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      Über den Autor

      Axel-Johannes Korb, geboren 1979, ist Jurist. Seine Studien- und Referendarsjahre absolvierte er in Frankfurt, Berlin, Wien und Rom. "Der Makel der Freiheit" ist sein zweites Buch. Sein wissenschaftliches Werk zur Rechts- und Staatslehre der Weimarer Zeit wurde in seinem Veröffentlichungsjahr unter die sieben juristischen Bücher des Jahres gezählt. Axel-Johannes Korb arbeitet in der Frankfurter Finanzwelt und lebt im hessischen Seligenstadt. "Der Makel der Freiheit" entstand im Jahr 2010 zu größten Teilen in Italien.

       Axel-Johannes Korb

       Der Makel derFreiheit

       Roman einer Revolution

      © 2020 Axel-Johannes Korb

      Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN

Paperback:978-3-347-06294-8
Hardcover:978-3-347-06295-5
e-Book:978-3-347-06296-2

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Prolog im Himmel

      Aus vielen Körnern wird ein Brot. Und aus den Trauben wächst der Wein. Aus hundert Strichen formt sich ein Bild unter dem Pinsel des Malers. Menschen und Orte reihen sich aneinander wie Perlen auf eine Schnur. So ergibt das Einzelne sein Ganzes.

      Die Geschichte, die sich in diesen Blättern erzählt, schöpft aus dem Fundus des Welttheaters, an dessen Firmament abertausende Sterne leuchten. Doch das, was hier zur Unvergänglichkeit geschöpft, was gleichsam aus der Urflut gezeugt wird, was dem Dunkel zu entreißen und ans Licht zu setzen ist, soll nicht hoch hinausgehen, sondern tief hineinführen, nicht allgemein gesprochen, sondern ganz bestimmt erzählt sein.

      Schon schaut man aus Himmelshöhen auf die Erde hinab. Schon sieht man, wie sich blaues Meer und grünes Land, Wüsten und Felsengebirge voneinander trennen. Da sind die Berge und Täler, die Flüsse und Seen, die Dächer der Städte, die Früchte auf den Halmen und die Wipfel der Bäume.

      Es lüftet sich der Vorhang. Er gibt den Blick frei auf jene, die vom Staub genommen sind. Aus ihnen schält sich ein Mensch heraus, der eilig seinen Weg beschreitet. Und schon zieht unbegreiflich schnell umher der Erden Pracht.

      I

      Kilian Kramer packte seine Siebensachen im schwachen Licht der Kerze. In der Morgendämmerung brach er auf. Noch heute wollte er heimatliche Gefilde erreichen. Aus der Vergangenheit, diesem erstarrten und vereisten Bild, musste wieder Gegenwart und Leben werden. Der ärmliche Gasthof dieser Nacht sollte die letzte Station seiner Reise gewesen sein. Mit eisernem Willen war der große Tagesmarsch zu schaffen.

      Er gönnte sich keine Rast. Die Stunden vergingen schnell. Der Morgen schien kurz. Der Mittag verflog. Kilian war nun müde und fror. Die Feuchtigkeit wandelte sich in Frost. Ringsherum lagen die Felder still und brach. Das Braun ihrer Erde vermischte sich mit dem Grau des Himmels. Seine Beine schmerzten vor Ermattung. Die Kälte drang von der Erde herauf und befiel seine Glieder. Die Arme hatte er über Kreuz vor den Körper geschlagen. Der Hut saß ihm tief im Gesicht. Er neigte sich nach vorne und stolperte über die steinige Landstraße.

      Weit und breit war Stille, nichts als Acker, mancherorts unterbrochen von Nadelhainen. Die Dörfer, durch die er kam, wirkten verlassen. Frauen zapften an den Brunnen eisiges Wasser, trafen mit anderen zusammen und beschränkten ihre Unterhaltungen auf das Notwendigste. Er spitzte die Ohren, verlangsamte seinen Schritt und lauschte. Sie beklagten sich über den harten Winter, berichteten von Krankheit und Sterben, bestärkten sich gegenseitig in der Hoffnung auf Sonne und Wärme.

      Kilian achtete auf das kantenfreie Singen der Sprache mit ihrer Verschleifung der Silben. Sie schien ein einziges, in ihren klingenden Lauten dunkel gefärbtes und dahinrauschendes Zischen zu sein. Er erkannte dieses Idiom als das seiner Heimat wieder. Es konnte nicht mehr weit sein bis nach Hause. Die Zuversicht, die ihn beim Aufbruch in Leipzig im Gedanken an das Altvertraute, den Ort der Geburt, erfasst hatte, mischte sich nun mit Beklemmung und der Befürchtung, dass sich in diesem Landstrich nicht das Geringste verändert, dass sich das Alte in der Gegenwart nicht bewährt habe.

      Der heimatlichen Sprache war er in den letzten Jahren entfremdet worden. Nur ganz leicht trübte das umrisslose, dunkle Zischen noch seine Worte und Sätze, genug zwar, um in der Fremde als Kind des Pfaffenlandes aufzufallen, jedoch zu wenig, um es mit dem knochenlosen Dahinrauschen aufnehmen zu können.

      Die deutlichen Umrisse seiner Silben waren das äußere Zeichen einer innerlichen Veränderung. Sie standen für den neuen Menschen, den die fremde Metropole aus ihm gemacht hatte, eine Veränderung, die sich zunächst ungewollt und wie von selbst vollzogen, die er jedoch bemerkt und für gut befunden hatte. Jetzt war ihm, als höre er in seine Vergangenheit hinein, als bedrohten ihn die Mächte von Kindheit und Jugend. Ihm war, als stürmten sie an ihn heran, als wollten sie ihn an sich reißen und mit eisernen Armen umklammern. Er aber würde sich ihnen entgegenstellen und für die Freiheit kämpfen.

      Er eilte zügig durch die grauen Dorfstraßen und folgte den Wegen bis zum Fluss. Er wanderte hinunter und immer weiter. Auf offener Flur wurde jedes Geräusch gedämpft. Kaum ein Laut entstieg der Natur. Alles schien auf den frostigen Zustand seines Gemüts Rücksicht zu nehmen, indem es sich vornehm zurückhielt und jede Störung vermied. Die Stille legte sich wie ein Schleier über die Felder. Sie entstieg den Hainen und breitete sich über die Rinde der Weiher und Bäche aus.

      In diese Ruhe drang ein Geräusch ein, erst ganz leise, dann anschwellend, schließlich aufbrausend. Kilian drehte sich um. Ein Gefährt rauschte heran. Ein Kutscher trieb mit wildem Kommando ein Vierergespann brauner Pferde zum Galopp, die vor einen schwarz lackierten Wagen gespannt waren. Kilian trat eilig zur Seite. Schon rauschte der Tross rücksichtslos und mit großer Geschwindigkeit an ihm vorüber. Die vier Braunen galoppierten, und der Wagen sprang über die Straße. Pferde und Kutsche wollten schon hinter dem nächsten Nadelhain verschwinden, als Kilian der Fahrtwind eisig ins Gesicht schlug.

      Die Stille kam wieder zurück, in die sich immer mehr Dämmerung mischte. Das Licht des Tages ging zur Neige. Der Abend drängte heran. Die Kälte fuhr ihm durch Mark und Bein. Er schüttelte sich. Gerne hätte er in diesem Moment die eisige Flur mit einem warmen Wagen getauscht. Aber für eine solche Reise fehlten ihm die Mittel. Den größten Teil seines letzten Geldes hatte er in einem Leipziger Keller auf den Kopf gehauen und damit allerhand bekanntes wie unbekanntes Volk freigehalten. Er hatte am Abend vor der Abreise seine Börse vor den Augen des Wirtes ausgeleert. Die Münzen klangen hell, als sie auf das Holz des Tresens fielen. Dieser Ton läutete eines der Feste ein, wie sie die große Stadt in regelmäßigen Abständen durchlebte, wenn ein Semester am Ende und das Examinieren abgeschlossen waren.

      Noch einmal hatte Kilian das getan, was in Leipzig seine Lieblingsbeschäftigung gewesen war. Er hatte mit seinen Kommilitonen zahlreiche Gläser geleert, um anschließend auf die Bank zu steigen und vor allen Anwesenden die Rede von den alten Zöpfen zu schwingen, die alsbald abgeschnitten gehörten. Bis zum Morgengrauen wurde gelärmt, gesungen und Tumult erzeugt.

      Doch die Strafe folgte auf dem Fuße. Ab dem nächsten Tag musste ein Leben geführt werden, das dem eines Landstreichers ähnlich sah, musste um Obdach und Brot hart verhandelt oder gar gebettelt werden. Kilian wusste, dass in der vierspännigen Kutsche, die so rücksichtslos an ihm vorbeigerauscht war, keine Not herrschte, dass dieser Wagen just jene alten Zöpfe beförderte, die man in den Wirtskellern von Leipzig verspottet hatte. Am Schlag des eleganten Gefährts hatte er das Wappen des Kurfürsten erkannt.

      Jetzt hieß es, schnell voranzustolpern, ehe die Dunkelheit weiteres Fortkommen erschweren würde. Er spannte all seine Leibeskräfte an und hatte bald die Gewissheit, dass es nicht mehr weit sein

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