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sehr viele Sorgen um mich machen? Wann werde ich meine Freunde wiedersehen, meine Schwestern, meinen Bruder? Werden sie mich besuchen kommen?

      “Deine Entscheidung, so weit weg ein neues Leben anzufangen, wäre niemals meine Entscheidung gewesen. Ich hätte den Mut nicht. Es wird sicherlich nicht leicht werden für dich, aber ich weiß - was auch passiert - du wirst immer zurechtkommen”, flüstert er ihr zu, als er Harriette zum Abschied umarmt. Harriette weint. Ein schöneres Geschenk hätte er ihr nicht machen können.

      *

      Harriette wird freudig empfangen von Molly, Tom, Dick und Harry. Furaha hat ihr Bett oben im Nordflügelzimmer frisch bezogen und Blütenblätter über das ganze Bett gestreut. Das macht man hier so als Willkommensgruß. Meine zukünftigen Gäste werden das auch so bekommen! denkt sie zufrieden.

      In den kommenden Tagen verbringt Harriette viel Zeit mit Subhash. Sie erzählt ihm von ihren ‘Villa-Waridi-Residence’ Plänen, denn Subhash weiß alles und kennt sicherlich einen Architekten, der ihr Haus umbauen kann. Ja, Subhash kennt tatsächlich jemanden. Er sei Italiener, “einer der wenigen, denen man einigermaßen vertrauen kann. Hier in Malindi wimmelt es von sogenannten ‘Bauunternehmern’, aber das sind alles Schlitzohren, die werden Sie gnadenlos über den Tisch ziehen. Alessio ist auch nicht ganz ‘ohne’, aber der ‘Einäugige unter den Blinden’, wenn Sie verstehen, was ich meine”, sagt Subhash.

      “Wo finde ich diesen Alessio”?, fragt sie.

      “Ich werde ihn anrufen und mit ihm bei Ihnen vorbeikommen, sobald er Zeit hat”, antwortet Subhash. Das klingt gut. Jetzt noch ein Auto. Wo finde ich einen Gebrauchtwagen?

      Malindi ist nicht der beste Ort, um ein Auto zu kaufen, aber in Mombasa muss es möglich sein. Harriette nimmt ein Matatu und zwei Stunden später befindet sie sich im Hexenkessel von Mombasa: heiß laut, stark verschmutzt, aggressiv. Sie mag diese Stadt nicht.

      Sie läuft durch die beiden Hauptverkehrsstraßen Moi Avenue und Harambe Avenue und durch die vielen verwinkelten Querstraßen. Es gibt zahlreiche Autohändler. Sie schaut sich um. Nur nicht zu viel Interesse zeigen! Mzungus - auf die stürzt man sich!, versucht sie sich einzureden. Das Angebot ist groß. Sie versteht nichts von Autos. Sie kommt ins Gespräch mit einem der Verkäufer. Er zeigt ihr alles, was er hat. Seine Autos sind alle überholte Gebrauchtwagen. Sie sucht ein Auto, das nicht neu aussieht. Schicke Autos werden in Kenia im Handumdrehen aufgebrochen oder gleich ganz gestohlen. Sie sucht ein funktionstüchtiges, alltagstaugliches Auto. Ein Auto, groß genug um Gäste bequem transportieren und Großeinkäufe tätigen zu können, und stark genug, um diesen elenden Straßen hier die Stirn bieten zu können. Allradantrieb für die Regenzeit scheint mir wichtig. Ihre Wahl fällt auf ein altes aber robustes, jeep-artiges Fahrzeug: nicht schick, nicht fancy - rein funktionell.

      Harriette macht eine Probefahrt. Ihre erste Fahrt mit Linksverkehr, alles ist noch recht gewöhnungsbedürftig, aber noch am selben Tag fährt sie in ihrem neuen, alten Auto auf der linken Straßenseite 120 Kilometer in einem fremden Land … nach Hause.

      *

      Harriette wird am Morgen durch lautes Hupen geweckt, begleitet von nicht weniger lautem Hundegebell. Jengo, der Gärtner, öffnet das Tor. Subashs alter Landrover steht draußen. Subhash hat Alessio d’Alfonso mitgebracht. Harriette wirft sich kaltes Wasser ins Gesicht, putzt ihre Zähne, wirft sich einen farbenfrohen Kaftan über und läuft hinunter, um die Herren zu begrüßen.

      Alessio ist groß und braun gebrannt. Ein Abenteuertyp in khakifarbenen Bermudashorts und beigefarbenem Leinenshirt mit großen Taschen. Er trägt kräftige lederne Bergschuhe. Er hat kurzes lockiges Haar und einen Dreitagebart. Alessio ist ein attraktiver Mann und das weiß er. Und der soll kein Schlitzohr sein?, ist Harriettes erster Gedanke, als sie die beiden begrüßt. Sie führt die Männer durch das Haus und erzählt Alessio von ihren Plänen. Sie zeigt ihm ihre Notizen und Skizzen. Alessio schweigt, läuft nochmals durch das Haus, dann um das Haus herum, zum Korridor, zur Küche. Er scheint mit seinen Schritten zu messen. Er denkt. Er spricht mit sich selber. Italienisch.

      “Okay! Ich weiß was Sie sich vorstellen. Ich werde ein Konzept anfertigen und wenn Ihnen das gefällt, bekommen Sie einen Kostenvoranschlag für den gesamten Umbau. Ich brauche ungefähr eine gute Woche”, sagt er und verabschiedet sich. “Und noch etwas”, sagt Harriette, als die beiden Männer in den Landrover steigen: “wissen Sie zufällig, wem das Grundstück hier nebenan gehört?”.

      “Aber klar! Ich kenne die Leute vom Sehen, nicht persönlich, sie sind schon sehr lange nicht mehr in Malindi gewesen. Es gehört zwei Brüdern aus Lucca. Wenn Sie wollen, werde ich das für Sie am Katasteramt in Mombasa prüfen lassen”, erwidert Alessio.

      Alles scheint ins Rollen zu kommen. Harriette ist zufrieden. Jetzt noch einmal nach Lamu, um konkret nach Möbeln Ausschau zu halten für meine zukünftige Touristen-Residenz!

      5 Swahili (“Auf Wiedersehen, Herr [Anrede] und vielen Dank”).

       Farrah

      Harriette checkt ein im Petley’s Inn, einem kleinen, charmanten aber etwas heruntergekommenen Hotel auf Lamu, direkt am Wasser. Ein paar Rucksacktouristen sitzen auf der Terrasse des Hotels und beobachten das gemächliche Treiben der Ortsbewohner. Fischer die ihre Netze reparieren, Frauen in Buibui, die zum Markt schlendern, Esel bepackt mit Brennholz und Baumaterial.

      Sie hat ein kleines Zimmer im Obergeschoss des Hotels mit Blick auf eine schmale Gasse. Sie öffnet die Fensterläden einen Spalt, um etwas Tageslicht ins Zimmer zu lassen. Das Zimmer ist angenehm kühl. Sie packt ihre Tasche aus und beschließt, sofort ihre erste Möbelsuchaktion zu starten. Unten, in der winzigen Empfangshalle, hinter einer kleinen Rezeption, sitzt eine junge Frau in Buibui und nimmt den Zimmerschlüssel entgegen.

      “Wissen Sie, wer in Lamu schöne Möbel macht?”, fragt Harriette die junge Frau.

      “Aber natürlich! Bwana Farrah! Er baut auf Bestellung. Seine Möbel sind sehr teuer”.

      “Farrah … Farrah … ist das der bwana Farrah von mama Alice, von dem schönen Laden und dem Café?”, fragt Harriette.

      “Ja, bwana Farrah und mama Alice. Wissen Sie wo die ‘Gallery Sanamu’ ist?”, fragt die Rezeptionistin.

      “Ja, ich war vor einiger Zeit schon einmal in Lamu. Ich werde die Gallerie wiederfinden. Kann ich einfach dort hingehen oder muss ich bwana Farrah vorher anrufen?”.

      “Sie können natürlich einfach hingehen und sich die Sachen anschauen, aber wenn sie mit bwana Farrah sprechen wollen, dann ist es besser, vorher einen Termin zu vereinbaren. Bwana Farrah und mama Alice haben wenig Zeit, sie sind gerade erst von einer Reise zurückgekommen”, antwortet die Rezeptionistin und hat den Telefonhörer schon in der Hand.

      “Soll ich ihn gleich anrufen?”. Warum nicht, denkt Harriette und nickt. Sie wählt und wartet. “Bwana Farrah? Ich habe hier jemanden der Sie sprechen will!”. Sie spricht wie ein Wasserfall und reicht Harriette dann den Hörer.

      “Hallo?”. Am anderen Ende hört sie eine Männerstimme, die nett aber auch etwas ungeduldig klingt. Sie entschuldigt sich und erklärt ihm, warum sie in Lamu ist und was sie sucht, dass sein Name ihr nun schon verschiedene Male zu Ohren gekommen ist und sie sehr neugierig auf seine Möbel geworden ist.

      “Darf ich vorbeikommen?”. Sie darf.

      Sie betritt ‘Gallery Sanamu’, als wäre es heiliger Boden: alles in diesem Raum ist einzigartig - jedes Objekt, jedes Dekor, jedes Detail. Gefährlicher Laden! Alles ist schön, die Produkte, die Präsentation … das sind Profis hier! denkt sie, als eine freundliche Buibui Frau auf sie zukommt und sie fragt, ob sie ihr helfen könne.

      “Ja, ich möchte mir bwana Farrahs Möbel anschauen und habe einen Termin mit ihm”, erwidert Harriette. Die freundliche Buibui Dame lächelt.

      ”Kommen Sie!”. Sie führt sie quer durch den ganzen Laden. Zur Audienz beim Prince of Lamu, denkt Harriette und muss innerlich grinsen. Sie folgt dem schwarzen Buibui mit hennabemalten

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