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Sewastopol. Лев Толстой
Читать онлайн.Название Sewastopol
Год выпуска 0
isbn 4064066112196
Автор произведения Лев Толстой
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Als Kalugin die Batterie besichtigt hatte und nach der Blindage zurückging, stieß er in der Finsternis auf den General, der sich mit seinen Ordonnanzoffizieren auf die Höhe begab.
Rittmeister Praßkuchin! sagte der General, gehen Sie gefälligst in den rechten Schützengraben hinunter und sagen Sie dem zweiten Bataillon des M.-Regiments, das dort auf Arbeit ist, daß es die Arbeit abbrechen, ohne Lärm abmarschieren und sich mit seinem Regiment vereinigen soll, das unten am Berge in Reserve steht ... Verstehen Sie? Sie werden es selbst zum Regiment führen.
Zu Befehl.
Und Praßkuchin lief im Trabe zum Schützengraben.
Das Feuer wurde stärker.
X
Ist dies das zweite Bataillon des M.-Regiments? fragte Praßkuchin, als er, an Ort und Stelle gekommen war und auf Soldaten stieß, die in Säcken Erde trugen.
Jawohl, Herr.
Wo ist der Kommandeur?
Michajlow war in dem Glauben, daß nach dem Kompagniekommandeur gefragt würde, kam aus seiner Grube herauf und ging, mit der Hand am Mützenschirm, an Praßkuchin heran, den er für einen Vorgesetzten hielt.
Der General hat befohlen, schnell ... und vor allem still zurückzugehen ... nein, nicht zurück, sondern zur Reserve, sprach Praßkuchin, indem er nach dem feindlichen Feuer schielte.
Als Michajlow Praßkuchin erkannt hatte, ließ er die Hand sinken und gab, nachdem er erfahren, worum es sich handelte, den Befehl weiter; das Bataillon hörte auf zu arbeiten, ergriff die Gewehre, zog die Mäntel an und setzte sich in Bewegung.
Wer es nicht kennen gelernt hat, kann sich die Freude nicht vorstellen, die ein Mensch empfindet, der nach einem dreistündigen Bombardement einen so gefährlichen Platz, wie ein Schützengraben ist, verläßt. Michajlow, der während dieser drei Stunden mehr als einmal nicht ohne Grund geglaubt, daß sein Ende gekommen, hatte sich schon mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß er unzweifelhaft fallen müsse und daß er nicht mehr dieser Welt angehöre. Aber trotzdem kostete es ihm große Mühe, seine Beine vom Laufen zurückzuhalten, als er neben Praßkuchin an der Spitze der Kompagnie aus dem Schützengraben ging.
Auf Wiedersehen! rief ihm ein Major zu, der Kommandeur eines anderen Bataillons, das in den Schützengräben zurückblieb, und mit dem er in der Grube an der Brustwehr gesessen und Käse gegessen hatte. Glück auf den Weg!
Und Ihnen wünsche ich, glücklich Ihre Position zu halten. Jetzt ist es, wie mir scheint, ruhig geworden.
Kaum aber hatte er dies gesagt, als der Feind, der jedenfalls die Bewegung in den Gräben bemerkt hatte, immer stärker und stärker zu feuern begann. Die Unsrigen antworteten ihm, und wiederum erhob sich eine starke Kanonade. Die Sterne standen hoch am Himmel, glänzten aber nicht hell. Die Nacht war so dunkel, daß man die Hand vor den Augen nicht sah, nur die Feuer der Schüsse und die platzenden Bomben erhellten auf einen Augenblick die Gegenstände. Die Soldaten gingen schnell und schweigend und suchten unwillkürlich einander zuvorzukommen; nach dem unaufhörlichen Rollen der Schüsse wurden nur die gemessenen Schritte der Soldaten auf dem trockenen Wege, das Klirren der Bajonette oder das Seufzen und das Gebet eines Soldaten: »Herr, Herr! Was ist das?« gehört. Bisweilen ließ sich das Stöhnen eines Verwundeten und der Ruf: »Tragbahre!« vernehmen. (In der Kompagnie, die Michajlow befehligte, wurden allein durch Artilleriefeuer in der Nacht 26 Mann getötet.) Ein Blitz flammte am dunklen, fernen Horizonte auf, die Schildwache auf der Bastion schrie: »Kano–o–ne!« und die Kugel sauste über die Kompagnie hin, riß die Erde auf und warf Steine in die Höhe.
»Hol's der Teufel! wie langsam sie gehen, dachte Praßkuchin, indem er neben Michajlow einherschritt und fortwährend zurückblickte. Wahrhaftig, ich laufe lieber voraus; den Befehl habe ich ja überbracht ... Übrigens, nein: man könnte ja sagen, daß ich ein Feigling bin. Mag geschehen, was will, – ich gehe mit den übrigen.«
»Und weshalb folgt er mir? dachte seinerseits Michajlow. – Soviel ich bemerkt habe, bringt er immer Unglück. Da kommt eine geflogen, schnurstracks hierher, wie mir scheint.«
Als sie einige hundert Schritt gegangen waren, stießen sie auf Kalugin, der, mit dem Säbel klirrend, gemessenen Schrittes nach den Schützengräben ging, um auf Befehl des Generals sich zu erkundigen, wie weit die Arbeiten dort gediehen seien. Als er aber Michajlow traf, fiel ihm ein, er könne, anstatt selbst in diesem schrecklichen Feuer dorthin zu gehen, was ihm auch nicht befohlen worden war, einen Offizier, der dort gewesen, nach allem ausfragen. Und wirklich erzählte ihm Michajlow ausführlich von dem Stand der Arbeiten. Dann ging Kalugin noch einige Schritte mit ihm und bog in den zur Blindage führenden Laufgraben ein.
Nun, was giebt's Neues? fragte ein Offizier, der allein im Zimmer saß und Abendbrot aß.
Nichts, es scheint, daß es kein Gefecht mehr geben wird.
Wie, kein Gefecht mehr? ... Im Gegenteil, der General ist soeben wieder auf den Wachtturm gegangen. Noch ein Regiment ist gekommen. Da geht's ja los ... hören Sie das Gewehrfeuer? Sie werden doch nicht gehen? Wozu das? fügte der Offizier hinzu, als er die Bewegung bemerkte, die Kalugin machte.
»Eigentlich müßte ich jedenfalls dabei sein, dachte Kalugin, aber ich habe mich in dieser Nacht schon vielen Gefahren ausgesetzt; das Feuer ist schrecklich.«
Ich werde sie in der That lieber hier erwarten, sagte er.
Wirklich kehrten nach zwanzig Minuten der General und die bei ihm befindlichen Offiziere zurück; unter ihnen befand sich der Junker Baron Pest, aber Praßkuchin fehlte. Die Schützengräben waren von den Unsrigen genommen und besetzt worden.
Nachdem Kalugin ausführliche Nachrichten über das Gefecht erhalten, verließ er mit Pest die Blindage.
XI
Ihr Mantel ist blutig, sind Sie denn im Handgemenge gewesen? fragte ihn Kalugin.
Ach, schrecklich! Sie können sich vorstellen ...
Und Pest begann zu erzählen, wie er seine Kompagnie geführt, wie der Kompagniekommandeur getötet worden, wie er einen Franzosen niedergestochen und wie ... wäre er nicht gewesen, das Gefecht verloren wäre.
Das Wesentliche dieser Erzählung, daß der Kommandeur getötet war und daß Pest einen Franzosen getötet hatte, war richtig; aber in der Schilderung der Einzelheiten war der Junker erfinderisch und prahlsüchtig.
Er prahlte unwillkürlich, da er sich während des ganzen Gefechts in einer Art Rausch und Besinnungslosigkeit befunden hatte, so daß alles, was geschah, ihm so vorkam, als wäre es irgendwo, irgendwann und mit irgend jemandem geschehen; und es war natürlich, daß er sich Mühe gab, diese Einzelheiten in einer für ihn vorteilhaften Weise darzustellen. Wie aber war es in Wirklichkeit gewesen?
Das Bataillon, dem der Junker während des Ausfalls zugeteilt war, stand zwei Stunden im Feuer, in der Nähe einer Wand, dann gab der Bataillonskommandeur vor der Front einen Befehl, die Hauptleute trugen ihn weiter, das Bataillon setzte sich in Bewegung, marschierte vor die Brustwehr und machte