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du Schmerzen?«, fragte er erneut.

      »Weiß nicht«, kam es zurück.

      »Ricky, bitte konzentrier dich. Ich muss wissen, was mit dir los ist. Brauchst du einen Arzt?«

      Ricky drehte den Kopf. Das Blut, das aus seiner Nase gelaufen war, begann zu trocknen. Er sah um Jahre älter aus. »Nein, ich denke nicht.«

      Neben dem Streifenwagen hatten die beiden Polizisten ihre Besprechung beendet. Die Fahrertür wurde aufgerissen, einer der Cops beugte sich ins Wageninnere. Es war der Mann, der Mike festgenommen hatte.

      »Ist der Wagen gestohlen?«

      »Nein, Sir. Er gehört meinem Vater.«

      »Henry, hol die Fahrzeugpapiere. Sie sind im Handschuhfach.«

      Eine Minute später war der Kollege mit den Zulassungspapieren zurück.

      »Führerschein und Ausweis?«, wurde Mike gefragt.

      »In meiner Hosentasche.«

      Der zweite Cop öffnete die Fahrzeugtür. Mike musste sein Gesäß anheben, damit der Mann an seinen Geldbeutel herankam.

      Er reichte ihn dem Kollegen, der den Ausweis herauszog und sorgfältig studierte.

      »Mike Sanders, ist das dein Name?«

      »Ja, Sir.«

      »Das Foto sieht dir nicht besonders ähnlich.«

      »Ich hatte da noch längere Haare.«

      Der misstrauische Blick des Mannes glitt über ihn hinweg, dann schien er zufrieden zu sein.

      »Ist das dein Bruder?«

      »Ja.«

      »Name?«

      »Richard Sanders.«

      »Ausweis?«

      Ricky antwortete nicht, saß nur da und starrte dumpf auf den Boden.

      »Hast du deinen Ausweis dabei?«, fragte Mike.

      Ricky schüttelte den Kopf.

      »Nun ja, spielt keine Rolle«, sagte der Cop. »Die Kollegen sind gleich da. Ihr werdet zur Fulton County Police Station gebracht. Dort überprüfen sie eure Identität und nehmen eure Aussagen auf. Außerdem wird ein Test auf Alkoholkonsum und Drogenmissbrauch gemacht. Wir schreiben einen Bericht, ein Richter wird entscheiden, ob gegen euch ein Haftbefehl erlassen wird.«

       Haftbefehl?

      »Sir«, sagte Mike. »Ist das nötig? Wir haben nichts Schlimmes getan. Sind nur ein wenig herumgefahren.«

      Der Mann nahm seine Sonnenbrille ab. Ein Blick aus harten Augen traf Mike. »Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit. Verkehrsgefährdung. Widerstand gegen die Polizei. Das sind ernste Vergehen, mein Junge. Du bist siebzehn, dein Bruder sieht sogar noch jünger aus, aber das wird euch nicht helfen. In diesem County herrschen Recht und Ordnung.«

      Mike wurde schwindelig. Das alles klang, als wären sie Schwerverbrecher. Er musste unbedingt etwas unternehmen.

      »Wir haben einen Fehler gemacht, sicher, aber doch niemanden gefährdet. Ich habe nichts getrunken und auch keine Drogen genommen. Okay, wir waren zu schnell, aber jetzt kennen Sie unsere Identität. Gibt es denn keine andere Möglichkeit? Ein Bußgeld oder so etwas?«

      »Nein. Dein Bruder hat sich der Festnahme widersetzt, einen Polizisten angegriffen.«

      »Sir, ich bitte Sie!«

      Die Fahrzeugtür wurde wieder zugeschlagen.

      »Verdammt, verdammt, verdammt«, fluchte Mike. »Verdammte Scheiße.«

      »Dad wird uns umbringen«, murmelte Ricky vor sich hin.

      »Ach ja«, ätzte Mike. »Das sagtest du bereits. Ricky, falls du es noch nicht bemerkt hast, wir haben ganz andere Probleme. Ich wünschte, Dad wäre hier. Ich wünschte, er würde uns so richtig zusammenstauchen, drei Monate Hausarrest verpassen oder sonst etwas tun. ER IST ABER NICHT HIER! Begreifst du es nicht? Die bringen uns zur County Police Station. Wir werden verhört und womöglich einem Haftrichter vorgeführt und DANN IST ALLES MÖGLICH. Mann, wenn es dumm läuft, verbringen wir die Nacht im Knast. Hast du Bock darauf?«

      »Nein«, gab Ricky kleinlaut zu und sofort tat Mike sein Ausbruch leid. Statt rumzubrüllen, sollte er sich um Ricky kümmern, den das alles schon genug verwirrte. Er musste ruhig bleiben, egal, wie er sich selbst fühlte, und versuchen, seinem Bruder Zuversicht zu vermitteln. Auch wenn er selbst keine Zuversicht in sich spürte.

      »Okay, tut mir leid, ich habe übertrieben. Wird schon nicht so schlimm werden. Dad holt uns da raus.«

      Ricky sah zum ersten Mal seit Langem auf. Sein Blick flehte nach Trost. »Meinst du?«

      »Sicher, mach dir keine Sorgen.«

      Fünf Minuten später wurden sie in einen Transporter mit der Aufschrift »Fulton County Police« verladen. Bevor Mike einstieg, wandte er sich noch einmal an den Polizisten, der ihn festgenommen hatte.

      »Das Ganze tut mir leid, Sir.«

      Nichts regte sich in dem Gesicht des Mannes. Die Sonne spiegelte sich in der silbernen Brille.

      »Nein, noch nicht«, sagte der Cop. »Aber bald.«

      Der Gestank war atemberaubend. Es roch nach kaltem Rauch und abgestandenem Essen. Darunter mischte sich der Geruch von saurem Bier und Erbrochenem.

      Es war düster im Zimmer. Nur durch die Schlitze der zugezogenen Vorhänge fiel ein schmaler Lichtstreifen, der kaum ausreichte, um etwas zu erkennen. Kayla nahm nur grobe Formen wahr, aber immerhin stellte sie fest, dass der gesamte Fußboden mit Abfall bedeckt war. Ihr Fuß stieß gegen einen leeren Pizzakarton, als sie vorsichtig einen Schritt nach vorn machte.

      Es war still hier drin. Unnatürlich still.

      »Tom?«

      Ein Rascheln drang an ihr Ohr. Kayla wirbelte herum, entdeckte eine weitere Tür.

      »Tom, bist du da?«

      Nebenan stöhnte jemand.

      »Tom? Bist du dadrin? Sag bitte etwas!«

      Ihre Stimme zitterte. Kayla fragte sich, ob es eine gute Idee gewesen war, allein hierherzukommen.

      Erneut erklang ein Stöhnen.

      Verdammt!

      Kayla raffte ihren Mut zusammen. Ihre Augen hatten sich inzwischen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Sie schaute sich um, suchte sich einen Weg ins andere Zimmer. Dafür musste sie einem umgekippten Sofa und einem schweren Sessel ausweichen.

      Schließlich stand sie vor der Tür zum Nebenzimmer. »Ich komme jetzt rein, okay?«

      Niemand antwortete ihr. Sie legte die Hand an die Tür und schob sie auf.

      Was sie sah, ließ ihr Herz erstarren.

      Die Vorhänge waren auch hier zugezogen, aber es fiel genug Licht ins Zimmer, damit Kayla ihren Freund sehen konnte.

      Er lag da, auf einer alten, stinkenden Matratze, wie eine achtlos weggeworfene Puppe, und rührte sich nicht. Tom hatte sich wie ein Embryo zusammengekrümmt. Sein Kopf ruhte auf dem rechten Arm, mit dem linken bedeckte er sein Gesicht. Beide Knie waren angezogen.

      Er sah so dünn aus.

      Er ist tot, war ihr erster Gedanke. Kayla erschrak bis in ihr Innerstes, aber dann hörte sie ein leises Keuchen. Sie brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass das Geräusch von Tom kam.

      Hastig kniete sie sich neben ihn. »Tom?«

      Nichts.

      Sie fasste nach seiner Schulter. Noch immer bewegte er sich

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