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Die Agenda 2010 hatte in den Jahren 2003 bis 2005 dem älter werdenden ‚Patienten Deutschland‘ eine Rosskur verordnet, die zunächst gelang und dem Patienten gut tat. Nun ist der Patient 15 Jahre älter. Einen gesunden Nachfolger, Deutschland 2.0, gibt es immer noch nicht. Die nötige Transformation des Exportweltmeisters wurde -in meiner persönlichen Einschätzung- durch die Agenda 2010 nur um 15 Jahre hinausgezögert.

       Der Rückstand vergrößert sich – die „Transformationsschulden“ wachsen

      Verzweifelt sucht die Industrie Anschluss, wo wir ihn doch längst verloren haben:

      • Kohle: ehemals führend, nun klimabedingt ein Auslaufmodell

      • Stahlindustrie: hat sich in Deutschland weitestgehend selbst abgeschafft

      • Metallindustrie: massiv bedroht durch neue Materialien und Produktionsverfahren sowie Elektromobilität, abhängig vom Fahrzeugbau mit Verbrennungsmotoren

      • Autoindustrie: strukturelle Anpassung an die zu erwartende Softwaredominanz wurde mit Ansage verschlafen, 4-6 Jahre Rückstand in E-Fahrzeugen; Wasserstoffautos inkonsequent verfolgt, zuerst Anschluss an Asien verpasst, dann teilweise eingestellt, kurz bevor die Politik eine Wasserstoffstrategie verkündet

      • Finanzindustrie: im internationalen Vergleich bedeutungslos (wir haben nicht einmal die größten Skandale, holen aber in diesem Punkt massiv auf)

      • Agrarwirtschaft: globale Exporteure von Obst und Gemüse schicken den billigsten Mist nach Deutschland, weil wir ‚preissensitiv‘ kaufen; unsere Bauern machen den Preiskampf zuerst mit und geben dann reihenweise auf

      • Öffentliche Verkehrsmittel: nach 30 Jahren von den Asiaten immer noch nicht gelernt wie Pünktlichkeit machbar ist

      • Eisenbahn: aktiv die Technologie nach China exportiert und von dort technisch überholt worden

      • Öffentliches Bauen und Projektmanagement: Bund und Länder lassen sich anscheinend von Projektkonsortien über den Tisch ziehen, typisch dreifache Bauzeit und bis zu zehnfache Kosten

      • Chemie: deutscher Konzern kauft risikobelastetes US-Unternehmen und zahlt einen hohen Preis dafür

      • Telekommunikation: weiterhin keine flächendeckende Breitband-Versorgung

      Ich breche an dieser Stelle der Aufzählung ab, um keine Depressionen auszulösen. Bis auf den Maschinenbau, SAP, Versicherungen, Autofirmen im Abstieg und einige andere Dienstleistungen ist nicht mehr viel von Weltrang übrig. Wir sind also auf dem steil absteigenden Ast. Haben es unsere Konzerne geschafft, sich zu transformieren? Überwiegend: nein.

      Was ist mit dem Mittelstand? Die meisten produzierenden Mittelständler in Deutschland sind Teil der Lieferketten, die aus dem Taylorismus entstanden sind. Sie sind eingebunden im System internationaler Großkonzerne. Ihre Kunden sind weltweit präsent, daher sind viele Mittelständler gezwungen, diese Internationalität nachzubilden. Der Preis dafür ist hoch. Darunter leidet mitunter die Profitabilität. Dienstleister im Mittelstand sind tendenziell mehr regional orientiert. Sie konzentrieren sich darauf, ihre Beratung, Software, Bildungsleistungen, Konstruktionen oder Entwürfe an die regionalen Gegebenheiten anzupassen. Dazu bedienen sie sich international üblicher Methoden und Prozesse. Sie müssen also keinen Vergleich scheuen. Deutsche Softwareschmieden im Mittelstand sind in der Regel höchst profitabel.

      Hier sehen wir ebenso die Auswirkungen der zu Ende gehenden Blüte des Taylorismus: lokale Wertschöpfung in der Dienstleistung schlägt globale Produktion. Konzerne wie Google haben das längst erkannt. Sie konzentrieren sich stärker auf das Wachstum in lokalen Märkten. Wir sollten ihnen dieses Feld nicht kampflos überlassen. Die Frage, wo im Zeitalter der Daten Wert entsteht, wo er versteuert wird, und wie die Gesellschaft lokal davon profitiert. ist ganz entscheidend.

      Nach dem Scheitern des Privacy Shield Abkommens müssen amerikanische Digitalkonzerne mehr lokale Strukturen in Europa aufbauen - oder die Gesetze in USA müssen sich ändern, was eher unwahrscheinlich ist.

      Damit haben wir Europäer es eher in der Hand, auch auf dem digitalen Feld eine wichtige Rolle in der Zukunft zu spielen. Mutiges und gesellschaftlich akzeptiertes Handeln könnte uns einen internationalen Wettbewerbsvorsprung in einigen digitalen Technologien ermöglichen. Wie erreichen wir das?

       Es wird klar: wir brauchen eine Agenda 2040. Doch wer wagt sich vor?

      Meiner Meinung nach brauchen wir dringend bessere politische Rahmenbedingungen, aber wir sollten nicht auf sie warten. Wir brauchen auch wieder den/die Einzelne/n als Treiber für Veränderung.

      • Unternehmer mit Mut, sich aus der vermeintlichen Sicherheit des Status Quo zu lösen.

      • Willen, das Leben als ein Projekt aller Menschen auf dem Planeten zu betrachten.

      • Handeln, das auf regionaler und lokaler Ebene nützt und akzeptiert ist

      • Ansporn, dazu seine Gestaltungskraft und seine Leidenschaft einzusetzen.

       Ich spreche Dich als Unternehmer Deines Ecosystems an

      Wie Moore erkannte, sind Ecosystems ideal für kleine Unternehmen und Selbstständige geeignet, weil sie durch Ko-Evolution und Ko-Kreation eine überlegene Wertschöpfung erreichen können. Gleichzeitig sind sie mit ihrer Wendigkeit als Schnellboote den Supertanker-Konzernen überlegen.

      Ich spreche genauso alle Mitarbeiter in Unternehmen an, die mutig vorangehen und bestehendes von innen heraus verändern wollen.

      Auf welchen Grundlagen kann sich neuartiges zukünftiges Geschäft entwickeln?

      Welche Möglichkeiten und Ideen gibt es grundsätzlich für neue Geschäfts-Gestaltung?

      Ergeben sich besondere Chancen durch Digitalisierung und Daten?

      Welche Risiken beinhalten sie und wie können wir die Risiken meistern?

      Was bedeutet das für Dich ganz persönlich?

      Das nächste Kapitel beinhaltet Denkanstöße, wie Leben und Arbeit in der digitalen Zeit menschlicher miteinander verbunden werden können. Daher habe ich es LifeBusiness genannt.

      WORIN LIEGEN DIE SCHLÜSSEL ZUR TRENDWENDE?

      LifeBusiness.

      Leben und Geschäfte im Einklang.

       Kannst Du selbst in diesem unübersichtlichen Szenario eine Veränderung erreichen?

      Ich behaupte ja! Wenn Du es nicht tust, tun es andere an Deiner Stelle. Wenn Du startest und nicht auf bessere Rahmenbedingungen wartest, wirst Du voraussichtlich besser positioniert sein, wenn diese günstiger werden. Ich spreche aus eigener Erfahrung.

      Der einfachste Start einer positiven Veränderung ist: erkenne, was Dir heute, bei der täglichen Arbeit im Weg steht. Welche Mechanismen in Unternehmen verzögern, festhalten, behindern, sanktionieren, missachten, bedrohen. Es sind zum einen die Strukturen und Mechanismen des Taylorismus, des Wirtschaftssystems der Vergangenheit, aber auch das Verhalten von Egoisten, Narzissten und Gefangenen in den alten Strukturen.

      Diese Strukturen und Mechanismen trennen und spalten, in immer kleinere Teile. Bis niemand mehr das Ganze sieht. Sie begegnen uns privat und in Unternehmen gleich oft. Beispiele sind:

      • Machtmissbrauch aufgrund der Position im Unternehmen oder der Lieferkette

      • Wissensbündelung in Informationssilos zur Behinderung der Kollegen & Partner

      • Diffusion von Verantwortung zur eigenen Absicherung

      • Selbstbedienungsmentalität, Kartelle, Korruption, und so weiter

      Sicher, diese Mechanismen hat es immer gegeben. Aber im alternden tayloristischen Wirtschaftssystem, in dem globale Player ans Ende ihres Wachstums geraten, nehmen sie bedrohlich zu. Ständige Bedrohung ändert das Verhalten, das ist nur zu menschlich.

      Das erfolgreiche Wirtschaftssystem der Zukunft wird, falls wir

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