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DDR-Volkskammer beschließt die Schaffung einer Nationalen Volksarmee. Willi Stoph wird erster Verteidigungsminister.

      Panzereinheiten der Sowjets rollen in Budapest ein.

      Der Aufstand in Ungarn mit dem Versuch sich politisch aus dem Ostblock zu lösen, wird blutig niedergeschlagen.

      DDR-Jahresrückblick 1956

      Donath, sein Freund, „Der Lange“, war für den Sohn des verstorbenen Tischlermeisters ohne Erbe, eine gesellschaftliche Erhöhung. Der „Lange“, er war wirklich groß, zählte zu den Nachkommen der Urheber des wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt Schmölln in den Gründerjahren nach dem deutsch-französischen Krieg 1871/72.

      1864 fuhr dessen Ur-Urgroßvater, der Knopfarbeiter Valentin Donath, auf Veranlassung seines Bruders Herrmann nach Berlin, um für die Knopfherstellung den Rohstoff Steinnuss kennen zu lernen. Steinnüsse sehen aus wie kleine braune Kartoffeln, wurden im 18. Jahrhundert in südamerikanischen Häfen von den Segelschiffen als Ballast aufgenommen, in deutschen Hafenstädten als unbrauchbares Material verschleudert. Hart, oval, ließen diese sich zu Scheiben schneiden, besser sägen, hervorragend zu Knöpfen verarbeiten.

      Nach der Rückkehr aus Berlin richtete sein Bruder Hermann einige Handdrehbänke zur Verarbeitung dieser Steinnüsse ein.

      Die Nutzung der Dampfkraft ab dem Jahre 1871 führte zur Vervollkommnung der Steinnussknopfherstellung. Valentin gründete 1872 die erste Fabrik, 1875 folgten diesem Beispiel seine Brüder Friedrich Melchior und Julius. Bis 1909 wurden weitere 12 Fabriken in der Stadt gegründet. Die Hälfte der Erwerbstätigen arbeitete in den Knopffabriken. Schmölln nannte sich jetzt Knopfstadt.

      Nach dem 2.Weltkrieg hatte sich die Steinnussknopfherstellung weitestgehend überlebt. Durch die Ost-West-Trennung war auch der Absatz für solcherart bajuwarische Lederhosenverschlüsse zusammengebrochen. Knöpfe wurden aus Kunststoff hergestellt.

      In den Resten der nicht mehr benötigten, in großen schweren Säcken angelieferten Steinnussmengen, welche als mächtiger Berg in Donaths stattlichen Garten unter einem runden großen überdachten Pavillon lagerten - früher wurden dort hochherrschaftliche Feste gefeiert - konnten die Jungen spielen, klettern, Verstecke bauen.

      An der Technik der Knopfmaschinen hatte sich bei Donaths viel geändert. Aber die Dampfmaschine war noch die gleiche. Faszinierend, wie über deren riesiges Schwungrad die Kräfte über lange Treibriemen in mehrere Stockwerke an die unter den Fabrikdecken reihenweise angebrachten langen Wellen übertragen wurden. In einer dieser Hallen stand eine Tischtennisplatte inmitten circa dreißig Knopfmaschinen. Zu jeder führte von der Decke ein dicker breiter Treibriemen.

      Es war ein beängstigender Anblick und Ton, wenn so viele Lederbänder sich spannten, quietschten, peitschten - dazwischen ohrenbetäubendes Knallen und Knacken, wenn die gegenläufigen oberen und unteren Antriebsriemen aneinander klatschten.

      Für Edub ein unvergessliches, tröstendes Geräusch, wenn die Riemen ganz langsam seufzend ausliefen - dann war Stille!

      Das tägliche Tischtennis begann.

      Es ging immer um „een Fuffzscher!“

      Edub verlor meist, konnte aber, wie süchtig, nicht aufhören sein Taschengeld zu verspielen. Die wenigen Gewinne nährten über Jahre die Hoffnung, es würde mal anders kommen. Aber der Lange wehrte geduldig jede Attacke ab. Während sein Gegner beim Schmettern, wie die Angriffsschläge heißen, sich fast den Arm ausriss, postierte sein Gegenüber sich weit hinter dem grünen Tisch. Den weißen Zelluloidball ließ der einfach vom Noppenbelag seiner Kelle zurückprallen.

      Bevor das „Fuffzscher“ spenden starten konnte, musste die Hürde Mutter Donath genommen werden. Schon, wenn Edub mit seinem Schläger in der Hand den langen Gang vom Fabrikhof zur Vortreppe der Villa schritt, konnte man ihn aus den Fenstern beobachten, Madam Donath entscheiden, ob er bleiben oder wieder abziehen durfte.

      Meist dauerte es nach dem Klingeln recht lange, bis sich die Tür öffnete. Die bildschöne Dame Donath - es war eine wirklich attraktive Frau - lächelte, reichte ihm zur Begrüßung meist den vorgestreckten rechten kleinen Finger, nur den einen Finger! - den er demutsvoll ergriff!

      Nur einmal erhöhte sie ihn, beehrte den Oberschüler mit einem vertraulichen Wunsch. Er hätte doch so gute Noten, solle deshalb auf ihren Sohn positiv einwirken, dass der fleißiger die Schularbeiten mache.

      Es war eine bemerkenswerte Frau, die sich der Fabrikbesitzer Dr.- Ing. Donath Ende der 30er Jahre, in der Sommerfrische am Tegernsee flanierend, auserkoren hatte. Die schöne Tochter eines Lotsen der Nordseeküste hatte ihn erhört, sich ihm hingegeben und in das kleine Städtchen entführen lassen. So deren Kommentar im hohen Alter.

      Der Sohn wollte auch Lotse werden.

      Späte Abendbrotzeit, nach dem Tischtennistraining stolpern beide die vielen Zickzack-Treppen des Felsengeländes vom Pfefferberg in die Stadt.

      Es ist dunkel. Am südlichen Himmel grüßt ein Papierdrachen ähnliches Sternenbild. Es ist immer da beim Nachhauseweg. Die obere rechte Drachenseite bilden drei helle Sterne auf einer Linie, der mittlere ist größer, leuchtet aber schwächer. Sind das etwa mehrere, faszinierend. Das Himmelsgeschehen hat Edub damals sehr beeindruckt. Utopische Literatur, wie „Jan Mayen“ und „Sun Koh“ mit den Erlebnissen im Weltraum haben Ebub schon damals fasziniert. Letzterer, ein Prinz des versunkenen Atlantis, dessen Aufgabe das Wiederauftauchen des sagenhaften Kontinents vorzubereiten war. Da gibt es Hypnose- und Todesstrahlen, Tarnkappen, Gedankensender, Energiestrahler und Raketen. Gespenstige Feinde trachteten ihm nach dem Leben, versuchten wertvolle Artefakte, rätselhafte übernatürliche Gegenstände der Vergangenheit zu stehlen und strebten nach der Weltherrschaft. Diese Abenteurerhefte waren Edubs Vorzugsliteratur, die konnte man für ´nen Groschen in der Bücherei Emmermann ausborgen. Sehr abgewetzt und zerfleddert, müssen hundertfach gelesen worden sein. Sie waren der Grundstock seiner Jagd nach den Rätseln der Vergangenheit im hohen Alter.

      Vor ihnen schimmern die Dächer der langen Fabrikgebäude, dahinter Donaths Garten. In der Mühlgasse führt der Fußweg direkt an der Stirnseite der Fabrik vorbei. An dem großen Tor hört man manchmal das donnernde Schäppern des Schwungrades für den Riemenantrieb der Maschinen. Wie immer lauscht Edub. Es ist Ruhe! - aber es riecht, es stinkt nach Rauch, Qualm dringt aus den Ritzen, mit scheußlichem Geruch, wie verbranntes Holz.

      „Du, Langer, da drinnen brennt`s!“ Der stutzt, rennt um die Ecke, will seinen Vater alarmieren. Edub wacht vor dem Tor. Minuten vergehen bis hinter dem Tor Geräusche zu hören sind, das Tor aufgerissen wird. Rauchschwaden füllen den Eingang. Der Vater spritzt mit einem Wasserschlauch behutsam auf einen großen Kohleberg, welcher verdächtig dampft. Mein Freund darf den Schlauch richten.

      „Geh du mal nach Hause!“ schickt der Fabrikbesitzer den Entdecker des Unheils fort. Natürlich ist der sauer. Auf dem Heimweg ist alles ruhig, kein Tatütata der Feuerwehr. Auch später wird nicht darüber gesprochen, „Der Lange“ hatte wohl Sprechverbot verordnet bekommen.

      Wahrscheinlich wusste der Unternehmer um die Gefährlichkeit der Situation.

      Es ist Zufall, dass Edub ausgerechnet als studierter Wärmetechniker später in Großkraftwerken mit ähnlichen Problemen konfrontiert wurde. So, bei einer Kohlenstaubhavarie im Großkraftwerk Boxberg. Durch unvollständige Verbrennung hatten sich Reste von Kohlenstaub nach dem Ende des Verbrennungsweges abgelagert. Es genügte eine Rutschung, Aufwirbelung mit unverbrannten Gasen und Luftzufuhr durch Undichtigkeiten, dass durch die Hitze das Gemisch sich explosionsartig entzündete. Ein riesiger Elektro-Filter zur Entstaubung wurde zerstört, ein Teil des Großkraftwerkes stillgelegt.

      Diese Gefahr bestand auch bei Donaths rauchendem Kohlehaufen, in dessen Inneren sich durch lange Lagerung Glutherde gebildet hatten, deren Gas die Halle verpesteten. Der Ingenieur Donath hat vorausschauend nur sparsam Wasser auf die Kohle rieseln lassen, um diese beim Löschen nicht aufzuwirbeln. Hätte er die Feuerwehr alarmiert, wären nachträglich aufwändige Schutzmaßnahmen deren Folge, welche so vermieden wurden. Tage später steckte er dem Brandentdecker ein Geschenk zu – war das „Schweigegeld“?

      Die

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