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sich zum Schlafen auf eine kleine Schäre vor Fjällbacka gestellt. Aber als Mitternacht nahte, und der Mond schon am Himmel stand, rieb sich die alte Akka den Schlaf aus den Augen und ging hin, um Iksi und Kaksi, Kalme und Nälja, Biisi und Kuusi zu wecken. Zuletzt stieß sie auch Däumling mit dem Schnabel, so daß er erwachte. »Was gibt’s, Mutter Akka?« fragte er und fuhr ganz erschreckt in die Höhe. »Nichts Besonderes!« antwortete die Führergans. »Nichts weiter, als daß wir sieben Alten aus der Schar diese Nacht eine Strecke übers Meer hinausfliegen wollen, und da wollte ich dich fragen, ob du nicht Lust hast, mitzukommen.«

      Der Junge begriff sofort, daß Akka nicht mit einem solchen Vorschlag gekommen wäre, falls nicht etwas Besonderes vorgelegen hätte, und er setzte sich sofort auf ihren Rücken. Sie nahmen den Kurs in gerader Richtung nach Westen. Zuerst flogen sie über eine Reihe großer und kleiner Inseln, die nahe an der Küste lagen, dann über eine breite Strecke offenen Wassers, und schließlich erreichten sie die große Väderöer Inselgruppe, die ganz draußen am offenen Meer liegt. Alle Inseln waren niedrig und voller Klippen, und im Mondlicht konnte man deutlich sehen, daß sie an der Westseite von den Wellen blankgeschliffen waren. Einige davon waren ziemlich groß und auf ihnen unterschied der Junge ein paar Häuser. Akka suchte eine der kleinsten Schären auf und ließ sich dort nieder. Diese ganze Insel bestand nur aus einer unebenen Felsplatte mit einem breiten Spalt in der Mitte, in den das Meer seinen Strandsand und Muscheln hineingespült hatte.

      Als Niels Holgersen von dem Rücken der Gans herunterstieg, sah er dicht neben sich etwas, das einem hohen, spitzen Stein glich. Aber fast im selben Augenblick merkte er, daß es ein großer Raubvogel war, der die Schäre zum Nachtquartier gewählt hatte. Er hatte jedoch kaum Zeit, sich darüber zu wundern, daß sich die Wildgänse so unvorsichtig neben einem gefährlichen Feind niedergelassen hatten, als der Vogel schon mit einem langen Sprung zu ihnen hinkam und er den Adler Gorgo erkannte.

      Es stellte sich heraus, daß Akka und Gorgo sich hier draußen ein Stelldichein gegeben hatten. Sie waren beide nicht erstaunt, einander zu sehen, »Das war gut gemacht, Gorgo!« sagte Akka. »Ich hatte eigentlich nicht geglaubt, daß du vor uns am verabredeten Ort eintreffen könntest. Hast du lange gewartet?« – »Ich bin gestern abend gekommen,« antwortete Gorgo. »Aber ich fürchte, das einzige, weswegen du mich loben kannst, ist, daß ich so gut auf euch achtgegeben habe. Mit dem Auftrag, den du mir gegeben hast, sieht es nicht gut aus.« – »Ich bin überzeugt, Gorgo, daß du mehr ausgerichtet hast, als du dir merken lassen willst,« sagte Akka. »Ehe du aber erzählst, was dir auf der Reise begegnet ist, möchte ich Däumling bitten, mir beim Suchen von etwas, was hier auf der Schäre versteckt liegt, zu helfen.«

      Niels Holgersen hatte dagestanden und einige schöne Schneckenhäuser betrachtet, aber als Akka seinen Namen nannte, sah er auf. »Du hast dich gewiß gewundert, Däumeling, warum wir nicht den geraden Kurs innegehalten haben, sondern hier auf das Kattegat hinausgeflogen sind,« sagte Akka. – »Ich fand das allerdings ein wenig sonderbar,« antwortete der Junge. »Aber ich weiß ja, daß Ihr triftige Gründe für alles habt, was Ihr tut.« – »Du hast einen guten Glauben an mich,« entgegnete Akka, »aber ich fürchte fast, daß du ihn jetzt einbüßt, denn es ist höchst wahrscheinlich, daß bei dieser Krise nichts herauskommen wird.«

      »Vor vielen Jahren,« fuhr Akka fort, »wurden ich und ein paar von den Alten in unserer Schar auf einer Frühjahrsreise vom Sturm überfallen und auf diese Schäre verschlagen. Als wir sahen, daß wir nur das offne Meer vor uns hatten, fürchteten wir, so weit hinausgetrieben zu werden, daß wir uns nie wieder an Land zurückfinden würden. Deswegen legten wir uns auf die Wellen nieder. Der Sturm zwang uns, mehrere Tage zwischen diesen kahlen Klippen zu verweilen. Wir litten großen Hunger, und eines Tages gingen wir in dieser Rinne aus die Schäre hinauf und suchten nach Futter. Wir fanden keinen einzigen Grashalm, aber wir sahen ein paar Säcke, die fest zugebunden und halb vom Sand begraben waren. Wir hofften, daß Korn in den Säcken sein würde und bissen und zerrten daran, bis wir ein Loch in den Stoff gerissen hatten. Aber es war kein Korn, was herausströmte, es waren lauter glänzende Goldstücke. Dafür hatten wir Wildgänse keine Verwendung, und wir ließen sie liegen, wo sie lagen. Alle diese Jahre haben wir gar nicht an unseren Fund gedacht, aber jetzt im Herbst hat sich etwas zugetragen, was das Gold für uns begehrenswert macht. Wir wissen sehr wohl, es ist unwahrscheinlich, daß wir den Schatz hier noch finden, aber wir sind trotzdem hier herübergeflogen und bitten dich jetzt, einmal nachzusehen, wie sich die Sache verhält.«

      Der Junge sprang in die Felsenspalte hinein, nahm in jede Hand eine Muschelschale und machte sich daran, den Sand beiseite zu werfen. Säcke fand er nicht, aber als er ein ziemlich tiefes Loch gegraben hatte, hörte er ein Klirren wie ein Metall und sah, daß da eine Goldmünze lag. Er tastete mit den Händen umher, fühlte, daß viele runde Münzen im Sand lagen, und eilte schnell zu Akka zurück. »Die Säcke sind vermodert und zerfallen,« sagte er, »so daß das Gold ringsumher im Sande zerstreut liegt, aber das Gold ist offenbar noch alles da.« »Das ist gut,« sagte Akka. »Fülle nun das Loch wieder zu und glätte den Sand, damit niemand sehen kann, daß daran gerührt worden ist.«

      Der Junge tat, wie sie ihn geheißen, als er dann aber wieder auf die Klippe hinauf kam, sah er zu seiner Überraschung, daß sich Akka an die Spitze der sechs Wildgänse gestellt hatte, und daß sie alle mit größter Feierlichkeit auf ihn zumarschiert kamen. Sie machten vor ihm halt, verneigten sich vielmals mit dem Halse und sahen so vornehm aus, daß er unwillkürlich die Mütze abnahm und sich vor ihnen verbeugte.

      »Wir haben dir etwas zu sagen,« begann Akka. »Alle wir Alten haben zueinander gesagt, wenn du, Däumeling, bei Menschen in Dienst gestanden und ihnen so große Hilfe geleistet hättest wie uns, so würden sie sich sicherlich nicht von dir trennen, ohne dir einen guten Lohn zu geben.« – »Nicht ich habe euch geholfen, sondern ihr habt euch meiner angenommen,« entgegnete Däumeling.

      – »Wir meinen auch,« fuhr Akka fort, »daß, wenn ein Mensch uns auf der ganzen Reise begleitet hat, er nicht ebenso arm von uns gehen sollte, wie er gekommen ist.«

      – »Ich weiß, daß das, was ich in diesem Jahr bei euch gelernt habe, mehr wert ist als Geld und Gut,« sagte der Junge.

      »Da nun diese Goldstücke so viele Jahre hier in der Felsenspalte liegen geblieben sind, kann man wohl annehmen, daß sie niemand mehr gehören,« fuhr die Führergans fort, »und ich meine nun, du könntest sie an dich nehmen.« – »Habt Ihr selbst denn keine Verwendung für den Schatz, Mutter Akka?« fragte der Junge.

      »Ja, wir haben Verwendung dafür: wir wollen dir einen solchen Lohn zahlen, daß dein Vater und deine Mutter sehen können, du hast bei ordentlichen Leuten als Gänsejunge gedient.«

      Da wandte sich der Junge halb um, warf einen Blick auf das Meer hinaus und sah dann Akka in die blanken Augen. »Es wundert mich, Mutter Akka, daß Ihr mich aus Eurem Dienst entlaßt und mir meinen Lohn gebt, ehe ich gekündigt habe,« sagte er. – »Solange wir Wildgänse in Schweden sind, glaube ich wohl, daß du bei uns bleiben wirst,« entgegnete Akka. »Aber ich wollte dir doch zeigen, wo der Schatz zu finden ist, jetzt, wo wir ihn erreichen konnten, ohne einen zu großen Umweg zu machen.« – »Es ist trotzdem so, wie ich sage. Ihr wollt mich los sein, ehe ich selbst Lust dazu habe,« sagte Däumeling. »Nach der langen Zeit, die wir so gut miteinander gelebt haben, meine ich, wäre es doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn ich Euch auch ins Ausland begleiten dürfte.«

      Als der Junge dies sagte, streckten Akka und die anderen ihre Hälse gerade in die Höhe und standen eine Weile da und sogen mit halbgeöffnetem Schnabel die Luft ein. »Das ist etwas, woran ich gar nicht gedacht habe,« sagte Akka, als sie sich wieder gefaßt hatte. »Aber ehe du einen Beschluß hierüber faßt, wird es wohl am besten sein, wenn wir hören, was Gorgo zu erzählen hat. Ich will dir nämlich sagen, daß, ehe wir Lappland verließen, Gorgo und ich uns darüber einigten, daß er in deine Heimat, nach Schonen, stiegen und versuchen sollte, bessere Bedingungen für dich zu erwirken.«

      »Ja, so verhält es sich,« sagte Gorgo. »Aber wie ich dir bereits mitteilte, habe ich kein Glück damit gehabt. Es war nicht schwer, Holger Nielsens Haus zu finden, und nachdem ich ein paar Stunden über dem Hofe hin und her geschwebt war, gewahrte ich den Kobold, der zwischen den Gebäuden umherschlich. Ich stieß sogleich

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