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Sie wollen nur etwas finden und heimbringen, vielleicht Sklaven, vielleicht Vieh, vielleicht ein kostbares Metall. Dann kommt der unvermutete Fund: einer von ihnen, man weiß nicht, ob auf geheime Kunde hin oder durch bloßen Zufall, entdeckt im Sand die ersten Körner angeschwemmten Goldes und bringt sie in einer Flasche nach Rio de Janeiro. Und wie immer genügt der erste Blick auf dieses geheimnisvoll neidfarbene Metall, und eine wilde Völkerwanderung setzt ein. Von Bahia, von Rio de Janeiro, von São Paulo hasten die Leute heran, zu Pferd, zu Esel, zu Maultier, zu Fuß und in Barken den São Francisco empor. Matrosen verlassen – hier hat der Regisseur die Massenszenen einzusetzen – ihre Schiffe, die Soldaten ihre Garnisonen, Kaufleute ihre Geschäfte, Priester ihre Kanzeln, und in schwarzen Herden werden die Sklaven herangetrieben in diese Wildnis. Für den ersten Augenblick droht der scheinbare Glücksfall eine beispiellose Wirtschaftskatastrophe für das ganze Land zu werden. Die Zuckerfabriken, die Tabakplantagen stocken, weil ihre Leiter sie verlassen und die Sklaven mitgetrieben haben, um dort in einer Woche, in einem Tag soviel zu raffen, wie bei geduldiger, zielbewußter Arbeit in einem Jahr. Die Schiffe können nicht verladen, die Transporte nicht geführt werden. Alles stockt und steht still, und die Regierung muß eigene Gesetze erlassen, um die Desertion der arbeitenden Kräfte ins Innere zu verhindern. Aber während in den Küstenstädten eine Katastrophe droht durch die plötzliche Entvölkerung, so droht umgekehrt dem Golddistrikt durch die plötzliche Übervölkerung das ewige Midasschicksal der Hungersnot bei goldenen Schüsseln. Es gibt Goldstaub und Goldkörner in Fülle, aber es gibt kein Brot und keinen Mais und keinen Käse und keine Milch und kein Fleisch, um die Zehntausende, die vielleicht Hunderttausende zu verköstigen in dieser Bergwildnis ohne Vorräte, ohne Viehstand und ohne Frucht. Glücklicherweise treibt die Aussicht, ihre Ware zum fünffachen, zum zehnfachen Preis und diesen noch in barem Gold bezahlt zu bekommen, die Kaufleute zu verzehnfachter Anstrengung. Immer größere Mengen von Lebensmitteln und anderen Waren wie Hacken und Schaufeln und Siebe werden zu Fluß und zu Land in die Wildnis befördert. Im Lande bahnen sich Wege, der bishin stilliegende, blau vor sich hinträumende Fluß São Francisco, der sonst in Monaten kaum ein Segel gesehen, wird eine belebte Straße. Hinauf und hinab fahren, von Sklaven getrieben, die Boote; die Ochsen schleppen die Karren dann weiter, und zurück strömt in kleinen Ledersäcken lose oder schon halb gemünzt das erträumte Gold. Eine fieberhafte Tätigkeit ist plötzlich über dies ruhige und beinahe schläfrig arbeitende Land gekommen. Aber es ist wie immer ein böses Fieber, das Goldfieber. Es erregt die Nerven, es erhitzt das Blut, es macht die Augen gierig und die Sinne verwirrt. Bald beginnen erbitterte Kämpfe; die ersten Entdecker, die Paulistas, wehren sich gegen die Spätergekommenen, die Emboabas. Was einer mühsam gerafft, holt der andere mit einem Dolchstich an sich, und in das Tragische mischt sich grotesk das Lächerliche. Menschen, die gestern noch Bettler waren, stolzieren in lächerlichen Prunkgewändern herum, an den Spieltischen verlieren Deserteure und Lastträger beim Würfelspiel ganze Vermögen und – opernhafter Abschluß des ersten Aktes – bei diesem wilden Durchwühlen der Erde gleichzeitig an tausend Stellen wird in der Nähe von Diamantina gefunden, was noch kostbarer ist als das Gold: der Diamant.

      Zweiter Akt: eine neue Hauptfigur tritt auf, der portugiesische Gouverneur als Wahrer des Kronrechts. Er ist gekommen, um die neuentdeckte Provinz zu überwachen und vor allem, um das dem König zustehende Recht auf ein Fünftel zu sichern; hinter ihm marschieren die Soldaten, reiten die Dragoner, um Ordnung zu schaffen. Ein Münzhaus wird eingerichtet, in dem alles gefundene Gold zum Schmelzen abgeliefert zu werden hat, damit genaue Kontrolle geübt werden kann. Aber die wilde Rotte will keine Kontrolle; ein Aufstand bricht aus, der mit unerbittlicher Hand niedergeschlagen wird. Nun wird langsam aus dem wilden Abenteuer eine geregelte und von der königlichen Autorität streng überwachte Fabrikation. Nach und nach entwickeln sich in dem kleinen Goldgebiet weiträumige Städte, Vila Rica, Vila Real und Vila Albuquerque, die in ihren Hütten und hastig aus Lehm aufgerichteten Häusern hunderttausend Menschen sammeln, mehr als New York und mehr als jede amerikanische Stadt zu jener Zeit, Städte, von denen heute kaum mehr jemand weiß, und Städte, von denen auch die damalige Welt kaum mehr als eine ungewisse Ahnung hatte. Denn Portugal ist entschlossen, seinen Schatz zu hüten und keinen Ausländer auch nur eine Stunde an diese goldene Quelle heranzulassen. Das ganze Gebiet wird gewissermaßen mit einem eisernen Gitter umschlossen; an allen Straßenkreuzungen werden Schlagbalken aufgerichtet, überall patrouillieren Tag und Nacht Soldaten, kein Reisender darf die Zone betreten, kein Goldgräber sie verlassen, ohne nicht vorher sorgfältig untersucht worden zu sein, ob er nicht etwa Goldstaub mit sich führe, den er ungerechtfertigterweise dem Schmelzhaus und der Tesouraria entzogen; fürchterlich sind die Strafen, mit denen jede Übertretung geahndet wird. Niemand darf Nachricht geben über das Land, Brasilien und seine Schätze, kein Brief wird herausgelassen, und ein Buch, das Antonil, ein italienischer Jesuit, über die »Reichtümer Brasiliens« geschrieben, von der Zensur unterdrückt. Kaum daß Portugal bewußt geworden ist, welches Wertobjekt es an Brasilien besitzt, bringt es alle Künste der Überwachung ins Spiel, um die gefährliche Eifersucht und Habgier der anderen Nationen fernzuhalten. Nur der Hof und die Beamten der Tesouraria dürfen wissen, an welchen Stellen Gold und an welchen Stellen Diamanten gefördert werden, und wie hoch der Anteil der Krone ist, und noch heute vermag eigentlich niemand die Ausbeute dieses Jahrhunderts verläßlich zu errechnen. Aber darüber, daß sie ungeheuer gewesen sein muß, kann kein Zweifel herrschen, denn nicht nur jenes Fünftel strömt in die längst seicht gewordenen Kassen, sondern jeder Diamant über zweiundzwanzig Karat hat ohne Entschädigung abgeliefert zu werden, und dazu kommt noch der Gewinn aus den Warenbeständen, die für die plötzlich reichgewordene Kolonie eingeführt werden, und der gesteigerte Ertrag an dem Umschlagszoll auf die Sklaven, die in verdoppelter Anzahl zur rascheren Ausbeutung importiert werden müssen. Nun erst ist Portugal gewahr geworden, daß es, als es alle seine indischen und afrikanischen Reiche verlor, doch die wertvollste seiner »überseeischen Provinzen« gerade mit dem Lande behielt, das seine »Lusiaden« nicht besungen und das nur seine Ärmsten und Ausgestoßenen besiedelt.

      Der dritte Akt dieser Tragikomödie des Golds spielt ungefähr siebzig Jahre später und bringt die tragische Wendung. Die erste Szene ist Vila Rica und Vila Real, verändert und doch unverändert. Unverändert die Landschaft mit ihren dunkelgrünen oder nackten Bergen, mit dem unwillig durch die engen Täler sich vorstoßenden Fluß. Verändert aber die Stadt; hohe, helle, mächtige Kirchen, innen mit Bildwerk und Skulpturen reich geschmückt, haben sich hoch auf den Hügeln erhoben, um den Palast des Gouverneurs sich stattliche Häuser geschafft; eine ansehnliche und vermögende Bevölkerung hat sich gesammelt, aber es ist nicht die verschwenderische, die fröhlich belebte mehr von gestern und vorgestern. Etwas ist fort, was den Straßen und Tavernen und Geschäften die lebendige Regsamkeit gab, etwas ist fort, das die Blicke der Menschen erleuchtete, ihre Bewegungen frischer und lebendiger machte, etwas ist fort, was die Atmosphäre hier feurig und fiebrig machte. Und dieses Etwas ist das Gold. Noch immer strömt und schäumt der Fluß und wirft in seinem Lauf zerriebenes Gestein als Sand an die Ufer, aber soviel man ihn auch schütteln mag in Sieben und gewässert durch Abläufe treibt, er bleibt nur wertloser Sand. Nicht mehr finden sich wie einst die schweren, glänzenden Körner darin, vorbei sind die Jahre, wo, um sich zu bereichern, es genügte, fünfzig oder hundert Sklaven hinzustellen, die in Holzschüsseln den Sand schwenkten und schwenkten und schwenkten und dann unten am Grunde jedesmal ein paar Unzen der vollwichtigen Körner blieben. Das Gold des Rio das Velhas war nur Schwemmgold gewesen, Oberflächengold und ist nun abgeschöpft. Um es aus den Tiefen des Berges zu holen, ist mühselige technische Arbeit vonnöten, der die Zeit und das Land noch nicht gewachsen ist. Und so kommt die Wendung: Vila Rica wird Vila Pobre, eine arme Stadt. Die Goldwäscher von gestern, verarmt und verbittert, ziehen ab mit ihren Maultieren und Eseln und Negern und ihrer kärglichen Habe, die Lehmhütten der Sklaven, zu Tausenden über die Hügel verstreut, werden weggeschwemmt vom Regen oder verfallen. Die Dragoner reiten weg, denn sie haben nichts mehr zu bewachen, die Casa de Fundação hat nichts mehr zu schmelzen, der Gouverneur nicht mehr viel zu verwalten; selbst das Gefängnis bleibt leer, weil kaum mehr hier einer dem andern etwas zu rauben oder zu stehlen hat. Der Zyklus des Goldes hat ausgeschwungen.

      Vierter Akt dann in zwei gleichzeitigen Szenen, die eine in Portugal, die andere in Brasilien. Die erste Szene spielt im königlichen Palast von Lissabon. Der Kronrat ist versammelt. Die Berichte der Tesouraria werden verlesen, und sie sind erschreckend. Immer weniger Gold aus Brasilien und immer größer die Schulden

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