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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift
Читать онлайн.Название Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten
Год выпуска 0
isbn 9783958555181
Автор произведения Jonathan Swift
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Auf einigen Feldern dieses Landes gibt es auch gewisse glänzende Steine von verschiedenen Farben, worauf die Yähus sehr begierig sind. Sind einige davon, wie dies mitunter geschieht, in der Erde fest, so graben sie tagelang mit ihren Klauen, um sie loszumachen, und verstecken sie dann in ihren Ställen; dabei sehen sie sich sehr vorsichtig um, aus Furcht, ihre Kameraden könnten den Schatz bemerken. Mein Herr fügte hinzu: Er habe nie die Ursache dieser unnatürlichen Begierde entdecken und erraten können, wozu diese Steine gebraucht würden. Jetzt aber glaube er, dies sei derselbe Geiz, den ich bei dem Menschengeschlecht beschrieben habe. Einst habe er, um einen Versuch zu machen, einen Haufen dieser Steine im geheimen von dem Orte entfernt, wo einer seiner Yähus diese verborgen hatte. Da habe das schmutzige Tier, sobald es seinen Schatz vermißte, durch lautes Klagegeschrei die ganze Herde auf dem Platze versammelt, elendiglich geheult und die übrigen gebissen und zerkratzt. Es habe sich abgehärmt, nicht mehr essen, trinken und arbeiten wollen, bis er seinem Bedienten befahl, die Steine im geheimen wieder zu demselben Loche hinzutragen und dort wie früher zu verbergen. Als nun der Yähu seine Steine wiederfand, sei er sogleich munter und guter Laune geworden, habe sie mit großer Sorgfalt besser versteckt und sei seitdem ein sehr fleißiges und brauchbares Tier geblieben.
Ferner gab mir mein Herr die Versicherung, auf den Feldern, wo sich jene kostbaren Steine im Überfluß vorfänden, würden die heftigsten und häufigsten Kämpfe geliefert, weil die benachbarten Yähus dort immerwährend Überfälle ausführten.
Er fügte hinzu: Wenn zwei Yähus einen solchen Stein auf einem Felde entdeckt haben und wenn ein Streit entsteht, wer der Besitzer sein soll, so nimmt ein dritter gewöhnlich den Vorteil wahr und trägt ihn als sein Eigentum davon. Mein Herr behauptete, dies habe: einige Ähnlichkeit mit unseren Prozessen. Hier aber hielt ich es für unzweckmäßig, ihn zu enttäuschen, denn die von ihm erwähnte Entscheidung war weit billiger als manches bei uns gebräuchliche Verfahren, denn der Kläger und der Beklagte verlieren nichts als den strittigen Stein; unsere Gerichtshöfe hätten den Prozeß aber nicht eher beendet, als bis beiden Parteien nichts mehr übriggeblieben wäre.
Mein Herr setzte dann seine Rede weiter fort und sagte: Nichts habe die Yähus verhaßter gemacht als ihre rohe Gier, alles, was sie erlangen könnten, zu verschlingen. Sie fräßen Kräuter, Wurzeln, Beeren, verfaultes Fleisch von Tieren oder alles dies durcheinandergemischt; auch sei es ihre eigentümliche Eigenschaft, daß sie das bei weitem lieber äßen, was sie sich durch Diebstahl und Raub aus größerer Entfernung verschafft hätten, als viel bessere Speisen, die sie zu Hause bekommen könnten. Wenn ihre Beute ausreiche, so fräßen sie, bis sie beinahe platzten. Hierauf äßen sie eine von der Natur ihnen angezeigte Wurzel, die eine allgemeine Ausleerung bewirke. Auch suchten die Yähus noch eine andere Art Wurzel, die sehr saftig, aber selten und schwierig aufzufinden sei, mit großer Begierde und sögen sie mit viel Entzücken aus. Diese Wurzel äußere bei ihnen dieselben Folgen wie der Wein bei uns. Nach deren Genuß pflegten sie sich zu umarmen oder zu zerreißen, sie heulten, lachten, drehten sich, stolperten und schliefen dann in Morästen ein.
Ich bemerkte auch wirklich, daß die Yähus in diesem Lande die einzigen Tiere waren, die krank werden konnten. Diese Krankheiten waren jedoch nicht so zahlreich wie die der Pferde bei uns und wurden durch keine schlechte Behandlung, sondern durch den Schmutz und die Gier der ekelhaften Tiere erregt. Auch befindet sich in der Sprache der Hauyhnhnms nur eine allgemeine Benennung für diese Krankheiten, die von dem Namen des Tieres genommen ist und Ny-Yähu ausgesprochen wird, was Yähu-Übel bedeutet. Die Kur besteht aus einem Gemisch von Dünger und Urin der Yähus, das ihnen in den Mund gestopft wird. Später habe ich öfter bemerkt, daß dies Mittel mit Erfolg angewendet wurde, und ich empfehle es freimütig meinen Landsleuten zum öffentlichen Besten als ein bewunderungswürdiges Spezifikum gegen alle durch Überfüllung bewirkten Unwohlsein.
Was Gelehrsamkeit, Regierung, Künste, Manufakturen usw. betrifft, so gestand mein Herr, er könne keine Ähnlichkeit zwischen den Yähus seines und unseres Vaterlandes auffinden. Die einzige Ähnlichkeit, die er bemerke, liege in unserer Natur. Er habe zuvor von einigen neugierigen Hauyhnhnms gehört, daß es in vielen Herden einen herrschenden Yähu gäbe (wie in den englischen Parks sich ein Platzhirsch findet), der gewöhnlich häßlicher und boshafter als die übrigen Yähus sei. Dieser Führer nehme gewöhnlich als Günstling denjenigen, der ihm am meisten gleiche; das Geschäft dieses Günstlings bestehe darin, daß er an den Füßen und einem anderen Teil seines Herrn lecke und die weiblichen Yähus in seinen Stall treibe; dafür erhalte er zur Belohnung mitunter ein Stück Eselsfleisch. Dieser Günstling werde von der ganzen Herde gehaßt und bleibe deshalb, um geschützt zu werden, stets in der Nähe seines Herrschers. Er bleibe gewöhnlich in seinem Amte, bis ein Schlimmerer gefunden werden könne; sobald er aber entlassen sei, komme sein Nachfolger an der Spitze aller Yähus in dem Distrikte, junger und alter, männlicher und weiblicher, die sämtlich ihre Exkremente auf ihm entladen. Inwiefern das auf unsere Höfe, Günstlinge und Minister anwendbar sei, müsse ich am besten wissen. Ich wagte nicht, diese boshafte Bemerkung zu beantworten, die den menschlichen Verstand unter den Scharfsinn eines gewöhnlichen Hundes erniedrigte, der Urteil genug besitzt, um das Gebell des geschicktesten Hundes im Rudel zu unterscheiden und zu befolgen, ohne sich jemals hierin zu irren.
Mein Herr sagte dann, es seien noch einige Eigenschaften bei den Yähus auffallend, die ich in meiner Beschreibung des Menschengeschlechts, wie er sehr wohl merkte, übergangen oder nur oberflächlich berührt habe. Die Yähus hätten, wie andere Tiere, ihre Weibchen gemeinschaftlich, sie seien aber darin verschieden, daß die weiblichen Yähus sich sogar während ihrer Trächtigkeit mit männlichen abgäben; die männlichen aber zankten und schlügen sich mit den weiblichen so erbittert wie untereinander. Beide Umstände zeigten aber eine so schändliche Roheit, wie sie bei einem Geschöpfe mit Gefühl nirgends anzutreffen sei.
Auch wundere er sich über die Neigung der Yähus zum Schmutze, da alle anderen Tiere doch eine natürliche Liebe zur Reinlichkeit besäßen. Was die beiden ersten Anklagen betraf, so ging ich gern ohne Antwort darüber hinweg, weil mir kein Wort zu Gebote stand, meine Spezies zu verteidigen, was ich aus eigenem Antrieb nicht unterlassen hätte. Gegen die letzte Beschuldigung jedoch hätte ich das Menschengeschlecht sehr leicht rechtfertigen können, wenn es Schweine im Lande gegeben hätte, was aber unglücklicherweise nicht der Fall war. Dies mag zwar ein sanfteres Tier als der Yähu sein, kann aber, wie ich in aller Bescheidenheit behaupten möchte, auf keine größere Reinlichkeit Anspruch machen. Dies würde Seine Gnaden selbst mir zugestanden haben, hätte sie die schmutzige Nahrungsweise und Gewohnheit dieser Tiere gesehen, sich im Morast zu wälzen und zu schlafen.
Mein Herr erwähnte noch eine andere Eigenschaft, die seine Diener bei mehreren Yähus entdeckt hatten und die ihm durchaus unerklärlich schien. Er sagte, ein Yähu habe oft die Laune, sich in einen Winkel zurückzuziehen, sich auf den Boden zu legen, zu heulen und zu seufzen, alle, die ihm näher kämen, zurückzustoßen, obgleich er jung und fett wäre und weder an Essen noch an Trinken Mangel litte. Auch habe dann sein Bedienter nicht recht begreifen können, was dem Yähu denn eigentlich fehle. Das einzige Mittel, wo durch diesem Übel abgeholfen werde, bestehe darin, daß man den Yähu sehr stark arbeiten lasse. Dann könne er jedesmal wieder zur Besinnung kommen. Hierbei schwieg ich, aus Parteilichkeit für mein Geschlecht; ich konnte darin die Launenhaftigkeit entdecken, der allein die Faulen, Üppigen und Reichen ausgesetzt sind. Würden diese zu derselben Kur gezwungen, so möchte ich mich für die Heilung verbürgen.
Seine Gnaden bemerkte ferner, weibliche Yähus pflegten sich oft hinter einem Hügel oder