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Aufteilung charakterisieren die Schöpfungen des Hauptmeisters ebenso wie die brillanten, leuchtenden Farben. Insbesondere das Apsisfresko ist die gewaltigste Leistung der romanischen Wandmalerei in Katalonien und in ganz Spanien; ja, man darf ohne weiteres von einem herausragenden Werk der gesamten europäischen Bildkunst dieser Epoche sprechen.

      In der Mittelapsis von San Clemente hatte ein zentrales Thema hochromanischer Kunst, die Majestas Domini, eine seiner glänzendsten Gestaltungen gefunden: Christus ist von den vier Evangelistensymbolen, ferner von Engeln und Cherubim umgeben. Die Fernwirkung ist großartig und in der spanischen Kunst jener Ära nie mehr in dieser Bildmagie erreicht. Das Detail ist nicht minder bedeutend wie die Gesamtkomposition. Jeder einzelne Kopf, jeder Körper gleicht einer spirituellen Epifanie.

      Völlig in Bann zieht den Betrachter indes die monumentale, Ehrfurcht gebietende Gestalt des thronenden Christus im Bild der »Majestas Domini«, umgaben von einer spannungsvoll komponierten Regenbogen-Mandorla. Christus sitzt auf einem zweiten Regenbogen, der den neuen Himmel und die neue Erde symbolisiert. Die als imponierendes Zeichen die Mandorla sprengende rechte Hand ist zum Gestus des Herrschens und Segnens erhoben. Das Faszinosum des göttlichen Antlitzes, das »Übermenschliche« des Kopfes ist durch ein Übermaß an Gelängtheit mitbewirkt. Wie hätte die Sentenz im aufgeschlagenen Buch: EGO SUM LUX MUNDI (»ich bin das Licht der Welt«) erschütternder ihre Darstellung finden können?

      In der gemalten Arkadenzone unterhalb des Majestas-Bildes und damit unterhalb der Konche ist ein »Apostolado« dargestellt mit fünf Apostelfiguren: Thomas, Bartholomäus, Johannes, Jakobus und Philippus (?); in ihre Reihe aufgenommen ist die Muttergottes. Diese, genauso expressiv verfremdet wie alle anderen Gestalten, hebt mit der verhüllten Linken eine Schale empor, die mit dem geheimnisvoll rotstrahlenden Blut Christi gefüllt ist – eine Gralsdarstellung, die laut Demus daran denken lässt, dass Katalonien in romanischer Zeit ein Zentrum der Gralsverehrung war.4 Außerdem stehen Maria und Johannes Christus zu ihren Häuptern am nächsten, wie es auch auf Kreuzigungsdarstellungen üblich ist – eine Allusion auf Golgatha und das Kreuz als »Instrument« der Erlösung.

      Das Neue Jerusalem, so die Botschaft, ruht auf den Aposteln und Maria, die in den Säulenarkaden stehen. Jene Vision erschien am hiet als bildliche Verheißung hinter und über dem Altar, an dem jede Eucharistiefeier den Gläubigen die künftige Rettung erschließt.

      Von dem möglicherweise aus Aragon zugewanderten Hauptmeister in Tahull stammt auch die kühn vereinfachte Formung der Hand Gottes und des siebenäugigen Lammes in der Triumphbogenlaibung, ebenso die in Resten erhaltene Bemalung der Triumphbogenwand. Auf seinen so ungemein suggestiven Stil muss am intensivsten die französische Kunst eingewirkt haben, jene aus Toulouse, dem Languedoc und der Provence.

      4 Demus, Otto op. cit., S. 159 f.; vgl. Anm. 3

      CENNI DI PEPO, GEN. CIMABUE

      (* Florenz um 1240, † Pisa 1302)

      Die Uffizien in Florenz besitzen eine monumentale bemalte Holztafel aus der Zeit zwischen 1280 und 1290, einst ein Retabel in der Florentiner Kirche S. Trinità, das die Kunstwissenschaft einhellig Cimabue zuschreibt: die sog. Maestà, die thronende Madonna vor Goldgrund; acht Engel umstehen und berühren die goldfarbenen Thronwangen, das zu einer Nischenarchitektur ausgebaute Postament beherbergt in seinen räumlichen Öffnungen beziehungsweise Durchblicken die im Maßstab wesentlich kleineren Halbfiguren von vier Propheten und Vorvätern Christi.

      Die Komposition ist von klarem, einfachem Zuschnitt, den Gesamteindruck beherrscht ein präziser zeichnerischer Kontur. Betont ist die mittlere Vertikalachse mit der Madonna, deren Haupt genau vom spitzen Giebelabschluss der Tafel überfangen wird. Durch eine kaum merkliche Körperdrehung und den Weisegestus der Hand wendet sich Maria dem Jesuskind zu und bezieht den leicht aus der Mitte herausgerückten kindgewordenen Gott dadurch ins hierarchische Zentrum ein. Die wie zu einem zeremoniellen Reigen geordneten Engel tragen den Marienthron schwebend, einer Vision gleich auf die Erde, auf den Altar, herab.

      Vieles verrät byzantinische Vorbilder. Vor allem der Madonnentypus selbst mit der stilisierten Gesichtsform, die pretiöse Ornamentierung des Thrones, das von Goldwirkerei übersäte, deshalb in irrealen Lichtstegen aufschimmernde Gewand Mariens. Daneben aber wird der letztlich aus der östlichen Kunst herrührende Flächenbezug der Gesamtkomposition von der Tendenz nach plastischer, raumfüllender Kraft ergänzt, auch wenn das »perspektivische« Einschwingen der Thronarchitektur, auch wenn Sitz- und Haltungsmotive der Figuren noch eigentümlich untektonisch wirken. All das kennzeichnet die stilistische Situation von Cimabues Maestà an der Grenze zwischen mittelalterlicher Tradition und den Innovationen, die das Trecento mit sich bringen sollte.

      Keine stilgeschichtliche Komparatistik, die nicht Cimabues Madonnentafel mit der im gleichen Saal der Uffizien hängenden Ognissanti-Madonna Giottos vergleicht (um 1305–10)! Alles dort ist im Raum- und Körperkalkül überzeugender, dort ist durch Zuwendungen und Blickführungen der Gestalten eine neuartige Tektonik des Bildbaus erzielt. Die Entwicklung war, unter dem Vorzeichen des Naturalismus, rasant über das künstlerische Idiom Cimabues hinweggegangen.

      Cimabue5 und Giotto: Giorgio Vasari hatte sie in seinen Mitte des 16. Jahrhunderts publizierten Lebensbeschreibungen der berühmtesten Künstler wohl fiktiv in ein Lehrer-Schüler-Verhältnis zusammengespannt. In Assisi hätten sie dann Fresken gemalt, in der Franziskusbasilika in Assisi soll Giottos Stern aufgegangen sein und den des Cimabue überstrahlt haben. Cimabue sei zwar ein Bahnbrecher gewesen, aber immer noch der »maniera greca« verpflichtet, der Art der »Griechen«, das heißt der von Natürlichkeit und antiker Körperlichkeit um Welten entfernten byzantinischen Tradition. Cimabue habe von irgendwelchen »Griechen« gelernt, die die Stadtregierung nach Florenz berufen habe – allerdings hätten diese eine »plumpe« Malweise gepflegt. Vasaris Konstrukt erklärte einerseits die Vorreiterrolle Cimabues auf dem langen Weg zur Renaissance und begründete zugleich die Unterlegenheit des derart »dubios« geprägten Cimabue gegenüber Giotto.

      Die Meinung, dass Cimabue laut Vasari »ein kleineres Licht war, das von einem großen verdunkelt wurde«, besaß eine lange Vorgeschichte. Schon Dante lässt zu Beginn des 14. Jahrhunderts in seiner Göttlichen Komödie, im XI. Gesang des Purgatorio, eine arme Seele über die Vergänglichkeit allen irdischen Ruhms sinnieren: »Credette Cimabue nella pittura/Tener lo campo, ed ora ha Giotto il grido/ si che la fama di colui è scura [...] (»Es glaubte Cimabue in der Malerei den Platz zu halten, doch es verdunkelte sich sein Ruhm und Giotto hat nun das Geschrei« – will heißen, den Applaus der Menge).

      Seit dem Ende der siebziger Jahre hat man an den Wandmalereien der Oberkirche in Assisi gearbeitet. Von Cimabue und seiner Werkstatt stammt die malerische Ausstattung des Chors, der Vierung, des südlichen und zum Teil auch des nördlichen Querschiffs. Der formale Aufbau der gegen 1285/90 realisierten Fresken (eine Datierung, die nicht zuletzt aus dem Vergleich mit dem einzigen für Cimabue urkundlich gesicherten Werk resultiert, einem Evangelisten Johannes im Apsismosaik des Pisaner Doms, für den er 1302 bezahlt wurde) ist von beeindruckender Klarheit und Größe, besitzt erregtes Pathos, tendiert stets zum Monumentalen. Kräftig modellierte Figuren mit ausdrucksstarken Köpfen und reicher Gewanddraperie – meist in horizontaler Reihung hinter- und übereinander gestaffelt – sind in ein Ambiente gesetzt, das bei Bedarf durch räumlichen Gehalt besticht. Darin, dass die Bildräume von der Körperlichkeit der Figuren her konstituiert und bestimmt sind, erweist sich Cimabue als deutlicher Vorläufer Giottos, und zwar als einer, der keineswegs bei schlechten Meistern gelernt hat, als einer, der Giotto und der folgenden Künstlergeneration immens viel zu geben hatte!

      Jene Partien des Kuppelmosaiks im Florentiner Baptisterium, die man ebenfalls Cimabue zuschreiben und die man um 1280/85 ansetzen darf, bestätigen das, wie die jüngste Untersuchung gezeigt hat.6 Gewiss, Cimabue studierte »griechische« Vorgängerarbeiten in Florenz, solche aus der Hand venetobyzantinischer Mosaizisten und Maler, aber das waren hochrangige Werke. Fazit: Cimabue ist vor allem dort ein Neuerer, wo er sich an jenen byzantinischen Vorlagen orientiert. Seine Kunst firmierte nicht als Gegengift gegen die »maniera greca«, sondern machte diese für eine neue Entwicklung fruchtbar.

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