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Ich schenke dir den Tod. Ralf Gebhardt
Читать онлайн.Название Ich schenke dir den Tod
Год выпуска 0
isbn 9783958131125
Автор произведения Ralf Gebhardt
Жанр Языкознание
Серия Krimi
Издательство Bookwire
»Na, das übliche Programm, Vermisstenlisten und ungeklärte Fälle überprüfen.«
»Gut, informier mich bitte per Mail. In der Woche genehmigen wir uns abends mal ein Bier.«
»Geht klar. Da fällt mir ein, hast du dem Fall schon einen Namen gegeben?«
»Mann, Mann, ich wusste es, dass mein Freund Störmer das wieder persönlich nimmt. Ich sagte doch, keine Ahnung, wer die Leiche ist bzw. war. Aber ich habe eine Idee.«
»Und zwar?«
»Du hast mir doch von deiner neuen Bekanntschaft erzählt.«
»Meinst du Magdalena, meine Nachbarin?«
»Schreib ihren Namen auf die Akte, somit hast du eine Motivation …« Das Lachen des Staatsanwaltes war nur kurz zu vernehmen. Er hatte aufgelegt.
Ein wenig war Störmer verlegen, aber das hatte Nagel zum Glück nicht bemerkt. Er fuhr an der nächsten Ausfahrt raus, um sich zu erleichtern. Dann griff er zum Handy und schrieb eine Mail an das LKA. Die Kollegen würden wohl kaum heute noch damit anfangen, aber wenigstens bis morgen wollte er die Liste der Vermissten haben. Die angenommenen fünf Jahre, die bis zum Fund der Leiche verstrichen waren, nahm er vorerst als gegeben hin. Vorsichtshalber erweiterte er die Suchkriterien gleich für das gesamte Gebiet bis Halle und das Zeitfenster auf drei bis sieben Jahre.
Das gute Wetter hielt sich bis fast nach Halle. Dann zog ein heftiges Gewitter auf. Beim Aussteigen bemerkte er, dass hinten im Auto immer noch die abgeholten Hemden aus der Reinigung hingen. Mit dem Ellenbogen schlug er die Tür zu. Im selben Moment traf ihn eine Böe mit voller Wucht, er stolperte. Als er versuchte, das Bündel zusammenzuhalten, hatte er endgültig verloren. In Zeitlupe rutschte er auf der Bordsteinkante aus, die Hemden schwammen auf einer Pfütze. Er unterdrückte einen Fluch, als er ein herzhaftes Lachen hörte.
»Hallo Nachbar, gestern hast du doch zu Hause gewaschen.«
Magdalena, seine neue Nachbarin. Sie trat zu ihm und reichte ihm die Hand.
»Ja, waschen geht, aber bügeln ist halt nicht meins …« So ein Mist, was erzählte er da?
»Männer! Egal, komm erst mal ins Trockene. Und vergiss deine Hemden nicht.«
»So ein Mistwetter.«
»Kannst du wohl laut sagen. Ich hatte es mir auf dem Balkon mit dem Computer gemütlich gemacht und nun das.«
Das Magdalena Kurzgeschichten und Krimis schrieb, wusste Störmer. Sie hatte es ihm letztens im Waschraum erzählt. Irgendwann würde er auch gern mal etwas von ihr lesen.
»Gib mal kurz her.« Magdalena nahm ihm die Hemden ab, damit er seinen Wohnungsschlüssel suchen konnte.
»Dann musst du wohl jetzt die ganze Woche in T-Shirts auf Arbeit gehen, Bulle, oder?« Sie grinste ihn an. »Wir können bei Gelegenheit einen Deal machen, du erzählst mir von einem deiner alten Fälle. Irgendwas Spannendes, und ich zeige dir, wie Bügeln geht.«
»Gern, ich darf aber nicht …«
Sie unterbrach ihn. »Ja Bulle, ich weiß, Dienstgeheimnis. Aber du siehst so aus, als könnte es bereits Fälle geben, die verjährt sind.« Mit diesen Worten drückte sie ihm die nassen Hemden in die Hand. Das mit der Verjährung nahm er ihr nicht übel, auch wenn es definitiv kein Kompliment war.
Magdalena war schon an der Treppe, als sie sich zum ihm umdrehte. »Ruf mich vorher an. Und bring eine Flasche Wein mit, okay?«
Dann war sie weg und Störmer trotz des Missgeschickes irgendwie glücklich.
Er zog die Tür ins Schloss und fuhr seinen Laptop hoch. Den ersten Bericht wollte er möglichst noch unter frischen Eindrücken schreiben. Lächelnd tippte er die Überschrift: Magdalena. Der Fall hatte einen Namen.
Später setzte er sich auf sein Sofa und griff zum Handy. Er sprach Verena auf die Mailbox. »Hi Große, schön, dass du kommen willst. Passt es dir auch erst am nächsten Wochenende? Vorher klappt es leider nicht, ich stecke in einem neuen Fall. Ruf mich bitte zurück, ja?«
Insgeheim war er froh, den Termin erst mal verschoben zu haben.
Dann vertiefte er sich in seinen Bericht.
VIER
Der Berufsverkehr war wie jeden Montag chaotisch. Störmer schaffte es trotzdem pünktlich zur Dienstbesprechung der Polizeidirektion Halle. Sabine Achenbach, seine Assistentin, war kurz vor ihm eingetroffen und hatte die Akten bereits zurechtgelegt. Manchmal wusste er selbst nicht, ob er sie auch als Sektretärin bezeichnen sollte. Ohne sie wäre er längst im Papier der Bürokratie ertrunken. Ganz zu schweigen von all den Vernehmungen und Recherchen, die sie bereits für ihn erledigt hatte. Er nickte ihr dankbar zu, als sie ihm einen Kaffee zuschob. Die Stühle im Besprechungszimmer füllten sich schnell. Gedankenversunken betrachtete er das graue Linoleum, als könne er aus dem Muster Schlüsse ziehen. Es war still, bis auf das Knacken der Deckenlampen.
»Guten Morgen, Herrschaften, jetzt bitte etwas Aufmerksamkeit, wenn ich bitten darf.«
Der Dienststellenleiter wischte das Whiteboard sauber und griff dann zum Stift.
»Übrigens, die Oberstaatsanwältin ist leider krank, Staatsanwalt Nagel wird sie deshalb heute vertreten. Also, was haben wir Neues?«
Nagel nickte stumm in die Runde. Er hatte einen perfekt sitzenden Anzug, selbst das Hemd und die Krawatte verbreiteten Eindruck. Störmer fragte sich, wie sein Freund das alles schaffte. Dass dieser das Leben genießen konnte, sah man daran, dass der Audi trotz Parkverbot direkt neben dem Eingang stand. Die Kollegen berichteten der Reihe nach, angefangen von Diebstählen bis hin zu Kellereinbrüchen. In Halles Neustadt hatte es eine Schlägerei gegeben. Das örtliche Stadion war beschmiert worden als Vorbote für das kommende Wochenende: ein Derby gegen die Leipziger Rivalen.
»Gut, da soll sich die Streife drum kümmern. Um das Spiel machen wir uns später Gedanken, wir bekommen Bereitschaftspolizei. Okay soweit, und sonst?«
Die Meisten schüttelten den Kopf. Als Störmer an der Reihe war, berichtete er vom Knochenfund im Mansfelder Land und der Asche in der Grablampe. Das Interesse seiner Kollegen hielt sich in Grenzen, normal für einen Montagmorgen. Der Dienststellenleiter hatte die wichtigsten Fälle an die Tafel geschrieben zusammen mit den Namen der Beamten, die sich darum kümmern sollten. Als es um die Einteilung von Störmers Fall ging, mischte sich Staatsanwalt Nagel ein. »Lassen Sie das bitte vorerst Störmer allein machen, er hat mir schon berichtet. Wir müssen mehr in Erfahrung bringen, bevor ich hier ein Team ansetze.« Er zog unter der Kopie von Störmers Bericht einen Zeitungsartikel hervor, eigentlich eher eine kurze Notiz.
»Die waren schnell, auch wenn sie nichts Konkretes haben. Sie spekulieren, um was für Asche es sich handeln könnte. Wer von dem Grablicht liest, wird früher oder später die passenden Schlüsse ziehen.« Den Artikel schob er Störmer hin, der ihn auf den Stapel seiner Assistentin legte. Dabei hatte er gesehen, dass es nur eine Kurzmeldung in der Regionalspalte war, also noch nicht mal in der Hallenser Zeitungsausgabe stand. Störmer nickte anerkennend, der Staatsanwalt hatte seine Hausaufgaben gemacht.
»Richard, informier uns bitte über die Ergebnisse auf der nächsten Besprechung. Bei wichtigen Erkenntnissen ruf mich gleich an. Dann wäre das vorerst alles, was uns direkt betrifft. Was gibt es bei den Nachbarn?«
Auch wenn es nicht ausgesprochen war, wusste Störmer, dass der Staatsanwalt nun täglich einen Bericht haben wollte.
»Das Übliche, bisher vier gemeldete Einbrüche in Leipzig. Ein Regionalzug wurde mit einem Hakenkreuz beschmiert.