Скачать книгу

      In der Todeszone lauerten sie und warteten auf einen Superman. Und es gab welche, die sicher waren, sie hätten einen gefunden ... während andere vermuteten, dass er stattdessen sie gefunden hatte. Und das hatte er.

      Kapitel 1: Waffenschau

      Das Blutbad in Colorado brach in der Abenddämmerung aus, am Osthang der Rocky Mountains zwischen Golden und Boulder.

      Wenige Minuten zuvor hatte Bolan die Staatsstraße verlassen, um langsam durch Golden zu fahren, vorbei an der School of Mines, und dann auf das zweispurige Asphaltband, das die beiden Universitätsstädte verbindet.

      Dieses Manöver war schlicht seine Einladung zum Gefecht.

       *

      Sie waren ihm den ganzen Weg von Denver aus hinterhergefahren, mit einigem Abstand, nur auf eine Gelegenheit wartend, näher zu kommen und zuzuschlagen. Das acht Meter lange GMC-Wohnmobil war kein schwer zu verfolgendes Ziel, und Bolan machte sich keine Illusionen darüber, die Verfolger abschütteln zu können – und das wollte er auch gar nicht.

      Leo Turrins besorgte Warnung tauchte kurz in seinen Gedanken auf, als er die Außenbezirke von Golden hinter sich ließ: "Ist eine super weiche Operation da draußen, Sarge. Alles, was ich krieg, sind Gerüchte, keine harten Informationen, null. Wenn du fährst, dann pass um Himmels willen gut auf deinen Arsch auf."

      Aber nein, der Mann mit Blut an seinen Händen wollte die Verfolger gar nicht loswerden. Er hatte sich im Gegenteil sogar besondere Mühe gegeben, seine Anwesenheit inmitten dieser "super weichen" Operation kundzutun. Zehn geduldige Tage ruhigen Sondierens hatten Leos "Gerüchten" nichts von Bedeutung hinzugefügt, also hatte Bolan die einzige verfügbare Option genutzt.

      Er hatte ihnen erlaubt, ihn zu sehen.

      Eine kein bisschen verdeckte Recherche entlang Denvers "Amüsiermeile", der Colfax Avenue – ein paar indiskrete Fragen hier und da – und bingo, wie erwartet schnüffelten die Höllenhunde behutsam hinter ihm her.

      Na also. Das war es, was er wollte. Und er hatte sie absichtlich aus den bebauten Gebieten von Denver heraus gelockt, in eine Gegend, die sich für Kämpfe eignete. Nicht, dass Bolan einfach nur auf ein Gefecht mit diesem kilometerlangen Arm des Mobs aus war; er suchte immer noch nach einer Möglichkeit, das Ganze "super weich" aufzulösen.

      *

      Gerade jetzt begann er allerdings. die Klugheit dieser Strategie zu bezweifeln. Es war ein diskreter Verfolger-Konvoi gewesen, bis nach Golden. Dann war plötzlich alle Diskretion flöten gegangen. Die Funksuche des Kriegermobils hatte eine Militärfrequenz im VHF-Spektrum gefunden, und die Lautsprecheranlage knatterte ständig mit einer Flut von dringenden Anweisungen, die von irgendeinem zentralen "Kommando" kamen und den Einsatz von "Killern" betrafen.

       "Killer Fünf vom Kommando, übernehmen Sie Delta Eins."

       "Roger, Kommando, Killer Fünf übernimmt Delta Eins."

       "Killer Zwo, gib mir einen kurzen Funk-Check! ”

       "Befehl von Scout Eins! Bandit fliegt auf der Neun-Drei nach Norden! ”

       "Roger, Scout Eins! Alle Killer, Alarmstufe Rot! Scout Eins nähert sich auf der Neun-Drei von Point Delta nach Norden! ”

      Da war es also.

      "Neun-Drei" war die zweispurige Asphaltstraße, die nördlich von Golden verlief.

      "Point Delta" musste Golden sein.

      *

      Bolan erkannte die Spielaufstellung wieder. Jemand mit militärischem Erfahrung leitete diese "Verfolgen und Töten"-Mission. Für einen langen, scheußlichen Moment musste Bolan das Unvorstellbare in Betracht ziehen: Könnte das hier tatsächlich eine militärische Operation sein? Könnte die US-Armee hier draußen Jagd auf Mack Bolan machen, um ihn zu töten? Die Antwort kam schnell und positiv: Natürlich könnte es sein! Bolan war immerhin einer von ihnen, der offiziell als Deserteur geführt wurde. Aber es war einfach nicht logisch. Nein, diese "Spähfahrzeuge" waren Mannschaftswagen der Mafia – und ihre Besatzung bestand aus Straßensoldaten, im Mob-Jargon: Torpedos – und nicht aus Soldaten der US-Armee.

      Es war jedoch von entscheidender Bedeutung, dass Bolan wusste, wer der Feind war. Er ließ sich nicht auf militärische Auseinandersetzungen mit Soldaten der selben Seite ein – ganz gleich, wie ihr Auftrag lauten mochte. Wieder einmal war et dankbar für die ins Kriegermobil eingebauten "Spezialsysteme". Er aktivierte die optischen Scanner und legte die Anzeige auf die vordere Konsole, wobei er sofort eine verschwommene Ansicht des Fahrzeugs hinter ihm erhielt. Eine schnelle Eingabe auf der Tastatur brachte ein schärferes und etwas gleichmäßigeres Bild. Die Anzeige des Entfernungsmessers zeigte 400 Meter – etwa eine Viertelmeile – an, und ja, es war das Fahrzeug, das er in West Colfax fotografiert hatte, ein großes, glänzend schwarzes Auto aus Detroit, voll besetzt, gepanzert – ganz klar ein Mannschaftswagen.

      Seine eigene Geschwindigkeit hatte sich auf etwa 50 Stundenkilometer verlangsamt, während er seine Aufmerksamkeit aufteilte, um allen Anforderungen des Augenblicks gerecht zu werden – Navigation, Überwachung der Verfolger, taktische Einschätzung der Situation. Das nachfolgende Fahrzeug hatte entsprechend abgebremst und den Abstand beibehalten. Er zoomte es mit Hilfe der optischen Instrumente, die das Weltraumzeitalter inzwischen zu bieten hatte, näher heran, bis die Windschutzscheibe der schweren Limousine den ganzen Bildschirm seiner Konsole ausfüllte. Dann tippte er den Befehl für das Zuschalten von Infrarot ein. Der Screen nahm einen seltsam rötlichen Schimmer an, während der Innenraum des Fahrzeugs 400 Meter hinter ihm mit der für das Auge nicht wahrnehmbaren Lichtfrequenz ausgeleuchtet wurde und so bisher Verborgenes enthüllten.

      Sie ermöglichte ihm eine positive Identifikation, die seine unterschwelligen Zweifel beruhigen konnten: In der Großraum-Limousine befanden sich sechs finster dreinschauende Kerle, zwei in jeder Sitzreihe. Schwere Waffen, offen getragen. Und der Typ neben dem Fahrer war ein gewisser Jingo Morelli, ein Mafia-Gangster aus Cleveland.

      Bolan schaltete die Überwachungssysteme ab, wandte sich dem Navigationsgerät zu und rief die Anzeige für das Gebiet auf, das er gerade durchquerte.

      Der Karte nach befand sich der Vollstrecker in einer verdammt einsamen Gegend. Spärlich besiedeltes, zerklüftetes Gelände, verdammt wenige Ausfahrten. Was den gegenwärtigen Verkehr auf der Route 93 betraf – es gab keinen. Die Route 72 kreuzte sie etwa auf halbem Weg nach Boulder und führte in Richtung der höher gelegenen Landesteile. Aber Bolan wettete darauf, dass mindestens zwei der "Killer" an eben dieser Kreuzung standen und nur auf eine Chance zum Blattschuss warteten.

      Jetzt war es offensichtlich. Sie hatten ihn ausgetrickst. Das war keine übereilte Reaktion auf einen Bolan-Kontakt. Diese Jungs hatten mit den Kontakt gerechnet – sie hatten ihn erwartet, gewollt, vorbereitet. Bolan wusste natürlich schon lange, dass er eines Tages einen dieser Stolperdrähte auslösen würde. Mit dem Fortschreiten der Zeit und dem zunehmenden Kriegsdruck war die Unvermeidbarkeit dieses Moments immer wahrscheinlicher geworden. Er hatte bereits vor einiger Zeit begonnen, bei jeder Feindberührung eine mögliche Falle zu wittern – einen Strudel, der ihn beim ersten beiläufigen Kontakt ergreifen und in die Tiefen der Hölle hinabziehen würde.

      Na schön. Jetzt war's wohl so weit.

      Ganz Colorado war eine Todeszone. Das war die einzig logische Antwort auf die "super weichen" Hochlandmanöver. Hier hatten sie ihr Spinnennetz gewoben, wahrscheinlich mit Fäden, die praktisch überall hinreichten. Dann waren per Buschtelegraf Gerüchte gestreut worden, Gerüchte, die die Zuträger des Vollstreckers erreichen sollten – ein leises Flüstern, das nur dazu diente, die Neugierde eines Mafia-Bekämpfers zu wecken – und dann hatten sie sich zurückgelehnt und auf ihn gewartet.

      Okay.

      Diese Erkenntnis erleichterte ihn beinahe.

      Wie das Ende einer langen Dschungelnacht, vor dem Einsatz im Morgengrauen, wenn der Kampf selbst zu einer willkommenen

Скачать книгу