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Kunst so schätzte) zum Ausdruck bringen wollte: deshalb auch die immense Bedeutung von Harmonie- und Proportionslehren sowie des »Ordnungssystems« der Zentralperspektive, das geradezu zum Leitmotiv der Renaissance wurde.

      Dass die etwa 1400–90 zu datierende Frührenaissance in Italien ihren Fokus in der Stadtrepublik Florenz besaß, verweist auf durchaus noch andere Entstehungsbedingungen des Stils: auf das Selbstbewusstsein des städtischen Bürgertums zum Beispiel, das sich eigene Ausdrucksformen schuf, an der antikrömischen Baukunst zunächst nur die Vorbilder der republikanischen Zeit bewunderte und den Individualismus propagierte. Dass jedoch auch der Adel – etwa an den Höfen in Mailand, Urbino, Mantua, Ferrara und Neapel – zu den engagiertesten Förderern der Renaissance zählte, beweist, dass man die Frührenaissance nicht einfach als »bürgerliches Produkt« begreifen kann. Ihre im Antikenmodell zusammentreffende Kombination aus Naturalismus und Idealismus machte sie vielmehr über alle sozialen Grenzen hinweg zum kulturellen Ziel, das seinen Mittelpunkt zur Zeit der Hochrenaissance (um 1490–1520) dann auch in einem neuen Umfeld, im Rom der Päpste, fand; eine Kombination, die der Renaissance aber auch außerhalb Italiens eine ungeheure Propagandawirkung verlieh und sie bald zum herrschenden Stil in ganz Europa machte. Das Jahr 1527, als die Truppen Kaiser Karls V. Rom plünderten (»Sacco di Roma«), gilt als Ende der Hoch- und als ungefährer Beginn der bis gegen 1600 reichenden Spätrenaissance: Der seit dem 20. Jahrhundert dafür auch eingebürgerte Begriff »Manierismus« deutet auf eine Krisenzeit hin, in der das Manierierte die klassische Harmonie verdrängte. Man kann den Vorgang freilich auch positiv als eine revolutionäre Periode des Experimentierens fassen, die vielfach schon den Barockstil vorbereitete.

      FRÜHRENAISSANCE (UM 1400–1490)

      Der Übergang von der Spätgotik in die Frührenaissance ist äußerst komplex. Eine Art Bindeglied stellt etwa die Internationale Gotik um 1400 dar, der man in Italien Künstler wie Pisanello, Gentile da Fabriano, Benozzo Gozzoli zurechnen oder als von ihr beeinflusst klassifizieren darf.

      Ausgangspunkt der Frührenaissance ist Florenz, das Burckhardt seiner damaligen Bedeutung nach mit dem perikleischen Athen verglich. Die Skulptur, die aufgrund ihrer Dreidimensionalität und ihrer antiken Tradition privilegiert schien, machte mit dem Wettbewerb um die zweite Bronzetür des Florentiner Baptisteriums (1401) den epochalen Anfang. Nanni di Banco und Donatello schufen die Statue der Neuzeit, die nicht mehr so sehr von der Gewandoberfläche, die vielmehr von den organischen Funktionen des Körpers her begriffen ist. Lorenzo Ghiberti reihte sich hier ein.

      Das wiedererwachte Interesse am menschlichen Körper und seiner Bewegungsmotive machte den Akt erstmals wieder zu einem wichtigen Thema der Skulptur. Bildnisbüsten und –medaillen, figürliche Grab- und monumentale Denkmäler zeugen vom hohen Stellenwert des Individuums, dessen Erinnerung der Nachwelt erhalten bleiben sollte.

      Die Architektur der Frührenaissance bediente sich im Detail römisch-antiker Formen (die griechische Antike war so gut wie unbekannt) wie Rundbogen, Säulen, noch wenig monumentaler, vielmehr zartgliedriger Blendarkaden usw., und suchte im Ganzen nach harmonischen Verhältnissen, die sich an einem als ideal empfundenen Zahlenkanon oder am Maßstab des menschlichen Körpers orientierten. Die Grundlagen zu dieser Architektur schuf Filippo Brunelleschi. Die Architektur und die Architekturtheorien der Frührenaissance – zum Beispiel Leon Battista Albertis »De re aedificatoria« von 1443 – 52 – betrachteten zunehmend den Zentralbau als ideale Form und beschäftigten sich mit Idealstadt-Entwürfen als dem erträumtem harmonisch-utopischen Lebensraum des »neuen« Menschen.

      Den Auftakt zur Malerei der Frührenaissance machte im 3. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts das Werk Masaccios, dessen Figurenstil von der zeitgenössischen Skulptur und von Giotto geprägt ist – nach antiken Zeugnissen der Malerei konnte er sich nicht richten, waren diese damals doch nur aus der Literatur bekannt. Sein Trinitäts-Fresko in S. Maria Novella in Florenz (um 1425) gilt als das erste erhaltene Dokument einer systematisch angewandten mathematischen Zentralperspektive. In den Fresken der Brancacci-Kapelle an S. Maria del Carmine in Florenz (seit ca. 1424) verlieh er der Wiedergabe des menschlichen Körpers und des Aktes eine neue souveräne Freiheit im Raum. Maler wie Uccello, Castagno, Fra Angelico und Piero della Francesca intensivierten das Bemühen um perspektivische Probleme, und Andrea Mantegna löste in seinem 1474 vollendeten Decken-Fresko in der »Camera degli Sposi« des Herzogspalastes in Mantua die Grenzen zwischen Bild- und Betrachterraum so weit auf, dass man hier vom Beginn der illusionistischen Deckenmalerei sprechen kann.

      HOCHRENAISSANCE (UM 1490–1520/30)

      Alle künstlerischen Ideen und Ideale gipfelten in der relativ kurzen Zeitspanne der Hochrenaissance, einer der großen »klassischen« Phasen der abendländischen Kunst. Florenz, das vorher, im Quattrocento, das künstlerische Zentrum gewesen war, erlebte mit dem Sturz der Medici-Herrschaft 1494 und dem anschließenden »fundamentalistischen« Regiment des Dominikanermöchs Girolamo Savonarola eine Zäsur der künstlerischen Blüte, die sich zunächst auch nach 1512, als die Medici zurückgekehrt waren, fortsetzte. Dagegen zog nun das wieder erstarkte Papsttum die künstlerisch fortschrittlichsten und die wahrhaft genialen Kräfte in die Ewige Stadt. Julius II. ernannte Donato Bramante zum Architekten des 1505 einsetzenden gigantischen Neubaus der Peterskirche, beauftragte 1505 Michelangelo mit der Ausführung seines (erst lange Zeit später und wesentlich verkleinert ausgeführten) Grabmals, drei Jahre später mit der Ausmalung der »Sixtinischen Decke«, im gleichen Jahr 1508, in dem er auch Raffael für der Ausmalung seiner Privatgemächer, der »Stanzen« des Vatikan, engagiert hatte. Leonardo da Vinci freilich hatte sein Hauptwerk nicht in Rom, sondern in Mailand geschaffen, nämlich das überwältigende Abendmahlsfresko im Refektorium von S. Maria delle Grazie (1495–97).

      Eine Art Gegenpol zur »klassischen« Kunst in Rom bekundete Venedig, vor allem auf dem Sektor der Malerei. Hier entwickelte Giovanni Bellini – beeindruckt auch von der durch Antonello da Messina weitervermittelten altniederländischen Malerei – eine vorher in Italien unbekannte Leuchtkraft der Farben. Diesen »typisch« venezianischen Kolorismus gab er an seine beiden bedeutendsten Schüler, an Giorgione und Tizian, weiter, in deren Arbeiten die von Licht durchtränkte Landschaft gleichberechtigt neben die Figuren tritt.

      Tendenzen, die zur Renaissance hinführten, kannte man nördlich der Alpen schon im 14. Jahrhundert, etwa am Prager Hof Kaiser Karls IV. Auch die Altniederländische Malerei des 15. Jahrhunderts, die damalige Hofkunst des Matthias Corvinus in Ungarn oder die Malerei des Südtirolers Michael Pacher bzw. des Franzosen Jean Fouquet im späteren 15. Jahrhundert – um nur ein paar Beispiele zu nennen – zeigten sich von der italienischen Frührenaissance beeinflusst. Seit circa 1500 aber avancierte die Renaissance zum europäischen Universalstil. Beispielhaft dafür ist Albrecht Dürer, dessen zwei Italienreisen (1494/95 und 1505–07) den Nürnberger Künstler dazu brachten, sich die neue Formensprache uneingeschränkt anzueignen. Charakteristische Züge der Hochrenaissance zeigen sich auch bei anderen deutschen Künstlern der sog. »Dürerzeit«, in der Donauschule, bei Cranach d. Ä., Grünewald, besonders aber auch im Werk des zum englischen Hofkünstler aufgestiegenen Hans Holbein d. J. In den Niederlanden wurden mit dem sogenannten »Romanismus« ab circa 1520/25 die italienischen Einflüsse führend, die dann aber rasch zum Manierismus überleiteten. Der Tod Raffaels 1520 und vollends der »Sacco di Roma« 1527 leiteten, wie es die meisten Fachleute sehen, das Ende der Hochrenaissance ein.

      MANIERISMUS/SPÄTRENAISSANCE (UM 1520/30–1600)

      Der nicht unproblematische Begriff »Manierismus« wird, weil er häufig mit der Auffassung eines künstlerischen Verfalls einhergeht, des Öfteren auch durch den neutralen Ausdruck »Spätrenaissance« ersetzt. Zweifellos war diese Phase von gewaltigen gesellschaftlichen, religiösen und naturwissenschaftlichen Revolutionen gekennzeichnet: 1517 leitete der Thesenanschlag Luthers in Wittenberg die Reformation ein, der sich die katholische Gegenreformation seit 1545 mit dem Tridentiner Konzil vehement in den Weg stellte. Ferner war im Gefolge der Entdeckungsreisen seit der Landung des Kolumbus in Amerika 1492 die »Alte Welt« und ihr Weltbild ebenso ausgeweitet worden, wie dies auf wissenschaftlichem Sektor vor allem durch die »kopernikanische

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