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dachte ich wieder entnervt, aber sie würde sich meinen Namen ja doch nie merken. Und plötzlich ärgerte ich mich, dass ich mir die Briefumschläge nicht genauer angesehen hatte. Ob auf dem Brief an Willem wieder dieser Daan de Bruijn stand?

      Leise fluchte ich über mich selbst und ging nach drüben zu Mats. Immer noch verärgert, drückte ich auf das Klingelschild auf dem »Familie Jansen« stand.

      Leon öffnete mir und fing sofort wieder an zu grinsen. »Was für eine hübsche Überraschung!«

      »Hi«, erwiderte ich nur und lächelte verkrampft zurück.

      »Sag mal, Mädchen mit Namen, Mats erzählt, dass es gestern bei euch gehagelt hat? So als hättet ihr für ein paar Stunden einen Wintereinbruch gehabt? Stimmt das echt?«

      »Äh … ja.«

      »Voll verrückt!«

      »Ja, war ziemlich seltsam. Ist Mats da?«

      Auf meine Frage grinste Leon noch breiter. »Mein Bruder, der Glückspilz.« Er zwinkerte mir zu und rief die Treppe hoch: »Mats. Besuch für dich!«

      Leon drehte sich wieder zu mir. »Er ist oben, wie immer. Den Weg kennst du ja. Und ich bin hier unten, nur für den Fall …«

      Bevor Leon seinen Satz beenden konnte, beeilte ich mich die Treppe hochzukommen. Oben empfing mich Mats schon an seiner Zimmertür. »Was gibt’s denn?«

      »Hast du den Flakon, den Benno gestern aus der Duftapotheke mitgenommen hat?«

      Mats’ Augen wurden tellergroß. »Benno hat einen Flakon mitgenommen?«

      »Ja leider. Mein Chaos-Bruder hat nicht nur ein Fläschchen mitgenommen, er hat es gestern auch auf den Küchentisch gestellt, als alle Nachbarn zu Besuch waren. Aber leider ist das Fläschchen jetzt nicht mehr da. Ich dachte, vielleicht hast du es versteckt?«

      Mats schüttelte den Kopf. »Ich hab den Flakon gar nicht gesehen. Bestimmt haben ihn deine Eltern aufgeräumt.«

      Ich überlegte, ob mich Mats wohl anlügen würde, entschied mich aber dagegen. Was für einen Grund sollte er dafür schon haben.

      Und meine Eltern …? Pa hatte ich ja schon gefragt und Ma? Ich bezweifelte, dass sie es einfach so weggestellt hätte, ohne uns danach zu fragen. Oder ohne einen großen Aufstand um das bestimmt wunderschöne antike Fläschchen zu machen.

      »Meinst du, der ausgekippte Duft ist schuld, dass es gestern über unserem Haus gehagelt hat?« Ich sprach leise, weil mir meine Frage laut ausgesprochen noch blöder vorkam.

      Kurz hing ein Schweigen zwischen uns in der Luft.

      »Ehrlich, keine Ahnung.« Mats klang noch besorgter als ich. »Ein ziemlich komischer Zufall war es schon. Immerhin hieß er auch ›Der Duft der Kälte‹.«

      »Ja, aber wie soll das denn gehen? Ich meine, glaubst du wirklich, dass ein Duft das Wetter verändern kann?«

      Blumen waren die eine Sache – aber so etwas, das konnte doch gar nicht wahr sein. Ich brauchte eine Erklärung. An Hexenmeister und Zaubertränke wollte ich einfach nicht glauben. Es musste dafür eine richtige Erklärung geben!

      »Kommst du noch mal mit in die Duftapotheke? Vielleicht finden wir da irgendetwas, das den Hagel erklärt? Oder zumindest irgendetwas, das uns hilft herauszufinden, was in dem verlorenen Flakon drin war.«

      Mats warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Klar komm ich mit! Irgendjemand muss dich ja schließlich vor Willem beschützen.«

      »Pfft!«, machte ich und verdrehte die Augen. Was Jungs sich immer alles so einbildeten. »Das musst du erst beweisen, ob du das überhaupt draufhast. Also, los jetzt!«

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      11. Kapitel

      So unauffällig wie möglich schlenderten wir auf das Gewächshaus zu. Die Eisenkette, die die Eingangstür sonst verriegelte, baumelte offen herab. Wir konnten also sicher sein, dass Willem irgendwo im Inneren herumschlurfte.

      Mit den harmlosesten Gesichtsausdrücken, die wir hinbekamen, versuchten wir, etwas hinter den dampfigen Glasscheiben zu erkennen. Wenn Willem gerade im Gewächshaus war, dann sollten wir auf keinen Fall riskieren, von ihm gesehen zu werden. Wir hatten zwar versucht, in der Duftapotheke unsere Spuren zu beseitigen und die Scherben verschwinden zu lassen, aber sicher hing dort immer noch dieser beißende Geruch in der Luft und verriet, dass da unten etwas schiefgegangen war.

      Falls Willem von der Duftapotheke wusste, hatte er uns bestimmt bereits in Verdacht.

      Doch da war es schon zu spät. Schwere Stiefel polterten im Inneren auf dem Steinboden und im nächsten Augenblick stieß Willem die Tür auf. Seine Augen zogen sich sofort zu Schlitzen zusammen.

      »Verschwindet! Ich habe es euch bereits einmal gesagt: Wenn ihr auch nur einen einzigen Schritt in mein Gewächshaus wagt, dann werdet ihr mich kennenlernen.« Willems Stimme knurrte bedrohlich. »Glaubt mir, das Ausmaß meines Ärgers vermögt ihr euch in euren kleinen Hirnen nicht im Entferntesten auszumalen!«

      Ich ging instinktiv einen Schritt rückwärts.

      »Habt ihr das verstanden?« Willem warf mir einen letzten scharfen Blick zu, dann drehte er sich um, verriegelte das Gewächshaus und ging. Ich sah ihm hinterher, bis er verschwunden war. Meine Handflächen schwitzten.

      Was redete der denn immer so komisch? Das war ja fast unheimlich.

      Mats zeigte auf das Fenster, durch das wir das letzte Mal geklettert waren. Es war geschlossen.

      »Was machen wir jetzt bloß?«, überlegte ich laut vor mich hin.

      »Nichts. Außer du willst eine Fensterscheibe einschlagen.«

      Ich hob meine Augenbrauen. »Mitten am Tag? Was, wenn unsere Eltern das mitkriegen? Wenn Ma hört, dass ich eine historische Glasscheibe kaputt gemacht habe, kriege ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens Hausarrest.«

      Mats seufzte. »Dann können wir nichts machen außer warten.«

      Genervt zwirbelte ich an einer Haarsträhne. Im Warten war ich nicht sonderlich gut, und je länger der Flakon verschwunden blieb, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Schlimmes damit passieren konnte.

      Meine Augen suchten die Wand des Glashauses ab, aber es änderte nichts. Die Fenster waren geschlossen. Und irgendwo, nur ein paar Meter unter uns, wartete die Duftapotheke mit all ihren Geheimnissen.

      Frustriert blickte ich den weiten Weg bis zur Villa Evie hinüber.

      Da fiel mir plötzlich etwas auf.

      Aufgeregt drehte ich mich zu Mats. »Sag mal, kam dir der Flur, der zur Duftapotheke führt, nicht auch viel zu lang vor?«

      »Was?«, fragte Mats perplex.

      »Na, ich meine, wozu hat jemand überhaupt diesen Flur gebaut? Es wäre doch viel einfacher gewesen, die Duftapotheke direkt unter das Geheimversteck zu bauen.«

      In Mats’ Augen wackelten immer noch Fragezeichen. Er verstand überhaupt nicht, worauf ich hinauswollte.

      »Überleg mal!« Ich versuchte es noch mal anders und winkte ihn zurück Richtung Villa Evie. »Da geht eine Treppe runter in einen Flur, der dann in die Duftapotheke führt. Und der Flur ist wahnsinnig lang. Ganz sicher ist der nicht gebaut worden, damit jemand nur seine alten Fotos irgendwo aufhängen kann, meinst du nicht auch?«

      Jetzt begriff er langsam, was ich meinte. Zumindest bekam er wieder diesen fieberhaften Ausdruck im Gesicht. »Du glaubst, der Flur ist so eine Art Geheimgang? Aber wohin sollte der Gang denn führen außer in die Duftapotheke? Eine zweite Tür hab ich da unten nicht entdeckt. Du?«

      »Ne. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Gang so lang ist, weil die Duftapotheke gar nicht unter dem Gewächshaus liegt, sondern unter der Villa Evie!«

      Mats’

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