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war Johnny stehengeblieben.. Wenn ich aber annahm, dass er die Gefahr nun erkannte hätte, so war das abermals ein Irrtum. Er stand einfach da und sah die Bärin an.

      Mit einem Grollen kam sie auf ihn zu, hoch aufgerichtet noch immer. Die Tatzen erhoben zum Schlag.

      Ich wagte keinen weiteren Schuss in die Luft. Ich hatte ohnehin nur noch fünf Patronen in der Trommel. Ein Zweikampf mit einem Bären ist etwas Ungewisses. Man konnte es nie im voraus sagen, wie dieser Kampf verlaufen würde. Ich konnte es mir einfach nicht leisten, eine wertvolle Patrone in die Luft zu jagen.

      Aber sie hatte Junge. Ich gehörte nicht zu denen, die einfach blindlings drauflos knallen. Trotzdem gab es hier keine Wahl mehr. Johnny war in Gefahr.

      Plötzlich blieb die Bärin stehen, und Johnny ging auf sie zu. Das Gesicht drückte kindliches Entzücken aus, und gleichzeitig lallte er auf seine unverständliche Art, breitete nun die Arme aus, als wollte er die Bärin wie einen alten Freund begrüßen.

      „Johnny, stehenbleiben!“, schrie ich.

      Ich hätte es einer steinernen Wand sagen können. Und nun hatte ich wirklich keine Wahl mehr, nicht die geringste.

      Ganz ruhig, dachte ich, nur nicht verrückt spielen! Noch ist Zeit genug. Den linken Unterarm hoch und angewinkelt, den Revolverlauf aufgelegt und eiskalt gezielt. Ziel fassen, Luft anhalten, abdrücken.

      Die Entfernung von etwa acht Schritt war für den Revolverschuss günstig. Ich hatte genau auf die Nasenwurzel der Bärin gezielt und dort saß auch der Schuss.

      Eine Sekunde lang stand sie wie erstarrt.

      Das war der Augenblick, wo man sofort wieder handeln musste. Die meisten Jäger, die keine Erfahrung mit der Bärenjagd haben, lassen diese günstigen Augenblicke vergehen. Sie sind fasziniert von ihrem Schuss, stehen einfach da und warten ab. Man darf nicht abwarten. In den seltensten Fällen ist dieser eine Schuss, dazu noch von einem Revolver, ausreichend.

      Ich hielt aufs Blatt, feuerte wieder, gab einen dritten Schuss auf den Hals ab, und noch immer stand sie so starr. Einen vierten Schuss feuerte ich auf ihr rechtes Auge. Es war die absolute Gewissheit, sie zu töten, so unschön diese Art auch sein mag. Aber mit einem Revolver hat man nicht allzu viele Möglichkeiten.

      Sie stand noch etwa drei bis vier Sekunden wie ihr eigenes Denkmal, dann brach sie zusammen, wie vom Blitz gefällt.

      Johnny, dieser Narr, war immer noch weitergelaufen. Als sie zusammenbrach, befand er sich keine zwei Schritte von ihr entfernt. Aber zu seinem Glück stürzte sie auf die rechte Seite, zuckte dann noch ein paarmal und blieb dann liegen.

      *

      ICH DACHTE SOFORT AN die Jungen. Und ich dachte auch an den Bär. Sie leben um diese Zeit paarweise. Es musste noch irgendwo ein Bär sein. Und die Gefahr,dass er sich in wenigen Minuten hier befinden könnte, hing wie ein Damoklesschwert über Johnny und mir. Johnny wusste davon nichts. Er hatte sich jetzt auf die Bärin gelegt, kraulte ihr Fell, umarmte sie und lallte Unverständliches.

      Ich lud hastig meinen Revolver neu auf, blickte mich suchend um, und dann entdeckte ich in der Ferne die beiden kleinen Bären. Sie suchten wohl ihre Mutter, stießen eigenartige Töne aus und kamen auf allen vieren nähergehopst. Es sah wirklich drollig aus. Aber die beiden erwartete eine böse Überraschung, wenn sie ihre Mutter erreicht hatten. Vielleicht, so sagte ich mir tröstend, begreifen sie gar nicht, was mit ihr ist.

      „Johnny, weg hier! Los, weg hier!“, rief ich Johnny zu.

      Der tat überhaupt nichts dergleichen.

      Ich ging hin, packte ihn und wollte ihn von der Bärin losreißen. Er krallte seine Hände in ihr noch warmes Fell und schrie wie ein kleines Kind.

      Mein Gott, dachte ich, wir verlieren eine Menge Zeit, und inzwischen kann der Bär hier sein. Mit Johnny ist das nicht dasselbe, als wenn ich ihm alleine gegenüberträte. Wer weiß, was Johnny das nächste Mal macht. Er ist unberechenbar.

      Das war er wirklich. Als er nicht gleich loslassen wollte, riss ich ihn von der Bärin weg. Er schrie wieder, trat und schlug nach mir, bis mich die Wut packte und ich ihm eine runterhaute.

      Da lief er plötzlich los. Er lief so schnell, dass ich ihm im ersten Augenblick nicht nachkam. Und ich fürchtete schon, er würde zur Steilwand laufen und womöglich hinunterstürzen. Aber dann schlug er einen Haken und rannte genau in der Richtung davon, aus der ich vorhin gekommen war. Von da kamen auch die kleinen Bären.

      Johnny rannte, als ginge es um sein Leben. Zu allem Überfluss stolperte ich noch, schlug hin, und sein Vorsprung wuchs.

      Er war etwa dreißig Schritt von mir entfernt, als der Bär auftauchte. Es war ein gewaltiger Grisly, viel größer noch als die Bärin. Und die hatte schon eine enorme Figur gehabt. Der Bär stand hoch aufgerichtet.

      Johnny lief genau auf ihn zu.

      „Johnny!“, schrie ich. „Johnny, stehenbleiben, Johnny weg! Ein Bär!“

      Aber es war absolut sinnlos. Er begriff mich nicht, so, wie er auch vorhin nicht gehört hatte. Er lief weiter. Er lief mit ausgebreiteten Armen auf den Bären zu, blieb wenige Schritte vor ihm stehen. Und auch der Bär breitete die Arme aus. Es war ein komisches Bild. Komisch für den, der nicht verstand, dass diese Szene einen tödlichen Charakter besaß.

      Ich rannte um Johnnys Leben. Schießen konnte ich von hier aus nicht. Die Entfernung war für den Revolver zu groß. Die Kugel würde den Bären nicht töten, aber zur Weißglut reizen. Noch stand er da und niemand konnte voraussagen, was geschehen würde. Manchmal gab es ein Wunder. Kinder, so hatte ich gehört, waren bei Bären gefunden worden, ohne dass die jenen Kindern ein Leid zugefügt hatten. Vielleicht sah der Bär in Johnny so etwas wie ein Kind. Ich konnte nicht sehen, ob er zornig oder gutmütig war. Ein Bär zeigt es ja nicht.

      Johnny ging langsam weiter. Immer noch die Arme ausgebreitet. Und er lallte etwas. Es klang fröhlich.

      Der Bär hatte mich im Auge. Auf Johnny schien er nicht mehr zu achten. Er ließ die Tatzen sinken.

      Ich schrie, um den Bären von Johnny abzulenken. Bis auf zehn Schritt ging ich an ihn heran.

      Ich wollte Johnny packen, wegreißen und aus der Gefahrenzone bringen und dann notfalls schießen.

      Der Bär hatte es anders vor.

      Plötzlich griff er Johnny an. Ich hörte dieses Brummen, und das verriet mir seine Bösartigkeit. Schon riss er die Pranke zum Schlag, hoch. Johnny hatte auch jetzt die Gefahr nicht begriffen. Ich wollte Johnny noch packen, wegreißen, aber der Bär war schneller. Und Johnny sprang ihm regelrecht entgegen.

      Ich riss den Revolver hoch, feuerte nach dem Kopf des Bären, schoss dreimal hintereinander.

      Für Johnny kam alles zu spät.

      Obwohl vom ersten Schuss getroffen, schlug der Bär noch mit der Tatze zu, schmetterte sie gegen Johnnys Kopf, riss ihm mit den scharfen Krallen den Hals auf.

      Von diesem Prankenhieb getroffen wurde Johnny beiseite geschleudert und brach zusammen. Der Bär aber stand.

      Ich schoss abermals, feuerte alle meine Patronen aus der Trommel meines Revolvers. Alle sechs Schüsse. Und erst beim letzten Schuss wankte er, aber er war nicht umzubringen. Obgleich er zusammenbrach, fauchte er noch und versuchte mich mit einem Tatzenschlag zu erreichen. Aber ich blieb in respektvoller Entfernung von seinen Pranken, lud hastig meinen Revolver auf und gab ihm dann den Gnadenschuss aus einer Entfernung von zwei Schritt.

      Erst jetzt konnte ich mich um Johnny kümmern. Als ich ihn dann blutüberströmt daliegen sah, mit aufgerissenem Hals, da erkannte ich, dass ihm niemand mehr helfen könnte.

      Seine Schlagader an der linken Halsseite war zerrissen. Johnny verblutete, und ich konnte nichts für ihn tun. Zwar versuchte ich, durch einen Druck oberhalb vom Schlüsselbein auf die Schlagader

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