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historische Probstei war der Besitz des Klosters Preetz, der die drei Kirchspiele Schönberg, Probsteierhagen und Giekau umfasste. Die Bauern der Probstei mussten an das Kloster Abgaben zahlen, waren jedoch im Unterschied zu den Leibeigenen der umliegenden Dörfer frei.

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      Krawall am Kraweel

       Von Karla Letterman

      Polizeikommissar Peer Leichtfuß ärgerte sich. Nun war er so früh aufgewacht, obwohl er hätte ausschlafen können! Gestern Abend hatten sie seinen Einstand auf dem 1. Revier gefeiert, und für heute hatte er vorsorglich freigenommen. Als er das Plissee am Fenster ein Stück hochschob, um die Wetterlage zu peilen, war er schnell versöhnt: Blauer Himmel über Lübeck. Sonne! Das sah nach einem jener seltenen Tage aus, an denen es schon morgens um viertel nach sechs Spaß machte zu joggen. Sina würde er ausschlafen lassen. Er könnte ja ausnahmsweise sein Handy einstecken – falls sie Sehnsucht nach ihm verspürte.

      Peer schlüpfte in die Sporthose, streifte sein blaues Motto-Shirt über und warf im Vorübergehen einen schnellen Blick in den Flurspiegel. ›Ein guter Käpt’n wird man nicht in ruhigen Gewässern‹, er lachte. Nein, er musste nicht ausschlafen.

      Von seiner Wohnung in der Friedenstraße aus überquerte er die Schwartauer Allee und lief die Marienbrücke hinunter Richtung Stadtgraben. Kurz vor der Drehbrücke bog er links ab – er konnte eine Runde über die nördliche Wallhalbinsel drehen, bevor er zurück zur Brücke und dann an der Untertrave entlanglaufen würde. Heute hatte er Zeit und freute sich auf den Abstecher an den alten Hafenschuppen vorbei bis zur ›Lisa von Lübeck‹. Auf dem beeindruckenden Dreimaster hatte er als Mitglied des ›Hansevolks‹ schon an diversen Aufführungen historischer Szenen mitgewirkt und sich über den Andrang begeisterter Touristen gefreut. Manche hielten die ›Lisa‹ für ein echtes mittelalterliches Schiff und staunten nicht schlecht über das gelungene Vorhaben, ein Hanseschiff von 350 Menschen nachbauen zu lassen.

      Kurz vor dem Restaurant am Yacht-Anleger sah Peer drei Gestalten wild gestikulieren, es schienen zwei Frauen und ein Mann zu sein – ungewöhnliche Aktivität zu dieser frühen Stunde. Na wartet, dachte er, ein frisch ernannter Polizeikommissar wird euch die Lust am Streit schon austreiben.

      Als er sich näherte, verstummten die drei schlagartig. Es handelte sich um einen Mann um die 50, eine etwa zehn Jahre jüngere Frau sowie eine höchstens zwanzigjährige Blondine.

      »Alles klar bei Ihnen, oder kann ich irgendwie helfen?« Peer stellte sich breitbeinig vor dem Mann auf, um den Frauen zu signalisieren, dass sie auf ihn bauen konnten, falls es darum ging, Zudringlichkeiten abzuwehren.

      Der Mann und die junge Frau schüttelten die Köpfe; die Vierzigjährige, eine edel gekleidete rothaarige Schönheit, schien zu zögern. Ihre Wangen waren blass.

      »Vertrauen Sie mir, ich bin Polizist«, sagte Peer und nickte ihr zu.

      »Wir haben eine Dro …«

      »Felicitas!« Der Mann betonte jede der vier Silben nachdrücklich. Mehr brauchte er nicht zu sagen, die Frau verstummte sofort.

      »Sollte das vielleicht ›Drohung‹ heißen?«, hakte Peer nach. Er begann die Schultern kreisen zu lassen und mit den Füßen zu trippeln, denn nach dem Warmlaufen fröstelte er leicht.

      Felicitas, deren Name in verschnörkelten Buchstaben den Rumpf der langen, weißen Yacht zierte, warf dem Jungkommissar einen flehenden Blick zu.

      Ihr Mann trat neben sie. »Bei uns ist alles in Ordnung. Meine Frau regt sich schnell mal ein bisschen auf, dabei ist gar nichts passiert. Laufen Sie nur weiter, bevor Sie abkühlen und sich noch erkälten.« Er legte den Arm um die Frau.

      Peer drehte sein Gesicht der Blonden zu, die seitlich von ihm stand. Auch sie sah ihn nun direkt an, nickte eifrig und strahlte. »Alles bestens hier, das können Sie meinem Vater glauben.« Peer kam ihr Lächeln wie Zähneblecken vor. Anspannung lag in der Luft, das spürte er. Doch wenn es sich um eine Familie handelte und niemand ihn um Hilfe bat, konnte er nichts weiter ausrichten.

      »Kleiner Tipp noch«, sagte er, während sein Blick alle drei der Reihe nach streifte, »sollte es Ihnen später einfallen, dass Sie tatsächlich eine Drohung erhalten haben, dann melden Sie sich beim 1. Revier in der Mengstraße.« Damit drehte er ab und setzte seinen Weg fort.

      Peer lief dicht an der Kaikante entlang, denn zu den Gebäuden hin war der Bodenbelag gefährlich uneben. Die Trave schimmerte undurchdringlich, trüb wie eh und je. Wenn jemand mal wieder etwas darin versenkt hätte, gäbe sie es nicht so schnell preis – sei es ein Fahrrad, eine Angelrute oder ein Revolver. Peer schüttelte sich. Kein Seemannsgarn am Morgen, komm mal lieber richtig im Tag an! Das Feuerschiff ›Fehmarnbelt‹ leuchtete vom gegenüberliegenden Ufer herüber, und Peer fragte sich, ob das ein Signal für ihn sein sollte.

      Vorbei ging es am Lastenkran – und dann lag sie vor ihm, die ›Lisa‹. Am Abend würden sie auf dem Schiff und unten auf dem Kai ein Spektakel veranstalten; die Laienschauspieler des ›Hansevolks‹ waren beteiligt und würden eine Entladeszene nachspielen. Ausgerechnet heute musste Schwiegerpapa seinen Geburtstag nachfeiern! Peer würde in Stockelsdorf im Garten sitzen und sich nach dem dritten Bier und dem zehnten Polizistenwitz fürchterlich langweilen, da war er sich sicher.

      Augenblick mal: Was baumelte denn da vom Bugspriet?

      Peer griff nach der Papierrolle, die an einem dicken, gedrehten Band am Ende der Segelstange befestigt war. Weil kaum ein Lüftchen wehte, hingen Seil samt Rolle gerade herunter und waren vom Ufer aus nicht mit bloßen Händen zu fassen. Peer war sicher, dass die Rolle eine wichtige Botschaft offenbaren würde; warum er das annahm, wusste er selbst nicht. Er blickte sich suchend um. Da – neben dem Lastenkran lag etwas Längliches: eine kaputte Angelrute, wie es aussah. Schnell lief er hin und kehrte mit dem Stock zurück, der lang genug war. Er kaperte das Seil, knüpfte den Knoten an der Papierrolle auf und hielt einen großen Zettel in Händen. Die Nachricht war mittels Zeitungsbuchstaben zusammengestückelt: ›Aufruhr! Was passieren wird, steht nicht in den Sternen, sondern in der nächsten Nachricht. Sucht im Flying-P-Liner. Mast- und Schotbruch!‹

      Peer schaltete sofort: Er musste mit dieser Felicitas sprechen. An ihrer Reaktion würde er merken, ob die Drohung, von der sie ihm zweifellos hatte erzählen wollen, eine ebensolche Nachricht war. Warum, zum Teufel, hatte er nicht gleich weiter nachgebohrt! Er, der frisch gebackene und hochmotivierte Polizeikommissar Peer Leichtfuß, hatte sich von einem alternden Freizeitskipper den Wind aus den Segeln nehmen lassen!

      Am Yachtanleger rührte sich nichts. Peer betrat den Steg, an dem die ›Felicitas‹ vor Anker lag, und klopfte an die blank gewienerte Scheibe der Kajüte. Keine Reaktion.

      »Felicitas!«, rief er, denn dies war der einzige Name, den er kannte. Stille. Er begann fester zu klopfen und, als das nichts nützte, an der Seitenwand des Bootes zu rütteln. Nichts passierte; auch auf den Nachbarbooten tat sich nicht das Geringste. Wo sollte er die Familie suchen? Das Restaurant am Anleger hatte noch geschlossen, wahrscheinlich waren die drei unterwegs in die Lübecker Altstadt. Groß konnte ihr Vorsprung noch nicht sein, vielleicht würde er sie einholen. Sollte er zurück zur Drehbrücke laufen und weiter, die Engelsgrube hoch? Er verwarf den Gedanken, denn sie konnten ebenso gut eine andere Richtung eingeschlagen haben. Jetzt nur keine Zeit verlieren! Er zog das Smartphone aus der Bauchtasche und wählte die Nummer seiner Vorgesetzten.

      »Ich bin’s, Leichtfuß. Nein, ich habe keine Sehnsucht nach den Kollegen. Aber hier auf der Walli … äh, ich meine: auf der Wallhalbinsel … gibt’s eine Drohung gegen einen Yachtbesitzer. Wir müssen nach Travemünde … Ich weiß nicht … ja, kommt am besten schnell her. Gleich vorn bei der Drehbrücke.«

      Peer setzte seine Chefin Viola Vorrath, kaum dass sie fünf Minuten später aus dem Auto gesprungen war, mit knappen Worten in Kenntnis. Dann fotografierte er den Text auf der Rolle, übergab das Papier dem kurz nach Vorrath eingetroffenen Techniker, erklärte ihm, wo das Tau zwecks Sicherung von Fingerabdrücken zu finden sei und ließ sich neben seiner Chefin in den Beifahrersitz fallen.

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