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um uns herum: Fernsehen, Spielfilme, Nachrichten, Songtexte, Zeitschriften, Lehrbücher, Schulen, Religion, Literatur, Erzählungen, Witze, Traditionen, Sitten, Geschichte und so weiter. Diese Dimensionen unserer Kultur prägen unsere Gruppenidentität.

      Unser Selbstverständnis basiert zwangsläufig auf unseren Vergleichen mit anderen. Der Schönheitsbegriff ist ohne Vorstellung vom Hässlichen ebenso bedeutungslos wie Klugheit ohne ihr Gegenteil, die Dummheit, und wenn ich glaube, meine Privilegien verdient zu haben, muss ich unterstellen, dass andere sie offenbar nicht verdient haben. Wir erfahren, wer wir sind, indem wir begreifen, wer wir nicht sind. Aber weil in unserer Gesellschaft ausschließlich die Individualität betont wird, sind viele von uns nicht darin geübt, über unsere Gruppenzugehörigkeiten nachzudenken. Wenn wir heute die Beziehungen zwischen den »Rassen« verstehen wollen, müssen wir gegen unsere Konditionierung handeln und uns damit auseinandersetzen, wie und warum die Gruppenzugehörigkeit zu einer »Rasse« eine Rolle spielt.

      Die Auseinandersetzung mit Gruppenidentität stellt nicht nur unser Selbstverständnis als Individuen infrage, sondern auch unseren Glauben an die Objektivität. Wenn Gruppenzugehörigkeit relevant ist, sehen wir die Welt nicht aus einem universell menschlichen Blickwinkel, sondern nur aus der Sicht einer bestimmten Art von Mensch. So werden beide Ideologien entlarvt. Für viele Weiße ist es besonders problematisch, über unsere Deutungsrahmen in Bezug auf »Rassen« nachzudenken, weil wir gelernt haben, dass ein Rassenstandpunkt Voreingenommenheit bedeutet. Leider schützt diese Überzeugung unsere Voreingenommenheit, denn indem wir sie leugnen, gewährleisten wir, dass wir sie nicht analysieren oder verändern. Es ist wichtig, das im Kopf zu behalten, wenn wir über unsere Rassensozialisation nachdenken, denn es besteht ein großer Unterschied zwischen dem, was wir unseren Kindern erzählen, und den zahllosen nonverbalen Formen, mit denen wir ihnen die Rassennormen unserer Kultur beibringen.

      Bei vielen weißen Menschen wird allein schon der Titel dieses Buches auf Widerstand stoßen, weil ich damit gegen eine Grundregel des Individualismus verstoße: Ich verallgemeinere. Ich tue so, als könnte ich etwas über eine Person wissen, nur weil sie weiß ist. Vielleicht überlegen Sie gerade, wie sehr Sie sich von anderen Weißen unterscheiden, und wenn ich nur mehr über Sie wüsste – in welchem Viertel Sie aufgewachsen sind, welche Kämpfe Sie ausgestanden und welche Erfahrungen Sie gemacht haben –, dann wüsste ich, dass Sie anders sind, dass Sie kein Rassist sind. Diesen verbreiteten Reflex habe ich in meiner Arbeit unzählige Male erlebt.

      Kürzlich hielt ich einen Vortrag vor etwa zweihundert Beschäftigten einer Firma, in der lediglich fünf Menschen of Color arbeiteten, und davon waren nur zwei Afroamerikaner. Immer wieder betonte ich, wie wichtig es sei, dass Weiße in Rassenfragen Demut zeigen und sich nicht von der unausweichlichen Dynamik des Rassismus ausnehmen. Als ich meinen Vortrag beendet hatte, erhoben sich sofort weiße Zuhörer, vorgeblich, um mir Fragen zu stellen, oft jedoch nur, um mir ihre Ansichten zum Thema »Rasse« mitzuteilen, die sie natürlich auch schon vor meinem Vortrag gehabt hatten. Als Erstes erklärte ein weißer Mann, er sei Amerikaner italienischer Abstammung und früher hätten auch Italiener als Schwarze gegolten und seien diskriminiert worden, ob ich denn nicht glaube, dass weiße Menschen ebenfalls Rassismus erführen? Er stand dort in diesem Saal mit einem überwiegend weißen Publikum und war felsenfest davon überzeugt, dass er sich nicht mit seinem Weißsein auseinandersetzen müsse, weil Italiener früher einmal diskriminiert wurden. Auch dies ist ein typisches Beispiel für die lähmende Wirkung des Individualismus. Eine fruchtbarere Form der Auseinandersetzung (weil sie seine gegenwärtige Weltsicht verändert hätte, statt sie noch weiter zu verfestigen) hätte in der Überlegung bestanden, wie Amerikaner italienischer Abstammung es geschafft haben, als Weiße anerkannt zu werden, und wie diese Assimilation seine gegenwärtigen Erfahrungen als weißer Mann geprägt hat. Seine Äußerungen illustrierten keineswegs, dass er sich in Hinblick auf die »Rasse« von anderen weißen Menschen unterschied. Ich kann vorhersagen, dass viele meiner Leser und Leserinnen ähnliche Ausnahmegründe vorbringen würden, eben weil wir Produkte unserer Kultur sind und nicht von ihr losgelöste Individuen.

      Als Soziologin kann ich mit Verallgemeinerungen gut umgehen. Das gesellschaftliche Leben weist Muster auf, es ist mess- und quantifizierbar und in gewisser Weise damit vorhersagbar. Allerdings kann ich gut nachvollziehen, dass meine Verallgemeinerungen über weiße Menschen Abwehrreaktionen auslösen, wenn man den hohen Stellenwert der Ideologie des Individualismus in unserer Kultur bedenkt. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, aber Muster werden eben als solche erkannt, weil sie immer wiederkehren und vorhersagbar sind. Moderne Formen des Rassismus lassen sich nicht verstehen, wenn wir Muster des Gruppenverhaltens und ihre Auswirkungen auf Einzelpersonen nicht erforschen können oder wollen. Meine Leser und Leserinnen möchte ich daher ermutigen, ihre persönliche Situation neu zu überdenken, statt die hier vorgelegten Belege in Bausch und Bogen zurückzuweisen. Vielleicht sind Sie in Armut aufgewachsen, sind ein aschkenasischer Jude europäischer Herkunft oder stammen aus einer Soldatenfamilie. Vielleicht sind Sie in Kanada, auf Hawaii oder in Deutschland aufgewachsen oder haben Menschen of Color in Ihrer Familie. Keine dieser Situationen nimmt Sie von den Kräften des Rassismus aus, weil kein Aspekt der Gesellschaft von ihnen verschont bleibt.

      Statt das, was Sie an sich für einzigartig halten, als Grund zu sehen, sich von einer weiteren Untersuchung auszunehmen, wäre es ein fruchtbarer Ansatz, folgende Überlegung anzustellen: »Ich bin weiß und habe eine Erfahrung X gemacht. Wie hat diese Erfahrung X mich aufgrund der Tatsache, dass ich zudem weiß bin, geprägt?« Ihr Gefühl der Einzigartigkeit beiseite zu lassen, ist eine wichtige Fähigkeit, die es Ihnen ermöglicht, das große Bild der Gesellschaft zu sehen, in der wir leben. Individualismus lässt das nicht zu. Zunächst einmal sollten wir versuchen, von unserer individuellen Erzählung abzusehen und uns mit den kollektiven Botschaften auseinanderzusetzen, die wir als Mitglieder einer umfassenderen gemeinsamen Kultur vermittelt bekommen. Bemühen Sie sich, zu erkennen, wie diese Botschaften Ihr Leben geprägt haben, statt einige Aspekte Ihrer Geschichte als Vorwand zu nutzen, sich von ihrem Einfluss freizusprechen.

      Wir haben ein stark vereinfachtes Verständnis von Rassismus

      Die letzte Herausforderung, der wir uns stellen müssen, ist unsere Definition von »rassistisch«. Man bringt uns bei, Rassisten seien schlechte Menschen, die andere wegen ihrer »Rasse« bewusst ablehnten. Das Verhalten von Rassisten sei moralisch inakzeptabel. Wenn ich sage, meine Leser und Leserinnen seien rassistisch, oder noch schlimmer, alle Weißen seien Rassisten, äußere ich damit etwas zutiefst Beleidigendes: Ich stelle ihren moralischen Charakter infrage. Wie kann ich so etwas behaupten, obwohl ich diese Leute gar nicht kenne? Viele von Ihnen haben Freunde und geliebte Menschen of Color, können demnach also kaum Rassisten sein. Da es rassistisch ist, aufgrund der »Rasse« verallgemeinernde Aussagen über Menschen zu machen, muss ich ja wohl selbst eine Rassistin sein! Lassen Sie es mich klar und deutlich sagen: Wenn wir Rassisten als Leute definieren, die aufgrund der »Rasse« eine bewusste Abneigung gegen andere hegen, dann räume ich ein, dass es beleidigend ist, Menschen, die ich gar nicht kenne, als rassistisch zu bezeichnen. Ich stimme auch zu, dass nach dieser Rassismusdefinition Leute, die gegen Rassismus sind, keine Rassisten sind. Allerdings verwende ich diese Definition des Rassismus nicht und behaupte auch nicht, dass Sie unmoralisch sind. Wenn Sie offen für meine Argumentation bleiben, werden Sie bald erkennen, dass sie sinnvoll ist.

      Angesichts der hier dargelegten Herausforderungen rechne ich damit, dass Weiße beim Lesen dieses Buches zuweilen Unbehagen empfinden werden. Dieses Gefühl mag ein Zeichen sein, dass es mir gelungen ist, den Status quo, der in unseren Rassenbeziehungen herrscht, zu erschüttern. Und genau das ist mein Ziel. Der gegenwärtige Zustand ist für weiße Menschen bequem, und solange wir an dieser Bequemlichkeit festhalten, werden wir in den Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe keine Fortschritte machen. Entscheidend für den Fortschritt ist, wie wir mit unserem Unbehagen umgehen. Wir können es als Ausstieg nutzen – wir können dem Überbringer der Botschaft die Schuld geben und die Botschaft ignorieren. Oder wir können es als Einstieg nutzen und fragen: Warum irritiert es mich? Was würde es für mich bedeuten, wenn es wahr wäre? Wie verändert diese Sicht mein Verständnis der Rassendynamik? Wie kann mein Unbehagen dazu beitragen, mir klarzumachen, dass meine Ansichten teils auf ungeprüften Unterstellungen basieren? Ist es möglich, dass es Rassendynamiken gibt, die ich gar nicht wahrnehme,

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