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müßte er vielleicht gegen seine eigenen Brüder kämpfen. Das will er bestimmt nicht. Falke ist kein Verräter.«

      Leidenschaftlich klang die sonst sanfte Stimme des Mädchens.

      »Als dein Ehemann stünde ihm das Recht zu, für dein Volk zu kämpfen«, sagte Cochise. »Niemand kann einen Mann des Verrats bezichtigen, wenn er für das Volk kämpft, zu welchem die Mutter seiner Kinder gehört.«

      Tlainas schmales Gesicht überzog bei den Worten des Bruders dunkle Röte.

      Nahlekadeya bedeutete ihr, zu schweigen. Sie befürchtete einen Zornesausbruch ihres Mannes.

      Tlaina erhob sich und verließ das Wickiup. Nahlekadeya begleitete Cochise zu seinem Pferd und reichte ihm seine Waffen.

      Voller Stolz lag der Blick des Häuptlings auf seinen Männern. Es waren prächtige Krieger – mutig, tapfer, unerschrocken und zäh.

      Als alle versammelt waren, gab Cochise das Zeichen.

      Sie ritten aus der Bergfeste, ein bunter, heidnisch anmutender Haufen, voller Erwartungen, voller Tatendrang und Vorfreude auf die reiche Beute.

      Nahlekadeya blickte ihnen mit verschleierten Augen nach.

      »Er kennt nur noch den Kampf«, murmelte sie besorgt. »Hört er nicht die Trauerklagen seines Volkes, das Weinen seiner Frauen?«

      Tlaina war neben sie getreten.

      »Nein, Schwester, er hört es nicht. Er hört nicht im Raunen des Windes das Weinen der Squaws, das Jammern der Kinder und Alten um die gefallenen Väter und Söhne. Mein Bruder Cochise verschließt seine Ohren.«

      Die beiden Frauen verrichteten mit den anderen Squaws wieder ihre tägliche Arbeit. Das Leben in der Apacheria ging weiter. Es waren nur wenige, die keinen Mann auf diesem Beutezug dabei hatten.

      Maria del Soccora war unter diesen wenigen. Und sie schätzte sich glücklich, denn sie hatte gelernt, den jungen Keeta zu lieben. Und seit das schöne Mexikanermädchen sein Weib geworden war, schmerzte es Keeta nicht mehr so sehr, von Kriegs- und Beutezügen wegen seiner schwachen Gesundheit ausgeschlossen zu sein.

      *

      Cochise und die Krieger ritten den schmalen Bergpfad hinunter, der aus der Feste in die Ebene führte.

      An seiner Seite Naiche, sein Sohn. Ihnen folgten die übrigen Apachen in langer Kette.

      »Werden wir den Treck in der Nacht angreifen, Vater?« wollte Naiche wissen

      »Wir greifen dann an, wenn wir auf die Wagen stoßen«, erwiderte Cochise. »Wir können nicht warten, bis es

      hell oder dunkel ist. Der Angriff muß überraschend kommen. Wir müssen zuschlagen, wenn sie es nicht erwarten.«

      Der Jefe verhielt kurz das scheckige Pony. Seine Augen blickten wachsam. Er lauschte angestrengt.

      Nach kurzer Zeit sah er Naiche fragend an. Der Junge nickte.

      »Ich sehe und höre es, Vater«, sagte der Sohn. »Die Zeichen künden davon, daß der Treck nicht mehr weit von der Stadt entfernt ist, die die Bleichgesichter ›Grabstein‹ nennen.« Naiche lächelte. »Die dort draußen in der Wüste brauchen keine Steine auf ihren Gräbern. Die Geier werden sie fressen, ihre Gebeine im Wüstensand verbleichen. Die Weißaugen sind verrückt. Wie können sie einer Stadt einen so gräßlichen Namen geben. Grabstein! Man sollte diese Stadt in Schutt und Asche legen, Jefe.«

      Sie ritten weiter. Immer wieder verhielt der Häuptling, um nach den Zeichen zu sehen.

      Da! Spiegelreflexe in der Sonne. Sie besagten den braunhäutigen Reitern, daß die Männer des Wagentrecks lagerten.

      »Werden wir sie beim Biwakieren überfallen, Vater?« Naiche war ungeduldig, jung und steckte voller Tatendrang.

      Cochise sah den Sohn mit leichter Mißbilligung an.

      »Naiche möge seine Ungeduld zügeln, dafür seine Gedanken arbeiten lassen. Der Treck wird kaum biwakieren. Die Männer werden begierig sein, die Stadt so bald wie möglich zu erreichen. Cochise denkt, daß die Männer nur kurz rasten – die letzte Rast vor dem Ziel. Ein Ziel, das sie nie erreichen werden.«

      Immer wieder leitete der für die Weißen so unheimliche »Wüstentelegraf« mit Blinkzeichen den Kriegertrupp.

      Als sich die Chiricahuas dem Treck bis auf wenige Meilen genähert hatten, bat Naiche seinen Vater:

      »Laß mich erkunden, Jefe – allein. Naiche möchte beweisen, daß er zum Mann geworden ist.«

      »Nein.« Die Stimme des Häuptlings klang unnachgiebig. »Wenn du den Bleichgesichtern in die Hände fällst, bist du verloren. Und die Pinda-licke-o-ye sind gewarnt.«

      »Sprichst du als Vater oder als Häuptling zu mir?« Der junge Mann sah Cochise mit stolzem Blick an. Vater und Sohn ähnelten sich in diesem Augenblick noch stärker als gewöhnlich. »Willst du Naiche nur zurückhalten, weil du den Sohn schonen möchtest? Willst du Naiche beleidigen, Vater? Ich bin kein Knabe mehr, sondern ein Mann, ein Krieger deines Volkes und habe ein Recht darauf, wie jeder andere Mann für meinen Stamm zu kämpfen.«

      Cochises Blick wurde hart.

      »Ich spreche als Häuptling zu dir, Naiche. Ich will nicht, daß uns die Beute entgeht.« Mit kaum merklichem Lächeln fügte der Jefe hinzu: »Daß Cochise sich als Vater um den Sohn sorgt, wird er niemandem verraten. Der Häuptling der Chiricahuas wollte seinen Sohn nicht beleidigen. Ich werde keine Späher aussenden, weder Naiche noch sonst jemanden.«

      Ein Spiegelsignal meldete den Chiricahuas, daß sich der Wagenzug wieder in Bewegung gesetzt hatte.

      Cochise trieb zur Eile an. Er wollte den Treck nicht zu nahe bei der Town angreifen. Der Jefe hatte von der Bürgerwehr gehört und rechnete sich aus, daß die sicherlich dem Treck entgegenritt.

      Die Chiricahuas nutzten jede Dekkung, um für die Leute des Trecks so lange wie möglich unsichtbar zu bleiben.

      Und dann kamen sie urplötzlich aus einer Senke, ritten geradewegs auf die sechs Murphys los.

      Mark Billings, der Treckführer, der dem Wagenzug um eine halbe Meile vorausritt, glaubte zuerst an eine Sinnestäuschung. Er konnte es kaum fassen, was er da sah, obwohl er bereits viele Überfälle erlebt hatte.

      Konnte er seinen Augen nicht trauen? Es schien, als würden die Chiricahuas aus dem Sand emporwachsen.

      Billings vermochte nirgends eine Deckung wahrzunehmen, hinter der die Apachen gelauert haben konnten.

      Sein verblüfftes Erschrecken dauerte nur Sekunden. Billings lenkte den Braunen herum und jagte zum Treck zurück.

      Dort hatten sie die Apachen ausgemacht, noch bevor der Treckführer den vordersten Wagen erreicht hatte.

      »Was tun wir?« schrie John Bourke Billings zu. »Sollen wir wenden? Ist dazu noch Zeit?«

      »Keinen Zweck!« brüllte Billings. »Die holen uns mit ihren Mustangs, die schneller als wir sind, ein. Wir kämpfen. Macht euch bereit, Leute. Runter von den Wagen! Geht in Deckung! Es ist unsere einzige Chance.«

      Sie konnten die Wagen nicht mehr zur Burg auffahren.

      Die Apachen jagten heran. Zuerst wie eine stumme Phalanx brauner Geisterreiter, dann erscholl ihr tremolierender Kriegsschrei, der jedem Weißen bis ins Mark ging und auch das Herz des tapfersten Mannes zum Rasen brachte.

      Der hünenhafte Billings hatte unter Bourkes Wagen Deckung gesucht. Einige hastig aus den Murphys gezerrte Gegenstände spendeten den Männern nur spärlichen Schutz. Der Treckführer lag hinter einem Stoffballen. Kugel um Kugel jagte er aus dem Lauf seiner Marlin.

      Die gesamte Mannschaft feuerte verzweifelt aus allen Rohren.

      Doch der dichte Hagel aus heißem Blei konnte den rasanten Angriff der Indianer nicht stoppen.

      *

      Wie ein Heerführer

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