Скачать книгу

sie noch brauchen würde, konnte sie nicht einschätzen. Aber sie wollte auch niemanden fragen, da sicher keiner verstehen würde, was ein kleines Mädchen zu dieser Zeit allein in einer fremden Gegend zu suchen hatte. Sie steuerte ein Wäldchen an, das ihr Schutz vor der Kälte versprach. Die Dunkelheit kam schneller als gedacht und die Bäume über ihr nahmen ein weiteres Stück von dem spärlichen Mondlicht weg.

      Trotzdem freute sie sich, dass der Mond bei ihr war. Dadurch konnte sie erkennen, wo sich ein Moosteppich gebildet hatte, so dass sie etwas weicher lag. Wie schön wäre es, jetzt eine Decke zu haben. Sie hatte damit gerechnet, die Schokobiene schneller zu finden, so dass ihr der Gedanke, eine Zudecke mitzunehmen, niemals gekommen wäre. Zum Glück hatte sie sich eine Jacke eingesteckt, mit der sie sich jetzt notdürftig zudeckte.

      Es war eine eigenartige Stille im Wald. Aus der Ferne hörte sie ein paar Frösche, die sich bemühten, sie in den Schlaf zu singen und das sanfte Rascheln der Zweige tat sein Übriges. Sie hatte keine Angst und schlief mit dem Gedanken an die Schokobienen ein.

      Die Vögel standen ziemlich früh auf. Ihr Trällern hallte im ganzen Wald wieder und Hanna stimmte mit ein, wobei sie versuchte, die Melodie ihres Lieblingssängers nachzuahmen. Sie hatte im ersten Moment ihr Zimmer mit dem zugigen Fenster herbeigesehnt, da ihr etwas kalt war, aber der Gesang der Vögel entschädigte sie für die unsanfte Nacht, die sie in allen Knochen spürte. Sie lief zum Waldrand, wo sie die wärmenden Sonnenstrahlen aufsaugte, und aß alle Bananen auf einmal auf, die sie im Rucksack fand.

      Sie versuchte ein weiteres Mal, die Schokobienen zu rufen, lauschte eine Weile und wollte schon weitergehen, als sie hinter sich eine Stimme hörte.

      „Was möchtest Du von mir? Warum schreist du denn den ganzen Tag herum?“

      Hanna drehte sich um, doch es war nichts zu erkennen, was zu ihr gesprochen haben könnte.

      „Hallo? Zeige dich, ich kann dich nicht sehen.“

      „Bist du blind? Ich bin genau vor dir. Hast du etwa nicht gewusst, dass wir so klein sind?“

      Hanna musste sich sehr konzentrieren, um die kleine Biene zu erkennen, die vor ihr in der Luft schwebte. Und wenn sie sich nicht täuschte, war sie gefleckt.

      „Wer bist du?“

      „Ich bin Biene Bumm, eine Schokobiene. Du hast mich doch gerufen.“

      Langsam bewegte sich Hanna zu ihrem Rucksack und tastete nach dem Marmeladenglas, ohne Biene Bumm aus den Augen zu lassen.

      „Lass das ja sein, sonst steche ich dich!“, warnte die Biene.

      „Bist du nur gekommen, um mich einzusperren?“

      „Nnnein, i i ich wollte nur ….. Meine Mutti sagt … Ach quatsch, na klar wollte ich dich fangen, denn du würdest doch kaum freiwillig mitkommen, oder?“

      „Natürlich nicht. Warum sollte ich?“

      „Meine Mutti glaubt nicht, dass es Euch Schokobienen gibt. Wenn ich es ihr aber beweise, bekomme ich morgens immer Schokohonig.“

      „Das ist auch gut so, dass die Menschen uns nicht kennen. Sonst würden sie uns genau wie den dummen Honigbienen das Essen klauen und uns mit billigem Ersatzfutter abspeisen. Niemals werde ich mit dir mitkommen.“

      „Aber es gibt doch schon Schokohonig.“

      „Nein, nein. Das ist nur geschmacklose Schokocreme, die die Menschen selbst machen.“

      „Komm doch mit“, bettelte Hanna. „Du musst ja nicht verraten, wo ihr wohnt. Du sollst dich ja nur zeigen und dann kannst du wieder nachhause fliegen.“

      „Das ist mir viel zu gefährlich. Vielleicht frisst mich unterwegs ein Vogel oder die Menschen schlagen nach mir. Nein ich bleibe lieber hier.“

      Hanna begann zu weinen. All ihre Träume von einem zauberhaften Frühstück mit Schokohonig zerplatzten. Es machte ihr nichts aus, dass es nur geschmacklose Schokocreme sein soll, sie schmeckt trotzdem traumhaft.

      „Hör auf zu heulen, Kleine. Ich werde dir helfen. Wir können nämlich etwas zaubern, nur darum haben uns die Menschen noch nicht entdeckt. Ich werde dich jetzt kurz stechen und dann wirst du dich selbst in eine kleine Schokobiene verwandeln und kannst zu deiner Mutti fliegen. Zeige dich nur kurz. Es ist sehr gefährlich, lebensgefährlich für dich. Willst du es wagen?“

      Hanna überlegte. Was soll ihr schon passieren? So eine Biene ist schnell, wendig und kann sich mit ihrem Stachel gut verteidigen. Aber halt.

      „Müssen die Bienen nicht sterben, wenn sie gestochen haben und der Stachel im Opfer steckenbleibt?“

      Biene Bumm beruhigte sie.

      „Bei uns Schokobienen ist das anders. Du vergisst, dass wir besondere Bienen sind, die zaubern können.“

      „Kann ich dann auch zaubern?“

      „Nein, tut mir leid. Du bist, auch wenn du dann so aussiehst, keine Schokobiene.“

      „Schade. Das wäre toll gewesen. Aber wenn das so gefährlich ist, als Biene nachhause zu fliegen, kannst du mir nicht wenigstens drei oder vier Zauberwünsche schenken, um mich zu verteidigen?“

      „Na gut. Ausnahmsweise. Aber zwei Wünsche müssen reichen. Überlege dir gut, was du dir wünscht. Wenn du deinen Wunsch laut aussprichst, wird es geschehen.“ Darauf stach Biene Bumm Hanna in den Arm und augenblicklich sackte sie nach unten, da sie vergessen hatte, mit den Flügeln zu schlagen. Um so schöner war es, als sie wieder aufstieg und dann neben Biene Bumm schwebte.

      „Übrigens woher wusstest du, dass die Schokobienen gescheckt sind?“

      „Weiß doch jedes Kind“, prahlte Biene Hanna und flog davon.

      War das ein tolles Gefühl, durch die Lüfte zu fliegen. In rasender Geschwindigkeit zog die Landschaft unter ihr dahin. Sie sah wesentlich gewaltiger aus, als vorher, was sicher an ihrer ungewohnt kleinen Größe lag.

      Hanna flog zur Landstraße, da sie Angst hatte, sonst nicht nachhause zu finden. Hier fuhren riesige Fahrzeuge. Die erzeugten einen solchen Wind, dass Hanna aufpassen musste, nicht mitgerissen zu werden. Folglich hielt sie ein wenig Abstand zur Straße und freute sich bei jedem Flügelschlag, ihren Eltern etwas näher zu kommen.

      Plötzlich entdeckte sie in der Ferne ein Fahrzeug, das ihr bekannt vorkam. Es war ein rotes Motorrad. Das Komische war, dass es ganz langsam fuhr. Schnell flog sie näher heran und tatsächlich, ihr Herz vollführte einen kleinen Freudenhüpfer. Auf dem Motorrad saßen Oma und Opa Humpi. Sie drehten ihre Köpfe in alle Richtungen, als ob sie etwas suchen. Was war mit ihnen los? Sonst fuhren sie immer recht flott durch die Gegend. Hanna hatte es geliebt, wenn ihr Opa die Maschine herausholte und eine kleine Spritztour mit ihr unternahm. Sie kam sich wie ein Kosmonaut vor, sobald sie sich den Motorradhelm überstülpte. Doch so langsam sind sie nie gefahren, nie.

      Aber natürlich. Wie konnte Hanna das nur vergessen. Immerhin war sie die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Ihre Eltern und die Großeltern mussten sich große Sorgen um sie machen. Sie suchen Hanna.

      Nichts leichter als das. Die Sorge konnte sie ihnen nehmen. Sie flog vor Opas Gesicht und rief ihm zu: „Hallo, Opi, hier bin ich. Ihr müsst keine Angst um mich haben.“

      Es war gar nicht so einfach, rückwärts zu fliegen und gleichzeitig laut rumzubrüllen.

      War Opa taub? Statt ihr zuzuhören, versuchte er ständig, sie mit der Hand wegzuschieben. Ist ja nichts Neues. Nie hörte ihr jemand zu. Vielleicht verstand er sie nicht, weil der Helm so dick ist. Also schrie sie noch lauter und flog noch dichter an Opis Gesicht heran. Doch der wurde nun ungeduldig und schlug mit der Hand nach ihr, so dass sie nur mit Müh‘ und Not ausweichen konnte. Dann geriet sie in den Sog des Motorrads, das auf einmal beschleunigte und letztendlich landete Hanna im Straßengraben zwischen den Gräsern.

      Erschreckt und erschöpft lehnte sie sich an den Halm, an dem sie sich soeben gestoßen hatte. Traurig folgte sie mit den Augen dem Motorrad, das hinter dem nächsten Hügel verschwand.

      Sollte

Скачать книгу