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jeder, der diese Sprache erwirbt, stillschweigend die Intentionen85, die in ihr enthalten sind.

      Aufgrund der unendlichen Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen werde der Geist, so Hegel, daher nicht aus seinem Beisichsein in ein räumliches Außereinander hineingetrieben, vielmehr würde sein einfaches Selbst in ungetrübter Klarheit jede Mannigfaltigkeit durchdringen und diese zu keinem selbständigen Bestehen kommen lassen. Alles, was von außen, dem räumlichen Außereinander, auf das Individuum einströmt, wird von diesem, wie sich Hegel verstehen lässt, durch die Sprache in seine Vorstellungen aufgenommen und wird damit ein raumloser Inhalt im Prozess der geistigen Verarbeitung.

      Der Geist als ein endlicher Geist (als Beispiel könnte man einen Naturforscher anführen, d. Verf.) würde sich, so Hegel, nicht damit begnügen, durch seine vorstellende (der Anschauung folgenden, d. Verf.) Tätigkeit die Dinge (eingeordnet in einen bestimmten sprachlichen Bezugsrahmen, d. Verf.) in die Sphäre seiner Innerlichkeit zu versetzen und ihnen somit ihre Äußerlichkeit zu nehmen, vielmehr würde er als religiöses Bewusstsein durch die scheinbar absolute Selbständigkeit der Dinge zu der in ihrem Inneren wirksamen, alles zusammenhaltenden, unendlichen Macht Gottes dringen. Und als philosophisches Denken würde er jene Idealisierung der Dinge dadurch vollenden, dass er die bestimmte Weise erkennt, wie die ihr gemeinsames Prinzip bildende ewige Idee sich in ihnen darstellt. Durch diese Erkenntnis komme die schon im endlichen Geist sich betätigende idealistische Natur des Geistes zu ihrer vollendeten und konkretesten Gestalt, mache sich der Geist zu der sich selbst vollkommen erfassenden wirklichen Idee und damit zum absoluten Geist. Aber auch schon im endlichen Geist, wie er z. B. in den einzelnen Naturwissenschaften herrscht, beginnt, nach Hegel, bereits eine Rückkehr des Geistes aus der Natur, seiner äußersten Entäußerung, aber erst im absoluten Geist, also in der Naturphilosophie, vollendet sie sich. Denn erst im absoluten Geist, so Hegel, erfasse sich die Idee weder nur in der einseitigen Form des (subjektiven, d. Verf.) Begriffs oder der Subjektivität noch auch in der ebenso einseitigen Form der Objektivität oder der Wirklichkeit, sondern in der vollkommenen Einheit dieser ihrer unterschiedlichen Momente, d. h. in ihrer absoluten Wahrheit.

       Das Hervorgehen des Geistes aus der Natur

      Was Hegel oben über die Natur des Geistes gesagt hat, müsste, ihm zufolge, allein durch die Philosophie erwiesen werden, sei ein Erwiesenes und bedürfe einer Bestätigung durch unser gewöhnliches Bewusstsein nicht.86 Insofern aber unser nichtphilosophisches Denken darauf angewiesen ist, sich vom entwickelten Begriff des Geistes eine Vorstellung zu machen, könne daran erinnert werden, dass auch die christliche Theologie Gott, d. h. die Wahrheit, als Geist auffasst und diesen nicht als ein Ruhendes, in einem leeren Einerlei Verbleibendes, sondern als ein solches betrachtet, das notwendig in einen Prozess eintritt, in dem es sich von sich selbst unterscheidet, sein Anderes setzt und erst durch dieses Andere und die Aufhebung desselben zu sich selber kommt. Die Theologie würde in der Weise der Vorstellung diesen Prozess bekanntlich so ausdrücken, dass Gott der Vater (dieses einfach Allgemeine, Insichseiende), seine Einsamkeit aufgibt und die Natur (das Sichselbstäußerliche, Außersichseiende) erschafft, sodann einen Sohn (sein anderes Ich) erzeugt, in diesem Anderen aber kraft seiner unendlichen Liebe sich selbst anschaut, sein Ebenbild erkennt und in diesem zur Einheit mit sich zurückkehrt. Diese sei nicht mehr eine abstrakte, unmittelbare, sondern eine konkrete, durch den Unterschied vermittelte Einheit, es sei der vom Vater und vom Sohne ausgehende, in der christlichen Gemeinde zu seiner vollkommenen Wirklichkeit und Wahrheit gelangende Heilige Geist. Als solcher müsse Gott erkannt werden, soll er in seiner absoluten Wahrheit, als an und für sich seiende Idee, in der vollen Übereinstimmung seines Begriffs und seiner Wirklichkeit erfasst werden.

      Da die Beziehungen zwischen Natur und Geist, Hegel zufolge, häufig missverstanden worden seien, kehrt er noch einmal zu diesem Punkt zurück.87 Der Geist, so erläutert er, negiere die Äußerlichkeit der Natur, assimiliere sich die Natur und idealisiere sie dadurch. Diese Idealisierung (die Aufhebung ihrer Äußerlichkeit, d. Verf.) habe im endlichen Geist, der die Natur außer sich setze, eine einseitige Gestalt. Hier stehe nämlich der Tätigkeit unseres Willens und unseres Denkens ein äußerlicher Stoff gegenüber, der sich gegenüber der Veränderung, die wir mit ihm vornehmen, gleichgültig verhalte, mehr noch, die ihm zuteilwerdende Idealisierung als leidend erfahre. Man kann hier als Beispiel ein Rind anführen, das als Nutztier, schlimmer noch, als bloßes Produktionsmittel bezeichnet, verstanden und dementsprechend behandelt wird. Bei dem die Weltgeschichte hervorbringenden Geist aber finde dagegen, wie Hegel fortfährt, ein anderes Verhältnis statt; stehe doch dort nicht mehr auf der einen Seite eine dem Gegenstand äußerliche Tätigkeit und auf der anderen ein bloß leidender Gegenstand, sondern die geistige Tätigkeit richte sich auf einen in sich selber tätigen Gegenstand, und zwar auf einen solchen, der sich zu dem, was durch jene Tätigkeit hervorgebracht werden soll, selbst heraufgearbeitet hat, so dass in der Tätigkeit und im Gegenstand ein und derselbe Inhalt vorhanden sei. So seien z. B. das Volk und die Zeit, auf die Alexander und Cäsar als auf ihren Gegenstand handelnd einwirkten, durch sich selbst zu dem fähig geworden, was beide vollbringen wollten. Die Zeit würde ebenso sehr jene Männer hervorbringen, wie sie von diesen hervorgebracht werde. Diese Männer seien ebenso die Werkzeuge des Geistes ihrer Zeit und ihres Volkes gewesen, wie umgekehrt diesen Helden ihr Volk als Werkzeug dazu gedient hätte, ihre Taten zu vollbringen.

      Ähnlich dem soeben geschilderten Verhältnis sei die Weise, wie sich der philosophierende Geist zur äußeren Naturverhält. Dieser erkenne nämlich, dass die Natur nicht bloß von uns idealisiert wird und dass das Außereinander88 derselben nicht etwas ist, was für sie selber, für ihren Begriff, durchaus unüberwindlich ist. Vielmehr bewirke die der Natur innewohnende ewige Idee, der in ihrem Inneren arbeitende an sich seiende Geist, selber die Idealisierung, die Aufhebung des Außereinander; denn diese Form seines Daseins stehe mit der Innerlichkeit seines Wesens in einem Widerspruch. Die Philosophie brauche also nur zuzusehen, wie die Natur selber ihre Äußerlichkeit aufhebt, das Sichselbstäußerliche in das Zentrum der Idee zurücknimmt oder dieses Zentrum im Äußerlichen hervortreten lässt, den in ihr verborgenen Begriff von der Decke der Äußerlichkeit befreit und damit die äußerliche Notwendigkeit 89 überwindet. Dieser Übergang von der Notwendigkeit zur Freiheit sei nicht ein einfacher, sondern ein Stufengang von vielen Momenten, der in der Naturphilosophie dargestellt werde.90 Auf der höchsten Stufe dieser Aufhebung des Außereinander, nämlich in der Empfindung (wie sie zunächst, wie schon erwähnt, in der Tierwelt, aber auch auf der Stufe eines Menschen gegeben ist, auf der dieser noch in seiner “natürlichen“ Seele (Hegel) gefangen ist, d. Verf.) komme der in der Natur gefangen gehaltene und an sich seiende Geist zum Beginn seines Fürsichseins und damit zu seiner Freiheit. Durch dieses aber noch mit der Form der Einzelheit und Äußerlichkeit, noch mit der Unfreiheit behaftete Fürsichsein werde die Natur über sich hinaus zum Geist als solchem fortgetrieben, und zwar zu dem durch das Denken in der Form der Allgemeinheit (der Sprache, d. Verf.) für sich seienden, wirklich freien Geist. Der nur empfindende Mensch ist also nach Hegel nur ein vereinzeltes Wesen, erst mit dem Erwerb der Sprache als einer Allgemeinheit und damit der Fähigkeit, zu denken und zu kommunizieren tritt er in die menschliche Gesellschaft ein.

      Nach Hegel dürfe das Hervorgehen des Geistes aus der Natur, wie schon ausgeführt, nicht in dem Sinne verstanden werden, als ob die Natur das absolut Unmittelbare, Erste, ursprünglich Setzende, während der Geist nur ein von ihr Gesetztes ist. Vielmehr sei die Natur vom Geist gesetzt, und dieser sei damit das absolut Erste. Der an und für sich seiende Geist91 sei eben nicht das bloße Resultat der Natur, sondern in Wahrheit sein eigenes Resultat. Er bringe sich selber aus den Voraussetzungen, die er sich selbst macht, aus der logischen Idee und der äußeren Natur, hervor und sei die Wahrheit sowohl jener als auch dieser Idee, d. h. die wahre Gestalt des nur in sich (logische Idee, d. Verf.) seienden und des nur außer sich seienden Geistes (Idee der Natur, d. Verf.). Der Schein, als ob der Geist durch ein Anderes vermittelt wird, werde vom Geist selber aufgehoben, weil dieser die “souveräne Undankbarkeit“ (Hegel92) habe, dasjenige, wodurch er vermittelt erscheint, aufzuheben, zu etwas herabzusetzen, das nur durch ihn besteht,

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