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auf den Weg in die "Zirbel" zur Arbeit! Damals war meine Kondition noch wirklich super.

      Den Axel kannte ich eigentlich als meistens gut gelaunten, sehr freundlichen und intelligenten Menschen, der allerdings – wie wir alle halt – auch gerne einen trank.

      Er hatte einen geilen Sportwagen, einen feuerroten "3 Liter Austin Healey ", mit dem auch er des Öfteren besoffen durch die Gegend gurkte.

      Einmal soll er, spät nachts natürlich, auf der Leo stadteinwärts mit grimmig überhöhter Geschwindigkeit gestoppt worden sein, und er hielt auch an. Es war Sommer, und sein Verdeck war offen, und er stellte sich hinterm Steuer auf, so halbwegs wie es eben ging, piff schrill durch die Zähne (das konnte er gut, er hatte eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen) und rief den Bullen zu: „Aus'm Weg!" Woraufhin er einfach Vollgas gab und weiter fuhr.

      Ich glaube, das hatte nicht mal ein Nachspiel. Die Bullen waren eben Schwabinger!

      Leider war sein Abgang ziemlich dramatisch.

      Was ich nicht bemerkt hatte, war, dass er tatsächlich Vollalkoholiker war.

      Er war verheiratet und hatte öfter mal Stress mit seiner Frau Bärbel, aber so genau blickte ich nicht hinter die Kulissen, und es hatte sich anscheinend auch immer wieder gelegt – bis aufs letzte Mal.

      Nach der Version, die ich erfahren habe, hatte er sich auf seine Hütte in den Bergen zurück gezogen, von wo aus er seine Frau an rief und ihr ein Ultimatum stellte, dass sie wieder zu ihm zurück kommen sollte, weil er sich sonst umbringen würde!

      Aber Bärbel erklärte ihm am Telefon, dass sie endgültig genug hätte und es keine Chance mehr für ihn gäbe -und in diesem Moment erschoss er sich – während des Telefonats!

      Das war wirklich ein unfassbar tragisches Ende. Es muss Mitte der 70er Jahre gewesen sein, und Axel war schätzungsweise gerade mal so um die 30 Jahre alt.

      Bevor Axel die "Zirbel" übernahm, wurde der Laden von Til Roth eine Zeit lang geführt.

      Til war ein Großneffe von Eugen Roth, dem Dichter.

      Er war ein lieber Kerl, aber ziemlich introvertiert und ernst, was als unfreundlich gewertet wurde, und so bekam er den Spitznamen "Muffel-Til" ab.

      Außerdem war er zwar nicht dumm, aber sehr langsam im Denken, weshalb er immer stundenlang brauchte, um die allabendliche Abrechnung fertig zu stellen. Rechnen war wohl eher nicht seine Stärke.

      Aber der Til wurde total unterschätzt! Er biss sich unglaublich in seine Aufgabe rein und schaffte es auch, allmählich im Rechnen schneller zu werden.

      Er übernahm das "Grüne Eck" gleich um die Ecke von der "Zirbel" in der Marktstraße, Ecke Hesseloherstraße, ebenfalls ein Objekt von Dieter Hartmann, dem Möchtegern "Mister Schwabing".

      Und was ihm niemand zugetraut hätte, er brachte die Wirtschaft in Schwung! Über lange Jahre bewirtschaftete er die Kneipe, kaufte sie irgendwann sogar und später das ganze Haus. Also blöd war er ganz offensichtlich nicht. Sein Spitzname wurde allerdings noch etwas erweitert – er war jetzt der "Muffel Til vom Wuchereck", da von uns Schwabingern seine Preise als etwas überhöht angesehen wurden.

      Jedenfalls wurde er zum gut situierten Mann und konnte sich später ohne Sorgen zur Ruhe setzen.

       - VII. -

      Es war ca. 1968, da war Schwabing noch ein wirkliches Künstlerviertel.

      Neben den Literaten, Malern und Musikern war Schwabing auch sehr stark von Studenten frequentiert. Das geistige Niveau war daher ziemlich gehoben und, ganz im Gegensatz zur Gegenwart, wurden etwaige Streitigkeiten nicht mit Handgreiflichkeiten, sprich Schlägerein, gelöst, sondern es wurde diskutiert, vielleicht auch gestritten, aber alles wurde friedlich beendet, und man hatte weiter zusammen das nächste Bier getrunken.

      Es gab noch keine Macht- oder Banden kämpfe unter ethnischen Mitbürgern. Asylanten waren auch noch keine da, die einzigen Afrikaner, die sich unter uns mischten, waren Studenten, die meisten davon sogar Prinzen irgendeines afrikanischen Mini-Königreichs, und sie waren wohl erzogen und hatten Niveau – was sie nicht mit "Nivea" verwechselten. Angenehme und gern gesehene Jungs.

      Da gab es auch so einen "echten Schwabinger", einen schwarzen Riesen, AI Hoosman. Er war ein sehr lieber Kerl, der unermüdlich Promotion für seine Organisation "Cause" gemacht hat.

      Hier ist ein Nachweis über ihn, den ich bei Wikipedia gefunden habe:

      Hoosman war Amateurboxer im Schwergewicht und gewann 1939 im Madison Square Garden den Titelkampf um die National Golden Gloves. Er gehörte demselben Boxstall wie Joe Louis an, gegen den er 1948 auch einen Schaukampf austrug. Im November 1940 wurde Hoosman zur Armee eingezogen, wo er sich einer Augenoperation unterziehen musste. Ab 1943 lebte er in Queensland, wo er nach wie vor als Boxer auftrat, aber auch den Doctor Carver Service Club für US-amerikanische Armeeangehörige führte. Gegen Ende der 1940er

      Jahre wurde er nach Deutschland versetzt, wo er sich auch nach der Entlassung aus der Armee niederließ. Als Boxer waren seine größten Erfolge Siege über Lee Savold, Joe Weidin (Josef Weidinger) und Tommy Farr. Hoosman eröffnete eine Bar und engagierte sich bei der "Hilfe für farbige und elternlose Kinder"; etwa 1960 gründete er die Organisation "Cause" mit derselben Zielgruppe.

      Zwischen 1952 und 1967 trat Hoosman in mehreren Filmen auf. Sein Grab befindet sich auf dem Nordfriedhof München.

      Im "Schwabinchen", in der Occamstrasse also, startete ich zaghaft meine "gastronomische" Laufbahn.

      Es war ein sehr heimeliger Laden, mit alten Fotos an der Wand und allerlei Krimskrams als Dekoration, und der Mittelpunkt war der singende Wirt, Walter Nova k.

      Walter, er war ein sehr "frankophiler" Typ, sang mit Vorliebe französische Chansons, und das konnte er wirklich gut.

      Außerdem zitierte er gerne Aphorismen von Fritz de Crignis, einem Literaten, der auch eines der Schwabinger Originale war († 1957). An einen der Sprüche kann ich mich noch erinnern, der ging so: "Erziehung nennen die Leute es, wenn sie ihren Kindern die eigenen Fehler beibringen" (wie treffend!).

      Es gab da einen weiblichen Stammgast, eine Französin namens Sylvie, die von Walter hofiert wurde. Ich muss das Wort "hofieren" verwenden, denn es passt einfach zu ihm, weil er immer wie ein perfekter Gentleman auftrat. Trotz vehementer Einwände meinerseits, seiner Freunde und Stammgäste, heiratete er Sylvie, was sich später als eklatante Fehlentscheidung entpuppen sollte – na ja, wir wussten es ja gleich.

      Ich hatte sie immer als Miststück in Erinnerung, weiß aber nicht mehr, warum eigentlich?

      Zumindest aber hatte Schwiegerpapa Geld! Und so war es Walter möglich, etwas zu expandieren. Er machte im selben Haus, gleich um die Ecke, ein weiteres Lokal auf, welches er "New Haimhouse" nannte, frei nach der "Haimhauser" Strasse, in der es gelegen war. Walter schöpfte aus dem Vollen und ließ die gesamte Innenausstattung speziell anfertigen. Zunächst vom Geld, das er vom Schwiegervater gepumpt hatte.

      Den Laden hatte er ursprünglich für mich gedacht, aber ich lebte noch in dem Wahn, dass ich wohl in nicht allzu ferner Zeit wieder im Schoß der Familie landen würde, sprich in Vaters Firma, die ich ja eigentlich übernehmen sollte – irgendwann.

      Wäre mir zu dieser Zeit schon klar gewesen, dass es damit nie mehr was werden sollte, es wäre eine einmalige Chance gewesen, in der Gastronomie Fuß zu fassen. Zumal ich keinerlei finanzielle Mittel hätte aufbringen müssen. Ich hätte sofort starten können. Tja – späte Einsicht. Aber was soil's – ich bin ja trotzdem erst mal in der Gastronomie gelandet.

      Der Name für die Kneipe "Schwabinchen" wurde adaptiert vom Schwabinchen, der Münchner Abendzeitung. Ursprünglich war es eine gezeichnete Comic-Figur, die in den Jahren 1964-65 täglich in der AZ abgebildet war, sehr süß und sexy, die lockere, witzige Kommentare zum täglichen Münchner Leben absonderte.

      Die Figur war so beliebt, dass sogar "Schwabinchen Wahlen" veranstaltet wurden. Eine der Gewinnerinnen war Helga Lehner, später verheiratet mit Hardy Rodenstock, nicht

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