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und warm mit Milch aß. Anfänglich schien mir dies eine sehr unschmackhafte Speise, obgleich sie in vielen Teilen Europas üblich ist; sie wurde mir aber mit der Zeit erträglich, und da ich schon oft in meinem früheren Leben zu magerer Kost genötigt war, so bemerkte ich hier nicht zum erstenmal, wie leicht man die Natur befriedigen kann. Auch muß ich erwähnen, daß ich mich nie auch nur eine Stunde lang unwohl befunden habe, solange ich auf der Insel blieb. Allerdings bemühte ich mich, Kaninchen oder Vögel mit Schlingen aus Yähuhaar zu fangen; oft auch sammelte ich gesunde Kräuter, die ich kochte oder als Salat zum Brote aß. Bisweilen machte ich mir ein wenig Butter und trank die Molken; auch war mir der Mangel an Salz sehr empfindlich, allein die Gewohnheit söhnte mich bald mit dieser Entbehrung aus. Ich habe jetzt die Überzeugung, der häufige Gebrauch von Salz sei bei uns eine Folge des Luxus und sei zuerst als ein Reizmittel zum Trinken eingeführt worden, mit Ausnahme des Falles, wenn es dazu dient, das Fleisch auf langen Reisen oder in den Orten, die von großen Märkten entfernt liegen, vor Fäulnis zu bewahren. Wir wissen ja, daß kein Tier, außer dem Menschen, das Salz liebt, und was mich betrifft, so hat es mich viel Mühe gekostet, den Geschmack des Salzes in irgendeiner Speise zu ertragen, nachdem ich das Land der Hauyhnhnms verlassen hatte.

      Dies genüge, um meine Lebensart in bezug auf das Essen darzustellen, womit andere Reisende ihre Bücher füllen, als sei den Lesern daran gelegen, ob wir gut oder schlecht essen. Es war jedoch notwendig, den Gegenstand zu erwähnen, sonst würde die Welt es für unmöglich halten, daß ich drei Jahre lang in solch einem Lande und unter solchen Einwohnern meine Nahrung fand.

      Gegen Abend befahl das Herr-Pferd, mir einen Raum zur Wohnung einzurichten. Dieser war nur sechs Ellen vom Hause entfernt und von dem Stall der Yähus getrennt. Hier bekam ich etwas Stroh; ich deckte mich mit meinen Kleidern zu und hatte einen gesunden Schlaf. In kurzer Zeit hatte ich mich auch besser an meine Lage gewöhnt, wie der Leser später erfahren wird, wenn ich über meine Lebensart eingehender sprechen werde.

      Drittes Kapitel

      Der Verfasser versucht die Sprache der Hauyhnhnms zu erlernen; sein Herr ist ihm dabei behilflich. Beschreibung der Sprache. Mehrere Hauyhnhnms von Stande kommen aus Neugier, den Verfasser zu sehen. Er gibt seinem Herrn einen kurzen Bericht von seiner Reise.

      Meine hauptsächlichste Bemühung war die Erlernung der Sprache, worin mich mein Herr (von nun an werde ich ihn so nennen), dessen Kinder und das Gesinde des Hauses unterrichteten. Sie betrachteten es nämlich als ein Wunder, daß ein vernünftiges Tier so viel Spuren eines vernünftigen Geschöpfes offenbare. Ich zeigte auf jedes Ding, fragte nach dem Namen, zeichnete diesen in meinem Tagebuche auf, wenn ich allein war, und verbesserte dadurch meine Aussprache, daß ich die Mitglieder der Familie ersuchte, mir öfter die Worte vorzusprechen. Bei dieser Beschäftigung war mir der fuchsrote Klepper, einer der untern Bedienten, im höchsten Grade nützlich.

      Die Hauyhnhnms sprechen hauptsächlich durch die Nase und Kehle. Ihre Sprache kommt von allen europäischen, die ich kenne, dem Hochdeutschen am nächsten, sie ist aber bei weitem zierlicher und ausdrucksvoller. Kaiser Karl V. machte dieselbe Bemerkung, indem er sagte, wenn er je zu einem Pferde spreche, so geschehe dies auf hochdeutsch.

      Die Neugier und Ungeduld meines Herrn war so groß, daß er oft seine Mußestunden damit zubrachte, mich zu unterrichten. Er war überzeugt (wie er mir nachher sagte), ich sei ein Yähu; indes meine Gelehrigkeit, Höflichkeit und Reinlichkeit setzten ihn in Erstaunen; jene Eigenschaften waren nämlich denen der Yähus durchaus entgegengesetzt. Er war sehr im Zweifel in bezug auf meine Kleider und dachte öfter bei sich, sie müßten ein Teil meines Leibes sein; ich legte sie nämlich nie ab, als bis die Familie eingeschlafen war, und zog sie wieder an, bevor des Morgens jemand eintrat. Mein Herr war begierig, zu erfahren, woher ich käme, wie ich mir diesen Anschein der Vernunft erworben habe, die ich in allen meinen Handlungen zeige; ferner wünschte er auch meine Geschichte aus meinem eigenen Munde zu hören; er hoffte, ich würde bei den großen Fortschritten, die ich in Erlernung der Worte und Sätze mache, bald imstande sein, ihm diese zu erzählen. Um mein Gedächtnis zu unterstützen, schrieb ich alles, was ich erlernt hatte, in englischen Buchstaben nieder und fügte bei den Worten die Übersetzung hinzu. Es kostete viel Mühe, ihm auseinanderzusetzen, was ich vorhabe, denn die Hauyhnhnms haben nicht den geringsten Begriff von Büchern und Literatur.

      Nach ungefähr zehn Wochen war ich imstande, die meisten seiner Fragen zu verstehen; nach drei Monaten konnte ich ihm erträgliche Antworten geben. Er war außerordentlich neugierig, zu erfahren, aus welchem Teile des Landes ich gekommen sei und wie ich gelernt habe, vernünftige Geschöpfe nachzuahmen, weil die Yähus (denen ich in Gesicht, Kopf und Händen gleiche, den allein sichtbaren Teilen) die ungelehrigsten aller Tiere seien, obgleich sie einen deutlichen Eindruck von Verschlagenheit machten und die stärkste Neigung zur Bosheit zeigten. Ich erwiderte, ich sei über die See von einem sehr entfernten Platze mit vielen anderen meines Geschlechts in einem großen hohlen Gefäße, aus dem Holze der Bäume verfertigt, hergekommen. Meine Gefährten hätten mich gezwungen, auf dieser Küste zu landen, und mich dann verlassen, damit ich für mich selbst sorgen möge. Nur mit Schwierigkeit und durch viele Zeichen brachte ich ihn dahin, daß er mich verstand. Er antwortete: Ich müsse mich notwendig irren oder habe Dinge gesagt, die nicht existierten. (Die Hauyhnhnms haben in ihrer Sprache kein Wort, das Lüge oder Unwahrheit ausdrückt.) Er wisse, es sei unmöglich, daß sich noch ein Land jenseits des Meeres befinde und daß ein Haufen Tiere ein hölzernes Gefäß nach Belieben auf dem Wasser leiten könnte. Er wisse ferner, ein Hauyhnhnm könne solch ein Gefäß nicht verfertigen und würde dessen Leitung den Yähus auch niemals anvertrauen.

      Das Wort Hauyhnhnm bedeutete in der Landessprache das Pferd und in seiner Etymologie die Vollkommenheit der Natur. Ich sagte meinem Herrn: Jetzt sei ich noch in Verlegenheit wegen der Ausdrücke; ich würde diesem Mangel jedoch so schnell wie möglich abhelfen und hoffe, in kurzer Zeit imstande zu sein, ihm wunderbare Dinge zu sagen. Er hatte die Güte, seiner eigenen Stute, seinen beiden Füllen und den Bedienten der Familie Befehl zu erteilen, jede Gelegenheit zu meinem Unterricht zu benützen. Jeden Tag gab er sich zwei oder drei Stunden lang selbst die Mühe. Mehrere Hengste und Stuten von Stande aus der Nachbarschaft kamen oft in unser Haus, nachdem das Gerücht von einem wunderbaren Yähu verbreitet war, der wie ein Hauyhnhnm sprechen könne und in allen Handlungen einige Funken von Vernunft offenbare. Diese fanden Vergnügen daran, sich mit mir zu unterhalten; sie legten mir mehrere Fragen vor und erhielten Antworten, wie ich sie geben konnte. Durch alle diese Unterstützungen machte ich so bedeutende Fortschritte, daß ich in fünf Monaten nach meiner Ankunft alles verstand, was mir gesagt wurde, und daß ich mich ziemlich deutlich ausdrücken konnte.

      Die Hauyhnhnms, die meinen Herrn besuchten, um mich zu sehen und mit mir zu sprechen, konnten kaum glauben, ich sei ein wirklicher Yähu, weil mein Körper eine andere Bedeckung habe als die der übrigen dieses Geschlechts. Sie staunten, mich ohne Haar und Haut, mit Ausnahme meines Kopfes und meiner Hände, zu sehen, allein ich hatte dies Geheimnis meinem Herrn nach einem Ereignis entdeckt, das ungefähr vierzehn Tage vorher vorgefallen war.

      Ich habe dem Leser schon erzählt, daß es meine Gewohnheit war, mich jede Nacht auszuziehen und mit meinen Kleidern zuzudecken, sobald die Familie zu Bett gegangen war.

      Einst geschah es, daß mein Herr mich eines Morgens früh durch den fuchsroten Klepper, der sein Bedienter war, holen ließ. Als der kam, war ich noch tief im Schlafe, meine Kleider waren an einer Seite heruntergefallen und mein Hemd über dem Leibe hochgerutscht. Ich erwachte bei dem Geräusch, das er machte, und bemerkte, daß er sich seiner Botschaft mit einiger Verlegenheit entledigte; hierauf ging er zu meinem Herrn und gab diesem nach einigem Schrecken einen verwirrten Bericht von dem, was er gesehen hatte. Dies bemerkte ich sogleich; als ich nämlich angekleidet war und Seiner Gnaden meine Aufwartung gemacht hatte, fragte mein Herr mich nach der Bedeutung des Berichts, den ihm der Diener gegeben habe; ich sei nämlich im Schlafe nicht dasselbe Geschöpf, das ich zu anderen Zeiten zu sein scheine; sein Diener habe ihm die Versicherung gegeben, ein Teil von mir sei weiß, ein anderer gelb oder wenigstens nicht so weiß, und einige andere Teile sogar von brauner Farbe.

      Bis dahin hatte ich das Geheimnis meiner Kleidung verhohlen, um mich soviel wie möglich von jenem verfluchten Geschlecht der Yähus zu unterscheiden; jetzt aber fand ich, daß mir dies nicht länger

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