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Kompliment und gleichzeitig begann er, sich Gedanken um sie zu machen. „Meine Freiheitsgrade in der Kantine fallen im Moment eher kleiner aus, aber den Pudding hab ich organisiert bekommen.“

      „Wenn ich könnte, würde ich sofort bei euch anfangen“, sagte sie.

      Malik fühlte sich bestätigt. Suri bedrückte etwas. Erstaunlich, dass sie damit zu ihm kam. Oder auch nicht. Er stand außerhalb, gehörte nicht zum Unternehmen. „Das fände ich ziemlich klasse, aber vermutlich löst das dein Problem nicht.“

      Suri nickte, kniff die Lippen zusammen, holte ein Taschentuch aus ihrem Mantel und schnäuzte sich.

      „Hey“, sagte Malik, „wenn es dir besser geht, dann weißt du bestimmt, was das Beste ist.“

      „Eigentlich weiß ich das schon. Ich bin nur nicht so mutig wie du“, sagte sie. „Zeigst du mir bei Gelegenheit mal, wie das geht?“

      Sanfte Rotorengeräusche kamen näher, dann legte sich ein Schatten über sie. Suris schwarze Haare flogen nach hinten und ihr Pony bäumte sich auf. Das Drohnentaxi setzte mit seinen sechs Kufen auf dem Platz vor dem Kantinengebäude auf. Suri nahm ihre Tasche, öffnete die Box und gab Malik seinen Firmenhighcontroller.

      Was soll ich dir zeigen, fragte sich Malik. Wie man durchs Leben taumelt, ohne Plan. Mit der Wut im Gepäck, die immer wieder ausbüxt wie ein schlecht erzogener Hund. Trotzdem spürte er, dass er lächelte. „Gute, gute Besserung“, sagte er, „wir sehen uns.“

      „Ja! Das wollte ich hören!“ Suri grinste, hustete, griff nach der Halterung und stieg ein. Malik winkte. Lange.

      5

      Malik hatte Muskelkater. Klar, das Einräumen, Stehen und Arbeiten in dieser seltsamen Schauküchenattrappe war ungewohnt. Wenn er den heutigen Tag bei Kronberg überstanden hatte, lag der Wochenenddienst im Freizeitpark vor ihm. Kein schlechter Marathon, den er sich da eingebrockt hatte.

      Er dachte an Suri. Vielleicht war sie Anfang oder Mitte der Woche wieder fit. Es wäre schön, sie einfach mal dorthin einzuladen. Erstaunlich. Seit der vierten Klasse war das eigentlich nie mehr als Wunsch aufgetaucht. Jemand in seinen Inner Circle einzuweihen, kam bei ihm äußerst selten vor.

      Auf der Fahrt in der Unterdruckbahn überlegte er, was Suri Spaß machen könnte. Er tippte auf eine Wildwasserfahrt mit Stromschnellen, bei der das Adrenalin in Strömen fließt. Malik glaubte, dass Suri Lust auf Abenteuer hatte, auch wenn er das nicht begründen konnte.

      Aber da war noch mehr. So etwas wie ein Blick auf das Verborgene und Rätselhafte. Schade, dass die Spiel- und Musicalleute nicht mehr bei ihnen auftraten. Malik war davon überzeugt, dass ihr die philosophischen Stücke, die vor 20 Jahren ihre Hochzeit erlebten, gut gefallen hätten. Ob er ihr die alten Puppen seiner Eltern zeigen sollte?

      Malik stieg aus und ertappte sich dabei, wie er den Blick durch die Menge der Leute schweifen ließ, auf der Suche nach Suri. Jetzt ist es aber gut, mein Lieber, sagte er sich.

      Als er in der Küche einlief, schaute er sich nach Bart um und entdeckte ihn am Eingang zum Speisesaal. Dort kontrollierte sein Chef die Staubsaugerroboter, ob ihre Behälter voll waren und sie in die Entleerungsschlaufe mussten. Im Hintergrund zogen die größeren Maschinenhelfer durch die Reihen der Tischgruppen, um ihre untergeordneten Putzdienstleisterchen einzusammeln, die üblichen Wisch- und Desinfektionsautomaten in kleinerem Format.

      „Bart, ich habe eine Frage“, sagte Malik. „Könnte ich heute möglicherweise nur eine Stunde Mittagspause machen und dafür entsprechend früher gehen?“

      „Du bist sozusagen schon auf dem Sprung ins Wochenende“, meinte Bart.

      Malik schaute auf den Staubsaugerschwarm und fragte sich, was die Menschen wohl machten, wenn sie niemand mehr hatten, dem sie Faulheit unterstellen konnten. Gleichzeitig mahnte er sich zur Coolness. „Ganz genau. Mein Arbeitgeber würde sich freuen, wenn ich meine Wochenendschicht bereits heute Abend um 19 Uhr anfangen könnte“, sagte er.

      „Und ich dachte schon, du spekulierst auf einen Krankenbesuch.“ Bart grinste schräg.

      Malik kniff die Augen zusammen. Dann drehte er sich zur Tür. Besser, wenn er sich außer Reichweite irgendeinen Ansatz für den Arbeitstag suchte, nicht in unmittelbarer Nähe zu seinem Vorgesetzten, der sich als Kumpel versuchte.

      „Hey, warte“, sagte Bart und streckte die Hand nach ihm aus. „Sei doch nicht so überempfindlich. Es ist doch gut, wenn wir hier wenigstens noch ein bisschen was voneinander mitbekommen.“

      Malik schüttelte den Kopf. „Und hast du schon eine Datei zu Hause angelegt? Der neue S 100 und seine Reaktionen auf die Führungskräfte.“

      „Nein, aber wenn du nicht so kratzbürstig wärst, hätte ich dir möglicherweise erzählt, dass es Suri Temme gar nicht gut geht und sie mittlerweile in die Arox-Klinik eingeliefert worden ist.“

      „Was? Wirklich?“ Malik konnte nicht verbergen, dass er bestürzt war. Sollte Bart denken, was er wollte.

      „Tja, plötzlich doch interessiert am Kantinenfunk, was?“

      „Aber es wirkte so, als hätte sie einfach eine Erkältung oder vielleicht eine Grippe“, sagte Malik. „Weiß man denn, was los ist?“

      „Ich verfüge nicht über die Krankenakte, mein Lieber“, sagte Bart und grinste wieder. „Ich wusste, dass du sie gut findest. Ist sie ja auch.“

      Es hatte beim Richter funktioniert, vermutlich funktionierte es auch bei anderen. Malik stöhnte ein bisschen, dann nickte er ansatzweise. Es war noch nicht mal groß gespielt. „Ja, schon. Du könntest mir sagen, wenn du was hörst.“

      „Mach ich“, sagte Bart. Er schien zufrieden. „Ach so, und das mit einer Stunde einsparen geht. Du hilfst später einfach Hedi.“

      Als er für sich war und das Buffet mit den Speisen für den Mittagstisch bestückte, versank er in Gedanken. Wieso ging es Suri so schlecht? Bedrückte sie die Situation bei der Arbeit so sehr, dass ihr Körper rebellierte? Was, wenn es dem Konzern ganz recht war, seine Mitarbeiterin in der Klinik ein bisschen ruhiggestellt zu wissen? Na ja. Vielleicht sah er da jetzt schon Gespenster. Nach dem ersten Tag und einem netten Gespräch mit ihr konnte er das kaum beurteilen. Wenn, brauchte er mehr Information.

      Gegen 11.45 Uhr stürmten die ersten ausgehungerten Führungskräfte den Speisesaal. Malik schwirrte nach einer halben Stunde der Kopf von Champagner-Shrimps-Souffle und Steppenbüffelrücken in Château-Lafite-Sauce. Scheinbar markierten die alkoholgeschwängerten Zutaten schon den baldigen Abflug ins Wochenende. Am Ende des Buffet war eine Frau aufgetaucht, die Wein ausschenkte.

      „Das ist Hedwig Schwaderer. Sie bevorzugt Hedi. Hedi ist taubstumm, aber des Lippenlesens mächtig. Kommunizieren kann sie über den Highcontroller mit dir. Wenn wir nachher hier fertig sind, räumst du mit ihr weiter die Küche auf. Mach so Pause, wie du es brauchst“, sagte Bart.

      Malik schaute nach links und registrierte, dass auch Hedi nach ihm sah. Er nickte leicht, sie lächelte.

      „Du kannst gut mit Frauen“, meinte Bart und zwinkerte ihm zu.

      „Kann er“, flüsterte Hans Vidal ihm von rechts ins Ohr. Es klang wie eine auf Rosen gebettete Drohung. Malik drehte sich langsam zu ihm, entschloss sich gegen ein Lächeln und für einen ruhigen Blick. Jackett und Hemd saßen wie angegossen. Das Gepardenfrettchen wirkte fit und sprühte vor Lebensenergie. Was für eine Laune der Natur, dachte Malik, was für eine Verschwendung an bioenergetischen Ressourcen, und jetzt mach ich ihm noch ein Angebot, dass er seine Zellen luxuriös füttern kann.

      „Sehr viele haben sich heute für den Büffelrücken entschieden“, sagte er und konnte sich ein Lächeln nicht mehr verkneifen. „Ich nehme aber an, dass Sie sich nicht unbedingt dem Mainstream anschließen wollen.“

      „Ouhh, der S 100 macht auf Intellektueller. Lass es. Es steht dir nicht.“

      „Stimmt, ich würde auch lieber Vanillepudding servieren“, sagte Malik und gab damit einer flüchtigen Idee nach. Er

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