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der Worte nicht.

      „Ach so, da hast du natürlich recht. Aber du bist heute wirklich nicht ganz bei der Sache."

      „Mir geht ein Gespräch nicht aus dem Kopf, das ich letzte Woche mit dem anglikanischen Militärgeistlichen in Hammelburg geführt habe. Father Clark hat mir da einige Dinge gesagt, die ich erst einmal verdauen musste."

      „Zum Beispiel?" Hans war gespannt.

      „Nun, er hat mir unmissverständlich erklärt, dass, selbst wenn das Attentat und der Putsch gelungen wäre, das nichts an der Forderung der Alliierten geändert hätte, dass nur eine bedingungslose Kapitulation Deutschlands den Krieg beenden könne."

      „Das würde ja wieder auf eine totale Demütigung des Deutschen Reiches hinauslaufen, so wie 1918. Du weißt, wie wir den Waffenstillstand und den Vertrag von Versailles verurteilt haben. Vor allen Dingen, dass Deutschland die alleinige Kriegsschuld aufgebürdet wurde, war eine schreiende Ungerechtigkeit. Dieser Versailler Vertrag hatte ja auch dafür gesorgt, dass Hitler einen so großen Zulauf hatte."

      „Das stimmt, wenigstens zum Teil. Aber diesen Krieg hat nun einmal Deutschland angezettelt. Da gibt es keine Ausreden. Und was wir im Laufe dieses Krieges in den besetzten Gebieten, vor allen Dingen im Osten so alles angestellt haben, das kann man ja auch nicht in Abrede stellen. Nein, einen ehrenvollen Frieden können wir vergessen. So wie es aussieht werden noch weitere deutsche Städte in Schutt und Asche gebombt werden und Zigtausende Menschen sterben. Und es ist alles so gekommen, wie es dieser verrückter Hassardeur in seinem Buch geschrieben hat."

      „Du hast "Mein Kampf" gelesen?"

      „Von A-Z. Auch wenn es mir schwergefallen ist, die Hirngespinste und Monologe mir zu Gemüte zu führen."

      „Aber hast du nicht auch den Nationalsozialisten deine Stimme gegeben Also ich muss gestehen, dass ich sie gewählt habe und in die Partei eingetreten bin, weil ich der Meinung war, dass nun ein frischer Wind durch Deutschland weht. Die anfänglichen Auswüchse würden sich schon mit der Zeit legen. Dachte ich. Und sei ehrlich, es ging ja auch wieder vorwärts. Die Arbeitslosenzahlen gingen zurück und die Olympischen Spiele 1936 hatten Deutschland doch wieder internationale Anerkennung gebracht."

      „Da hast du recht. Doch ab 1938 zeigte das Regime immer mehr sein wahres Gesicht. Die Juden wurden immer mehr ausgegrenzt und verfolgt. Und der Überfall auf Polen war der Anfang vom Ende." Hans Geiger lächelte verstohlen. Jetzt waren sie beide wieder in eine hitzige Diskussion verstrickt. Vergessen war das Königliche Spiel. Im Grunde genommen war sie sich ja einig. Beide waren sie schon lange der Überzeugung, dass das Regime verbrecherisch und korrupt war. Dass man mit kaltem Zynismus Millionen Menschen opferte, um einer Idee des Rassen- und Größenwahns zum Sieg zu verhelfen.

      „Aber ich muss auch gestehen, dass ich kurze Zeit der Meinung war, dass nach dem Sieg gegen Frankreich, Frieden einkehren könnte und dass die Engländer klein beigeben würden."

      „Da kennst du die Engländer schlecht. Ich war ja lange genug in England, um ein bisschen zu verstehen, wie das Inselvolk denkt. Und das war der nächste große Fehler Hitlers, zu denken, dass er Franzosen und Engländer auseinanderdividieren kann. Und der Überfall auf die Sowjetunion war sowieso an Größenwahnsinn nicht zu überbieten. Ich sage die eines Hans, wenn die Franzosen und die Engländer 1939 nicht brav an der deutschen Grenze verharrt hätten und das Reich angegriffen hätten, wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Hitler hat am Anfang großes Glück gehabt, dass er sein Spiel so spielen konnte. Er ist bei weitem nicht der große Feldherr, als der er immer hingestellt wird. Und wie es scheint, ist sein Glück aufgebraucht. Ich sage dir noch etwas. Er ist ein Verrückter oder ein Verbrecher oder beides."

      Hans schaute sich automatisch um, ob nicht doch irgendjemand in der Nähe war, der diese Worte vernahm. Denn das was sein Freund, da von sich gab, war Hochverrat.

      „Du hast ja recht. Aber lass das ja niemanden hören. Sonst bis du schneller im KZ, als du denkst." „Keine Sorge ich pass schon auf. Und zum Helden tauge ich auch nicht unbedingt. Aber findest du nicht, dass hier im Keller eine verdammt trockene Luft ist?"

      Hans hatte verstanden. Er holte eine frische Flasche und entkorkte sie. Nachdem er die Gläser gefüllt hatte, prosteten sich die beiden Freunde zu. Für einen Moment herrschte Schweigen zwischen den beiden.

      Hans räusperte sich und dann stellte er die Frage, die ihn schon lange bewegte.

      „Ehrlich Franz glaubst du noch an den Endsieg? Du bist ja durch deine Tätigkeit bedingt, näher am Militär als ich. Wie schätzen die Soldaten die Lage ein?"

      „Um deine Frage zu beantworten, muss ich nicht lange nachdenken. Nein, ich glaube nicht mehr an den Endsieg. Auch die neuen „Wunderwaffen", von denen jetzt immer mehr die Rede ist, werden daran nichts ändern. Sie kommen zu spät. Was den zweiten Teil deiner Frage angeht. Niemand von den Offizieren, die ich kenne, lässt sich in die Karten sehen und äußert seine Meinung offen. Schon gar nicht gegenüber einem Feldwebel, wie ich einer bin. Diese Herren sind durch die Bank alles Ja-Sager und Opportunisten. Darauf bedacht, nicht aufzufallen und irgendwie durchzukommen. Es sei denn, es sind überzeugte Nazis. Die glauben allerdings noch an das militärische Genie des Führers und natürlich die jungen Leute, die hat man ja entsprechend erzogen.

      „Und was können wir tun?" Ich fürchte, nicht viel. Vielleicht versuchen, einen letzten Funken Anstand zu bewahren. Aber selbst das ist wahrscheinlich noch zu gefährlich. Denn mit zunehmender Wahrscheinlichkeit einer Niederlage wird der Terror noch größer werden. Also kann jeder nur versuchen, sich selbst und seine Angehörigen vor dem Schlimmsten zu bewahren. Die wenigsten fühlen sich zu höheren Taten berufen." „Da sagst du was Wahres. Aber manchmal schäme ich mich dafür, dass man dasitzt, die Hände im Schoß und meint, nur weil man seine Arbeiter nicht wie den letzten Dreck behandelt, schon ein guter Mensch zu sein. Der Schehl war übrigens heute Morgen hier und hat ein neues Merkblatt vorbeigebracht. Darin steht, wie man seine Fremdarbeiter zu behandeln hat. Eigentlich hätte ich ihm den Wisch um die Ohren hauen sollen. Wo ist nur unsere Zivilcourage geblieben?"

      „Die ist auf dem Misthaufen der Deutschen Geschichte gelandet. Aber Kopf hoch, mein Freund. Vielleicht brauchst du sie ja noch, deine Zivilcourage. Wenn die Zeit dafür reif ist. Was ist, spielen wir jetzt weiter?"

      „Meinetwegen, wenn deine Konzentration jetzt wieder vorhanden ist und ich nicht den Eindruck haben muss, dass du mich gewinnen lässt."

      Das Zimmer, das Rene Macron bewohnte, befand sich im gleichen Nebengebäude, in dem Birgit und Werner Schmadtke ihr Quartier hatten. Es blieb nicht aus, dass man sich gelegentlich über den Weg lief. Doch außer einigen belanglosen Worten hatte man sich nichts zu sagen. Bisher jedenfalls nicht. Denn Birgit hatte beschlossen, den jungen, charmanten Elsässer etwas näher kennen zu lernen. Wie nahe, darüber war sie sich noch nicht im Klaren. Aber das konnte sie auf sich zukommen lassen. Wichtig war nur, dass man im Zweifelsfall, Rene die Schuld geben konnte. Freilich, so langer Werner noch in unmittelbarer Nähe war, musste sie aufpassen. Außerdem wollte sie den Jungen nicht in Gewissenskonflikte bringen. Ihr Sohn war nun mal ein Idealist, der an den Führer glaubte. Aber er würde ja nicht ewig zu Hause bleiben. So, wie es sich abzeichnete würden er und seine Kameraden bald wieder ihre Ausbildung an der Flak aufnehmen oder gar abkommandiert werden. Was war nur aus ihr geworden? Wünschte sie sich jetzt schon, dass ihr Sohn sich in Gefahr begeben musste, nur dass seine Mutter eine Affäre beginnen konnte. Sie schalt sich eine Närrin. Werner würde so oder so abkommandiert oder eingezogen werden. Hatte sie nicht auch das Recht auf ein bisschen Zuneigung? Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als das Objekt ihrer Begierde ihr im Flur entgegenkam. Eine leichte Röte überzog ihr Gesicht. Sie kramte die Reste ihres französischen Vokabulars aus dem Schulunterricht zusammen. Doch außer Bon Jour fiel ihr nichts ein.

      „Bon Jour Monsieur Rene. Wie geht es ihnen?"

      „Bon jour Madame. Gut geht es mir. Und darf ich fragen, wie es Ihnen geht.?" „Wie soll es einer einsamen Frau schon gehen, deren einzige Sorge es ist, dass ihr der Sohn erhalten bleibt nachdem sich der Vater nicht blicken lässt."

      Birgit warf Rene einen Blick zu, der ihre ganze Verzweiflung zum Ausdruck bringen sollte. Rene war

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