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und füttert die Bären. Helft mir, ihr guten Freunde und Nachbarn! Hier wird ein Elend ohnegleichen entstehen, wenn ich nicht mehr hier bin. Der Bauer hat seine Nahrung und Behausung dafür, daß er mir Holz im Walde fällt, daß er Erz für mich fährt. Der Köhler lebte davon, daß er mir Kohlen schafft und der Flößer davon, daß er mein Holz stromabwärts führt. Ich teile alle diese wohlstandverbreitende Arbeit aus. Glaubt ihr, daß der da mein Werk aufrechterhalten kann? Ich sage euch, wenn ihr mich fortjagt, öffnet ihr der Hungersnot das Tor!«

      Abermals erhoben sich eine Menge Hände, um der Majorin zu helfen, abermals legen sich milde Hände überredend auf die Schultern des Majors.

      »Nein«, sagt er, »weg mit euch! Wer will die Ehebrecherin verteidigen? Ich sage euch, wenn sie nicht gutwillig geht, so nehme ich sie auf meine Arme und trage sie hinab zu meinen Bären.«

      Bei diesen Worten sinken die erhobenen Hände wieder herab.

      Da in ihrer äußersten Not wendet sich die Majorin an die Kavaliere.

      »Wollt auch ihr ruhig zusehen, daß ich aus meinem Hause verjagt werde, Kavaliere? Habe ich euch des Winters im Schnee frieren lassen, habe ich euch starkes Bier und süßen Branntwein versagt? Habe ich Lohn oder Arbeit von euch angenommen, weil ich euch Kleidung und Nahrung gab? Wart ihr nicht geborgen bei mir, wie die Kinder bei der Mutter? Sind nicht Munterkeit und Freude euer tägliches Brot gewesen? Laßt nicht diesen Mann, der das Unglück meines Lebens gewesen ist, mich aus meinem Hause verjagen, Kavaliere! Laßt mich nicht zur Bettlerin auf der Landstraße werden.«

      Gösta Berling beugt sich zu einem schönen, dunkelhaarigen Mädchen hinab, das an dem großen Tisch gesessen hat. »Du verkehrtest vor fünf Jahren viel auf Borg, Anna«, sagt er. »Weißt du, ob die Majorin Ebba erzählt hat, daß ich ein abgesetzter Pfarrer bin?«

      »Hilf der Majorin, Gösta!« antwortet sie ihm.

      »Du wirst begreifen, daß ich erst Klarheit darüber haben muß, ob sie mich zum Mörder gemacht hat.«

      »Ach, Gösta, was sind das für Gedanken! So hilf ihr doch!«

      »Ich merke schon, du willst nicht antworten. Dann hat Sintram doch die Wahrheit geredet.« Und Gösta kehrt zu den Kavalieren zurück. Er rührt keinen Finger, um der Majorin zu helfen.

      Ach, hätte doch die Majorin die Kavaliere nicht an einen Tisch für sich in die Ecke gesetzt! Jetzt sind die Gedanken der Nacht in ihren Gehirnen erwacht, jetzt funkelt in ihren Augen ein Zorn, der nicht geringer ist als der des Majors. Muß nicht alles, was sie sehen, die nächtlichen Gesichte bestätigen?

      »Es ist sehr wohl zu merken, daß ihr Kontrakt nicht erneuert wurde«, murmeln sie.

      Nein, von dieser murrenden, drohenden Kavalierschar hat die Majorin keine Hilfe zu erwarten.

      So weicht sie denn wieder zurück bis an die Tür und hebt die gefalteten Hände vors Gesicht.

      »Mögest du verleugnet werden, wie ich verleugnet worden bin«, ruft sie sich selber in bitterem Schmerz zu. »Möge die Landstraße dein Heim, der Graben dein Bett werden!«

      Dann legt sie die eine Hand auf das Türschloß, die andere aber hebt sie hoch in die Höhe: »Merket es euch, ihr, die ihr mich jetzt fallen laßt! Merkt es euch, daß eure Stunde gar bald kommen wird. Jetzt werdet ihr euch zerstreuen, und euer Platz wird leer stehen. Wie werdet ihr stehen können, wenn ich euch nicht stütze? Du, Melchior Sinclaire, der du eine schwere Hand hast und die Deinen sie fühlen läßt, nimm dich in acht! Du, Pfarrer zu Broby, nun kommt das Strafgericht. Du, Frau Uggla, gib acht auf dein Haus, die Armut kommt! Ihr jungen, schönen Frauen, Elisabeth Dohna, Marianne Sinclaire, Anna Stjärnhök, glaubt nicht, daß ich die einzige bleibe, die von ihrem Hause fliehen muß. Und ihr, Kavaliere, nehmt euch in acht, jetzt kommt ein Sturm übers Land gezogen. Ihr werdet von der Erde fortgefegt werden, jetzt ist eure Zeit um, jetzt ist sie wahrhaftig um! Ich klage nicht meinetwegen, sondern euretwegen, denn der Sturm wird über eure Häupter hinfahren, und wer vermag zu stehen, wenn ich gefallen bin? Ach, mein Herz blutet um der armen, elenden Menschen willen! Wer wird ihnen Arbeit schaffen, wenn ich fort bin?«

      Die Majorin öffnet die Tür, da aber hebt Hauptmann Christian den Kopf in die Höhe und sagt: »Wie lange soll ich hier zu deinen Füßen liegen, Margarete Celsing? Willst du mir nicht verzeihen, auf daß ich aufstehen und für dich streiten kann?«

      Da kämpft die Majorin einen harten Kampf mit sich selber; aber sie sieht, daß er, wenn sie ihm verzeiht, sich erheben und mit ihrem Gatten kämpfen wird und daß der Mann, der sie vierzig Jahre lang treu geliebt hat, zum Mörder werden muß.

      »Soll ich nun auch noch verzeihen?« sagt sie. »Bist du nicht schuld an all meinem Unglück, Christian Bergh? Kehre zurück zu den Kavalieren und freue dich deines Werkes!«

      Und damit ging die Majorin. Sie ging in Ruhe, aber sie ließ Entsetzen hinter sich zurück. Sie fiel, aber selbst in ihrer Erniedrigung war sie nicht ohne Größe. Sie gab sich keinem weichlichen Schmerz hin, aber noch im Alter jubelte sie über ihre Jugendliebe. Sie gab sich keiner Klage, keinen feigen Tränen hin, als sie alles begriff; sie schreckte nicht davor zurück, mit dem Bettelstab und Sack das Land zu durchwandern. Sie bemitleidete nur die armen Bauern und die frohen, sorglosen Menschen an den Ufern des Löfsees, die armen Kavaliere, alle die, welche sie gestützt und beschützt hatte. Von allen verlassen war sie, und dennoch besaß sie die Kraft, ihren letzten Freund von sich zu weisen, um ihn nicht zum Mörder zu machen.

      Eine merkwürdige Frau war sie, groß in ihrer Kraft und in ihrem Tatendrang. Ihresgleichen werden wir so leicht nicht wiedersehen.

      Am nächsten Tage brach Major Samzelius von Ekeby auf und zog nach Sjö, das ganz nahe bei dem großen Eisenwerk liegt. In Altringers Testament, kraft dessen der Major die sieben Eisenwerke bekommen hatte, stand mit klaren, deutlichen Worten geschrieben, daß nichts davon verkauft oder verschenkt werden dürfe, sondern daß alles nach dem Tode des Majors auf seine Gattin oder auf deren Erben übergehen solle. Da er also das verhaßte Erbe nicht vergeuden konnte, setzte er die Kavaliere als Herren darüber ein, in dem Glauben, daß er dadurch Ekeby und den andern sechs Besitzungen den schlimmsten Schaden zufüge.

      Da nun niemand im Lande daran zweifelte, daß der böse Sintram die Befehle des Satans ausführte, und da alles, was er ihnen versprochen hatte, so glänzend in Erfüllung gegangen war, so waren die Kavaliere fest überzeugt, daß der Kontrakt Punkt für Punkt erfüllt werden würde, und sie waren fest entschlossen, das ganze Jahr hindurch nichts Kluges oder Nützliches oder Schurkenhaftes zu tun, auch waren sie ganz davon durchdrungen, daß die Majorin eine böse Hexe sei, die ihr Verderben gewollt habe.

      Der alte Onkel Eberhard, der Philosoph, machte sich über diese Anschauung lustig, aber wer kümmerte sich um so einen, der so verhärtet in seinem Glauben war, daß er, selbst wenn er mitten in den Flammen der Hölle gelegen und alle Teufel um sich herum hätte stehen und ihn auslachen sehen, doch behauptet haben würde, daß sie nicht existierten, weil sie nicht existieren könnten. Denn Onkel Eberhard war ein großer Philosoph.

      Gösta Berling sagte niemand, was er glaubte. Das steht fest, er war der Ansicht, daß er der Majorin keinen Dank schulde, weil sie ihn zum Kavalier auf Ekeby gemacht; er glaubte, es wäre besser für ihn gewesen, tot zu sein, als sich mit dem Bewußtsein herumzutragen, schuld an Ebba Dohnas Selbstmord zu sein. Er erhob nicht die Hand, um sich an der Majorin zu rächen, aber auch nicht, um ihr zu helfen. Er konnte es nicht.

      Die Kavaliere aber waren zu großer Macht und Herrlichkeit gelangt. Das Weihnachtsfest mit seinen Gastmählern und Zerstreuungen stand vor der Tür, die Herzen der Kavaliere waren voller Jubel, und welch Kummer auch Gösta Berlings Herz bedrücken mochte, so trug er ihn nicht auf dem Antlitz oder auf den Lippen.

      Gösta Berling, der Poet

       Inhaltsverzeichnis

      Es war Weihnachten und auf Borg sollte ein Ball stattfinden.

      Um diese Zeit wohnte ein junger Graf Dohna auf

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