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Vielleicht kann er es möglich machen, uns für diese Saison einen Bereiter, der mit Hurrican zudem bereits bestens vertraut ist, zur Verfügung zu stellen.«

      Die Fürstin nahm einen Schluck Cognac und ließ sich seinen Geschmack genußvoll auf der Zunge zergehen. »Zugegeben, es ist nur eine kleine Chance, aber eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«

      »Es ist einen Versuch wert, Durchlaucht«, stimmte Philipp von Hanbaum zu. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Die Zeit wäre günstig. Wenn Sie erlauben, Durchlaucht, werde ich sofort in Montana anrufen.«

      »Natürlich, Philipp. Bitte setzen Sie mich sogleich in Kenntnis über das Ergebnis Ihres Anrufes, damit wir planen können.«

      Fürstin von Mannengen reichte ihm zum Abschied die Hand. »Schon lange wollte ich es Ihnen einmal sagen, Philipp: Ich bin froh, daß Sie auf Falkenhorst arbeiten. Ich wage es mir nicht auszumalen, wie es nach meinem Unfall hier weitergegangen wäre, wenn Sie mir und meinem Bruder nicht so treu und ergeben zur Seite gestanden hätten.«

      *

      Mit gesenktem Haupt betrat Gary Forrester das Schlafzimmer seiner Frau Claudia. Es war das erste Mal seit ihrem Unfalltod, daß er einen Schritt in diesen Raum setzte. Der große schlanke Mann mit dem silbergrauen Haar sah sich um. Alles wirkte, als würde Claudia jeden Moment hier eintreten. Er schnupperte. Sogar der Duft ihres extravaganten Parfüms, eine Mischung aus exotischen Gewürzen und Zedernholz, hing noch im Raum. Auf dem Schaukelstuhl vor dem großen Panoramafenster lag das neue Kleid aus mitternachtsblauer Wildseide, das sich Claudia anläßlich des bevorstehenden zweiundzwanzigjährigen Hochzeitstages gekauft hatte. Die Hotelsuite in Idaho war schon gebucht…, bis der Unfall alle Träume zunichte gemacht hatte.

      Gary konnte die Tränen nicht zurückhalten, als er mit einer zärtlichen Geste über die Lehne des Schaukelstuhls strich. Wie oft hatte Claudia in diesem Stuhl gesessen und den Ausblick auf die Absaroka Berge genossen…

      »Dad?!«

      Leise weckte ihn eine sanfte Stimme aus seinen Träumen.

      Robin, Garys fast 22jährige Tochter, stand in der Tür. »Das Abendessen ist fertig.«

      Gary Forrester wischte sich verstohlen über die Augen und nickte. »Ich komme sofort. Ich…, ich muß nur noch etwas suchen.«

      »Ist gut.« Aufmunternd lächelte Robin ihrem Vater zu, und Gary fiel zum ersten Mal auf, wie schmal und zerbrechlich seine Tochter in den letzte, harten Wochen der Trauer geworden war.

      Er wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann ging er zu der Kommode, in der Claudia ihre persönlichen Sachen aufbewahrt hatte. Er griff zu einer Photographie, die Claudia und ihn bei einem Wanderritt zeigten.

      »Ich weiß, daß du Robin niemals die Wahrheit sagen wolltest, Darling«, murmelte er. »Aber ich meine, sie hat ein Recht darauf, die Wahrheit über ihre Herkunft zu erfahren.« Er strich mit dem Zeigefinger über das lachende Gesicht der Frau mir den fuchsroten Haaren. Dann stellte er das Bild wieder an seinen Platz zurück und zog dann mehrere Schubladen auf, bis er gefunden hatte, wonach er suchte.

      Robin hatte inzwischen die Teller gefüllt. Ihr waren die Tränen in den Augen ihres Vaters nicht entgangen, und es bedrückte sie, ihn so sehr leiden zu sehen. Die Beziehung zwischen ihren Eltern war etwas ganz Besonderes gewesen, ein verstehen, das keiner Worte bedurfte.

      Mit einem Buch in einem abgegriffenen Ledereinband betrat ihr Vater das Eßzimmer.

      »Was hast du da?« fragte Robin neugierig.

      »Später, Liebes. Laß uns erst essen«, wehrte Gary ab und legte das Buch zur Seite.

      Robin blieb nichts anderes übrig, als ihre Neugierde zu zähmen.

      »Tut mir leid, das Gulasch ist etwas angebrannt«, gestand sie zerknirscht.

      »Anstatt ständig draußen bei den Pferden zu sein, hätte ich wohl besser ein paar Kochstunden bei Mom nehmen sollen.«

      Vorsichtig probierte ihr Vater das Gericht. »Hervorragend. Schmeckt wie bei Mom«, stellte er lächelnd fest.

      »Bitte keine falschen Komplimente, Dad. So gut wie Mom koche ich noch lange nicht«, seufzte Robin.

      »Ach was, deine Mom lernte das Kochen erst lange nach unserer Hochzeit«, tröstete Gary das junge Mädchen. Er grinste. »Anfangs mißglückte ihr so manches ganz gewaltig.«

      Robin lächelte ihren Vater an. »Ja, und sie hat es dir hoch angerechnet, daß du trotzdem deinen Teller immer tapfer leer gegessen hast, ohne je zu murren«, erinnerte sie sich an die Erzählungen ihrer Mutter.

      »Einen Mountain Man wirft so schnell nichts um«, erwiderte ihr Vater, und beide lächelten sich in stummem Verstehen an.

      Nach dem Essen nahm Gary Robin an der Hand und zog sie mit sich ins Wohnzimmer. »Bitte! Nimm Platz!« Er drückte sie in einen der tiefen, bequemen Ledersessel und ließ sich ihr gegenüber nieder. »Ich wünsche mir, daß du dieses Buch liest, Robin. Vorher aber sollst du wissen, daß all das, was du nun erfahren wirst, nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun hat. Ich liebe dich, mein Schatz.«

      »Was soll das bedeuten, Dad?« Verwundert sah Robin auf.

      Gary winkte ab. »Lies!« forderte er nur und begann, seine Pfeife zu stopfen.

      Robin schüttelte verwirrt den Kopf. Dann griff er nach dem Buch und strich zärtlich über den Einband, bevor sie es aufschlug. Die Seiten waren mit der zierlichen Handschrift ihrer Mutter eng beschrieben.

      »Moms Tagebuch?!« Erschrocken sah Robin ihren Vater an. »Das kann ich nicht lesen. Das…, das wäre nicht fair!«

      Beruhigend nickte Gary ihr zu und zündete seine Pfeife an. »Lies es, Darling«, fordert er sie erneut auf. »Fang ungefähr ein Jahr vor deiner Geburt an.«

      Skeptisch, aber nun neugierig geworden, blätterte Robin in dem Buch und begann zu lesen. Wie in einem Strudel wurde sie mit jeder Zeile immer weiter in die Vergangenheit gezogen. Eine Vergangenheit, an die sie im Traum nie gedacht hätte.

      Robin erfuhr, daß ihre Mutter unter dem Namen Claudia von Mannengen als einzige Tochter des Fürsten von Mannengen in Deutschland auf Schloß Falkenhorst aufgewachsen war. Mit neunzehn hatte sie sich in einen Gutsarbeiter verliebt, sehr zum Ärger ihrer Mutter, Magdalena Fürstin von Mannengen. Die hatte damals die sofortige Beendigung dieser Affäre gefordert und mit einer hohen Geldgabe etwas nachgeholfen. Eines Tages war Claudias große Liebe spurlos verschwunden und Claudia am Boden zerstört. Neben der Enttäuschung über die verratene Liebe mußte sie zu ihrem Entsetzen auch noch feststellen, daß sie schwanger war…

      Beim Lesen dieser tragischen Zeilen glaubte Robin, die Verzweiflung und Angst ihrer Mutter selbst zu durchleben. Sie sah zu ihrem Vater hinüber, der inzwischen ganz von Rauch eingenebelt mit unbewegtem Gesicht in seinem Sessel saß. Ein Zeichen, wie sehr er innerlich angespannt war.

      »Soll das heißen, daß ich nicht deine Tochter bin, Dad?« stöhnte Robin erschrocken auf.

      Bedächtig legte Gary die Pfeife zur Seite. »Nicht im biologischen Sinne, mein Schatz«, gab er zu. Er legte seine Hand auf sein Herz. »Aber hier drinnen bist und bleibst du mein Kind. Für alle Ewigkeit.«

      »O Daddy!« Robin legte das Tagebuch zur Seite, ging zu ihm hinüber und umarmte ihn. »Ich habe nie einen anderen Dad gehabt und ich könnte mir keinen besseren wünschen.« Zur Bekräftigung ihrer Worte küßte sie ihn auf die stoppelige Wange. »Zwischen uns wird sich nichts ändern.«

      Erleichtert seufzte Gary auf. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich deine Worte machen.« Er schwieg einen kurzen Augenblick, dann fuhr er fort, die traurige Geschichte der jungen Claudia von Mannengen zu erzählen:

      »Deine Großmutter verlangte von deiner Mom eine Abtreibung, um dieses Malheur, wie sie dich damals nannte, zu beseitigen. Deine Mom aber weigerte sich, und so wies ihr die Fürstin, eine sehr strenge und stolze Frau, unerbittlich die Tür. Sie hatte ihr verboten, jemals wieder nach Schloß Falkenhorst zurückzukehren.«

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