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der Herzog zu seinem Kammerherrn umgedreht, der ebenfalls gerade einen Blick auf die Porzellantasse geworfen hatte.

      Graf Florian von Osten-Waldeck warf einen raschen Blick zum Graf von St. Germain, dann antwortete er dem Herzog:

      „Alles, wie Ihr es angeordnet habt, Durchlaucht. Der Graf kann in wenigen Tagen über diese Summe verfügen.“

      „Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet. Und wann könnt Ihr uns mit der ersten größeren Porzellanlieferung versehen, Graf?“

      „Durchlaucht, Ihr seid überaus großzügig, es ist eine Freude, mit Euch Geschäfte zu machen. Ich erwarte schon in den nächsten Tagen eine größere Ladung Kaolin, die ich dann in meinem Labor aufbereiten werde. Danach wird das verbesserte Material nach Fürstenberg weitergehen und in die nächste Produktion kommen. Für die Überwachung des Brennprozesses werde ich mich persönlich in die Manufaktur begeben und nicht eher die Stätte verlassen, als bis eine fertige Produktion erfolgreich abgeschlossen ist.“

      „So wollen wir es halten, mein Lieber. Wir erwarten dann die erste größere Lieferung zum Ende des Monats. Wir dürfen in keinem Fall den Termin der November-Messe verpassen, um entsprechende Verkäufe zu erzielen – das wird doch kein Problem werden, oder?“

      Der Graf von St. Germain beeilte sich, mit einer weiteren Verbeugung, zu versichern:

      „Alles, wie Durchlaucht befiehlt. Es wird mir geradezu eine Wonne sein, die erste Lieferung zur Braunschweiger Messe persönlich zu begleiten und mich vom guten Erfolg zu überzeugen.“

      „Ausgezeichnet, lieber Graf, ausgezeichnet.“ Der Herzog war die verkörperte gute Laune in Person, als er sich jetzt an das versammelte Auditorium wandte.

      „Meine Herren, überzeugen Sie sich von der Qualität dieser Arbeit und feiern Sie mit mir den Erfolg des Grafen, der einem Triumph der Wissenschaft nahe kommt. Die Zeiten, wo wir gegen Meißen einen schweren Stand hatten, gehören nunmehr der Vergangenheit an!“

      Der Herzog klatschte in die Hände, und auf dieses Zeichen öffneten sich alle Türen zu dem großen Saal, und Diener eilten herbei, um den Gästen Gläser mit Champagner zu reichen.

      In der allgemeinen Aufregung, die jetzt wieder zu lautstarker Unterhaltung bei den Anwesenden führte, nutzte Leutnant Oberbeck die Gelegenheit, sich wie unbeabsichtigt zum Grafen von St. Germain zu begeben. Der prominente Gast stand noch immer bei seinem Tisch und unterhielt sich mit mehreren Gelehrten des Collegium Carolinum. Der Offizier tat, als interessiere er sich für die aufgebauten Geräte, Töpfe und Brennformen.

      Als er zu einem seltsamen Gerät griff, hörte er die Stimme des Grafen direkt neben sich.

      „Bitte um absolut behutsame Behandlung, Herr Leutnant. Es wäre ein nicht abzusehender Schaden, wollte Euch dieses Mikroskop aus den Händen gleiten.“

      „Ein Mikroskop? Wie überaus interessant!“, antwortete Oberbeck und stellte den Messingzylinder zurück auf den Tisch. „So hatte ich mir die Erfindung des Holländers gar nicht vorgestellt.“

      „Ich bin überrascht, dass Ihr davon gehört habt. Als Soldat ist man ja nicht unbedingt der Wissenschaft verbunden. Umso mehr freut mich Euer Interesse, aber was Ihr hier seht, hat auch mit der Erfindung des Antoni van Leeuwenhoek nur entfernt noch etwas gemein. Auch wenn der gute Mann weit über fünfhunder Mikroskope baute, so waren sie doch nur sehr begrenzt verwendungsfähig. Nein, seine wie auch die Arbeiten seines Vorgängers Hans Lipperhey stammen aus dem vergangenen Jahrhundert und wurden inzwischen durch mich bedeutend verbessert. Schon Galileo Galilei hatte da hoch interessante Vorarbeiten geleistet, die mir bei meinen Studien sehr geholfen haben. Schaut einmal auf diesen Zylinder. Ich kann ihn mithilfe eines Zahnrädchens in der Höhe verändern und Dank der ausgezeichneten Arbeit einiger Linsenschleifer die verwendeten Linsen nicht nur miteinander kombinieren, sondern auch durch die Verwendung eines Objektträgers aus Glas die untersuchten Dinge besser durchleuchten – seht ihr – hier ist zudem noch ein kleiner Spiegel angebracht, und das zusammen ergibt ganz bedeutende Vergrößerungen, weit entfernt von den ersten Versuchen dieser Art.“

      Der Graf von St. Germain hatte plötzlich seine stets distanzierte Haltung gegenüber dem Jägerleutnant aufgegeben und sich warm geredet. Vielleicht war er wirklich von dem Interesse des Leutnants überrascht, vielleicht wollte er ihn aber auch nur beeindrucken.

      Leutnant Oberbeck hielt sein Auge über den Zylinder und richtete das Mikroskop so neben einem Kerzenleuchter aus, dass er genügend Licht hatte, um ein buntschillerndes Objekt zu betrachten, nachdem sich sein Auge an die ungewohnte Sichtweise gewöhnt hatte.

      „Beeindruckend, Herr Graf, und was ist es, das ich dort sehen kann?“

      Der Graf hatte sich aufgerichtet und sah den Leutnant in der gleichen, spöttischen Weise wie zuvor an.

      „Das, Herr Leutnant, ist ein Stückchen Haut, menschlicher Haut, wohlgemerkt. Ich habe mein Mikroskop gerade Medicus Meibaum vorgestellt, um ihm zu beweisen, dass er für seine medizinischen Studien künftig nicht mehr ohne ein solches Gerät auskommen wird.“

      „Menschliche Haut? Das interessiert mich natürlich sehr“, antwortete der Leutnant und warf einen zweiten Blick durch das Gerät. Wie beiläufig, und ohne den Grafen anzusehen, zog er ein kleines Stück Stein aus der Tasche seiner Kniebundhose und hielt es dem Graf auf der offenen Handfläche entgegen. „Kann man eine Probe davon auch untersuchen, oder könnt Ihr mir als Gelehrter schon so sagen, um was es sich hierbei handelt?“

      Ohne zu zögern griff sein Gegenüber den weißen Stein, warf einen kurzen Blick darauf und reichte ihn dem Leutnant zurück.

      „Bei diesem Stück handelt es sich ohne Frage um Kaolin, warum fragt Ihr danach? Was für eine Bewandtnis hat es damit, stammt es hier von meinem Tisch?“

      Der Leutnant lächelte verschmitzt. „Kann man denn mithilfe des Mikroskops erkennen, vorher dieses Kaolin stammt? Ich meine, lässt sich damit sagen, ob es aus Meißen oder aus Fürstenberg stammt?“

      „Nein, das halte ich für ausgeschlossen. Eine Orts- oder Herkunftsbestimmung ist damit nicht möglich, aber warum wollt Ihr das wissen?“

      „Rein wissenschaftliches Interesse, Herr Graf. Entschuldigt mich jetzt, mich ruft die Pflicht, und ich muss dringend in unsere Wachstube zurück. Wir haben noch zwei ungelöste Mordfälle.“

      „Zwei Fälle?“, rief der Graf erschrocken aus. „Meiner Treu, Braunschweig scheint mir ein gefährliches Pflaster zu sein, Herr Leutnant. Sind Eure Männer denn nicht in der Lage, das Gesindel aus der Stadt herauszuhalten?“

      „Das Gesindel?“, antwortete der Leutnant schon im Gehen mit einem merkwürdigen Blick auf den Grafen. „Es wäre einfach, wenn man es immer gleich erkennen könnte.“

      Damit ließ er seinen Gesprächspartner stehen und eilte aus dem Saal zurück in die Wachstube der Jäger.

      16.

      „Ich für meine Person halte jedenfalls gar nichts von dieser Idee“, raunzte Sergeant Eggeling und hieb mit der flachen Hand auf den Tisch der Wachstube. „Wäre Bernhard in Montur gewesen, wie es sich für einen Jäger im Dienst gehört, hätte niemand es gewagt, Hand an ihn zu legen.“

      Ein paar der umstehenden Männer nickten zustimmend, aber ihr Offizier war damit nicht einverstanden.

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