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lie­bens­wür­dig, freund­lich und ge­fäl­lig, hat­te sei­ne Vor­stel­lung bei Hofe ihn nur noch höf­li­cher ge­macht.

      Lady Lu­cas war eine sehr gute Frau und nicht klug ge­nug, um eine schlech­te Nach­ba­rin für Mrs. Ben­net ab­zu­ge­ben. Die äl­tes­te von den Lu­cas-Kin­dern, Char­lot­te, eine ru­hi­ge, ver­nünf­ti­ge jun­ge Dame von sie­ben­und­zwan­zig, war Eli­sa­beths bes­te Freun­din.

      Es war na­tür­lich un­um­gäng­lich not­wen­dig, dass die Schwes­tern Lu­cas und die Schwes­tern Ben­net den Ball ge­mein­sam durch­spra­chen. Am Mor­gen nach dem Fest er­schie­nen jene in Long­bourn, um zu hö­ren und ge­hört zu wer­den.

      »Du hast aber den Abend gut be­gon­nen, Char­lot­te«, sag­te Mrs. Ben­net mit höf­li­cher Selbst­be­herr­schung zu Miss Lu­cas. »Dich hat ja Mr. Bingley sich zu­erst aus­ge­sucht.«

      »Ja, aber sei­ne zwei­te Wahl schi­en ihm bes­ser zu ge­fal­len.«

      »Ach so, du meinst Jane – weil er zwei­mal mit ihr ge­tanzt hat; du hast recht, das mach­te al­ler­dings den Ein­druck, als ob er sie be­vor­zug­te. Hm, weißt du, ich glau­be, er zog sie den an­de­ren tat­säch­lich vor; ja, ja, ich hör­te so et­was, ich weiß nicht mehr ge­nau was… ir­gen­det­was von Mr. Ro­bin­son –«

      »Sie mei­nen wahr­schein­lich das Ge­spräch zwi­schen ihm und Mr. Bingley, das ich zu­fäl­li­ger­wei­se mit an­hör­te; hab’ ich Ih­nen noch nicht da­von er­zählt? Mr. Ro­bin­son frag­te ihn, wie ihm un­ser Ball in Me­ry­ton ge­fal­le und ob er nicht auch der Mei­nung sei, dass eine un­ge­wöhn­lich große An­zahl schö­ner Da­men an­we­send wäre; und dann frag­te Mr. Ro­bin­son ihn noch, wel­che er denn am schöns­ten fin­de? Worauf er so­gleich er­wi­der­te: aber da gibt es doch gar kei­nen Zwei­fel, die äl­tes­te Schwes­ter Ben­net na­tür­lich!«

      »Was du nicht sagst! Das ist al­ler­dings sehr deut­lich.«

      »Ich hab’ we­nigs­tens et­was Net­tes zu hö­ren be­kom­men, Liz­zy, wenn auch nur über an­de­re«, sag­te Char­lot­te zu ih­rer Freun­din. »Mr. Dar­cy zu­zu­hö­ren lohnt sich nicht so sehr wie sei­nem Freund. Arme Liz­zy, nur ge­ra­de noch er­träg­lich zu sein!«

      »Ich bit­te dich, Char­lot­te, ver­such nicht, Liz­zy auch noch mit sei­ner Un­höf­lich­keit zu är­gern; er ist ein so scheuß­li­cher Mensch, dass es ge­ra­de­zu ein Un­glück wäre, ihm zu ge­fal­len. Mrs. Long er­zähl­te mir, er habe eine hal­be Stun­de ne­ben ihr ge­ses­sen, ohne ein ein­zi­ges Mal den Mund auf­zu­ma­chen.«

      »Hat sie das ge­sagt, Mut­ter? Hat sie sich nicht viel­leicht ge­irrt?« frag­te Jane. »Ich sah ge­nau, wie er zu ihr sprach.«

      »Ja, da hat­te sie ihn ge­ra­de ge­fragt, wie ihm Ne­ther­field ge­fal­le, und dar­auf muss­te er ja­wohl oder übel et­was sa­gen; aber sie sagt, er sei rich­tig wü­tend ge­we­sen, an­ge­spro­chen zu wer­den.«

      »Miss Bingley er­zähl­te mir«, sag­te Jane, »dass er nie sehr viel re­det au­ßer im engs­ten Freun­des­kreis. Dann kann er ganz un­ge­wöhn­lich sym­pa­thisch und freund­lich sein.«

      »Ich glau­be nicht ein Wort da­von, mei­ne Lie­be. Wenn er das wäre, dann hät­te er mit Mrs. Long ge­spro­chen. Ich kann mir schon den­ken, was los war: alle Welt weiß, dass er vor Hoch­mut bei­na­he er­stickt, und er hat wahr­schein­lich von ir­gend­je­mand er­fah­ren, dass Mrs. Long sich kei­nen ei­ge­nen Wa­gen hal­ten kann und in ei­ner Miets­kut­sche zum Ball ge­kom­men war.«

      »Dass er nicht mit Mrs. Long ge­re­det hat, stört mich nicht wei­ter«, mein­te Char­lot­te, »aber ich wünsch­te, er hät­te mit Liz­zy ge­tanzt.«

      »Ein an­de­res Mal, Liz­zy«, sag­te Mrs. Ben­net, »wür­de ich nicht mit ihm tan­zen, wenn ich du wäre.«

      »Ich glau­be, ich kann dir ziem­lich fest ver­spre­chen, über­haupt nie mit ihm zu tan­zen, Mut­ter.«

      »Sein Hoch­mut ver­letzt mich nicht ein­mal so sehr, wie es sonst der Fall wäre«, sag­te Char­lot­te, »denn er hat doch eine Art Ent­schul­di­gung da­für. Man kann sich ei­gent­lich nicht dar­über wun­dern, dass ein so statt­li­cher jun­ger Mann von so vor­neh­mer Fa­mi­lie und so großem Ver­mö­gen sich selbst sehr hoch ein­schätzt. Ich fin­de, er hat ge­wis­ser­ma­ßen ein Recht zum Hoch­mut.«

      »Ganz rich­tig«, er­wi­der­te Eli­sa­beth, »ich könn­te ihm sei­nen Hoch­mut auch leicht ver­zei­hen, wenn er nicht mei­nen Stolz ge­kränkt hät­te.«

      »Stolz«, sag­te Mary, die auf die Tief­sin­nig­keit ih­rer Ge­dan­ken stolz war, »ge­hört zu den ver­brei­tets­ten un­ter al­len mensch­li­chen Schwä­chen, wenn ich mich nicht irre. Denn nach al­lem, was ich bis­her ge­le­sen habe, bin ich zu der Über­zeu­gung ge­kom­men, dass es so ist: Die mensch­li­che Na­tur neigt über­aus leicht dazu, die­sem Übel zu ver­fal­len, und es gibt nur we­ni­ge Men­schen, die frei da­von sind, aus die­sem oder je­nem, tat­säch­li­chen oder ein­ge­bil­de­ten Grun­de ein Ge­fühl von Selbst­ge­fäl­lig­keit zu ver­spü­ren. Man muss auch Stolz und Ei­tel­keit aus­ein­an­der­hal­ten, wenn die bei­den Wor­te auch oft für ein und die­sel­be Sa­che ge­braucht wer­den: man kann stolz sein, ohne ei­tel zu sein. Der Stolz be­zieht sich mehr auf un­se­re ei­ge­ne Mei­nung von uns selbst, die Ei­tel­keit je­doch auf die Mei­nung, die wir gern von an­de­ren über uns hö­ren möch­ten.«

      »Wenn ich so reich wäre wie Mr. Dar­cy«, rief der jun­ge Lu­cas, der sei­ne äl­te­re Schwes­ter be­glei­tet hat­te, in die ach­tungs­vol­le Stil­le, die nach Ma­rys Al­ler­welts­weis­heit ein­ge­tre­ten war, »wenn ich so reich wäre, dann könn­te ich gar nicht stolz ge­nug sein! Ich wür­de Fuchs­jag­den rei­ten und je­den Abend eine Fla­sche Wein trin­ken.«

      »Das wäre viel zu viel für dein Al­ter«, mein­te Mrs. Ben­net, »und wenn ich dich da­bei trä­fe, wür­de ich dir die Fla­sche so­fort weg­neh­men.«

      Der Jun­ge trumpf­te auf, das dür­fe sie ja gar nicht; und sie be­stand dar­auf, sie wür­de es doch tun, und das Hin und Her fand erst mit dem Be­such sein Ende.

      Die Da­men von Long­bourn mach­ten bald dar­auf de­nen von Ne­ther­field ihre Auf­war­tung, und der Be­such wur­de in al­ler Form er­wi­dert. Ja­nes na­tür­li­ches und freund­li­ches We­sen ge­wann ihr schnell die Zu­nei­gung von Mrs. Hurst und de­ren Schwes­ter Ca­ro­li­ne. Die Mut­ter Ben­net war ja zwar kaum zu er­tra­gen, und zu den bei­den jün­ge­ren Mäd­chen auch nur höf­lich zu sein, lohn­te sich ei­gent­lich nicht; aber mit den bei­den äl­te­ren Freund­schaft zu schlie­ßen, er­schi­en ih­nen wün­schens­wert. Jane er­wi­der­te die­sen Wunsch vol­ler Dank­bar­keit und aus gan­zem Her­zen; aber Eli­sa­beth er­kann­te die An­ma­ßung, die al­len Äu­ße­run­gen der Da­men in Ne­ther­field zu Grun­de lag, nicht zum we­nigs­ten Jane ge­gen­über, und sie konn­te es nicht über sich brin­gen, ihr an­fäng­li­ches Miss­trau­en fal­len zu las­sen; moch­te ihre Freund­lich­keit ge­gen Jane, wenn man es schon so nen­nen woll­te, auch da­durch einen ge­wis­sen Wert an­neh­men, dass sie ih­ren Ur­sprung in der Be­wun­de­rung des Bru­ders, Mr. Bingley, hat­te.

      Dass eine sol­che Be­wun­de­rung wirk­lich be­stand, war ganz un­ver­kenn­bar, so oft sie zu­sam­men­ka­men. Und für Eli­sa­beth war es eben­so un­ver­kenn­bar, dass Jane der Nei­gung, die sie von An­fang an für ihn emp­fun­den hat­te,

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