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Tüchelchen losgemacht, das ihren Hals zierte, und da es zu kurz war, um des jungen Burschen Taille zu umspannen, nahm sie sich ihre Jagdbinde ab und verband damit die Wunde, und alles das ganz ungescheut um uns alle, die wir dort herumstanden. Als es geschehen war stand sie auf, wischte sich den Schweiß von der Stirne und sagte zu uns halb höhnisch: ›Jetzt, meine Herren, können Sie nach Hause reiten, ich werde das Hinwegtragen des Verwundeten besorgen.‹

      Ja, so war es: ›Ich werde das Hinwegtragen des Verwundeten besorgen.‹

      Und damit ließ sie ihn auf eine aus Zweigen gebaute Bahre legen, und ihr Pferd wieder besteigend, begleitete sie dieselbe, mit aufmerksamen Blicken jede Bewegung des Kranken verfolgend. Hahaha! Das war eine besondere Jagd!«

      »Ja, eine sehr besondere Jagd,« wiederholte der andere Prinz.

      »Fast etwas zu Besonderes!«

      »Ja, beinahe unglaublich!« setzte der Nachbar hinzu.

      »Könnte fast zu einer Geschichte Anlaß geben,« lachte der Prinz von Baden.

      »Zu was für einer Geschichte?« fragte der Kurfürst ernst. »Ihr lieben Vettern, bedenkt, daß es Christenpflicht war, einem Verwundeten zu helfen. Mich wundert nur, daß Ihr so geduldig meine arme Tochter vollführen ließet, was viel besser Euch zugestanden hätte.«

      »Aber fanden wir denn dazu Zeit?« fragte beide wie aus einem Munde. »Das Fräulein war ja wie der Blitz vom Pferde herunter und an des armen Mannes Seite. Kein Jäger, kein Piqueur konnte rascher sein.«

      »Da kommt sie selbst!« rief der Vater und ging seiner Tochter entgegen, die auf der Türschwelle stehenblieb, verlegen fragend, ob es ihr erlaubt sei einzutreten. Die beiden Prinzen benutzten den Augenblick, um einander zuzumurmeln: »Verrückter Hof das! Alberne Leute, man wird noch gescholten, wenn man die Dinge, wie sie geschehen, einfach erzählt. In unserm Leben haben wir nicht eine Prinzeß so handeln sehen!«

      Währenddessen hielt der Kurfürst seine Tochter umarmt und drückte ihr Haupt an seine Brust. Dazu sprach er kein Wort. Die beiden Prinzen standen da und lächelten.

      »Eure Liebden werden durch die Herren Vettern bereits alles erfahren haben,« sagte Charlotte; »es ist nur noch hinzuzufügen, daß der junge Graf wieder insoweit wohl ist, daß er sich dem gnädigen Herrn bestens empfehlen läßt und für all das Ungemach, das er angerichtet, um Entschuldigung bittet.«

      »Ist ihm verziehen!« sagte der. Kurfürst. »Nur du, mein Kind, hättest aufmerksamer auf dich und deine Umgebung sein sollen. Es wird nicht alles in der Welt so gedeutet, wie es unser Herz wünscht und hofft.« –

      18.

       Der Amorettenmaler

       Inhaltsverzeichnis

      Aus dem Krankenzimmer Georgs, der nach dem Unfall auf der Jagd bei der ganzen Hofgenossenschaft den Beinamen Adonis erhalten hatte, trat Charlotte heraus, um einem Boten zu folgen, der sie hinauf in das Arbeitszimmer ihres Vaters rief.

      Der Kurfürst saß am Tisch, vor ihm lagen mehrere Bildnisse ausgebreitet; ein Mann von ernstem Ansehen, mit einem langen, schwarzen Bart und einer goldenen Gnadenkette, stand zur Seite und machte der eintretenden Prinzessin eine tiefe Verbeugung.

      »Nimm Platz!« rief der Kurfürst, »und sieh dir diese Bildnisse an.«

      Die Prinzessin blickte auf die Porträts und fand in allen hübsche Köpfe, aber mit einem gezierten Ausdruck und in einem märchenhaften, phantastischen Aufputze. Sie gestand dies ihrem Vater.

      »Es ist dies die Mode,« entgegnete der Kurfürst, »man will alle Leute so und nicht anders geputzt sehen. Welcher Anzug würde dir am besten gefallen?« –

      »O, Eure Liebden, kein einziger,« antwortete die Tochter. »Diese hier sieht wie verrückt aus mit ihrem kleinen Schäferhütchen, jene ist eine Göttin, von einer Wolke verschleiert, und man sieht nicht, wie sich's mit ihrem Kopfe und ihrer Frisur endigt, und hier, die Kleine hat Flügel an den Schultern.«

      »Das ist die junge Herzogin von Duchaine,« erwiderte der Mann, »die Flügel sollen verdecken, daß sie auf einer Schulter einen Höcker hat.«

      »Ei, weshalb hat man ihr nicht ihren Höcker gelassen?«

      Der Kurfürst sah den Maler an und lächelte.

      »Nun, so antworte,« sagte der Kurfürst von neuem, »in welchem Anzuge möchtest du dich am liebsten sehen?«

      »In keinem, gnädiger Herr Vater, ich müßte ja glauben, daß alle, die mich so sähen, mich für nicht richtig im Kopfe hielten. Geht irgend jemand wohl mit einer Wolke auf dem Kopfe herum?«

      »Du würdest also am liebsten dich so gekleidet sehen, wie du jetzt bist?« fragte der Fürst.

      »So ziemlich, ja!« lautete die Antwort, »nur, wenn es sein müßte, würde ich einen Blumenkranz aufsetzen. Das ist einfach, natürlich und hübsch.«

      »Was sagt Ihr dazu, Herr Chouan?«

      »Jenun, es käme auf einen Versuch an,« entgegnete der Gefragte, »der Prinz hat zwar –«

      »Pst!« winkte der Kurfürst.

      Es herrschte eine kleine Pause, dann nahm der Fürst wieder das Wort und tat den Ausspruch: »Gut, es bleibe beim Blumenkranz; dazu ein passendes Kostüm, vielleicht das einer Schäferin?« –

      »Vielleicht im Hintergrunde«, bemerkte der Maler, »einen Amor mit Pfeil und Bogen?«

      »Einen Amor?« fragte Charlotte, »das ist ein kleiner, nackter Knabe mit Waffen? Nein, beileibe nicht, das deutet auf Liebe, das will ich nicht!« –

      »Das wollen Euer Durchlaucht nicht?« fragte Chouan verwundert.

      »Nein, das will ich nicht,« entgegnete die Prinzessin bestimmt. »Wer es sieht, könnte denken, ich ginge auf Liebeshändel aus! Es muß hübsch anständig sein, wie das Bild meiner Großmutter, der Königin, die sich auch als Schäferin hat malen lassen, aber damit niemand an Liebe denken soll, hat sie ein kleines Hündchen zur Seite, und auf der andern Seite ein Schäfchen, im Hintergrunde steht die Krone.«

      »Es bleibt dabei,« rief der Kurfürst. »Wann fangen Sie an?«

      »Morgen, wenn es der durchlauchtigste Herr so befehlen.«

      Er packte seine Bilder zusammen und verließ das Zimmer.

      Als er fort war, fragte Charlotte ihren Vater, für wen sie sich solle malen lassen.

      »Für deinen Freier,« entgegnete er.

      »Mein Himmel! Habe ich denn schon einen?«

      »Du mußt einen bekommen,« entgegnete der Vater.

      »Ach, Eure Liebden scherzen. Wenn einer da wäre, müßte ich's ja wissen. Oder sollte vielleicht mein allerliebster Herr Vater den armen Georg berücksichtigen?«

      Der Kurfürst zog eine finstere Miene. »Georg kann nie dein Mann werden!« sagte er. –

      »Der arme Junge!« seufzte Charlotte.

      »Was ist das?« fragte der Vater verstimmt. »Hat er denn jemals etwas derartiges geäußert?«

      »O nein, nein!« rief sie lebhaft. »Wie sollte er auch? Er ist ja noch so jung.«

      »Das wäre kein Grund dagegen. Oder hast du jemals an eine Heirat mit ihm gedacht?«

      Charlotte stand wie mit Blut übergossen; aber ihr treuherziges, offenes Auge sah bald wieder vom Boden auf und in das Auge des Vaters; dann sah sie wieder zur Erde und kaum hörbar sagte sie: »Gedacht habe ich schon!« Dann rasch darauf: »Aber wie gesagt, ich will nicht heiraten. Frei sein ist das beste, und somit schlage ich alle derlei Gedanken in den Wind.«

      Er zog sie an sich, legte seine Hand auf ihr Haupt und sagte dann langsam und traurig: »Lotte, meine

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