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den Wohnort und den Job gewechselt und ist langsam ostwärts gezogen. Ich konnte übrigens die Zahl der Fragezeichen auf diese Weise reduzieren. Der Täter scheint immer nur Opfer in der näheren Umgebung seines Wohnortes gesucht zu haben und ist dann nach einer Weile weiter gezogen.“

      „Vielleicht weil der Fahndungsdruck zu groß wurde?“, vermutete ich.

      Martin zuckte mit den Schultern. „Das könnte durchaus ein Grund gewesen sein. Jedenfalls gab es in der Gegend von Buffalo vor sieben Jahren den ersten Fall. Seitdem scheint der Täter diese Gegend nicht mehr verlassen zu haben.“

      „Er hatte eine Möglichkeit, die Leichen – wie er glaubte – sicher zu entsorgen“, stellte ich fest. „Norma Jennings wurde vor fünf Jahren getötet und in ein Säurefass gelegt.“

      „Gut möglich, dass er sich deswegen sicher fühlte“, nickte Martin. „Wir suchen jedenfalls einem Mann, der um vierzig ist – plus Minus ein paar Jahre. Das trifft auf Larry Basener zu. Er ist 38 Jahre alt. Aber er verbrachte diese gesamten 38 Jahre hier in Buffalo. Die einzigen Unterbrechungen waren Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken in Detroit und in Springfield, Colorado. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Basener in dieser Zeit kreuz und quer durch das Land reiste, um sich seine Opfer zu suchen!“

      „Dann fangen wir also wirklich wieder von vorne an?“, fragte Milo.

      „Nein, nicht ganz“, meinte Martin. „Wir wissen schon eine ganze Menge über den Täter.

      „Unter anderem, dass er Zugang zu eine Giftmülldepot gehabt haben muss“, meinte ich.

      „Richtig“, nickte Martin. „Er könnte dort mal gearbeitet haben. Ich wollte noch etwas zum Motiv sagen. Er handelt aus einem Zwang heraus. Er glaubt irrealerweise, dass etwas Schreckliches geschieht, wenn er die Tat nicht vollbringt. Aber bei der Durchführung geht er sehr planvoll vor – so wie jemand, der unter einem Wasch- oder Kontrollzwang leidet, die Handlung an sich auch mit großer, fachmännischer Akribie ausführt. Dazu passt auch das Entsorgen der Leichen. Es geht ihm nicht darum, Macht zu demonstrieren oder jemandem etwas zu zeigen oder zu beweisen! Ganz im Gegenteil. Und sexuelle Motive scheinen auch ausgeschlossen zu sein. Mit den Jahren verstärkt sich der Zwang. Die zeitliche Frequenz, in der die Handlung durchgeführt werden muss, verringert sich. Er muss immer häufiger töten. Außerdem ist bei der Person, die wir suchen mit Sekundärzwängen zu rechnen.“

      „Was meinen Sie damit?“, fragte Milo.

      „Es erfordert ungeheure Kräfte, die Zwänge immer zu erfüllen. Schon ein einfacher Kontrollzwang kann zu völliger Erschöpfung führen. Bevor das geschieht gibt es eine Art Notbremse in der menschlichen Psyche. Der Betreffende befreit sich kurzfristig von einem Zwang, in dem er sich einem weniger anstrengenden Zwang unterwirft – zum Beispiel dem, beim Gehen irgendwelchen Linien auf dem Fußboden zu folgen. Unser Mann könnte Ähnliches tun.“

      „Gibt es eigentlich Fälle in Kanada?“, fragte ich. „Wir befinden uns hier direkt an der Grenze. Es wäre doch nur logisch, wenn der Täter auch auf der anderen Seite der Grenze zugeschlagen hätte, zumal er sich doch Ihrer Theorie nach mindestens sieben Jahre mehr oder minder ununterbrochen in dieser Gegend aufhält.“

      „Und rothaarige Frauen gibt es auch auf der anderen Seite der Grenze“, warf Milo ein.

      „Das habe ich bereits abgeklärt“, sagte der Profiler. „Auf kanadischer Seite gibt es keinen einzigen Fall, der ins Raster passt.“

      „Das muss einen Grund haben“, meinte Milo.

      „Vielleicht war unser Mann einfach nur nie in Kanada!“, warf Josephson ein. Seine Stimme klang leicht genervt. Offenbar hatte er sich schon zu sehr darüber gefreut, dass mit Larry Baseners Verhaftung der ganze Fall gelöst war.

      Aber das war er nicht.

      „Vielleicht kann er nicht über die Grenze“, schlug ich vor.

      „Der Personen- und Warenverkehr ist doch zwischen beiden Ländern frei“, meinte Milo.

      „Es wäre möglich, dass er dort straffällig wurde und deswegen nicht über die Grenze kann“, sagte ich.

      „Bravo!“, sagte Dr. Martin. „Damit könnten wir ein weiteres Merkmal haben. Vielleicht ist er sogar gebürtiger Kanadier.“

      19

      Milo und ich beschlossen, die Ermittlungen zunächst da anzusetzen, wo sie zumindest für uns begonnen hatten: Bei den Giftfässern der JAMAICA BAY.

      Mit Clinton Barringer, einem Erkennungsdienstler des Buffalo Police Department fuhren wir noch einmal zu dem Speditionsgrundstück, auf dem Roxanne Brady gefunden worden war. „Ich habe inzwischen die Vergleichsdaten über den Inhalt der Fässer erhalten, die Sie und Ihre Leute auf der JAMAICA BAY sichergestellt haben“, erklärte Barringer. „Die Rückstände in den Lagerhäusern lassen darauf schließen, dass hier ähnliche Giftmüllfässer lagerten.“

      „Der Konkurs liegt ein halbes Jahr zurück“, stellte ich fest.

      „Aber ich nehme an, dass der Giftmüll schon wesentlich länger hier lagerte“, sagte Barringer.

      „Mitten in der Stadt – unglaublich!“, meinte Milo. „Wie kommen Sie zu Ihrer Einschätzung?“

      „Kommen Sie, ich zeige es Ihnen!“, versprach Barringer. Er führte uns in die Lagerhalle, die wir schon einmal betreten hatten. Aber jetzt konnten wir uns gefahrlos umsehen, ohne befürchten zu müssen, irgendwelche Spuren zu ruinieren. Barringer zeigte uns ein paar Stellen, wo seiner Ansicht nach Säuren in den Beton hineingeätzt und ihn teilweise zersetzt hatten. „Die Beläge, die Sie sehen, kommen von den Fässern, die irgendwann wohl auch durchgefressen worden sind. Okay, die Fässer könnten schon halb zersetzt hier angekommen sein, aber die Spuren im Beton geben eindeutig Auskunft darüber, dass hier über Jahre lang Säure ausgetreten ist.“

      „Gibt es irgendwelche Hinweise, woher diese Säurefässer stammten?“ fragte Milo.

      Barringer schüttelte den Kopf. „Nein, bisher haben wir leider keine konkreten Anhaltspunkt. Ich habe Ihnen eine Liste von Betrieben zusammengestellt, die hier in der Gegend ansässig sind und dafür in Frage kommen.“

      „Dann können wir Ihre Liste mit der abgleichen, die unsere Innendienstler für uns zusammengestellt haben“, warf Milo ein.

      Barringer lachte. „Ja, ich verstehe schon, was Sie damit sagen wollen. Es ist ja erstens nicht gesagt, dass die Giftstoffe wirklich aus dieser Gegend stammten. Sie könnten eine ziemlich lange Reise hinter sich gehabt habt haben. Und abgesehen davon, haben die Täter alles Mögliche dafür getan, um zu verhindern, dass man die Stoffe zurückverfolgen kann. Selbst wenn Sie so ein illegales Depot aufspüren, würden Sie keine Etiketten oder Kennzeichnungen an den Fässern finden…“

      „Verstehe.“

      Den Rest des Vormittags nutzten wir dazu, die Jugendlichen zu befragen, die Roxanne Bradys Leiche entdeckt hatten. Sie besuchten eine der umliegenden High Schools und wir holten sie kurz aus dem Unterricht. Drei Jungen und zwei Mädchen waren von den Kollegen aus Captain Josephsons Homicide Squad notiert worden.

      Zuerst waren sie etwas wortkarg.

      Der schreckliche Fund, den sie gemacht hatten, war sichtlich ein Schock für sie gewesen.

      „Wie oft wart ihr auf dem Grundstück?“, fragte ich.

      „Nicht so oft“, sagte ein Junge, der James Napier hieß.

      „Vielleicht könnten wir das etwas genauer erfahren?“

      Er zuckte mit den Schultern und wich meinem Blick aus.

      „Vielleicht zweimal die Woche. Früher war das nicht möglich, da wurde man dort weggescheucht. Aber seid die Lastwagen dort waren und alles weggebracht haben, was sich in den Lagerhallen befand…“

      „Was war den dort in den

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