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in die Welt blickt, der in wenigen Stunden Bräutigam sein wird.«

      »Bist du so fest überzeugt?« gibt der Fürst kühl zurück.

      »Und wie, Alex. Du hast doch dein Wort gegeben. Das gilt doch noch!«

      »Ja – es gilt noch«, gibt der Fürst ernst zurück. »Wir müssen die Fürstin-

      Mutter abholen. Komm, Felix!« Gemeinsam verlassen sie die Gemächer des Fürsten, überqueren einen langen Flur und suchen den linken Seitenflügel auf, wo sich die Zimmer der Fürstin-

      Mutter und die der Prinzessinnen befinden. Auf dem Weg fragt der Fürst: »Nichts gehört von meiner schönen Unbekannten?«

      »Leider muß ich dich enttäuschen, Alex«, antwortet der Baron, der selbst neben der imponierenden Gestalt des Fürsten eine gute Erscheinung abgibt.

      Fürst Alexander vermag seine Enttäuschung nur schwer zu verbergen.

      »Dann wird diese heimliche Liebe wohl ein Märchen bleiben«, sagt er verträumt. Besorgt blickt der Baron den Freund von der Seite her an.

      »Die richtige Stimmung, um auf Brautwerbung zu gehen. Alexander, wach auf«, ermuntert er den Fürst.

      Zehn Minuten später meldet der Haushofmeister die hohen Herrschaften den Gästen und lächelnd, die Fürstin-

      Mutter am Arm, gefolgt von den Prinzessinnen und dem Hof, betritt Fürst Alexander von Thorsten-Thorn den Saal.

      Und dann beginnt die Vorstellung der jungen Damen, die vor den Fürstlichkeiten ihren Hofknicks machen und langsam an ihnen vorüberschreiten.

      Fürst Alexander lächelt und grüßt, grüßt und lächelt und keiner bemerkt, daß nur seine Lippen lächeln, sein Auge aber bleibt ernst, kühl, und seine Gedanken sind ganz woanders.

      Nach der Vorstellung begibt man sich in den Konzertsaal, wo in jedem Jahr das Fest mit einem Konzert eingeleitet wird.

      Fürst Alexander nimmt das Programm zur Hand, um es zu studieren. Er wendet sich an den neben ihm sitzenden Freund.

      »Ist Renata Orgon erkrankt?« erkundigt er sich flüsternd. »Warum hat man anstatt ihres Namens drei Zeichen hingesetzt?«

      »Das weißt du nicht?« gibt der Baron im gleichen Flüsterton zurück. »Die Fürstin-Mutter hat uns doch eine Überraschung versprochen. Ich vermute diese Überraschung hinter den drei Zeichen.«

      »Möglich!«

      Das Konzert nimmt seinen Anfang. Zunächst spielt das Sinfonieorchester der Landeshauptstadt. Anschließend stellt Madame Chapu junge Solisten vor. Meisterschüler, die sie ausgebildet hat, und die jeweils zum »Fürsten-Ball« dem Hof vorgestellt werden.

      Doch die größte Überraschung kommt zum Schluß des meist nicht länger als eine Stunde dauernden Konzertes.

      Schlagartig löschen die Lichter im Saal. Die Scheinwerfer sind auf die Bühne mit dem Flügel aus Elfenbein gerichtet. In ihrem Schein taucht Madame Chapu auf. An der Hand geleitet sie eine zarte lichtumflutete Mädchengestalt auf die Bühne. Ihre Robe ist von zauberhafter Wirkung. Ein Gedicht aus weißglänzender, schwerer Seide, verarbeitet mit hauchzartem Tüll, übersät mit flimmernden Steinen.

      Mit einem Ruck sitzt Fürst Alexander aufrecht. Seine Hand tastet zu dem Freund und preßt den Arm Horbys so fest, daß dieser den Mund verzieht.

      »Das ist sie, Felix.« Seine Stimme ist heiser vor Erregung. »Felix, das ist meine schöne Unbekannte.« Und dann sagt er kein Wort mehr. Aber sein Gesicht spricht Bände.

      Unauffällig beobachtet die Fürstin-

      Mutter von ihrem erhöhten Platz aus die Wirkung der Erscheinung Beatrix Chapus auf die anwesenden Gäste. Sie lächelt zufrieden vor sich hin und streift dabei den Fürst mit einem Blick.

      Nanu? Was ist plötzlich mit Alexander los? Wie hat sich sein Aussehen von einer Minute zur anderen gewandelt? Ist er so tief beeindruckt von der kleinen Chapu?

      Beider Blicke begegnen sich. Fürst Alexander strahlt sie an, und die Fürstin-Mutter neigt sich etwas zu dem Enkel.

      »Das ist meine Überraschung, Alexander. Meine Entdeckung. Gefällt dir die Kleine?«

      Wie aus einem Traum erwachend nickt der Fürst.

      »Aber du sollst sie erst singen hören. Psst! Es geht los«, setzt sie leise hinzu, als der Fürst ihr anworten will. Er läßt sich zurückgleiten und schließt die Augen.

      Es ist ein anspruchsvolles Programm, was die junge Sängerin zum Vortrag bringen wird. Auf dem Podium setzt eine Stimme ein, die ihn geradezu erschauern läßt. Ihm ist, als würden seine Augen gewaltsam aufgerissen. Das kann doch nicht möglich sein, daß dieses junge, wunderschöne Geschöpf, mit so viel Liebreiz und Schönheit ausgestattet, auch noch über eine geradezu phänomenale Stimme verfügt?

      Aber es ist kein Traum. Dort steht seine schöne Unbekannte in gänzlich unbefangener Haltung und singt mit einer glockenreinen Innigkeit, die einen zu Tränen rühren könnte.

      Als der letzte Ton der ersten Arie verklungen ist, lagert atemloses Schweigen über dem Konzertsaal. Doch dann brandet der Beifall los.

      Erregt neigt Fürst Alexander sich zur Fürstin-Mutter.

      »Großmama, das ist keine Überraschung, das ist ein unfaßbares Wunder. Wer ist die Sängerin?«

      Während die Fürstin-Mutter immer noch applaudiert, erklärt sie ihm leise: »Die Tochter Madame Chapus.«

      Der Fürst schüttelt den Kopf. »In der Tat, kaum zu fassen. Werden wir sie nun öfter sehen und hören? Und wird sie zum Essen und am Tanz teilnehmen?«

      »Viele Fragen auf einmal, Junge. Jedenfalls hoffe ich stark, daß Madame Chapu uns mit ihrer Tochter die Ehre geben wird.«

      »Du vermutest, sie könnten uns beide davonlaufen?« fragt er düster.

      »So ganz unwahrscheinlich wäre es nicht. Madame Chapu hat eine sonderbare Vorstellung davon, was ein junges Mädchen mitunter dringend nötig hat, nämlich sich unter die Jugend zu mischen und fröhlich zu sein.«

      Außer dem Programm muß Beatrix Chapu noch drei Zugaben singen. Sie tut es gern, obgleich ihre Mutter ihr heimlich ein Zeichen gibt, Schluß zu machen.

      Das Konzert ist beendet, und nun setzt das Rätselraten ein. Renata Orgon hat heimlich das Palais verlassen, nachdem sie Zeuge des triumphalen Auftrittes Beatrix’ geworden ist.

      Die Fürstin-Mutter hat sich erhoben und mit ihr der Hof und die Gäste. Die Türen zum großen Empfangssaal sind weit geöffnet. Man steht in zwanglosen Gruppen zusammen und wartet auf die Fürstin-Mutter und den Fürst.

      Diese haben soeben das Künstlerzimmer betreten. Sie finden die junge soeben noch begeistert gefeierte Künstlerin weinend vor.

      »Nanu, Kindchen!« Die Fürstin-Mutter geht betroffen auf das Häufchen Elend zu, das zusammengekauert in einem der tiefen Sessel lehnt und bitterlich schluchzt? »Tränen? Und das am heutigen Tag?« Von der hilflos weinenden Beatrix hinweg, über deren Kopf sie streichelt, schaut sie auf die erblaßte Germaine Chapu. »Wer hat denn unseren Star so sehr gekränkt?«

      Germaines Augen wandern von der Fürstin-Mutter hinweg zu der hohen Gestalt des Fürsten hinüber, der wie angewurzelt neben der Tür stehen geblieben ist. Ihre ganze Haltung drückt Ratlosigkeit aus.

      »Bitte, Großmama, stellt mich doch der jungen Dame vor«, läßt der Fürst seine sonore Stimme ertönen. Von ihrem Klang wird Beatrix förmlich herumgerissen.

      Mit einem belustigten Lächeln, Madame Germaines Ratlosigkeit ignorierend, übernimmt die Fürstin-Mutter die Vorstellung, und die beiden Menschen, die sich zum ersten Male sehen, begrüßen sich höflich und ohne ein Zeichen des Wiedererkennens.

      »Auf Wiedersehen, in zehn Minuten«, erklärt die Fürstin-Mutter, nimmt den Arm des Fürsten und verläßt mit ihm das Künstlerzimmer.

      Schicksal,

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