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      Wenn seine Stimme beruhigend klingen sollte, so erreichte er nicht sein Ziel. Am Ende des Ganges angekommen, ging John nach links. Nun schien es Frank, als habe er einige Gitterstäbe erkannt. Die Geräusche wurden lauter. Woran erinnern mich dieses Gescharre, diese seltsamen Laute?

      „Schließe die Augen, wir sind gleich da. Ich sage dir, wann du sie wieder aufmachen kannst. Gib mir deine Hand.“

      Frank schloss widerwillig die Augen. Am liebsten hätte er wieder den Rückzug angetreten. Was kommt jetzt? John nahm ihn an der Hand und zog ihn noch ein paar Schritte weiter.

      „Was du gleich sehen wirst, hat – außer mir – noch nie ein Mensch gesehen: Du kannst… JETZT… die Augen aufmachen!“

      John hielt nun beide Arme weit ausgestreckt, sodass der Schein der Fackeln einen ganzen Umkreis erhellte. Frank wich unwillkürlich ein paar Schritte zurück, seine Augen waren weit geöffnet. Er war bleich geworden und schnappte nach Luft.

      „Was sagst du nun? Siehst du, der Schein der Fackeln irritiert sie nicht.“

      Frank war, als lege sich Entsetzen wie eine Schlange um seinen Hals. Er schaute starr geradeaus, danach nach beiden Seiten. Dann blickte er, wie gebannt, durch Stabreihen in Käfige, betrachtete Gestalten, die am Boden kauerten, starr in seine Richtung schauten und seinem Blick standhielten. Ein Schrei erstickte in seiner Kehle. Der seltsam starre, durchdringende und unheimlich wirkende Blick jener Wesen hielt ihn im Griff. Frank wandte seine Augen mit Mühe ab, richtete sie auf John und stammelte:

      „WER oder WAS ist das, wer sind SIE?“

      Er war nochmals zurückgewichen und bemühte sich, nicht in ihre Richtung zu sehen. Nun waren wieder jene seltsamen Laute zu hören, deren Bedeutung er nicht einschätzen konnte und die anders klangen als alles, was er zuvor jemals gehört hatte.

      „Du brauchst keine Angst zu haben, sie sind ja hinter Gitter.“

      „Ich habe dich etwas gefragt, John! Gib mir Antwort oder zeige mir sofort den Weg zum Ausgang!“

      Ihm war, als habe sich ein unsichtbares Etwas auf seine Brust gelegt und nehme ihm langsam den Atem.

      „Wer SIE sind? Ich weiß noch nicht, wie ich sie nennen soll: Es ist eine neue Art!“

      Frank spürte, wie sie ihn wieder ansahen, er fühlte es nahezu körperlich. Es war als hingen sie an ihm mit ihren Blicken. Erwarteten, erhofften sie etwas von ihm?

      „Eine neue Art? Was sagst du da, John?!“

      „Ich glaube, du hast mich gut verstanden, hast richtig gehört: Es war ein verdammt langer Weg. Wenn ich die Studienzeit hinzurechne, fast ein Vierteljahrhundert. Ich habe nie aufgegeben, trotz aller Rückschläge. Vielleicht hast du einen Vorschlag, wie ich diese Art nennen könnte? ICH bin ihr Schöpfer! Weißt du, was das bedeutet?“

      „Die ART?“

      Frank hatte ihn auf einmal an der Schulter gepackt und das Wort laut herausgeschleudert. Sogleich hörte er, wie die Kreaturen in den Käfigen darauf reagierten. Es hörte sich an, als fühlten sie sich gestört und würden gereizt. Klang dies eben nach Zähneknirschen?

      „Du ahnst längst, was du vor dir hast. Bis jetzt sind es zwölf. Ich bin noch unschlüssig, wie ich sie taufen soll:

      «MENSCH-TIER» oder «TIER-MENSCH» oder «HYBRIS ONE»? Du kannst doch Altgriechisch, Latein und – meines Wissens – auch etwas Althebräisch: Vielleicht hast du eine Idee?“

      Frank bebte innerlich, sein Magen zog sich zusammen, ihm wurde speiübel. Der furchtbare Verdacht, der nach dem ersten Anblick schon in ihm aufgestiegen war und den er zunächst nicht wahrhaben wollte, John bestätigte ihn soeben in Kurzformeln.

      „Schaue ruhig hin, sie müssen sich ohnehin daran gewöhnen. Es ist faszinierend, nicht wahr? Ich stehe manchmal stundenlang vor ihnen, mitten in der Nacht und sehe sie einfach nur an: Bald glaube ich «Tiere» zu sehen, doch irgendwie schauen aus ihren – soll ich «Gesichtern» sagen? – scheinbar «Menschen» hervor. Dann wieder meine ich «Menschengesichter» zu sehen, aus denen «Tiere» hervorschauen. Sie können ja nicht sprechen, geben nur diese unheimlichen Laute von sich. Kein Tier äußert sich so, aber eben auch kein Mensch. Manchmal scheint es mir, als würde eines von ihnen sagen wollen:

      «Ich bin doch ein halber Mensch: WARUM kann ich nicht sprechen?»

      Dann wiederum kommt es mir vor, als flüsterten sie:

      «Ich bin ein Tier, warum muss ich auch MENSCH sein?» – oder: «Ich bin ein Mensch, warum muss ich auch ein TIER in mir tragen?»“

      „HÖR AUF, JOHN, HÖR AUF!!!“

      Frank, von nacktem Entsetzen durchdrungen, hielt sich die Ohren zu. Hoffentlich hat er die Tür nicht verriegelt. Ohne ihn komme ich hier vielleicht nicht mehr heraus.

      „Beruhige dich, du wirst dich an sie gewöhnen.“

      „Das ist nicht dein Ernst, John, sag mir, dass das nicht stimmt! MENSCH-TIER, TIERMENSCH: Das ist nicht möglich! Ich weiß, dass ihr früher derartige Forschungen angestellt habt, ihr und viele andere Labore.

      Aber es war ja nur bis zu einem Frühstadium legal, maximal sechs Wochen, wenn ich mich recht erinnere und – soweit ich weiß – führte es nie weit. Ich war immer ganz strikt dagegen, das weißt du. Wie konntest du auf die Idee kommen, ausgerechnet mir… Wenn das wirklich stimmt, dann ist das ILLEGAL!“

      „Ich weiß. Aber manchmal kommt man nicht umhin, ein Gesetz zu umgehen oder auch zu brechen, wenn der Fortschritt der Menschheit auf dem Spiel steht.“

      „Der «Fortschritt der Menschheit»? Das glaubst du selbst nicht! Das habt ihr einfach so deklariert, ich kann mich noch erinnern: Angeblich trieb euch die Hoffnung an, einst alle unheilbaren Krankheiten zu kurieren. Aber gib es zu, das war nur ein Vorwand! Welche unheilbare Krankheit habt ihr denn kuriert? Du hast dich strafbar gemacht. Wenn das herauskommt, wirst du inhaftiert!“

      Frank schaute fassungslos nach rechts. Einige der grauenhaften Kreaturen waren deutlich kleiner als andere. Ihre Gliedmaßen waren ausgeprägt, ihr Nacken war stark. Es schien, als habe der Organismus sich zwischen aufrechter Haltung und auf-allen-Vieren nicht recht zu entscheiden gewusst.

      „Eines Tages gelang es uns, das Frühstadium eines Wesens zu erzeugen, das genetisch aus Ratte, Schwein, Kampfhund zusammengesetzt war. Eine originelle Kombination, nicht wahr? Natürlich nicht zu gleichen Prozentzahlen. Ich nannte das Resultat «Chimäre». Das klang nach humanistischer Bildung.“

      Frank legte sich eine Hand auf den Mund, seine Übelkeit wuchs. In den Räumlichkeiten des Untergeschosses herrschte überdies stickige Luft. Professor Moore wirkte beinahe abwesend, als er weitersprach:

      „Wir haben zunächst in einem größeren Team gearbeitet, alles hochspezialisierte Leute. Später habe ich einige aussortiert, als sich für mich langsam ein zum Ziel führender Weg abzuzeichnen begann.

      Am Anfang haben wir uns strikt an gesetzliche Vorgaben gehalten. Irgendwann haben wir eine Woche hinzugegeben…Doch als ich genug Kenntnisse gesammelt hatte, bin ich zum Schein ausgestiegen. Ich tat so, als würde ich diese Forschung einstellen. Die Gruppe löste sich auf. Was ist, so sagte ich mir, wenn einer von ihnen nicht den Mund halten kann? Außerdem wollte ich – wie ein Bergsteiger, den der Ehrgeiz packt, als Erstes einen Achttausendergipfel zu ersteigen – der Erste sein.

      Hier unten ist alles schalldicht. Die Geräte sind teuer, z.B. der Quantencomputer, mit dem wir unsere Molekül-, unsere Genmodelle berechnet und dreidimensional dargestellt haben. So fiel keinem auf, dass der Zugangsweg zu diesem Raum hier bewacht wird, obgleich ich den Aufwand hierfür inzwischen reduziert habe. Besucher kommen nur in die oberen Etagen. Dort arbeiten wir an harmlosen Dingen, Untersuchungen an Viren- und Bakterienstämmen, auch in Zusammenhang mit Pflanzen, alles legal. Aber, wie du weißt, haben in letzter Zeit radikale Genforschungsgegner von sich reden gemacht. Ich will hier keinen Ärger, muss vorsichtig sein. Also, zunächst war es mir auch

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