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Im Würgegriff der Staatsverschuldung. Michael Ghanem
Читать онлайн.Название Im Würgegriff der Staatsverschuldung
Год выпуска 0
isbn 9783748276579
Автор произведения Michael Ghanem
Серия Staatsverschuldung
Издательство Readbox publishing GmbH
2.2.3 Wer waren die „Chicago Boys“?
Ursprünglich waren die „Chicago Boys“ eine Gruppe chilenischer Wirtschaftswissenschaftler, die von 1956 bis 1970 an der Universität Chicago studierten und sich als „geistige Söhne“ von Friedrich August von Hayek (die Österreicher Schule) und Milton Friedman sahen. Mit dem Putsch von Augusto Pinochet in Chile wurden sie sehr einflussreich. Maxime dieser Ökonomen war es, die Privatisierung staatlicher Organisation voranzutreiben, um jegliches staatliches Eigentum zu deregulieren. Kritische Betrachter sahen die durchgeführten Reformen in Chile als ein wichtiges Experiment unter realen Bedingungen, um somit Aufschlüsse über wirtschaftsliberale (neoliberale) und monetaristische Ansätze zu erhalten und wesentliche Aussagen machen zu können. Der Einfluss der „Chicago Boys“ war enorm, da kurzfristige Erfolge sichtbar waren. Von 1956 bis 1964 durchliefen zunächst 26 chilenische Wirtschaftswissenschaftler die Ausbildung an der Universität von Chicago. Später stieg ihre Zahl auf 100 Personen an. Diese Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern wurde 1970 unter dem Begriff der „neuen Rechten“ zu einer politischen Kraft.
Sie waren eine wesentliche Kraft, um gegen Salvador Allende zu wirken. Nach nicht offiziell bestätigten Informationen betrieben die „Chicago Boys“ die Vorbereitungen zum Putsch durch Augusto Pinochet. Fest steht, dass zwischen 1975 und 1985 radikale Reformen in Chile durchgeführt wurden, die eine erhebliche Spaltung der Gesellschaft zur Folge hatten. Dem Ansatz Friedmans, dass die gigantische Inflation eine Schock-Behandlung erfordere, wurde zwar gefolgt, ihr Erfolg blieb jedoch aus. Nach Ansicht von Friedman waren die Rezession von 1975, die immerhin zu einer Schrumpfung des BIP (Reichtum, das ein Land in einem Jahr produziert) um 13% führte sowie die unvermeidlichen Folgen der monetären Schock-Behandlung zur Absenkung des Wachstums der Geldmenge jedoch von einem gewissen Erfolg gekrönt. Während die Inflation in Chile 1973 (das heißt zum Zeitpunkt des Putsches durch Pinochet) bei 5,18% lag, lag sie bei 1981 sogar bei 9,5%. Die „Chicago Boys“ standen während ihrer Tätigkeiten für Pinochet in engem Austausch mit Angehörigen der Chicagoer Schule. So statteten sie Friedman, Hayek und Arnold Hartberger (ein wesentlicher Kopf der Monetaristen) mehrere Besuche ab. Hayek wurde sogar Ehrenpräsident des Centro de Estudios Publicos in Chile und Friedman hielt mehrere Vorträge im staatlichen Fernsehen. Hayek rechtfertigte bei jeder Gelegenheit die Etablierung der Diktatur zur vorübergehenden Durchsetzung wirtschaftlicher Freiheiten, die als Grundlage des Liberalismus nötig seien.
Fest steht, dass Milton Friedman zwar sehr oft mit den „Chicago Boys“ in Verbindung gebracht wird, er hat jedoch nie eine offizielle Beraterfunktion und keinen direkten Einfluss auf Pinochet gehabt. Friedman lobte die Maßnahmen der „Chicago Boys“ jedoch ausdrücklich und hob die Maßnahmen zum Rückbau der Staatsquote (Steuererhebung, Rentenreform, Gesundheitsreform) hervor. Die marktliberalen Prämissen der „Chicago Boys“ gründeten auf Milton Friedmans Lehre und insbesondere auf dem Leitspruch „Kapitalismus und Freiheit“. Während der Diktatur Pinochets mussten chilenische Ökonomen, die den „Chicago Boys“ kritisch gegenüberstanden, in internationalen oder privaten Forschungsinstituten unterkommen.
2.2.4 Einflussnahme der „Chicago Boys“ in Lateinamerika und weltweit
In den 1980er und 1990er Jahren konnten Ökonomen, die in Chicago ausgebildet wurden, in lateinamerikanischen Staaten mit autoritären Regimen an Einfluss gewinnen. Unter diesen Ökonomen war der spätere Präsident Mexikos Carlos Salinas, der die radikale Marktwirtschaft durchgesetzt hat, oder Carlos Menem, späterer Staatspräsident Argentiniens. Nach der Wahl Ronald Reagans zum US-Präsident wurde die Philosophie der „Chicago Boys“ als neue regelorientierte Wirtschafts- und Geldpolitik maßgebend. Der Machtzuwachs Friedmans und der „Chicago Boys“ war so groß, dass die Weltbank in den 1980er Jahren Chile als Vorbild politischer und ökonomischer Reformen für Entwicklungsländer sah. Dies wurde 1998 durch den Aufstieg von Joseph Stieglitz in der Weltbank als Fehler angesehen und seither versucht er andere Ansätze zu verbreiten.
2.2.5 Zur Bewertung von Milton Friedman und den „ Chicago Boys“
Oft wurden Anfang der 1980er die „Chicago Boys“ für die Finanzkrise mitverantwortlich gemacht. Dies ist zu relativieren, denn sie haben zwar die Weichen für diese Entwicklung gestellt, aber die Krise nicht ausgelöst. Unbestritten ist der bleibende Erfolg dieser wirtschaftlichen Schule, der besagte, dass die Stabilität des Geldwertes eine Voraussetzung für das Wachstum der Wirtschaft in Chile war. Die langfristige Bilanz ist jedoch, dass das Wirtschaftswachstum Chiles zwischen 1981 und 1990 nur um 2,7% betrug. Analoge Zahlen sind für Brasilien, Mexiko, Venezuela, Argentinien und Peru zu beobachten.
Es ist festzustellen, dass die „Chicago Boys“ während der Privatisierung zwischen 1975 und 1978 in großem Umfang Staatsunternehmen unter Wert verkauft haben. Die Teilprivatisierung des Gesundheitssystems bewirkte, dass ein großer Teil der Bevölkerung keinen Zugang mehr zur Krankenversicherung hatte. Die Zuzahlungen waren so gigantisch, dass nur wenige Menschen in der Lage waren diese Summen aufzubringen. Es ist weiterhin festzustellen, dass die Arbeitslosigkeit vor dem Putsch in Chile bei 4,7%, 1982 jedoch bei 25% lag. Folgende Zahlen sind noch ernster: Während 1969 die 20% der Armen 164$ pro Jahr für Nahrungsmittel zur Verfügung hatten, waren es 1978 nur 113$. Die 20% der Reichsten hatten 1969 862$, 1978 1113$ zur Verfügung (Diese Zahlen beziehen sich auf die monatlichen Konsumausgaben).
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