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versprach er. Wir warteten, bis seine Schritte im Flur verhallt waren.

      Tom wandte sich mir zu.

      "Ich war damals Lord Millroy, ein entfernter Verwandter und einziger Erbe von Sir Giles Farnsworth, dem ein großer Besitz hier ganz in der Nähe gehörte. Sir Giles hatte Brüder, Cousins und Neffen in seinem Testament übergangen und mich, seinen Großneffen zum Alleinerben eingesetzt. Die Übergangenen versuchten, das Testament vor einem Londoner Gericht anzufechten, was ihnen allerdings misslang. Ich nahm Farnsworth Manor in Besitz und lernte dabei Lady Mary kennen, die zusammen mit ihrem Bruder Willard dieses Schloss bewohnte. Ihre Mutter war bei ihrer Geburt gestorben, während ihr Vater ein paar Jahre zuvor einer tückischen Krankheit erlegen war..."

      "Du hast dich in Lady Mary verliebt!"

      "Wir hatten sogar vor, zu heiraten, Patti. Obwohl ihr Bruder Willard mich als seinen Feind betrachtete. Vermutlich fürchtete er, dass ich nach einer Heirat Ansprüche auf Teile des Delancie-Vermögens erheben könnte..."

      "War Willard unter den Herren im Salon?", fragte ich. Tom schüttelte den Kopf.

      "Nein, ich habe ihn nirgends gesehen..."

      "Könnte das auch einer der kleinen Unterschiede sein, die dieses Delancie Castle von jenem unterscheidet, dass du damals betreten hast?"

      "Möglich."

      "Was geschah weiter?"

      "Nun, meine übergangenen Anverwandten besuchten mich eines Tages auf Farnsworth Manor. Sie packten mich und stürzten mich aus dem Fenster des dritten Stocks. Ich habe die nachfolgenden Ereignisse viel später erst durch intensive Nachforschungen rekonstruieren können. Jedenfalls hielt die Polizei alles für einen Unfall, und meine Mörder konnten Farnsworth Manor untereinander aufteilen. Aber Lady Mary glaubte nicht an einen Unfall. Trauer, Wut und der Gedanke an Rache müssen sie beherrscht haben. Sie lud ihre neuen Nachbarn auf Delancie Castle zum Tee und vergiftete sie. Die Polizei arbeitete in diesem Fall sehr viel sorgfältiger als in meinem, was vielleicht auch daran lag, dass Willard Delancie ihr ein paar entsprechende Hinweise gab. Jemand anders kommt für die anonymen Nachrichten jedenfalls kaum in Frage, die die untersuchenden Beamten ihren Akten nach erreichten. Willard wollte den Delancie Besitz nun wohl endgültig für sich allein. Er versuchte, seine Schwester für geisteskrank erklären zu lassen, das Gericht wollte dem nicht folgen. Sie wurde als Mörderin gehenkt. Den Berichten nach starb sie sehr gefasst und lächelte zufrieden, als ihr die dunkle Kapuze über das Gesicht gezogen wurde. Ihr Leichnam verschwand später auf nie geklärte Weise. Man machte Schlamperei dafür verantwortlich und glaubte, ein übereifriger Totengräber ihrer Majestät hätte Lady Marys sterbliche Überreste einfach zusammen mit den Gebeinen eines anderen hingerichteten Mörders in ein namenloses Armengrab versenkt."

      "Eine furchtbare Geschichte..."

      "Leider entspricht sie der Wahrheit."

      "Lady Mary liebt dich noch immer, Tom. Und sie wird dich nicht gehen lasen. Um keinen Preis. Sie wirkt zu allem entschlossen!"

      Ich blickte düster auf die Flammen, die jetzt die Holzscheite emporzüngelten. Es knisterte und knackte. Ich näherte mich ein wenig dem Feuer.

      Die Flammen schienen mir einen eigenartig farblosen Eindruck zu machen.

      Ich streckte die kalten Hände etwas vor, um mich zu wärmen. Aber von diesem Kaminfeuer schien keinerlei Wärme auszugehen.

      Es war gespenstisch.

      Kalte Flammen brannten dort, die nicht die geringste Hitze zu verbreiten schienen.

      Ich streckte Hände noch etwas weiter vor.

      "Patti!", rief Tom entsetzt.

      Die Flammen züngelten um meine Hände herum. Sie hätten mich verbrennen müssen. Ein unerträglicher Schmerz hätte mich erfassen und wie wahnsinnig aufschreien lassen müssen. Aber ich empfand - nichts.

      Die Flammen tanzten - und meine Haut rötete sich nicht einmal. Selbst die Gänsehaut, die mir bis über die Ellbogen reichte, blieb erhalten!

      "Was immer das sein mag - Feuer ist es nicht", sagte ich und zog meine Hände zurück.

      *

      LADY MARY DELANCIE ging hinaus in die Nacht. Das Schneerieseln hatte aufgehört. Ein eisiger Wind pfiff jetzt um die Zinnen von Delancie Castle.

      Bleich stand der Mond wie ein großes, ovales Auge am Himmel und schien auf sie herabzublicken.

      Zuerst spiegelte er sich in der dunklen Oberfläche des Teichs.

      Aber dann...

      Etwas Schwarzes schien die Wasseroberfläche zu überziehen. Wie ein dunkles Leichentuch. Einem Vorhang gleich legte sich dieses finstere Etwas über das Spiegelbild und verhängte es gewissermaßen. Dann war da nur noch eine einzige, dunkle Oberfläche zu sehen.

      Lady Mary stand starr vor dem Teich, den Blick in die Finsternis dieser unergründlichen Tiefe gerichtet. Ein Schlund, so schwarz wie das Nichts zwischen den Sternen... Sie hob die Hände, breitete sie aus...

      Und die glatte, wie schwarzes Leder wirkende Oberfläche des Teiches begann sich zu heben. In Lady Marys Augen verschwand jetzt jegliche Farbe. Nur noch Dunkelheit war dort. Kein Flecken weiß blieb auf ihren Augäpfeln zurück, die jetzt aussahen, wie dunkle Höhlen.

      Ihr Gesicht war eine grimassenhafte Maske geworden. Fast tierhaft verzog sie den Mund, und ein dumpfes Knurren kam aus ihrer Brust. Ein Laut, der an Wölfe oder Raubkatzen erinnerte.

      Ein dämonischer Anblick.

      Nichts hatte dieser Anblick noch mit jener schönen Frau gemein, als sie vor kurzem erst im Salon von Delancie Castle erschienen war.

      Ihre Haut war jetzt nicht mehr weiß. Sie verfärbte sich ins Grünliche. Und sie leuchtete.

      Man hatte den Eindruck, dass ihr gesamter Körper fluoreszierte.

      Ein geisterhaftes Leuchten umgab sie, strahlte vor allem von ihrem Gesicht und ihren Händen ab.

      Die Teichoberfläche hob sich weiter und formte einen Umriss, der entfernt an eine menschliche Gestalt erinnerte. Eine Gestalt, der man ein schwarzes Laken über den Kopf geworfen hatte.

      Dann schoss je ein Lichtstrahl aus ihren Augen heraus. Grellweiß wie Platin waren diese Strahlen. Sie trafen die schwarze Gestalt etwa eine Handbreit unterhalb jener Rundung, an der sich ihr Kopf befinden mochte.

      Zwei Augen bildeten sich.

      Augen, die leuchteten wie geschmolzenes Platin. Ein Lichtquelle, die alles überstrahlte und die jeden bis zur Blindheit blenden musste, der es wagte, direkt in diese Helligkeit zu sehen.

      Die Gestalt schien jetzt durch den Teich zu waten, dessen Wasser plötzlich zähflüssig wie Sirup geworden war. Der Düstere kam ans Ufer, wankte an Land. Er stand vor Mary, deren Haut noch immer zu strahlen schien. Er wandte den Kopf, sah sie mit seinen grell-leuchtenden Augen an.

      Sie muss sterben!, ging es Lady Mary durch den Kopf. Sie muss sterben, aber ich muss auf der Hut sein. Sie hat große Kräfte, auch wenn sie vielleicht nicht weiß, WIE groß sie sind... Immerhin waren diese Kräfte zu groß, um verhindern zu können, dass sie ihrem geliebten Tom hier her folgt...

      Ein grunzender Brummlaut ging von dem Düsteren aus. Der Düstere wusste, was er zu tun hatte.

      Lady Mary lächelte wie eine Teufelin.

      Und dann lachte sie.

      Ein schauderhaftes Gelächter, das die Nacht durchhallte und mit dem klagenden Wind zu einer schauderhaften Symphonie verschmolz.

      Der Düstere wandte sich ab.

      In Richtung des Schlosses.

      Mit etwas unsicher wirkenden Schritten ging er auf das Portal von Delancie Castle zu.

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