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Die POPkörner (1). Ein Stern für Lou. Stefanie Taschinski
Читать онлайн.Название Die POPkörner (1). Ein Stern für Lou
Год выпуска 0
isbn 9783401802633
Автор произведения Stefanie Taschinski
Жанр Учебная литература
Серия Die POPkörner
Издательство Readbox publishing GmbH
Onkel Oliver legte seine Hand auf den Arm seiner Frau und lächelte bemüht in die Runde. »Keinen Streit, bitte. Nicht heute Abend.«
Tante Vanessa holte tief Luft. »Du hast recht.« Sie warf ihrer Tochter einen letzten wütenden Blick zu. »Das klären wir später.«
Lou fühlte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. In der Haut ihrer Cousine wollte sie jetzt nicht stecken. Motte indessen verbarg das Gesicht hinter ihren Haaren, sodass Lou nur ahnen konnte, was in ihr vorging. Ein bisschen Ablenkung konnte bestimmt nicht schaden. Vorsichtig rückte Lou ein Stück näher. »Weißt du, eben mit der Orcaflosse hab ich wohl ein bisschen übertrieben«, versuchte sie, den Faden wieder aufzunehmen. »Aber…«, Lou griff nach ihrer Umhängetasche und zog ein paar Fotos heraus, »… Orcas habe ich wirklich gesehen!«
Till und Ole rissen ihr die Bilder aus der Hand.
»Ist in Kanada ja wohl auch nichts Besonderes«, murmelte Motte und warf einen kurzen Blick auf das Bild: Das Foto war vom Wasser aus aufgenommen worden. Vorne sah man Lou in ihrem kleinen Kajak und gar nicht weit dahinter stachen drei große Orcaflossen aus den Wellen.
Motte funkelte Lou an. »Zu schade, dass sie dich nicht zum Frühstück gefressen haben.«
Für einen Augenblick blieb Lou die Luft weg, dann fing sie an zu grinsen. Das konnte doch wohl nur ein Witz sein.
5. Song
»Du kannst den nehmen«, sagte Motte und zeigte auf den lilafarbenen Sitzsack, der vor ihrem Bücherregal lag. Dann hockte sie sich auf die Fensterbank und zog die Beine an.
Lou stand noch immer im Türrahmen und rührte sich nicht. Nach dem Essen hatte Onkel Oliver sie beide hochgeschickt – damit sie sich »in Ruhe beschnuppern« konnten. Motte war mit eisiger Miene vor ihrer Cousine die Treppe hinaufgegangen.
»Wenn du lieber allein sein möchtest, kann ich auch zu den Jungs gehen«, schlug Lou vor.
»Unmöglich«, stöhnte Motte und erklärte gereizt: »Unsere Eltern erwarten, dass wir uns jetzt über unsere Lieblingsfilme und Lieblingsmusik austauschen, und wenn du jetzt schon drüben bei den Gnomen auftauchst, werden sie hundertpro eine ganze Reihe unangenehmer Fragen haben.«
Lou konnte sich kaum vorstellen, was das für Fragen sein sollten. »Hm und was möchtest du dann?«
Motte zeigte zum zweiten Mal auf den Sitzsack. »Louise, du setzt dich jetzt einfach dahin, kommst mir nicht in die Quere und in einer halben Stunde haben wir es hinter uns.«
Lou musste lachen. »Warum nennst du mich Louise? Niemand sagt Louise!« Aber sie kam herein und sah sich um. Mottes Zimmer war mit hellen, edlen Möbeln eingerichtet. Neben dem Fenster stand ein großes Himmelbett und auf dem weißen Schreibtisch herrschte heilloses Chaos: Stapel von Zeitschriften, Heften und Ordnern lagen wild durcheinander, darunter entdeckte Lou einen Laptop, und über dem Schreibtisch hing das Poster eines Jungen. Lou schätzte ihn auf fünfzehn, sechzehn. Er sah asiatisch aus, trug Hemd und Blazer und saß an einem Flügel. Neugierig ging Lou zum Schreibtisch und las den Namen. Tian Long. Lou hatte noch nie von ihm gehört. Aber er sah toll aus, wie ein echter Star. Unten in der Ecke hatte jemand das Poster mit chinesischen Schriftzeichen signiert. Lou zeigte auf die Zeichen. »Ist das sein Autogramm?«
»Nicht anfassen, klar!«
»Schon gut. Schon gut.« Lou machte einen Schritt rückwärts. »Warst du auf seinem Konzert?«
»Ja.« Motte friemelte die Streichhölzer aus ihrer Hosentasche und fing an, mit der Schachtel zu spielen. Lou setzte sich im Schneidersitz auf den Sitzsack. »Mein letztes Konzert waren The Grizzlies. In Vancouver auf einem Straßenfest. Die sind wirklich genial!«
Motte lachte kurz auf. »Huuu! The Grizzlies? Klingt gefährlich. Treten die im Bärenfell auf?«
Lou überhörte den ironischen Tonfall ihrer Cousine. »Sie sind noch ziemlich unbekannt. Aber die kommen bestimmt groß raus mit ihrer Musik! Tolle Mischung aus Folk und Rock und richtig schöne Balladen«, schwärmte Lou. »Wenn du magst, spiel ich dir mal was vor.«
Motte riss ein Streichholz an und sah zu, wie die Flamme langsam auf ihre Fingerspitzen zuwanderte. »Was spielst du denn?«
»Gitarre. Ma hat mir ihre alte zum Geburtstag geschenkt. Sie hat keine Zeit mehr zu spielen. Dabei war sie früher sogar mal in einer Band!«
Motte leckte ihre Fingerkuppen an und fasste das verkohlte Ende des Streichholzes. Auf der anderen Seite erlosch die kleine Flamme.
»Und du spielst seit letztem Jahr?«
»Ne, erst seit diesem, aber ich kann schon ein paar Akkorde!«, sagte Lou.
»Ahhh!«, machte Motte und holte das nächste Streichholz aus der Schachtel.
»Spielst du nicht auch ein Instrument?«, fragte Lou.
»Klavier«, nickte Motte. »Seit ich fünf bin.«
»Wow! Dann können wir ja mal zusammen spielen!«
Motte riss das nächste Streichholz an.
»Ich spiele aber keinen Folk und auch keinen Rock.«
»Macht doch nichts«, widersprach Lou. »Dann spielen wir eben was anderes, was dir gefällt. Klavier und Gitarre passen doch total gut zusammen.«
Motte zog ihre Bluse aus der Hose und hielt die kleine Flamme gegen den Stoff.
Lou sprang auf. »Hey, was machst du denn da? Sei bloß vorsichtig!«
Schon verfärbte sich die weiße Baumwolle braun und die Flamme fraß ein Loch in den Stoff. Unbewegt hielt Motte das Streichholz fest.
Lou sah sich suchend um. Wenn der Stoff jetzt Feuer fing… Entschlossen griff sie das Glas auf dem Nachttisch und kippte Motte das Wasser über den Bauch, um das Feuer zu löschen.
»Hey!!! Bist du verrückt?!«, schrie Motte und sprang von der Fensterbank. Die Bluse klebte nass an ihrem Bauch und das Wasser rann ihr in die Hose.
»Ich… ich dachte, deine Bluse fängt Feuer. Ich wollte dir nur helfen…«
Motte wischte sich mit einer heftigen Bewegung über den nassen Stoff. »Das hab ich schon tausendmal gemacht! Ich brauch deine Hilfe nicht!«
6. Song
Die nächsten Tage herrschte im Kutscherhaus rege Betriebsamkeit. Alle Familienmitglieder waren so damit beschäftigt, sich einzurichten, dass es niemandem auffiel, dass die zwei Mädchen sich kein einziges Mal trafen. Lou hatte Mottes sonderbares Verhalten vom ersten Abend mit keinem Wort erwähnt. Etwas musste passiert sein, das ihre Cousine aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, da war Lou sicher. Für einen Moment hatte sie daran gedacht, mit Grandmère darüber zu reden – denn sie schien die Einzige zu sein, mit der Motte sich verstand. Aber dann hatte Lou sich anders entschieden. Wenn Motte sie erst besser kannte, würde sie es ihr sicher von ganz allein erzählen.
Fünf Tage später stand Lou wie verabredet um halb acht am Gartentor und wartete auf Motte. Nervös spielte sie an ihrer Fahrradklingel herum. Ab heute würde sie auf eine Schule mit tausend Schülern gehen! Das musste echt der reinste Ameisenhaufen sein. Auf der Inselschule in Kanada waren sie mit Jody, der alten Labradorhündin, und den zwei Erdhörnchen, die unter der Veranda lebten, keine zwanzig gewesen! Lou dachte gerade darüber nach, was sie in der neuen Klasse erwarten würde, als die Haustür aufging und Motte herauskam. »Hey!«, rief Lou. Sie war so erleichtert,