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Du bist

      Ich hatte damals einen Freund namens Norbert, mit dem ich gut spielen konnte. Eines Tages erklärten mir meine Eltern, dass es nicht gut wäre mit Norbert zusammen zu sein. Die Familie wäre wegen der vielen Kinder asozial und Norbert kein guter Umgang für mich. Mit den Worten: „Sage mir mit wem du gehst und ich sage dir wer du bist“, beendeten meine Eltern mein Missfallen und ich durfte von dieser Minute an nicht mehr mit Norbert spielen. Ich begriff lange nicht warum meine Eltern so handelten und musste über diese traurige Nachricht oft weinen. Erst später erkannte ich, welche Auswirkungen diese Floskel auf mein Leben haben sollte. Dieser Satz prägte sich so in mein Gedächtnis ein, dass ich ihn bis zum heutigen Tag nicht vergessen konnte. Immer wenn ich damals jemanden zum Spielen mit nach Hause bringen wollte, fragte ich vorher meine Eltern, ob derjenige denn recht genug für sie wäre und ich ihn nach Hause mitbringen dürfe. Auch bei meinen ersten Beziehungen spielte dieser Satz eine wesentliche Rolle. Ich checkte immer im Vorfeld schon ab, ob dieses Mädchen denn für meine Eltern und erst zu guter Letzt für mich, die richtige sein würde. Erst Jahre später erkannte ich, in welche fatale Falle ich da getappt war. Ich entschied bislang nicht für mich, sondern in erster Linie im Sinne des Wohlgefallens meiner Eltern.

      Ab diesem Zeitpunkt entschied ich, alles anders zu machen und jeden Menschen gleich zu behandeln. Dies blieb bis heute so. Ob reich oder arm, alle werden bei mir nach dem Gleichbehandlungsprinzip behandelt.

       Teil 2

       Meine Schulzeit

       Meine Schulzeit

      Im Herbst 1966 wurde ich dann eingeschult. Meine Klassenlehrerin war Frau Vogelsang. Sie war oft bei meiner Mutter und hat sich darüber beklagt, dass ich am Unterricht nicht so regsam teilnahm und auch in den Pausen nicht mit meinen Klassenkameraden spielte. Ich zog es vor, mich alleine zu beschäftigten. Ich fand die Schule sehr langweilig und sah keinen Sinn darin, etwas auswendig zu lernen zu müssen, dass ich nicht lernen wollte.

       Meine Einschulung im Herbst 1966

      So kam es, dass ich irgendwann keine Lust mehr auf Schule hatte und des Abends starke Bauchschmerzen vortäuschte. Unsere Hausärztin Frau Dr. Brand kam, um mich zu untersuchen. Ich täuschte ihr Schmerzen in der rechten Leistengegend vor, worauf sie eine eventuelle Blinddarmreizung diagnostizierte. Aus Sicherheitsgründen wurde ich in das Kreiskrankenhaus nach Groß-Gerau verlegt, wo man mich über 5 Tage lang beobachtete, um mich dann letztendlich zu operieren. Ich hatte mein Ziel erreicht und durfte natürlich über 14 Tage lang nicht zur Schule gehen.

      Hinter dieser Strategie steckte zu diesem Zeitpunkt die Kernaussage, dass ich in meinem Leben alles erdenkliche Tun würde und solle es mein eigenes Leben kosten, um nicht das machen zu müssen, was ich nicht machen will.

      Nun gut, zur Schule musste ich wieder aber ich lies mich nicht formen und gegen meinen Willen erziehen.

       Die Entwicklung von Möglichkeiten und Lösungen

      Als Kind hatte mein Bruder und ich kaum Spielzeug, also bastelte ich aus der Not heraus meine Spiele selbst. So hatten wir beispielsweise einen selbst gebastelten Pfeil und Bogen und schossen auf eine Plastikscheibe. Als uns das zu langweilig war, benutzen wir die Scheibe als Flugobjekt und warfen uns diese zu. Mein Bruder konnte die Scheibe nicht richtig fangen, sie zerschmetterte die große Wohnzimmerscheibe hinter ihm und die Glasvitrine des Wohnzimmerschrankes noch dazu. Meine Mutter hörte das laute Klirren des Glases und forderte mich nach der Begutachtung des Schadens auf, sofort meinen Vater von nebenan aus der Firma zu holen. Nach einer Tracht Prügel verlangte er von mir, bis abends dafür zu sorgen, dass die Wohnzimmerscheibe ersetzt würde, sonst wären die Folgen weitaus schlimmer. Ich setzte alles daran und ging zu einem Glaser, der ein Freund meines Vaters war und der seine Launen von Kindesbeinen an kannte. Verzweifelt weinend flehte ich ihn an, die Scheibe zu ersetzen. Er konnte wohl meinem tränenüberströmten Gesicht nicht widerstehen und reparierte die Glasscheibe nach seinem Feierabend.

       Mutter vor Glasscheibe

      Der Vorfall hätte eine spätere Entdeckung vorwegnehmen können, aber mein Vater hat das nicht erkannt und damit eine Riesenchance vergeben. Mein Bruder und ich hatten nämlich an diesem Tag die Wurfscheibe als Flugobjekt entdeckt, die später als „Frisbee-Scheibe“ millionenfach verkauft wurde. Wir hätten für den Rest unseres Lebens ausgesorgt gehabt.

      Es ging zu dieser Zeit schon einiges zu Bruch. Einmal lief ich mit voller Wucht durch die Glasscheibe der Haustüre, ein anderes Mal ging beim Fußball spielen im Schlafzimmer der Spiegelschrank kaputt. Ich blieb dabei glücklicherweise immer unversehrt, musste aber die Konsequenzen tragen, die sich durch die harten Schläge mit einem Rohrstock durch Striemen auf meinem Körper augenfällig zeigten.

       Der Ball und die Eier

      Mein Bruder wurde einmal von meiner Mutter zum Eier holen geschickt. Die Nachbarn hatten viele Hühner und verkauften die Eier. Er sollte 20 Eier holen und diese in einer Schüssel nach Hause transportieren. Ich lauerte ihm auf und schoss genau in dem Moment, wo er zum Hoftor hereinkam einen Stoffball direkt auf die Schüssel mit den Eiern. Die Schüssel flog über den Kopf meines Bruders und die Eier gingen alle zu Bruch. Die gelbe Flüssigkeit der Eidotter lief ihm über die Haare ins Gesicht hinunter und war auf seinen Klamotten verteilt. Allein der Anblick war mir die daraus resultierende Tracht Prügel wert. Dies hatte ich im Vorfeld schon einkalkuliert und ertrug sie auch ohne zu zucken und zu mucken. Schade, dass ich damals noch keinen Fotoapparat besaß.

      Die Zeit verging, als eines Sonntags meine Mutter, meinem Vater beichtete, dass sie schwanger wäre. Mein Vater fing an zu toben und beschimpfte meine Mutter. Es war eine gute Zeit für mich, denn meine Eltern hatten jetzt erst einmal mit sich zu tun und ließen mich in Ruhe. Ich war damals 11 Jahre alt und war von der Schule nicht gerade begeistert und meine Eltern von meiner Leistung natürlich auch nicht.

       Die gefälschte Unterschrift und ihre Konsequenzen

      Einmal hatte ich wieder eine Fünf im Diktat und ich wusste genau, wenn dies mein Vater erfuhr, dass es wieder Prügel gab. Bei uns zu Hause wurde der Lernstoff bei schlechten Leistungen eingedroschen und gute oder gar sehr gute Leistungen gar nicht oder nur selten gelobt, denn diese waren selbstverständlich.

      Um diesen Prügeln erst einmal zu entkommen, kam mir der Gedanke einfach den Unterschriftenstempel meiner Mutter für die Abzeichnung zu verwenden, denn bei meiner Lehrerin, musste jede schriftliche Prüfung von einem Elternteil unterschrieben werden. Natürlich flog dieses Täuschungsmanöver auf, woraufhin meine Lehrerin bei meiner Mutter vorsprach. Dieser Abend war kein guter Abend für mich. Seelisch und moralisch vorbereitet gab ich mich den Schlägen meines Vaters hin. Er versohlte mich mit seinem Rohrstock so stark, dass ich mich über zwei Wochen nicht richtig bewegen konnte. Ich war am ganzen Körper grün und blau geschlagen. Das schlimmste war aber, dass er mir während der Prozedur den Mund zu hielt, so dass ich Angst hatte zu ersticken. Ich weinte nicht, ich schrie nicht, ich gab mich den Schlägen einfach hin und versuchte irgendwie mich vor dem Ersticken zu retten, indem ich seine Hand von meinem Kehlkopf wegdrückte, um immer, wenn ich es schaffte, tief Luft für die nächste Attacke zu holen. Irgendwann war auch er erschöpft und hatte keine Lust oder Kraft mehr. Ich bekam dann noch für vier Wochen Hausarrest und Fernsehverbot. Im November 1971 kam dann meine Schwester Nicole zur Welt. Zwischenzeitlich hatte ich meine Auffassung von Lernen drastisch geändert und tat alles, um von dieser Grund- und Hauptschule in Biebesheim, zur Realschule nach Gernsheim zu wechseln. Dazu musste ich einige Prüfungen ablegen, um dort aufgenommen zu werden, denn in der Grundschule stand ich mit zwei Fünfen im Zeugnis auf der Kippe, überhaupt in die nächste Klasse versetzt zu werden. Ich schaffte alle Prüfungen mit Bravour und durfte ab dem Herbst 1971 in die Realschule gehen. Ab diesem Zeitpunkt ging es mit den Noten nur noch

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