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kann.

      Er beschloss, auf die Kleine zu warten.

      Der Anblick der Flaschen ließ das Wasser in Strömen im Maul zusammenlaufen, so dass Rotkäppchen bei ihrer Ankunft einen stark sabbernden Wolf vorfand.

      Sie setzte den Weg fort. Der Wolf folgte ihr.

      „Wo wohnt eigentlich deine Großmutter“, fragte der Wolf.

      Sie erzählte es ihm, damit sie ihre Ruhe hatte. Plötzlich hatte er es sehr eilig. Er verabschiedete sich und war blitzschnell verschwunden.

      Rotkäppchen machte sich keine weiteren Gedanken darüber und zog weiter.

      Der Wolf aber ahnte, dass die Oma einen Korkenzieher hat. Sonst würde ihr das Mädchen sicher keinen Wein bringen. Er beeilte sich, um noch vor Rotkäppchen dort anzukommen.

      Der Wolf klopfte an ihre Tür.

      „Wer ist da“, rief die Großmutter.

      „Ich bin es, das Rotkäppchen“, antwortete er.

      „Du bist nicht Rotkäppchen, die hat eine viel lieblichere Stimme.“

      Der Wolf überlegte. Was könnte die Oma dazu bewegen, die Tür zu öffnen?

      „Ich habe Wein mitgebracht“, säuselte er.

      Als die Oma hörte, dass ihr geliebter Rotwein endlich da war, vergaß sie sofort, dass die Stimme nicht Rotkäppchen gehörte. Schnell stand sie auf und öffnete ihm. Der Wolf trat ein und schlang sie, ohne ein Wort zu sagen, mit einem Happs hinunter. Er hatte zwar keinen Appetit auf Omas, aber um an den Wein heranzukommen, musste er die Großmutter verstecken, denn jeden Moment würde Rotkäppchen hier sein. Das sicherste Versteck war sein Bauch.

      Er legte sich ins Bett der Großmutter, setzte ihre Nachtkappe und ihre Brille auf und wartete auf Rotkäppchen.

      Kurze Zeit später klopfte es an der Tür.

      „Komm rein Rotkäppchen, die Tür ist offen“, krächzte der Wolf.

      Sie wusste, dass die Oma sie erwartet, und betrat unbesorgt die Stube.

      Sie trat ans Bett und schaute sich ihre Oma in Ruhe an. Sie war kaum wiederzuerkennen.

      Schrecklich, was der Alkohol aus einem Menschen machen kann, dachte Rotkäppchen, der die Probleme der Oma bekannt waren.

      Doch da sie sich nicht so recht an den Anblick gewöhnen konnte, nervte sie die Oma mit ein paar Fragen.

      „Großmutter, warum hast du so eine tiefe Stimme?“ „Meine Kehle ist so rau, weil schon lange kein Wein mehr im Haus ist.“

      „Aber Großmutter, warum hast du so einen dicken Bauch?“

      Er war wirklich sehr auffällig, zumal die Oma im Bauch des Wolfes zu zappeln begann, weil es so ungemütlich war.

      Der Wolf antwortete: „Damit der Wein in mich hineinpasst, den du mir mitgebracht hast.“

      „Und warum hast du so große Augen, Großmutter?“, fuhr Rotkäppchen fort.

      „Damit ich die Etiketten auf den Flaschen besser lesen kann“.

      „Und warum hast du so ein dickes Fell?“

      „Weil meine Mutter mit mir immer so viel geschimpft hat“.

      „Aber Großmutter, warum hast du so große Ohren?“

      „Damit meine Brille nicht herunterfallen kann.“

      „Warum hast du aber so eine entsetzlich große Nase?“

      „Damit ich besser popeln kann“, antwortete der Wolf und lachte sich über seinen Witz kaputt.

      Dabei kamen seine Pfoten zum Vorschein.

      „Omilein, warum hast so komische Hände?“.

      „Damit ich dich besser packen kann“, rief er und hielt das arme Rotkäppchen mit seinen Krallen fest. Jetzt fiel ihr auch der seltsame Mund auf und sie fragte ängstlich:

      „Warum hast du aber so eine entsetzlich, großes Maul?“

      „Das sagt man aber nicht zu seiner Großmutter“, erwiderte der Wolf.

      „Dafür fresse ich dich jetzt.“

      Und er riss seine Schnauze auf und stopfte auch noch das Rotkäppchen hinein.

      Im Bauch begann ein großes Gezeter.

      „Aua, pass doch auf, wo du hintrittst“, schimpfte die Großmutter.

      „Entschuldige Omi“, sagte Rotkäppchen „kannst du nicht mal Licht machen?“

      Dem Wolf war egal, was sich die beiden zu erzählen hatten. Ihn interessierte jetzt nur noch der Wein. Er suchte sich den Korkenzieher heraus, öffnete eine Flasche und trank sie in einem Zuge aus.

      Im Bauch hörte man wieder Geschrei:

      „Igitt, was soll denn die Schweinerei?“

      Der Wein wirkte langsam und er wurde müde. Er legte sich ins Bett und fing fürchterlich an, zu schnarchen.

      Der Förster kam vorbei und hörte die ungewöhnlichen Geräusche. Er wollte nach dem Rechten sehen und trat ein, weil auf das Klopfen niemand reagierte.

      Als er zum Bett kam, bemerkte er auch das komische Aussehen der Alten.

      „Bist du es, Großmutter?“, rief er.

      Aus dem Bauch antwortete eine Stimme: „Kannst du mich etwa sehen?“

      „Aber selbstverständlich sehe ich dich“, erwiderte er.

      „Ich bin doch nicht blind“, setzte er hinzu und beschloss, sich endlich eine neue Brille zu besorgen.

      „Dann hol` uns hier raus, du Trantute“, schimpfte die Oma.

      Jetzt erst war er sich sicher, dass ihn seine Augen nicht täuschten. Er hatte den Wolf vor sich. Die Großmutter musste sich also im Bauch des Wolfes befinden.

      Schnell nahm er Omas Schere und schnitt den Bauch auf, wobei er sich wieder Meckereien der Oma anzuhören hatte, der er aus Versehen in den Po gepiekt hatte.

      Dann sprangen Rotkäppchen und ihre Oma quietschfidel heraus. Sie waren von oben bis unten mit Rotwein bekleckert und stanken auch danach.

      Trotzdem wurde erstmal gefeiert. Oma und der Förster tranken eine Flasche Rotwein und Rotkäppchen aß den Kuchen. Dann sammelte Oma ihre vielen leeren Weinflaschen zusammen und stopfte sie dem Wolf in den Bauch. Anschließend wurde er sorgfältig zugenäht. Sie trugen den Wolf hinaus und gingen schlafen, nachdem sie den Förster verabschiedet hatten.

      Als der Wolf erwachte, stellte er fest, dass bei jedem Schritt, den er machte, sein Bauch so laut zu klirren anfing, dass es meilenweit zu hören war. Er wusste allerdings nicht, dass es leere Flaschen waren.

      Seit der Zeit hat er nie mehr jemanden fressen können, da er mit dem Glockengeläut sein Kommen immer rechtzeitig ankündigte und die Tiere schnell davonliefen.

      So kam es, dass der gierige Wolf letztendlich verhungerte.

      Und wieder mal war der Alkohol an allem schuld.

       Hanna und die Schokobienen

      Das Leben im Dorf schlich im immer gleichen Trott dahin.

      Jeder kannte jeden, die Sonne ging täglich an der gleichen Stelle auf, und es war schon etwas Aufregendes, wenn mal der Bus ein paar Minuten Verspätung hatte.

      Der Wind pfiff wie immer durch die undichten Fenster und Hanna kuschelte sich nochmal ins Bettchen, um den kleinen Rest Wärme zu retten, der sich in ihrer mit Gänsefedern gefüllten Zudecke versteckt hatte. Sie hatte sich schon lange bei ihren Eltern über das undichte Fenster beschwert, doch deren Ohren hatten offenbar besseres zu tun, als ihr zuzuhören. Selbstverständlich waren alle anderen Zimmer wohlig warm, so dass es keinen Grund gab, etwas

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