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      „Welchen Arzt?“, erwidere ich.

      Monica stutzt. Wahrscheinlich wird ihr gerade klar, dass ich gar keinen Hausarzt habe. Und dass sie mich noch nie krank erlebt hat.

      „Ich suche dir einen“, sagt sie schließlich.

      „Lieb von dir, aber es geht schon wieder.“

      „Ganz sicher?“

      Ich nicke. „Wann habe ich den Termin?“

      „In einer halben Stunde. Soll ich ihn ab...“

      „... vorbereiten“, unterbreche ich sie und schaffe es sogar, ein Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern.

      „Na gut. Ich bin nicht einverstanden, aber du bist die Chefin.“

      Ich blicke ihr lächelnd hinterher, dann klingelt mein Handy. Unbekannte Rufnummer.

      „Ja?“

      „Hallo Fiona.“

      Ich erstarre. Niemals wäre mir, nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen, die Idee gekommen, ich würde diese Stimme jemals aus einem Telefon hören.

      „Zanda ...“

      „Wie schön, du hast mich erkannt.“

      „Was willst du?“, flüstere ich.

      „Du kommst wohl gerne direkt zur Sache? Das liebe ich so an dir. Nun, kannst du dich erinnern, dass ich dir etwas versprochen habe?“

      „Zanda, ich habe dir doch gesagt, dass ich sie nicht getötet habe!“

      „Ich weiß, was ich gesehen habe“, erwidert er und plötzlich ist seine Stimme kalt. Sehr kalt. „Und ich will, dass du auch erfährst, wie es sich anfühlt, jemanden zu verlieren, den man mehr liebt als alles andere auf der Welt. Heute ist Zahltag.“

      Aufgelegt.

      Ich starre das Handy an. „Heute ist Zahltag“ … Heute? Jetzt!

      Ich wähle hektisch die Nummer von James.

      „Hallo, mein Schatz“, meldet er sich, und er klingt fröhlich.

      „Seid ihr schon bei meinen Eltern?“

      „Nein, während ich mich angezogen habe, hat Sandra die Kaffeemaschine einer gründlichen Ansicht unterzogen. Ich musste erst der Küche eine Grundreinigung zuteil werden lassen. Und als wir dann los wollten, kam der Techniker.“

      „Was für ein Techniker?!“

      „Wegen des Internetanschlusses. Er sagte, du hättest einen neuen Tarif bestellt und ...“

      „Ich habe gar nichts bestellt“, flüstere ich und spüre, wie mir kalt wird. Sehr kalt. „Wo ist er jetzt?“

      „Unten, im Keller. Hör zu, mein Schatz, er will grad was von mir, ich ruf dich gleich wieder an.“

      „Nein, warte, nicht, geh nicht …!“ Zu spät, er hat bereits aufgelegt.

      Verdammt! Wenn ich die Polizei anrufe, ist sie niemals rechtzeitig da. Wenn ich selber fahre, genauso wenig. Und wenn ich nicht ganz schnell etwas unternehme, dann …

      Ich atme tief durch. Es gibt nur eine Möglichkeit, und im Moment kann und will ich nicht über die Konsequenzen nachdenken.

      Ich gehe zum Fenster.

      Meine Hand.

      Ich bewege einen Finger. Dann einen anderen. Es ist wirklich meine Hand, und sie funktioniert noch.

      Doch wo bin ich überhaupt?

      Ich liege auf etwas Weichem. Es könnte sogar ein Bett sein. Unter meinem Kopf wahrscheinlich ein Kissen. Es ist warm. Langsam kommt mein Körpergefühl wieder. Ich spüre, dass eine Decke auf mir liegt. Ich selbst liege auf dem Bauch, den Kopf nach links gedreht, sodass meine rechte Wange das Kissen berührt. Es ist meine linke Hand, die ich sehe. Jetzt nehme ich auch den rechten Arm wahr, er liegt leicht verdreht rechts von mir auf dem Bett und unter der Decke.

      Ich drehe mich auf die Seite und richte mich halb auf. Es ist dunkel, nur schemenhaft erkenne ich einige Umrisse. Meine erste Vermutung, ich könnte in einem Krankenhaus oder in einer Klinik sein, bestätigt sich nicht. Ein großes Schlafzimmer, sehr luxuriös eingerichtet, mit schweren, massiven Holzmöbeln.

      Hier war ich schon mal.

      Ich schlage die Decke zurück, stehe auf und gehe zum Fenster, das von der Decke fast bis zum Boden reicht. Dabei wird mir bewusst, dass ich nackt bin.

      Rechts vom Fenster befindet sich der Schalter für den Rollladen. Ich betätige ihn kurz, gerade so lange, dass die Lamellen sich drehen und etwas vom Tageslicht reinlassen. Draußen ist es blendend hell, die Augustsonne scheint weit oben zu stehen.

      Aber welcher Tag ist heute überhaupt?

      Und wieso bin ich hier?

      Ich gehe zum riesigen Kleiderschrank. Vermutlich passt mir alles, was sich darin befindet. So ist es auch. Ich streife ein langes T-Shirt über und ziehe einen Schlüpfer an. Dann verlasse ich das Schlafzimmer.

      Es ist dasselbe wie vor einem Jahr.

      Ich gehe nach rechts den breiten, hellen Gang entlang, bis zur Mitte, dorthin, wo sich die großzügige Treppe mit den ausladenden Stufen befindet. Ich muss nur eine Etage tiefer, um ins immer wieder faszinierende Erdgeschoss zu gelangen.

      Ein Geräusch, das ich schon oben gehört habe, wird immer deutlicher. Tischtennis. Jemand spielt Tischtennis, und zwar ziemlich gut. Die Ballwechsel sind schnell, die Bälle hart und schnell geschlagen. Gegen wen mag Katharina da spielen?

      Dann wird mir klar, dass Katharina gar nicht spielt. Es sind zwei junge Mädchen in ärmellosen Shirts und kurzen Hosen, barfuß. Das Mädchen mit dem Rücken zu mir dürfte Helena sein, das andere Mädchen, mit blondem Pferdeschwanz, kenne ich nicht.

      Als es mich entdeckt, lässt es den Schläger sinken und deutet mit einer Kopfbewegung in meine Richtung. Helena legt ihren Schläger weg und kommt auf mich zu.

      „Fiona! Du bist aufgewacht!“

      „Ja … Vielleicht.“ Ich fasse an meine Schläfe. „Das alles kommt mir wie ein Traum vor. Wieso bin ich hier? Und wo ist Katharina?“

      Helena mustert mich kurz, dann dirigiert sie mich zu einer Sitzgruppe mit Rattanmöbeln. Sanft drückt sie mich auf einen der Stühle und legt meine Füße hoch. In der Zwischenzeit holt die Blondine ein Glas mit Zitronenwasser. Helena nimmt es und drückt es mir in die Hand.

      „Trink das, du bist vermutlich ganz ausgetrocknet.“

      Ich nippe daran. Es tut wirklich gut. Aber wieso bin ich ganz ausgetrocknet? Was ist überhaupt passiert?

      „Was … was ist heute für ein Tag?“

      „Samstag. 15. August.“

      Ich schließe die Augen. Irgendwas stimmt hier nicht. Grad war es doch noch Mittwoch. Warum bin ich hier? Und wie bin ich hierher gekommen?

      „Wie bin ich hierher gekommen?“

      Helena kaut auf ihrer Unterlippe herum, bevor sie antwortet: „Mama hat dich geholt.“

      „Sie hat mich geholt? Von wo?“

      „Aus dem Krankenhaus.“

      Ich runzele die Stirn. Ich war im Krankenhaus? Warum? Und wieso erinnere ich mich überhaupt nicht daran, dass ich im Krankenhaus war? Und wie kommt Katharina, ausgerechnet Katharina, eigentlich dazu, mich aus einem Krankenhaus zu holen? Zu sich?

      Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht.

      „Erinnerst du dich denn gar nicht, was passiert ist?“, fragt Helena leise. Sie hockt immer noch neben mir. Die Blondine steht hinter ihr und beobachtet mich.

      „Nein. Wer ist das?“

      Helena schaut kurz nach hinten. „Das

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