ТОП просматриваемых книг сайта:
Unsere grüne Kraft - das Heilwissen der Familie Storl. Christine Storl
Читать онлайн.Название Unsere grüne Kraft - das Heilwissen der Familie Storl
Год выпуска 0
isbn 9783833870132
Автор произведения Christine Storl
Издательство Readbox publishing GmbH
Familie Storl im Jahr 2000. Auch die Hunde werden mit Kräutern gesund gehalten.
DAS INTUITIVE HEILWISSEN DER FRAUEN
Vor vielen Jahren, als wir gerade auf einen Berg im Allgäu gezogen waren und uns weder ein Auto noch sonst etwas leisten konnten, gingen wir in den Wald, um Brombeeren zu sammeln. Diese würden wir, wie auch anderes Wildobst, einmachen. Das taten wir nicht zum Spaß oder aus Langeweile – für uns waren die Früchte, die die großzügige Natur uns schenkte, überlebenswichtig. Während wir im dem dornigen Dickicht im Akkordarbeitstempo unsere Körbe füllten, spielte der kleine Sohn, der noch Windeln trug, alleine irgendwo auf dem Waldboden. Plötzlich hörten wir ihn wie am Spieß schreien. So schnell wie möglich kämpften wir uns durch die stacheligen Ranken und sahen, wie der Kleine, umschwirrt von wütenden Wespen, direkt auf einem Erdwespennest stand. Meine Frau griff das Kind und riss die Windeln von ihm ab – es waren schon einige der Tiere unter die Windeln gekrochen –, sprang mit ihm zu einer Quelle, die einige Schritte entfernt war, und packte ihn sofort in kalten Schlamm. Das war die richtige Idee, denn auf diese Weise verteilt sich das Wespengift nicht so schnell im Körper. Nie wäre ich auf diese Idee gekommen, aber bei ihr war das eine ganz spontane Reaktion. Sie gab mir das schreiende Kind zum Tragen und wir hasteten im Laufschritt zu dem fast einen Kilometer entfernten Haus zurück. Der schreiende Junge schwoll wie ein Hefekloß immer mehr auf. Verzweifelt versuchte ich mein Hirn anzustrengen, was da zu machen wäre. Gerbstoffe! Ja, wir müssten ihn in einem gerbstoffhaltigen Sud baden, denn die Tannine neutralisieren Insektenstichgifte. Entlang des Weges wuchsen keine geeigneten Kräuter; die Weide war abgegrast. Was hatten wir an gerbstoffhaltigen Kräutern im Haus? Keine. Zuletzt fiel uns dann doch noch die Packung Schwarztee ein, die wir im Regal hatten. Noch nie hatten wir so schnell ein Feuer gemacht wie damals. Die ganze Packung Tee schütteten wir in den Topf, ließen ihn aufkochen, gossen ihn in das Wasser einer kleinen Sitzbadewanne und steckten das aufgedunsene, schreiende Kind hinein. Es wirkte schnell. Die Schwellung ging zurück. Nun konnten wir die Stiche zählen, es waren über zwanzig. Ich machte mir Sorgen, wie die kleine Leber die Toxine verkraften könne. Aber schon am nächsten Tag fing er wieder an zu spielen.
Was mich im Nachhinein verwunderte, war die schnelle und korrekte Intuition meiner Frau, das Kind sofort in kalten Schlamm zu packen. Mit all meinem Kopfwissen wäre ich nicht darauf gekommen. Aber das widerfährt mir öfters. Manchmal fragt mich ein Freund oder Bekannter, was er bei diesem oder jenem Leiden machen könnte, ob es da ein Heilkraut gebe? Ehe mir dazu etwas einfällt, gehen mir Massen von Daten durch den Kopf. Wenn ich dann Christine frage, kommt oft eine spontane, recht einfache, aber passende Antwort.
So erging es zum Beispiel einem Arzt, der an der Universitätsklinik in München arbeitete und mit dem wir gut befreundet waren. Der arme Mediziner entwickelte einen schlimmen Dauerhusten, den er nicht loswurde. Er konsultierte einen auf Pneumologie spezialisierten Kollegen, und dieser wiederum zog verschiedene mögliche, zum Teil recht erschreckende Krankheitsbefunde in Betracht. Unser ärztlicher Freund bekam es mit der Angst zu tun. Da er der Phytotherapie nicht ganz abgeneigt war, fragte er mich, was es für mögliche pflanzliche Alternativen geben könnte. Ja, da gab es viele Möglichkeiten, etwa lindernde Hustenmittel, wie den saponin- und schleimhaltigen Eibisch, der, kalt angesetzt, die gereizten Schleimhäute beruhigt. Aber nein, besser wäre beim chronischen Husten der Huflattich. Sein lateinischer Name Tussilago bedeutet ja »Hustenlinderer«, und er wird ja auch bei Lungenemphysem und Silikose (Staublunge) eingesetzt. Na ja, dann gäbe es ja auch die Königskerze, deren Blüten als Tee bei chronischen Bronchitiden helfen. (Sogar die Kommission E, die Heilpflanzen nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht, hat der Königskerze eine positive Monografie bescheinigt.) Weiter kämen Spitzwegerich, Bibernellenwurzel, Seifenkrautwurzel, Gundermann, Isländisch Moos, Engelwurztee oder Quendel als desinfizierende, auswurffördernde, krampfstillende Lungenmittel infrage. Nicht zu vergessen das Meerträubel (Ephedra), welches die traditionelle chinesische Medizin (TCM) als Ma Huang kennt. Ja, welches sollte unser Freund nehmen?
»Versuch’s mit Knoblauchmilch«, sagte Christine ganz spontan und machte damit dem Grübeln ein Ende, »zwei oder drei Knoblauchzehen, je nach Größe, zerreiben und langsam in Milch erhitzen, kurz sieden lassen, aber nicht kochen.« Und das war es dann auch. Intuitiv hatte sie das richtige Mittel gewählt. In kürzester Zeit war der Husten vorbei und unser Freund war einen Schritt weiter in der Befürwortung natürlicher Medizin. Heilkunde ist eben nicht nur Wissenschaft, sondern auch eine Kunst.
Das mit dem Knoblauch macht wirklich Sinn, denn die Knolle enthält das schwefelhaltige Allicin, einen wirksamen Keim- und Pilztöter. Dieses leichtflüchtige Lauch-Öl wird vor allem über die Lunge ausgeschieden und ist deswegen für die unangenehme »Knoblauchfahne« verantwortlich. Beim Ausscheidungsprozess über die Atemorgane wird die Lunge gereinigt.
Der Herd oder die Feuerstelle werden seit Urzeiten von den Frauen gehütet.
URALTE WEIBLICHE HEILTRADITION
Selbstverständlich gibt es auch hervorragende Heiler männlichen Geschlechts, aber eigentlich waren Heilen und Krankenpflege immer eine weibliche Domäne, und das, so die kulturanthropologische Forschung, seit der Altsteinzeit. Über 90 Prozent unseres Daseins als Homo sapiens lebten wir als Wildbeuter. Bei den heutigen Jäger- und Sammlervölkern funktioniert die natürliche Arbeitsteilung nach Geschlecht – ganz allgemein gesprochen – noch immer so: Die Männer jagen. Sie verfolgen und erlegen das Wild und schleppen das Wildbret ins Lager. Die Frauen dagegen sammeln die essbaren und heilsamen Wurzeln, Sprosse und Wildkräuter. Die Frauen der Gemeinschaft, die Mütter mit Säuglingen in der Tragschlinge, die Schwangeren, die jungen Mädchen und auch die alten erfahrenen Großmütter, die die Sammelplätze seit Langem kennen, unternehmen gemeinsame Sammelexkursionen. Es sind meist fröhliche, ausgelassene Ausflüge, Teil der weiblichen Kultur. So heißt es bei den australischen Aborigines: Männer töten, Frauen bringen Leben hervor. »Wir tragen Pflanzstöcke (dibble sticks), keine Speere.
Wir sind Frauen, keine Männer«, erklärte eine Aborigine-Frau der Anthropologin Catherine Berndt.
Kulturanthropologen konnten ermitteln, dass bei den Wildbeutern, den Hortikultur und Hackbau betreibenden Völkern 80 bis 90 Prozent der Nahrung von den Frauen herbeigeschafft werden. Dabei wird zwischen Nahrungs- und Heilpflanzen nicht kategorisch unterschieden. Wie ethnografische Untersuchungen bestätigen, wurde das pflanzliche Wissen von einer Frauengeneration hinweg zur anderen Generation weitergegeben. Und das seit Jahrtausenden.
Als die Menschen vor rund 10 000 Jahren sesshaft wurden, waren es immer noch die Frauen, die sich um das Pflanzenwissen kümmerten. Sie bestellten die Gärten, säten und pflanzten, hackten die Beete und ernteten; auch die Heilpflanzen gehörten zu ihrer Domäne. Die Männer halfen zwar bei der schweren Arbeit, beim Brandroden oder eventuell beim Bewässern. Wenn sie sich um Pflanzen kümmerten, dann vor allem um solche, die berauschen oder das Bewusstsein verändern können; auch Pfeilgifte oder Fischgifte waren das Anliegen der Männer.
Als Musterbeispiel gelten die Irokesen, deren Gärten und Felder Besitztum der matrilinearen Clans waren. Die Männer als Jäger und Krieger sicherten das Umfeld der Dörfer. Eine Himmelsfrau brachte der Überlieferung nach die drei wichtigsten Feldfrüchte – Mais, Bohnen und Kürbisse – wie auch die Ackerbegleitpflanzen, die als Suppengrün oder Heilpflanzen verwendet wurden, auf die Erde.
Die Pflanzenwelt galt ganz allgemein als weiblich. Bei den keltischen Walisern nannte man die Vegetationsgöttin Blodeuwedd; bei den Germanen war sie die Nana, bei den Griechen die Blumenbraut Persephone.
Nicht nur sicherten die Frauen die pflanzliche Ernährungsbasis – auch das Pflegen der Kinder, der Kranken, Verwundeten und gebrechlichen Alten war bei den alten Völkern die alltägliche Aufgabe der Frauen.
Wir können also sagen, dass die botanischen Kenntnisse und das Wissen um die Heilkraft der Vegetation tiefe Wurzeln haben. Pflanzenwissen prägte