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Verantwortlich für das Versagen meines Bruders. Mit den Worten „ich hätte den zweiten Teil des Gedichtes auch noch auswendig lernen müssen“ war dieser Tag auch für mich gelaufen.

       Der akute Schiefhals

      Im Frühjahr 1975 wurden wir in der evangelischen Kirche zu Biebesheim konfirmiert. Mein Konfi-Spruch passte wie die Faust aufs Auge zu meiner Situation.

       Konfirmationsspruch

      Der Sommer 1976 blieb mir bis heute in unvergesslicher Erinnerung. Meine Eltern waren mit meiner Schwester Nicole für 14 Tage in Frankreich. Mein Bruder wollte mich morgens wecken und sprang mir mit beiden Knien auf die Brust. Ich verdrehte meinen Kopf in diesem Moment so unglücklich, dass ich ihn nicht mehr bewegen konnte. Der Arzt diagnostizierte einen akuten Schiefhals und verordnete mir eine Halskrause. Bei durchschnittlichen Temperaturen von über 30° Celsius war dies zu meiner körperlichen Einschränkung zusätzlich sehr belastend und schrecklich unangenehm. Kurz bevor meine Eltern wieder aus dem Urlaub zurückkamen, nahm ich gegen die Empfehlungen des Arztes die Halskrause wieder ab, so dass sie nichts merkten und bis zum heutigen Tag nichts davon wussten.

       Die Folgen eines Wandermarathons

      Im Herbst des gleichen Jahres machten meine Eltern im bayerischen Wald Urlaub. Mein Bruder und ich blieben zu Hause und nahmen mit einem Freund zusammen an einem Wandermarathon am Donnersberg teil. Mir ging es an diesem Tag nicht so gut und ich musste des Öfteren längere Pausen einlegen. Ich bat meinen Bruder mit seinem Freund schon vorzugehen. Unterwegs erbrach ich mich, machte aber trotzdem weiter und erreichte auch das Ziel. Mein Bruder und sein Freund lachten zunächst über mein schlechtes Abschneiden. Zu Hause angekommen, ging es mir am Abend sichtlich schlechter. Ich musste stark husten und röcheln. Dazu kamen dann noch starke Schmerzen im Brustbereich. Meine Tante Berta alarmierte die Ärztin, die mich sofort ins Kreiskrankenhaus nach Groß-Gerau überwies. Der dortige Notfallarzt diagnostizierte eine doppelseitige Lungen- und Rippenfellentzündung. Meine Eltern wurden gegen meinen Willen aus ihrem Urlaub zurückgeholt. Sie beschimpften mich und ich weiß bis heute nicht weshalb. Wahrscheinlich hatten sie sich ihren Urlaub anders vorgestellt, als mich zu Hause weiter zu pflegen.

       Meine ersten Einblicke in die Arbeitswelt

      In den Ferien verdiente ich mir etwas Geld bei der Baufirma Schäfer. Ich half dabei das Lager aufzuräumen, die Autos der Firmeninhaber zu reinigen und kam auch schon als Hilfsarbeiter auf diversen Baustellen zum Einsatz. Damals wurde auf den Baustellen noch viel Alkohol konsumiert und ich hatte alle Hand voll zu tun, die Versorgung sicherzustellen. Einige Kollegen waren vor 11 Uhr morgens gar nicht ansprechbar oder sehr schlecht gelaunt. Erst nachdem Sie ihre Promilledosis erreicht hatten, liefen sie zur Hochform auf. Meine Hauptaufgabe bestand als damals 15 jähriger darin, genügend Bier und Schnaps heranzuschleppen und für das leibliche Wohl zu sorgen. Am Abend fuhren die Kollegen dann zufrieden von der Baustelle zurück auf zum Bauhof. So ging es Tag für Tag und ich fragte mich, ob da, nach all dem Alkoholkonsum und dem Essen nach Tagesende noch etwas Geld für die Familie übrig blieb.

       Teil 3

       Der Beginn der Lehrzeit

       Der Beginn der Lehrzeit

      Die Schulzeit ging nun langsam zu Ende und ich begann, mich an verschiedenen Stellen zu bewerben. Da meine Noten recht gut waren, hatte ich keine Bedenken, eine Lehrstelle zu bekommen. Meine Eltern rieten mir, mich bei einer Behörde zu bewerben, denn als Beamter würde ich mich nicht zu Tode arbeiten, hätte mein geregeltes Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz auf Lebenszeit.

      Prompt bekam ich eine Lehrstelle beim Finanzamt Groß-Gerau, die ich am 01.08.1977 als Steueranwärter antrat.

       Ausbildungsvertrag

      Schnell merkte ich, dass dieser Verwaltungskram absolut nichts für mich war. Ich musste zwei Mal die Woche zur Verwaltungsschule nach Wiesbaden. Im Frühjahr 1978 standen die ersten Prüfungen an und ich hatte keinerlei Lust und Freude daran, mich intensiv darauf vorzubereiten. Innerlich hatte ich schon beschlossen nicht weiter zu machen. Es war die Zeit, wo mein Vater mir sehr häufig mit zu verstehen gab, dass ich zu tun hätte, was er für richtig hält. Diese Floskel „So lange Du Deine Füße unter meinen Tisch streckst, machst Du gefälligst das, was ich Dir sage“ war an der Tagesordnung. Ich überlegte mir dann schon immer, wie ich meine Füße unter diesem Tisch so schnell es ginge wegbekäme. Mein Entschluss stand fest, die Lehre beim Finanzamt abzubrechen und das Elternhaus schnellstmöglich zu verlassen. Ich plante meinen Ausstieg auf meine Art.

       Mein Ausstieg nach Kanada

      Ich hatte den Plan nach Kanada zu gehen und begann diese Idee akribisch vorzubereiten. Kanada war zu diesem Zeitpunkt faszinierend für mich und dieses Land „der unbegrenzten Möglichkeiten“ zog mich förmlich in seinen Bann. Im April 1978 war es dann so weit. Ich ließ mir bei meinen Eltern nichts anmerken. Absolut niemandem hatte ich von meinem Vorhaben erzählt. Nur einem guten Arbeitskollegen schwärmte ich mehrmals von Kanada vor.

      Am Morgen vor meinem Abflug verabschiedete ich mich wie immer, als würde ich normal zur Arbeit gehen von meiner Mutter. Meine Arbeitstasche versteckte ich im Holzstall meiner Großmutter, wo ich meinen Rucksack mit den wichtigsten Utensilien schon Tage zuvor deponiert hatte. Neben meinem Reisepass hatte ich neben Geld auch meine 10 Dollar Silbermünzen von den olympischen Spielen, die 1976 in Kanada stattfanden, im Gepäck. Diese Gedenkmünzen galten in Kanada auch als offizielles Zahlungsmittel. Am Flughafen in Frankfurt angekommen, kaufte ich mir ein Hin-Flugticket nach Montreal, denn ich wollte ja in Kanada bleiben. Alles lief perfekt wie am Schnürchen, bis ich in Montreal durch die Passkontrolle musste. Es gingen alle Sirenen an. Zwei in deutscher Zolluniform gekleidete Beamte kamen auf mich zu und nahmen mich erst einmal mit. Sie filzten mich regelrecht, entleerten meinen Rucksack und ich musste mich bis auf die Unterhosen ausziehen. Ich wusste überhaupt nicht, was mit mir geschah und es erklärte mir auch erst einmal niemand, warum sie das mit mir anstellten. Erst nachdem sie nichts Auffälliges außer meinen Münzen fanden, erklärten sie mir, dass ich für die Einreise nach Kanada ein Visum benötige. Nach der Klärung weiterer unangenehmer Fragen drückten sie mir dann einen Stempel in meinen Reisepass, der mir eine Aufenthaltsdauer von zunächst einmal acht Wochen in Kanada garantierte. Immerhin, ich hatte es geschafft, nach Kanada einzureisen. Ich beschloss zunächst einmal für 3 bis 4 Tage in Montreal zu verbringen, um meine Ausrüstung für die Wildnis zu komplettieren. Neben einem Jagdgewehr, einer Leuchtpistole, entsprechender Munition, einer Axt, einem Zelt und Schlafsack, kaufte ich mir noch ein paar Klamotten, blieb dann noch zwei Tage in Montreal und machte mich dann zunächst mit dem Bus auf den Weg in Richtung Norden. Ich blieb in der Provinz Quebec und stieg in Rawdon aus. Es war Anfang April, in den Wäldern lag noch verbreitet Schnee und ein Großteil der Flüsse und Seen waren noch zugefroren. Ich suchte mir vor Anbruch der Dunkelheit einen geeigneten Platz zum Übernachten. Ich schlug mein Zelt auf und unterfütterte meinen Schlafplatz mit viel Moos, um weich und nicht direkt auf dem noch frostigen Waldboden in meinem viel zu dünnen Schlafsack zu liegen. Am nächsten Tag zog ich weiter und kam zu einer verlassenen Hütte. Die Tür stand offen und so suchte ich hier erst einmal für die nächsten Tage Unterschlupf. Am nächsten Tag hörte ich das Geräusch von Maschinen im Wald. Ich ging der Sache nach und machte Bekanntschaft mit einem französisch sprechenden Waldarbeiter. Mein Schulfranzösisch reichte, um mit ihm ein wenig reden zu können. Ihm gehörte das Waldgebiet und er lebte von dem Holz, das er verkaufte. Ich fragte ihn, ob er mich als Arbeitskraft gebrauchen könne. Er entgegnete mir, wenn Du eine Arbeitserlaubnis und Papiere hast, dann ja, ohne diese Erlaubnis, nein. Natürlich hatte ich keine gültigen Papiere und somit wurde mein Traum vom Arbeiten in Kanada mit einem Mal zu Nichte gemacht.

      Nach dieser Absage war ich sehr niedergeschlagen und ich hatte das Gefühl, dass die Welt für mich abrupt zusammenbricht. Seit Tagen hatte ich nur wenig gegessen und mein Gemütszustand war auf dem Tiefpunkt

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