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zuckte die Schultern und nickte gleichzeitig.

      »Ja, ich hätt’ zu Haus’ bleiben müssen, und Florian net die ganze Arbeit überlassen dürfen. Laß uns bitte zurückfahren.«

      »Na schön«, seufzte Tobias, »ich muß ohnehin um sechs auf dem Hof sein, zum Melken.«

      Als sie auf dem Ahringerhof ankam, sprang Angela schnell aus dem Auto, nachdem sie Tobias einen hastigen Kuß auf den Mund gegeben hatte.

      »Ich ruf’ dich an«, sagte er und winkte.

      Während der Knecht davonfuhr, lief Angela in den Stall. Florian stand an der Box und schaute hinein. Die Bäuerin sah Lisa mit ihrem Kalb, das fleißig am Euter saugte.

      »Wann…, wann war’s denn soweit?« fragte sie.

      »Vor gut zwei Stunden«, erwiderte der Knecht. »Die Frau Doktor ist gerad’ erst wieder fort.«

      Angela ging in den Verschlag und streichelte Mutter und Kind. Die Szene mit dem säugenden Kalb hatte so etwas Rührendes, daß ihr unwillkürlich die Tränen kamen.

      »Es ist wunderschön«, sagte sie leise.

      Florian antwortete nicht, und als sie sich umwandte, da war er gegangen.

      Eine Weile verharrte sie noch im Stall, dann ging sie ins Haus und deckte den Abendbrottisch. Der junge Knecht kam indes nicht, wie gewohnt zum Essen herüber. Angela wartete vergeblich und vermutete schließlich, Florian habe sich schlafen gelegt, nachdem er den ganzen Tag Wache gehalten hatte.

      Als er auch am späten Abend noch nicht erschienen war, den Tisch hatte sie längst wieder abgeräumt, war Angela sicher, daß er immer noch wegen der Auseinandersetzung am Mittag gekränkt war. Sie bedauerte diesen Streit sehr, und vor allem ihre harten Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte. Das war es auch, was sie während des Ausflugs mit Tobias beschäftigt hatte, und eigentlich hatte sie sich vorgenommen, sich deswegen bei Florian zu entschuldigen.

      »Na gut«, seufzte sie schließlich und löschte das Licht. »Dann eben morgen. Bestimmt hat er sich dann wieder beruhigt.«

      Netty, die in Angelas Kammer schlafen durfte, lag in ihrem Korb und schaute das Frauchen mit ihren kleinen Knopfaugen an. Angela nahm das Bündelchen und kuschelte noch eine Weile mit dem Welpen. Als sie sich dann ausstreckte und schlafen wollte, da gingen ihr Florians Worte nicht aus dem Sinn.

      Konnte es wirklich stimmen, daß Tobias nur auf den Hof aus war?

      Sie wollte es nicht glauben. Nicht nach all den Liebesschwüren und Beteuerungen.

      Sie wußte nicht, wem sie glauben sollte, und daß Florian jetzt nicht mehr mit ihr sprach, machte die Sache auch nicht besser.

      Als der Wecker klingelte, kam ihr etwas merkwürdig vor. Angela hob den Kopf und lauschte. Es war nichts zu hören, und das war es, was sie stutzig machte. Ruckartig setzte sie sich auf.

      Hatte Florian etwa verschlafen? Eigentlich müßte doch längst das Scheppern der Milchkannen zu hören sein!

      Angela sprang aus dem Bett, zog sich rasch an und eilte die Treppe hinunter. Sie wollte gerade zur Haustür hinaus, als sie aus dem Augenwinkel etwas wahrnahm. Auf dem Dielentisch lag ein großes Blatt Papier. Sie war sicher, daß es gestern abend, als sie ins Bett gegangen war, noch nicht da gelegen hatte. Ein Verdacht sieg in ihr auf, und Angela nahm das Blatt und überflog, was darauf geschrieben stand:

      Liebe Angela,

      ich geh’ fort, weil ich net mit ansehen kann, wie Du in Dein Unglück läufst. Was ich über den Tobias gesagt hab’, ist die Wahrheit, aber das wirst’ eines Tag’s selbst erkennen, und ich hoff’, daß es dann noch net zu spät ist.

      Ich schreib’ Dir diesen Brief, weil Du wissen sollst, daß ich Dich ehrlich liebe. Gleich vom ersten Augenblick an, wußte ich, daß mein Herz Dir gehören wird. Ich könnt’ mir nix Schöneres vorstell’n, als mein Leben mit Dir zu verbringen. Und das hat nix damit zu tun, daß Du den Hof deines Großvaters geerbt hast. Ich tät’ Dich auch nehmen, wenn Du arm wärst, wie eine Kirchenmaus.

      Angela, ich wünsch’ Dir alles Gute der Welt und hoff’, daß Du mich net ganz vergißt. Ich bitt’ Dich um Verständnis, daß ich diesen Weg geh’. Aber wenn ich bliebe, könnt’ ich’s net ertragen, Dich und den Tobias zusammen zu sehen, und arbeiten könnt’ ich unter ihm schon gar net.

      Ich hoff’, Du kommst erstmal allein zurecht. Alles Gute,

      Florian.

      Angela ließ den Brief sinken und hielt sich an der Tischkante fest. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen und mußte sich erst einmal setzen. Doch das Muhen der Kühe, die darauf warteten, gemolken zu werden, das Quiecken der Schweine, die gefüttert werden wollten, der Gedanke an die ganze Arbeit, die auf sie wartete, riß sie wieder hoch.

      »Das schaff ich nie«, murmelte sie und wankte hinaus.

      *

      Sebastian schob den Rollwagen mit den Milchkannen an die Straße. Der Geistliche wischte sich den Schweiß von der Stirn und atmete auf.

      Das war geschafft, dachte er und ging zum Haus zurück.

      Angela Hofmeister hatte inzwischen die Tiere gefüttert und kam aus dem Stall zurück. Ihr Gesicht war schmutzig, und unter den Augen waren Schlieren von den Tränen, die ihr immer wieder über die Wangen liefen. Jetzt setzte sie sich neben Sebastian Trenker auf die Bank.

      »Ich weiß gar net, wie ich Ihnen danken soll, Hochwürden«, sagte sie erschöpft. »Ohne Ihre Hilfe wär’ hier alles zusammengebrochen.«

      Der Bergpfarrer winkte ab. Als am frühen Morgen das Telefon im Pfarrhaus klingelte, hatte er schon geahnt, daß sich irgendwo eine Katastrophe anbahnte. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, daß der Hilferuf vom Ahringerhof käme. Eigentlich hatte er vorgehabt, eine Bergtour zu unternehmen und war nur aus diesem Grund schon in aller Herrgottsfrühe aufgestanden. Kurzerhand hatte er den Rucksack mit dem Proviant geschnappt und war, statt aufzusteigen, zum Hof hinaufgefahren.

      »Erklären können S’ mir das alles später«, sagte er zu Angela, die ihn völlig aufgelöst erwartete. »Jetzt kümmern wir uns erst einmal um die Viecher.«

      Als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht, begann der Geistliche mit der Arbeit. Melken, Ausmisten, Füttern, die Tiere nach draußen treiben, das alles schien für Sebastian Trenker eine Selbstverständlichkeit zu sein.

      »In meiner Not hab’ ich mir keinen anderen Rat gewußt, als Sie anzurufen«, sagte Angela, als sie später beim Frühstück saßen.

      »Das war auch gut so«, nickte Sebastian. »Zeigen S’ mir doch mal den Brief vom Florian.«

      Er las das Schreiben und machte eine nachdenkliche Miene. Was der Knecht da äußerte, deckte sich auch mit seinen eigenen Überlegungen. Sebastian hielt Tobias Bruchthaler nicht für den verliebten Mann, als den er sich ausgab. Verliebt schon – aber mehr in den Hof, als in das Madl!

      Allerdings sagte er nichts weiter dazu. Den ganzen Tag über blieb der gute Hirte von St. Johann auf dem Ahringerhof und erledigte die Arbeit eines Knechtes. Jetzt, am Abend, griff er den Inhalt des Abschiedsbriefes noch einmal auf.

      »Ich kenn’ den Tobias«, sagte er. »Und was der Florian da schreibt, ist net ganz von der Hand zu weisen. Tobias Bruchthaler ist kalt und berechnend. Es ist schlimm, daß ich so über einen Menschen urteilen muß, aber es ist nun mal die Wahrheit. Ich weiß, daß er der Bärbel Schoberl die Ehe versprochen hat, und wenn er sich jetzt an Sie, Angela, herangemacht hat, dann nur aus dem Grunde, weil er hier der Herr werden will.«

      Die junge Bäuerin schluckte.

      »Dann…, dann hab’ ich ja dem Florian unrecht getan«, flüsterte sie.

      »Ich fürcht’, ja«, nickte Sebastian. »Zumindest, was Ihren Verdacht angeht, er könne es auf den Hof abgesehen haben. Da unterstell ich ihm lautere Absichten. Der Bursche hat sich in Sie verliebt, und wenn er schreibt, es wär’ ihm gleich, ob Sie arm

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