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wieder an.

      Marley und seine Freunde hatten die halbe Nacht gearbeitet und die beiden Toten bestattet. Die andere Hälfte hatten sie damit verbracht, ein kleines Feuerhundertmal anzuzünden und zuzusehen, wie es der Sturm hundertmal wieder ausblies.

      Es war eine mörderische Nacht, die ihnen die letzte Kraft raubte. Am Morgen – es war keineswegs heller geworden – gelang es ihnen, hinter aufgeschichteten Steinen ein Feuer anzuzünden, um sich wenigstens eine heiße Tasse Kaffee aufzubrühen.

      Es gelang.

      Eine Stunde später schwangen sie sich in die Sättel, nachdem sie ihre Pferde tüchtig gefüttert hatten. Der Hohlweg nahm sie wieder auf und schützte sie vor dem größten Schneetreiben.

      Ohne Aufenthalt ritten sie nach Süden. Am Santa Cruz stießen sie auf eine Militärpatrouille, die nach Fort Buchanan zurückritt. Ein Captain führte sie an und war trotz des wieder zunehmenden Orkans bereit, zu einem kurzen Gespräch anzuhalten.

      Als sie sich nach einer Viertelstunde trennten, war Marley auch nicht schlauer als vorher. Er blickte den davonreitenden Soldaten nach und ritt wieder an, als er sie aus den Augen verlor.

      Je weiter sie nach Süden kamen, desto mehr ließ der Orkan nach. Der Schneefall aber setzte nicht aus. Große Flocken trieben im Orkan waagerecht gegen die Reiter. Es war ein Wunder, daß sie die Orientierung nicht verloren.

      Noch vor der Abenddämmerung gelangten sie in die Nähe der Stadt. Marley erkannte es an dem großen Arroyo, dessen Kiesbett in den Santa Cruz mündete. Als er die ersten Häuser vor sich sah, parierte er sein müdes Pferd.

      »Ihr beide seid jetzt reiche Männer«, sagte er und klopfte auf die Satteltasche.

      Larry hielt neben ihm, Buck dahinter. Larry entgegnete: »Es ist nicht unser Geld, Blechstern. Reite weiter.«

      »Zehn Prozent davon gehören euch.«

      »Zehn Prozent? Richtig, das war die Belohnung, die der Bankier aussetzte. Dann aber zehn Prozent durch drei.«

      Der Marshal zwirbelte seinen eisverkrusteten Texasschnurrbart und lächelte.

      »Ich bin Beamter und darf keine Belohnung annehmen. Aber ihr, Jungs, habt es euch ehrlich verdient.«

      »Okay, überlassen wir’s dem edlen Spender«, murmelte Buck von hinten. »Reiten wir, Freund. Ich brauche was Heißes in meinen Magen, damit ich das Knurren nicht mehr hören muß.«

      Larry drehte sich im Sattel um. Die Spannung, die ihn während der Verfolgung im Indianerland im Griff gehabt hatte, war gewichen. Der Schalk saß in seinen Augen.

      »Immer nur fressen, fressen und wieder fressen. Das liegt wohl an diesen zwei Köpfen, Buck? Zwei Köpfe, zwei Mäuler, leider aber nicht zwei Gehirne.«

      »Armleuchter! Wer hat zwei Köpfe?«

      »Du.«

      Buck tippte sich an die Stirn.

      »Dich hat’s wohl erwischt, he? Armer Kerl. Marshal, was fangen wir mit dem kleinen Spinner an?«

      Marley zuckte mit den Achseln und wartete auf Larrys Pointe. Daß etwas kommen mußte, war ihm klar. Es kam.

      »Wetten, daß du zwei Köpfe hast, Buck? Wette um etwas, und ich werde dir anschließend beweisen, daß du der Spinner bist und nicht ich.«

      Buck tippte wieder an seine Stirn, ging jedoch auf den Spaß ein.

      »Okay, ich verwette meinen Anteil an der Belohnung und stelle hiermit fest, daß ich nur einen Kopf habe, dazu einen hübschen.«

      Marley grinste still in sich hinein. Er war gespannt, wie sich Larry aus der Affäre zog.

      »Blechstern, hast du gehört? Einen hübschen, hat er gesagt. Einen hübschen Holzkopf – klar. So, jetzt werde ich dir beweisen, daß ich recht habe und danach deinen Anteil an dem Zaster kassieren. Kopf und Kehlkopf, Junge – sind das keine zwei Köpfe?«

      »Hahahaha!« machte Buck bärbeißig.

      Er trat vom Sattel aus nach Larry, der sein Pferd schnell aus der Reichweite des Beines brachte.

      »Kommt, Jungs, treibt euren Blödsinn im warmen Saloon. Mir kriecht langsam der Frost ins Gebein.«

      Marley trieb seinen Braunen an und sah wenig später die ersten Häuser aus dem Schneetreiben auftauchen.

      *

      John Haggerty ging noch während der froststarren Nacht in seine Unterkunft zurück. Der Auftrag gefiel ihm nicht. Wenn Cochise sein Hauptquartier in den Dragoons aufgeschlagen hatte, war es nicht leicht, das Versteck auf Anhieb zu finden.

      Auch konnte John beim besten Willen nicht sagen, ob sich Thomas Jeffords bereit erklärte, ihm zu den Chiricahuas zu folgen. Jeffords’ Verhältnis zu Cochise war seit Bascoms Hängepartie beim Paß sicherlich nicht mehr so gut, daß er dem Häuptling ohne Vorankündigung oder dessen Einwilligung gegenübertreten konnte.

      Wie auch immer, Haggerty fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Zu viele Dinge waren in der letzten Zeit geschehen, die alles außer Kontrolle brachten und das Verhältnis zwischen Weiß und Rot trübten.

      Cochises Niederlage beim Paß mußten ihm erneut klagemacht haben, wie gefährlich die Weißen waren, und daß sein Volk zum Untergang verurteilt war, ohne daß er oder die Tapferkeit seiner Krieger diese Entwicklung aufhalten konnten.

      Cochise mußte wieder seine alte Taktik anwenden und einen Guerillakrieg führen. Aus dem Hinterhalt zu kämpfen lag den Apachen mehr, als sich in offener Feldschlacht zu stellen. Sie waren Wüsten- und Gebirgsbewohner und keine Prärieindianer, die hoch zu Roß, die Streitaxt in der Faust, gegen die Front der Widersacher anrannten.

      »John spürte die grausame Kälte, die ins Fleisch schnitt, den Winddruck und den peitschenden Schnee, der auf seiner Gesichtshaut prickelte. Und er hörte den gefrorenen Harsch unter seinen Stiefeln knirschen.

      Aber seine Gedanken waren weit fort. Vor seinem geistigen Auge sah er ein schmales Gesicht, das sich braun und glatt über den Wangenknochen spannte. Und er sah zwei volle, weiche, nachgiebige Lippen. Er sah Tlaina, Cochises Schwester, vor sich.

      Als John seine Unterkunft betrat, schlug ihm eisige Kälte schmerzhaft entgegen. Er ging zum Kerosinofen und zündete ihn an. Bald darauf strahlte die dünne Blechwand Wärme und Geborgenheit aus. Er bewohnte sein Zelt allein und genoß die Stille, die nur vom Heulen des Orkans unterbrochen wurde.

      Müde und nachdenklich warf er sich auf sein Feldbett, ohne die Stiefel auszuziehen. Zwei gute Gründe hatten ihn bewogen, das Himmelfahrtskommando anzunehmen. Nicht die Weißen und General Howard taten ihm leid. Nein, bewahre. Cochise und dessen Kriegern galt sein Mitgefühl.

      Die Weißen hatten diesen großen indianischen Heerführer, dessen Name zu Lebzeiten bereits Legende war, gejagt, verraten und gedemütigt. Und als er, dieses Lebens überdrüssig, zurückschlug, wurde er als Wilder, als Barbar und kaltblütiger Killer hingestellt.

      John kannte die Geschichte der Chiricahuas. Er hatte sie vom ersten Tag an miterlebt und zu steuern versucht. Er und Curt Miller, der Scout, der einer Dummheit wegen sein Leben hatte lassen müssen.

      Miller war am Marterpfahl gestorben. Er, Haggerty, lebte und war nicht bereit, einer zweiten Dummheit wegen ebenfalls sein Leben einzubüßen. Cochise war nicht gut auf Weiße zu sprechen, nachdem man fast seine ganze Sippe umgebracht hatte.

      John starrte auf die niedrige Zeltdecke und überlegte sich, wann der Stoff unter der Schneelast zerreißen mochte. Die Stunden vergingen qualvoll langsam. Seine Gedanken erschöpften sich. Hatte es Sinn, ein Programm für sein Vorgehen aufzustellen?

      Er stand auf, ging zu einem flachen Schrank. John Haggerty trank selten, aber in dieser sturmdurchtosten Nacht brauchte er einen Drink. Er füllte sich das Glas halbvoll mit Red-Eye, einem gewöhnlichen Soldatenwhisky. Mit einem einzigen Schluck schüttete er den scharfen Alkohol hinunter.

      Mit dem Glas in der Hand ging er zum Zelteingang, löste

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