ich hab’ nur Papa«, sagte der Bub und schaute plötzlich ein wenig traurig drein.

      »Oh«, kam es Alexandra über die Lippen, »das wußte ich net.«

      »Können S’ ja auch net«, erwiderte Peter und schüttelte den Kopf.

      »Meine Frau ist schon bald nach Martins Geburt gestorben…«

      Betretenes Schweigen machte sich breit. Alexandra hatte sich schon gefragt, wo die dazugehörige Frau wohl sein mochte. Doch dann hatte sie nur zwei Kuchenteller auf dem Tisch gesehen.

      Die Bedienung trat heran und fragte nach Alexandras Wünschen. Sie bestellte einen Kaffee. Im selben Moment erkannte das Madl sie.

      »Frau Sommer, net wahr?« sagte sie mit einem strahlenden Gesicht. »Ich hab’ gar net gewußt, daß sie in diesem Jahr wieder hier sind. Ist der Herr Dr. Heller net mitgekommen?«

      »Ich bin alleine hier«, antwortete die Anwältin. »Und ich wohne auch net hier im Hotel.«

      Die Bedienung nickte nur kurz und verschwand. Alexandra sah Peter entschuldigend an.

      »Tja, es tut mir wirklich leid…«

      »Schon gut«, erwiderte er.

      Sie blickte auf Martin.

      »Dann nehme ich deine Einlandung zum Gassi gehen also an.«

      »Prima«, freute sich der Bub.

      »Aber nur, wenn Sie wirklich Lust dazu haben«, schränkte Peter ein, dem es immer noch peinlich war, wie sehr sein Sohn die Frau vereinnahmte.

      Eine überaus attraktive Frau, wie er festgestellt hatte. Leider wohl nicht alleinstehend, die Frage nach dem Herrn Dr. Heller, die die Bedienung gestellt hatte, war ja eindeutig gewesen.

      *

      »Sind Sie zum ersten Mal in St. Johann?« erkundigte sich Alexan­dra, nachdem ihr der Kaffee gebracht worden war.

      Peter nickte.

      »Dann müssen S’ sich unbedingt die Kirche anschauen«, setzte die Anwältin hinzu. »Die ist wirklich sehenswert.«

      »Was kann man denn noch hier machen?« wollte Martin wissen.

      »Ach, da gibt es viele Möglichkeiten«, erzählte sie. »Reiten zum Beispiel. Ganz in der Nähe gibt es einen Ponyhof. Oder man kann zum Schwimmen an einen schönen See fahren. Du wirst schon seh’n, die Zeit hier wird dir net lang’ werden.«

      Sie lächelte den Bub an. Martin hatte ein niedliches Gesicht, das dem seines Vaters ähnelte. Schon als sie sich gesetzt hatte, gefiel ihr seine unkomplizierte Art, mit der er sie angesprochen hatte.

      »Ich hab’ dir doch auch schon gesagt, was wir alles unternehmen werden«, meinte sein Vater. »Erinner dich an die vielen Prospekte, die wir angeschaut haben.«

      »Bist’ schon mal auf einem Pferd gesessen?« fragte Alexandra.

      Martin schüttelte den Kopf.

      »Ich

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