ТОП просматриваемых книг сайта:
Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift
Читать онлайн.Название Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten
Год выпуска 0
isbn 9783958555181
Автор произведения Jonathan Swift
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Dies war alles, was mir mein Herr über den Vorgang in der Ratsversammlung damals sagen wollte. Er hatte die Güte, einen Umstand zu verhehlen, der sich auf mich bezog und dessen unheilvolle Wirkung ich bald empfand, wie der Leser am gehörigen Orte erfahren wird und wovon ich alle meine späteren Unglücksfälle herleite.
Die Hauyhnhnms kennen keine Schrift, und deshalb beruht ihr ganzes Wissen auf Tradition. Da jedoch bei einem Volke, wo alle befreundet und von Natur aus zu jeder Tugend geneigt sind, das ferner ausschließlich durch Vernunft regiert wird und keinen Verkehr mit anderen Völkern hat; da sich bei einem solchen Volke nur wenige Ereignisse zutragen können, so wird der historische Teil des Wissens durch das Gedächtnis sehr leicht bewahrt. Ich bemerkte schon, daß die Hauyhnhnms keinen Krankheiten ausgesetzt sind und deshalb keine Ärzte brauchen. Sie haben jedoch ausgezeichnete Arzneimittel, die aus Kräutern bestehen, um zufällige Beulen und Risse im Fußgelenk oder in der Hufgabel, die durch scharfe Steine verursacht werden, sowie auch andere Verletzungen und Lähmungen an den verschiedenen Körperteilen zu heilen.
Das Jahr berechnen sie nach den Umlaufzeiten des Mondes und der Sonne, gebrauchen jedoch keine Unterabteilungen in Wochen. Sie sind mit den Bewegungen dieser beiden lichtgebenden Körper genau bekannt sowie auch mit den Ursachen ihrer Verfinsterungen. Hierauf aber beschränken sich alle ihre Erkenntnisse in der Astronomie.
Man muß zugestehen, daß sie in der Poesie alle übrigen Sterblichen übertreffen; die Richtigkeit ihrer Gleichnisse sowie die Genauigkeit ihrer Beschreibungen sind wirklich unübertrefflich. Ihre Verse haben an diesen beiden Eigenschaften Überfluß und behandeln gewöhnlich erhabene Begriffe von Freundschaft und Wohlwollen oder den Ruhm der Sieger beim Wettrennen oder bei anderen körperlichen Übungen. Ihre Gebäude sind, obgleich roh und einfach und nicht sehr zierlich, doch sehr gut eingerichtet, um vor jeder schädlichen Einwirkung von Kälte und Hitze zu schützen. Sie besitzen einen Baum, der, sobald er vierzig Jahre alt ist, an der Wurzel lose wird und beim ersten Sturme umstürzt. Er wächst ganz gerade in die Höhe und wird mit scharfen Steinen (der Gebrauch des Eisens ist den Hauyhnhnms; unbekannt) wie ein Pfahl zugespitzt; die so vorgerichteten Stämme werden in der Entfernung von zehn Fuß nebeneinander aufgestellt, mit Haferstroh und bisweilen mit Zweigen verflochten. Dach und Tür werden in derselben Art verfertigt.
Die Hauyhnhnms gebrauchen den hohlen Teil ihres Vorderfußes, zwischen dem Hufe und dem Fußgelenk, in derselben Weise wie wir unsere Hände, und zwar mit größerer Geschicklichkeit, als ich zuerst glauben konnte. Ich habe gesehen, wie eine weiße Stute aus unserer Familie mit diesem Gelenke eine Nadel einfädelte, die ich ihr zu dem Zwecke geliehen hatte. Auf dieselbe Weise melken sie ihre Kühe, ernten sie ihren Hafer und verrichten jede Arbeit, die eine Hand erfordert. Sie haben ferner eine Art Feuerstein, den sie durch Schleifen an anderen Steinen zu Instrumenten herrichten, deren sie sich als Keile, Äxte und Hämmer bedienen. Mit Werkzeugen aus diesen Feuersteinen schneiden sie auch das Heu und den Hafer ab, der auf ihren Feldern wächst; dann ziehen Yähus die Garben auf Wagen nach Hause, und die Diener treten in geeigneten Hütten so lange darauf, bis das Korn herausgedroschen ist, das dann aufbewahrt wird. Sie verfertigen ferner eine rohe Art hölzerner und irdener Gefäße und trocknen letztere an der Sonne.
Wenn die Hauyhnhnms zufällige Unglücksfälle vermeiden können, so sterben sie nur im höchsten Alter und werden dann an den dunkelsten Orten, die man finden kann, begraben, wobei Freunde und Verwandte weder Kummer noch Freude zeigen. Auch äußert die sterbende Person nicht den geringsten Schmerz, daß sie die Welt verlassen muß, sondern zeigt eine Stimmung, als kehre sie von einem Besuche bei Nachbarn nach Hause zurück. Ich erinnere mich, daß mein Herr mit einem Freunde und dessen Familie einst die Verabredung getroffen hatte, in seinem Hause eine wichtige Angelegenheit zu besprechen. An dem festgesetzten Tage kam die Gemahlin des Freundes mit ihren zwei Kindern, jedoch sehr spät. Sie brachte zwei Entschuldigungen vor. Die erste betraf ihren Mann, der, wie sie sagte, den Morgen gerade Shnuwnh wäre; dieses Wort ist sehr ausdrucksvoll in der Sprache und läßt sich nicht leicht ins Englische übersetzen. Es bedeutet: sich zu seiner ersten Mutter zurückzuziehen. Die zweite Entschuldigung, weil sie nicht früher kam, betraf sie selbst. Als ihr Mann spät am Morgen gestorben sei, habe sie sich mit ihren Bedienten beraten, an welchem passenden Platz der Leichnam wohl beerdigt werden könne. Ich bemerkte, daß sie sich in unserem Hause so heiter benahm wie die übrigen, sie starb ungefähr drei Monate nachher.
Die Hauyhnhnms leben gewöhnlich bis zum siebzigsten oder fünfundsiebzigsten, selten bis zum achtzigsten Lebensjahre. Einige Wochen vor ihrem Tode fühlen sie eine allmähliche Abnahme ihrer Kräfte, jedoch ohne Schmerz zu empfinden. Während dieser Zeit werden sie häufig von ihren Freunden besucht, weil sie nicht mehr mit der gewöhnlichen Bequemlichkeit und Heiterkeit ausgehen können. Zehn Tage vor ihrem Tode, dessen Augenblick sie mit ziemlicher Sicherheit vorhersagen können, erwidern sie die Besuche den nächsten Nachbarn, indem sie von Yähus in einem bequemen Sessel getragen werden. Diese Sessel gebrauchen sie nicht allein bei dieser Gelegenheit, sondern überhaupt, wenn sie alt werden oder auf großen Reisen oder wenn sie durch Zufall gelähmt sind. Die sterbenden Hauyhnhnms, die diesen Besuch abstatten, nehmen feierlichen Abschied von ihren Freunden, als ob sie sich in einen entfernten Teil des Landes begäben, wo sie die letzte Zeit ihres Lebens zubringen wollten.
Ich weiß nicht, ob es der Mühe wert ist, hier noch zu bemerken, daß es kein Wort in ihrer Sprache für den Begriff »böse« gibt, mit Ausnahme einiger Ausdrücke, die von der Häßlichkeit oder den schlechten Eigenschaften der Yähus hergenommen sind. So bezeichnen sie die Dummheit eines Bedienten, die Unart eines Kindes, einen Stein, der ihren Fuß ritzt, lange Dauer des schlechten Wetters und ähnliche Dinge durch die Hinzufügung des Beiwortes Yähu. Zum Beispiel hhnm Yähu, whnaholm Yähu, ylnhmndwihlma Yähu; ein schlechtgebautes Haus heißt ynholmhnmrohlnw Yähu.
Ich würde mit großem Vergnügen die Sitten und Tugenden dieses ausgezeichneten Volkes noch ausführlicher beschreiben, habe jedoch die Absicht, in kurzer Zeit ein besonderes Buch über diesen Gegenstand herauszugeben, und muß den Leser deshalb hierauf verweisen. Mittlerweile will ich hier meine traurige Katastrophe erzählen.
Конец